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Grundsätzlicher Aufbau des Medizinstudiums
Das Medizinstudium umfasst 12 Semester und gliedert sich entsprechend der staatlichen Examensprüfungen in einen vorklinischen Studienabschnitt (1.-4. Semester) und einen klinischen Studienabschnitt (5.-12. Semester). Die letzten beiden Semester bilden das parktische Jahr (PJ), in dem die angehenden Ärzte im Krankenhaus tätig sind.
Vorklinik
Der klassische Fächerkanon der Vorklinik orientiert sich an den Anforderungen des 1. Staatsexamens. Auf dem Stundenplan stehen die Fächer:
- Anatomie
- Physiologie
- Biochemie
- Chemie
- Physik
- Biologie
- Psychologie und Soziologie und
- Terminologie, sowie
- ein vom Studenten zu belegendes Wahlfach
Anatomie
Die Anatomie ist sicherlich eine der spannenderen Fächer des vorklinischen Studienabschnittes. Neben Vorlesungen beinhaltet sie den Sezierkurs ( „Präpkurs“), in dem die Studenten an einer menschlichen Leiche in 3 Blockeinheiten die makroskopische Anatomie des Bewegungsapparates (Knochen, Muskeln und Gelenke), die Anatomie der Inneren Organe und den Aufbau des peripheren und zentralen Nervensystems lernen. Weitere Inhalte der Anatomie sind die mikroskopische Anatomie (Histologie), die in Vorlesungen und Mikroskopierkursen gelehrt wird und die Embryologie.
Physiologie
Die Physiologie widmet sich den Funktionen des menschlichen Körpers. Hier lernen Sie unter anderem, wie Nervenzellen miteinander kommunizieren, was das Herz zum schlagen bringt und wie ein EKG entsteht.
Physik, Chemie, Biologie
In den Naturwissenschaften werden die Grundlagen wiederholt, die Sie eventuell noch aus der Schule kennen. Für Neueinsteiger bieten die meisten Universitäten Repetitorien an.
Biochemie
Eines der lernintesivsten Fächer der Vorklinik ist die Biochemie. Hier werden Ihnen nicht nur zungenbrecherische Wörter wie Desoxyribonukleinsäure, Phosphoribosylpyrophoyphat oder Glutamatdecarboxylase abverlangt, sondern in den meisten Fällen auch noch die dazugehörige Strukturformel. Wer während seiner Abiturzeit Spaß daran hatte den Zitratzyklus samt seiner Metabolite auswendig zu lernen, der wird an der Biochemie seine helle Freude haben.
Psychologie und Soziologie
Hier werden Ihnen die wichtigsten Grundlagen der Psychologie beigebracht, angefangen von der Planung und Durchführung wissenschaftlicher Studien bis hin zur Motivations- und Entscheidungspsychologie.
Organisation des Studiums
Die Lehrveranstaltungen der meisten Fächer finden in Form von Vorlesung und Pflichtpraktika (z.B. Chemie-, Biologie-, Biochemiepraktikum) statt, wobei der Veranstaltungsumfang tagesfüllend sein kann. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten ist das Studium daher sehr verschult. Veranstaltungen werden per Anmeldung zugeteilt und müssen nicht extra durch den Studenten belegt werden.
Pflegepraktikum
In den Semesterferien ist während der Vorklinik ein 90 tägiges Pflegepraktikum in der stationären Patientenversorgung zu absolvieren, das in 3 Blöcke à 30 Tage aufgesplittet werden kann. Wer berufswegen in der Pflege gearbeitet hat oder eine entsprechende Ausbildung nachweisen kann, ist von dieser Pflicht befreit.
Lernaufwand, Klausuren
Der Lernaufwand in der Vorklinik ist hoch. Es gilt viele Fakten innerhalb kurzer Zeit zu lernen, die angesichts vieler Präsenzveranstaltungen (Vorlesungen und Praktika) ohnehin sehr bergrenzt ist. Neben Klausuren zum Ende des Semesters finden in den meisten Universitäten kontinuierliche Lernstandserhebungen durch Testate statt, die innerhalb der Pflichtpraktika abgenommen werden und den Lerndruck entsprechend erhöhen.
Klausuren finden im Medizinstudium nicht in der gewohnten schriftlichen Form, sondern als Multiple- Choice- Klausuren mit 5 Antwortalternativen statt. Die Art der Fragestellung ist für viele Studienanfänger ungewohnt. Mit der Zeit gewöhnt man sich jedoch an das „Kreuzen“.
Praxisrelevanz
Auch wenn viele Dozenten die Praxisrelevanz ihres Faches für den Berufsalltag des Arztes beteuern, ist diese in den meisten vorklinischen Fächern- ausgenommen weniger Ausnahmen (insb. Anatomie und Physiologie)- nicht gegeben. Hier gilt: Die Vorklinik ist die Pflicht, die Klinik ist die Kür.
Das 1. Staatsexamen
Nach 4 Semestern stellt das 1. Staatsexamen (Physikum) die erste wesentliche Hürde des Studiums dar. In einem schriftlichen Teil werden an 2 aufeinanderfolgenden Tagen in 320 Multiple- Choice- Fragen die innerhalb der vorklinischen Fächer erworbenen Kenntnisse abgeprüft. Der schriftliche Teil der Prüfung, der bundeseinheitlich gleich ist und von den zuständigen Landesprüfungsämter abgenommen wird, wird durch eine mündliche Prüfung in den Fächern Anatomie, Physiologie und Biochemie an der heimischen Universität ergänzt.
Klinik – Die Kür
Wer die Vorklinik erfolgreich hinter sich gebracht hat, kann aufatmen. Zwar ist das Pensum der folgenden Semester nicht unerheblich, aber der praktische Bezug zur ärztlichen Tätigkeit endlich ersichtlich. Fächer die Sie nun auf Ihrem Stundenplan finden sind an die entsprechenden klinischen Fachrichtungen angelehnt:
- Allgemeinmedizin
- Anästhesiologie
- Notfallmedizin
- Arbeitsmedizin und Sozialmedizin
- Augenheilkunde
- Dermatologie
- Gynäkologie
- Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Humangenetik
- Hygiene, Mikrobiologie und Virologie
- Innere Medizin
- Kinderheilkunde
- Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik
- Neurologie
- Orthopädie
- Pathologie
- Palliativmedizin
- Pharmakologie und Toxikologie
- Psychiatrie und Psychotherapie
- Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Radiologie
- Rechtsmedizin
- Urologie
Darüberhinaus gibt es sogenannte Querschnittsfächer, die keine Fachrichtung abbilden, sondern gemeinsame Schnittmengen mit mehreren Fächern bilden:
- Epidemiologie
- Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin (GTE)
- Gesundheitsökonomie
- Immunologie
- Klinisch-pathologische Konferenz
- Klinische Umweltmedizin
- Medizin des Alterns und des alten Menschen
- Prävention und Gesundheitsförderung
- Rehabilitation
- Naturheilverfahren
Praktika
Um den klinischen Bezug der Fächer zu vertiefen, werden die Vorlesungen durch Unterricht auf den Stationen (Unterricht am Krankenbett) ergänzt. Hierbei lernen die Studenten Anamnesegespräche zu führen, Befunde zu erheben und Untersuchungen durchzuführen. Darüberhinaus sind semesterbegleitende Blockpraktika in folgenden Fächern zu erbringen:
- Allgemeinmedizin
- Gynäkologie
- Chirurgie
- Innere Medizin
- Kinderheilkunde
Famulaturen
Während der Semesterferien sind darüber hinaus Praktika (sog. Famulaturen) in Einrichtungen der ambulanten und stationären Patientenversorgung zu erbringen. Insgesamt müssen 120 Kalendertage abgeleistet werden, davon
- 30 Tage in einer Einrichtung der ambulanten Krankenversorgung,
- 60 Tage in einem Krankenhaus und
- 30 Tage in einer Hausarztpraxis
Die Famulaturen können im In- oder Ausland abgeleistet werden (die Hausarztfamulatur nur im Inland) und müssen mindestens 15 Kalendertage umfassen.
2. Staatsexamen (schriftlicher Teil)
Am Ende des 10. Semesters folgt der schriftliche Teil des 2. Staatsexamens (sog. Hammerexamen), der widerum 320 Fragen zu klinischen Inhalten beinhaltet und an 3 aufeinanderfolgenden Tagen abgenommen wird.
Praktisches Jahr
Das 11. und 12. Semester verbringen Medizinstudenten als PJler im Krankenhaus, jeweils 4 Monate in der Inneren Medizin, 4 Monate in der Chirurgie, sowie 4 Monate in einem von Ihnen angegebenen Wahlfach. Dieses ist nicht auf den stationären Sektor beschränkt, sondern kann auch in einer Einrichtung der ambulanten Krankenversorgung (z.B. Hausarztpraxis) abgeleistet werden. Teile des Praktischen Jahres oder aber das gesamte PJ können wahlweise auch im Ausland abgeleistet werden.
2. Staatsexamen (mündlicher Teil)
Dem PJ schließt sich nach der neuen Approbationsordnung die mündlich- praktische Prüfung des 2. Staatsexamens an, die an dem jeweiligen Ausbildungshaus durchgeführt wird. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen wird der Student hierbei in den 3 klinischen Fächern (Innere, Chirurgie und Wahlfach), sowie einem zugelosten Fach geprüft. Neben einem theoretischen Teil beinhaltet die Prüfung einen praktischen Teil, bei dem der Student seine praktischen Fähigkeiten (Untersuchungen, Befunderhebungen) an einem zuvor zugeteilten Patienten demonstrieren soll.
Modellstudiengänge
Neben dem vorgestellten klassischen Studienmodell bieten immer mehr Universitäten Modellstudiengänge an, die vorklinische Fächer mit klinischen Inhalten verknüpfen, um darüber einen größeren Praxisbezug herzustellen. In Organbezogenen Modulen werden den Studenten hierbei die theoretischen Inhalte der Vorklinik in Kombination mit praktischen Übungen und Fähigkeiten (z.B, organbezogene Untersuchungstechniken) vermittelt. Der Lernaufwand bleibt aber insgesamt der gleiche.
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