
Bild: “Zombie Walk 2012 – SP” von Gianluca Ramalho Misiti. Lizenz: CC BY 2.0
Leichenschau
Obwohl die Leichenschau von den Bundesländern nicht einheitlich geregelt wird, stimmen alle Gesetze darin überein, dass diese nur von einem approbierten Arzt durchgeführt werden darf. Die Leichenschau sollte möglichst am Auffindungsort stattfinden. Im Vordergrund steht die Überprüfung des Vorhandenseins sicherer Todeszeichen und die Ausstellung des Totenscheins.
Der Totenschein muss die Personalia des Verstorbenen enthalten, den zuletzt behandelnden Arzt, die Person, die den Toten identifiziert hat, Warnhinweise auf evtl. Infektionsgefahren und die Todesart wie natürlich/nicht natürlich.
Ein nicht natürlicher oder ungeklärter Tod muss von Ihnen an die Polizei gemeldet werden. Eine eventuelle gerichtsmedizinische Obduktion kann die Staatsanwaltschaft anordnen. Der Totenschein wird im Gesundheitsamt gesammelt und ICD-verschlüsselt für die Todesursachenstatistiken im Statistischen Bundesamt verwendet.
Sichere Todeszeichen
Frühe Leichenveränderungen
- Livores (Totenflecken): treten etwa 20-60 Minuten post mortem auf. Wichtig: Lokalisation, Wegdrückbarkeit, Umlagerbarkeit, Farbe und Intensität. Beginn: Hals
- Rigor mortis (Leichenstarre): beginnt nach ca. 2 Stunden, nach 24 Stunden ist die völlige Starre eingetreten. Beginn: Kiefergelenk. Die vollständige Ausprägung tritt nach 6-8 Stunden auf und löst sich gänzlich nach 2-3 Tagen
- Nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen: Körper ist vom Rumpf getrennt, Rumpf durchtrennt, …
Späte Leichenveränderungen
Durch anaerobe und aerobe Prozesse wird die Leiche durch Verwesung und Fäulnis zersetzt. Fäulniszeichen zeigen sich durch Grünfärbung und Anstieg der Körpertemperatur durch Bakterienbesiedlung. Desweiteren treten Autolyse durch körpereigene Enzyme und Adipocire (Leichen- oder Fettwachsbildung) auf.
Die Caspar-Regel hilft die Liegezeit in einem bestimmten Medium abzuschätzen – Fäulniserscheinungen treten auf nach:
1 Woche an der Luft, 2 Wochen im Wasser und 8 Wochen im Erdgrab
Unsichere Todeszeichen
Unsichere Todeszeichen treten post mortem zwangsläufig auf, beweisen aber einen Individualtod nicht. Zu den unsicheren Todeszeichen gehören fehlende Atmung und Herztätigkeit, lichtstarre weite Pupillen, Areflexie und ein Absinken der Körpertemperatur. Diese sog. Vita reducta kann durch eine Reihe von Faktoren ausgelöst werden, sodass diese Lebensfunktionen äußerlich nicht mehr wahrnehmbar sind.
Die A-E-I-O-U- Regel nach Bahrmann fasst die Ursachen eines Scheintodes zusammen:
- A: Anämie, Alkohol
- E: Epilepsie, Elektrizität
- I: Injury (Schädel-Hirn-Trauma)
- O: Opium (Betäubungsmittel, Barbiturate)
- U: Urämie, Unterkühlung
Der klinische Tod tritt durch Atemstopp und Kreislaufstillstand ein. Ist eine kardiopulmonale Reanimation unmöglich oder verläuft frustran, resultiert einige Minuten später der Hirntod. Der Zeitpunkt des Hirntods ist vor allem wichtig für Organtransplantationen.
Todeszeitpunkt feststellen
Die Phase zwischen klinischem Tod und Absterben der letzten Körperzellen wird intermediäres Leben genannt, z. B. lebt eine Muskelzelle noch ca. 8 Stunden, während ein Spermium bis zu 3 Tage weiterlebt. Wenn keine Zelle im Körper mehr lebt, ist der biologische Tod eingetreten.
Supravitale Reaktionen geben konkrete Hinweise auf den Todeszeitpunkt:
- Bis 8 Stunden post mortem: An der Skelettmuskulatur entsteht durch mechanische Reizung ein reversibler idiomuskulärer Wulst
- Bis 17 Stunden post mortem: Pupillenreaktion durch Miotika/Mydriatika
- Bis 80 Stunden post mortem: bewegliche Spermien sind noch nachweisbar
Aktuelle ausführliche Informationen zur ärztlichen Leichenschau sind nachzulesen auf der Website der Ärztekammer Berlin.
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