Ärztliche Schweigepflicht: Ausnahmen & Verstöße

Ärztliche Schweigepflicht

Die ärztliche Schweigepflicht nimmt einen hohen juristischen Stellenwert ein und sorgt für ein Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt*innen und Patient*innen. Sie ist sowohl durch das Strafgesetzbuch als auch durch die ärztliche Berufsordnung geschützt. In bestimmten Situationen können Ärzt*innen durch Patient*innen oder durch legitimierende Umstände von der Schweigepflicht entbunden werden. Die Schweigepflicht gilt auch über den Tod von Patient*innen hinaus.

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

Inhalt

Definition

Rechtliche Rahmenbedingungen

Verstöße gegen die Schweigepflicht

Ausnahmen und Grenzen der Schweigepflicht

Quellen

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Definition

Ein diskreter Umgang mit vertraulichen Daten von Patient*innen, die in medizinischen Situationen entstehen, ist eine wichtige Grundlage für ein gutes Vertrauensverhältnis in der Ärzt*innen-Patient*innen-Beziehung und eine Verpflichtung von Ärzt*innen durch die rechtliche Schweigepflicht.

Ziel: Intimität und Privatsphäre von Patient*innen schützen, Vertrauensverhältnis ausbauen
Ethische Grundprinzipien:
- Nichtschaden
- Achtung der Autonomie
Über Daten und Informationen, die Ärzt*innen in ihrer Rolle über Patient*innen erhalten, müssen diese auch über den Tod der Patient*innen hinaus schweigen. (Dies gilt nicht für Informationen, die außerhalb der Behandlung zufällig wahrgenommen werden.)
Schweigepflicht umfasst: Art der Krankheit, Verlauf, Therapiemaßnahmen, Prognose, psychische Auffälligkeiten, körperliche und geistige Besonderheiten, Patient*innenakten, diagnostische Bilder, Untersuchungsmaterialien, Befunde und sämtliche Angaben über persönliche, wirtschaftliche, familiäre, berufliche und finanzielle Gegebenheiten
Auch Identität der Patient*innen und dass diese sich überhaupt in Behandlung befunden haben, unterliegt der Schweigepflicht.
Gilt auch für: ärztliche Hilfspersonen, Studierende, Mitarbeiter*innen in medizinischen Kontext

Rechtliche Rahmenbedingungen

Juristisch hoher Stellenwert
Geschützt durch § 203 des Strafgesetzbuchs und das medizinische Standesrecht (§ 9 der Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte (MBO))
Verletzung der Schweigepflicht ist ein Antragsdelikt

Verstöße gegen die Schweigepflicht

Bei Offenbarung eines fremden Geheimnisses wird nach § 203 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft.
Zivilrechtliche Haftung: Schadensersatz und Schmerzensgeld über § 823 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 203 StGB
Maßnahmen durch Ärztekammer bei Verstoß gegen § 9 der Berufsordnung: Warnung, Verweis, Geldbuße oder Aberkennung der Mitgliedschaft möglich
Auch Weitergabe an andere Ärzt*innen nicht erlaubt (außer diese sind an der Behandlung beteiligt)

Ausnahmen und Grenzen der Schweigepflicht

Einwilligung

Entbindung von der Schweigepflicht bei Einwilligung durch Patient*innen möglich
Patient*innen müssen dafür einwilligungsfähig sein.
Mutmaßliche Einwilligung: beispielsweise bei bewusstlosen Patient*innen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass Patient*innen mutmaßlich einwilligen würde

Anfragen von Behörden und Gerichten

Zeugnisverweigerungsrecht für Ärzt*innen sowie deren Berufshelfer*innen
Bundesmeldegesetz:
- Ermöglicht Weitergabe von Informationen im geringen Umfang (Vor- und Familienname, Geburtsdaten, Anschrift, Aufnahmedatum und Entlassung)
- Grund für eine Anfrage durch Behörden und Gerichte muss offengelegt werden
- Auskunft nur bei Abwendung einer Gefahr, zur Verfolgung von Straftaten, zur Aufklärung des Schicksals von Vermissten und Unfallopfern
Patient*innen können Ärzt*innen gegenüber Behörden und Gerichten von der Schweigepflicht entbinden

Gesetzliche Offenbarungspflichten

Gilt bei:
- Gesundheitspolizeilichen Vorsorge (Infektionsschutzgesetz, Gesetz zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten)
- Personenstandsrechtlichen Meldepflichten (Geburt oder Tod)
- Geplanten schweren Verbrechen (gilt nur für geplante Straftaten)

Anfragen des Vormundes oder von Betreuer*innen

Vormunde und Betreuer*innen können Akteneinsicht erhalten
Haben nur recht auf Auskunft oder Akteneinsicht gegenüber den Ärzt*innen, wenn die Auskunft für die Wahrnehmung der konkreten Aufgabe erforderlich ist
Einsicht nur entsprechend dem erforderlichen Umfang für die Aufgaben von Betreuer*innen und Vormunden
Kann durch Willen von Patient*innen eingeschränkt werden:
- Wenn Patient*innen einsichtsfähig sind
- Weitergabe von Informationen gegen den Willen von einsichtsfähigen betreuten Patient*innen nicht erlaubt

Quellen

Tariq, R.A., Hackert, P.B. (2021). Patient confidentiality. StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK519540/
Darby, W.C., Weinstock, R. (2018). The Limits of Confidentiality: Informed Consent and Psychotherapy. Focus (American Psychiatric Publishing), 16(4), 395–401. https://doi.org/10.1176/appi.focus.20180020
Kropp, H., Günther, U. (2017). Ärztliche Schweigepflicht: Wann Ärzte Auskunft erteilen dürfen – und wann nicht. In: Deutsches Ärzteblatt 2017. 114 (48). https://www.aerzteblatt.de/archiv/195023/Aerztliche-Schweigepflicht-Wann-Aerzte-Auskunft-erteilen-duerfen-und-wann-nicht (Zugriff am 15.0.2023).
Weichelt, R., Seichter-Mäckle, D. (2015). Arztrecht: Wann Ärzte schweigen müssen. In: Deutsches Ärzteblatt 2015. 112 (35-36). https://www.aerzteblatt.de/archiv/171722/Arztrecht-Wann-Aerzte-schweigen-muessen (Zugriff am 15.03.2023).