Die Früherkennung ist kein Privileg der Schulmedizin. Auch die Naturheilkunde bietet Möglichkeiten, krankhafte Prozesse zu Beginn ihrer Entstehung zu erkennen und so rechtzeitig zu behandeln. Dabei stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Sie dienen der Ergänzung der Anamnese und der allgemeinen körperlichen Untersuchung.
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Sektorale Topografie

Bild: “Sektorale Topografie” von Frigar / F. Garvelmann. Lizenz: CC BY-SA 3.0


Früherkennungsverfahren der Naturheilkunde und die wissenschaftliche Beweiskraft

Ursache und Wirkung sind der Denkansatz der Schulmedizin, die mit wissenschaftlichen Methoden nachweisbar sind. Die Krankheitsursachen werden analysiert und der Mensch als ein System verstanden, das einem Netzwerk gleicht. Viele Verfahren der Naturheilkunde verfolgen einen anderen Ansatz und betrachten den Menschen als Gesamtes, in das auch die Seele mit einfließt.

Krankheit gilt als Ungleichgewicht, wobei die Naturheilkunde krankmachende Faktoren nicht leugnet. Das Ziel der Behandlung im Sinne der Naturheilkunde ist, das Gleichgewicht wieder herzustellen und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Die Naturheilkunde war weitestgehend aus dem Arbeitsfeld des Arztes verschwunden, wird aber seit den 90er Jahren wieder gelehrt und ist auch Teil der Examina. Die Früherkennungserfahren der Naturheilkunde sind nicht wissenschaftlich belegt. Sie schulen aber das Auge des Arztes für den gesamten Patienten.

Abgrenzung zur Schulmedizin

Zunächst ist festzustellen, dass die Naturheilkunde nicht in Konkurrenz zur Schulmedizin steht und sie auch nicht ersetzen kann. Sie kann aber eine sinnvolle Ergänzung sein, wenn der Arzt über eine entsprechende Fortbildung verfügt und der Patient eine solche Untersuchung und Behandlung wünscht.

Die Naturheilkunde arbeitet mit natürlichen Mitteln, also Substanzen, die in der Natur vorkommen. Dieses Kriterium ist allerdings als Abgrenzung zur Schulmedizin nicht geeignet, denn auch sie verwendet Mittel aus der Natur. Eine Abgrenzung sieht die Bundesärztekammer in den Wirkprinzipien. Demnach verfolgt die Naturheilkunde eher das Ziel des Ordnens und weniger des Eingreifens. Dennoch können die Übergänge fließend sein, wie sich z.B. bei der Phytotherapie zeigt, der Pflanzenheilkunde, die immer ein wichtiger Teil der Schulmedizin geblieben ist.

Abgrenzung zur Scharlatanerie

Die Abgrenzung zwischen Naturheilverfahren und Scharlatanerie ist nicht leicht zu finden. Auch unter Ärzten herrscht keine Einigkeit, wie sich am Glaubenskrieg um die Homöopathie zeigt. Damit Patienten nicht in die Hände von Laien fallen, hat der Gesetzgeber mit dem Heilpraktikergesetz versucht, einen Riegel vorzuschieben.

In einer amtsärztlichen schriftlichen und mündlichen Prüfung muss der Anwärter nachweisen, dass er keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt und in der Lage ist, seine Grenzen zu erkennen. Ausgenommen sind davon sogenannte Geistheiler, die immer wieder die Gerichte beschäftigen. Sie arbeiten auch mit Methoden, die vollständig im esoterischen Bereich anzusiedeln sind.

Verfahren, die für die Früherkennung zur Verfügung stehen

Die Früherkennung in der Naturheilkunde bedient sich moderner und alter Verfahren. Sie kann ihren Ursprung auch in der fernöstlichen Medizin haben. Die zusätzlichen Diagnosetechniken erfordern eine gründliche Einarbeitung und stellen dann eine sinnvolle Ergänzung dar. Sie eignen sich oft besonders für Kinder oder sehr sensible Patienten und werden dort gerne angenommen, wo die Schulmedizin lediglich belastende, schmerzhafte oder als beängstigend wahrgenommene Verfahren zur Hand hat. Zu den Möglichkeiten gehören:

  • Antlitzdiagnose
  • Irisdiagnose
  • Kinesiologie
  • Bioresonanz
  • Konstitutionstherapie / Homöopathie

Die Antlitzdiagnose

Die Betrachtung des ganzen Menschen gehört in der Naturheilkunde und in der Schulmedizin zur Diagnose. Die Art, wie der Patient das Untersuchungszimmer betritt, liefert bereits wichtige Hinweise. Ein schüchterner, verschlossener Mensch wird auch bei der Anamnese zurückhaltend sein und bestehende Probleme möglicherweise herunterspielen. Ein nervöser und um sich sehr besorgter Patient kann sich gegenteilig verhalten. Ein gewichtiger und vom Patienten erwarteter Vorteil der Naturheilkunde ist, dass der Arzt sich Zeit nimmt und den Patienten nicht auf seine Erkrankung reduziert.

Definition Antlitzdiagnose

Traditionelle Arzneimittelhandlung in Hongkong

Bild: “Traditionelle Arzneimittelhandlung in Hongkong” von mailer_diablo. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Antlitzdiagnose (Physiognomie) oder Gesichtsdiagnose hat ihren Ursprung in der TCM (traditionell chinesischen Medizin). Entscheidend sind neben dem allgemeinen Gesichtsausdruck auch die Form des Gesichts, die Augenstellung, die Form von Nase und Mund und des Kinns. Aber auch die Farbe der Haut, Schwellungen und die Art der Faltenbildung spielen eine entscheidende Rolle. Der geschulte Beobachter zieht daraus Kenntnisse über die aktuelle psychische und physische Verfassung, aber auch über die Lebensführung.

Hinweise im Gesicht erkennen

Mit Bezug auf die Somatopopie (Soma: Körper, Topos: Ort) wird bei der Antlitzdiagnose der Körper bildlich auf das Gesicht übertragen. So zeigen sich auf der Stirn Aktivität und Anspannung, auf der rechten Gesichtshälfte befinden sich oberhalb des Auges Hinweise auf Nerven und Herz, unterhalb des Auges zeigt sich der Zustand der Niere, oberhalb des Mundes die Verdauung.

Auf der linken Seite oberhalb des Auges sieht der Arzt den Erholungszustand und Hinweise auf den Hormonstatus. Auf der Höhe des Oberkiefers sind weitere Hinweise auf das Herz sichtbar. Auf der Nasenwurzel sind Hinweise auf die HWS zu sehen, die Nase selbst informiert den Arzt über den Zustand von Lunge und Magen. Die Oberlippe weist auf den Dünndarm, die Unterlippe auf den Dickdarm hin. Bis zum Kinn sind Informationen über den Unterleib, aber auch über den Willen zu sehen.

Merke: Die Antlitzdiagnose ist auch für Naturheilkundler eine reine Hinweisdiagnostik.

Die Irisdiagnose

Die Irisdiagnose beschäftigt sich ähnlich wie die Antlitzdiagnose mit der Übertragung des Körpers auf die Iris. Mithilfe einer topografischen Karte sollen so Krankheitszeichen erkannt werden. Auch die Irisdiagnose kann nur zusätzlich verwendet werden und setzt eine gründliche Einarbeitung voraus.

Ihren Ursprung hat die Irisdiagnose vermutlich im Jahr 1670. In dieser Zeit wurde sie das erste Mal in dem Buch „Physiognomia medica“ von Phillipus Meyens beschrieben. Später griff der Ungar Ignaz von Pészely das Verfahren wieder auf und entwarf 1886 die „Topographie des Auges“. Die Irisdiagnose ist bei Anwendern der Naturheilverfahren weit verbreitet.

Eine in der Irisdiagnostik verwendete Einteilung der Iris in konzentrische Regionen gemäß der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde TEN, Humoral- und Konstitutionsmedizin

Bild: “Eine in der Irisdiagnostik verwendete Einteilung der Iris in konzentrische Regionen gemäß der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde TEN, Humoral- und Konstitutionsmedizin” von Frigar / F. Garvelmann. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Krankheitszeichen, die sich verändern

Bei der Irisdiagnose wird davon ausgegangen, dass sich die Krankheitszeichen, aber auch die Zeichen für eine bestimmte Krankheitsneigung in der Iris zeigen. Bei diesen Veränderungen kann es sich um Aufhellungen handeln, um Flecken oder auch um Gefäßzeichnungen. Sie liefern Hinweise auf Störungen in den Organen.

Es wird aber auch deutlich, um was für eine Art von Problem es sich handelt. Das können entzündliche Prozesse sein, Organschwächen oder angeborene Störungen. Die Irisdiagnose wird vorbeugend und zur Diagnose bestehender Erkrankungen hinzugezogen. Es versteht sich von selbst, dass die Anzeichen bestenfalls Hinweise sein können, die durch weitere und wissenschaftlich anerkannte diagnostische Methoden abgesichert werden müssen.

Einen wissenschaftlichen Beweis für die Tauglichkeit der Irisdiagnose gibt es nicht. Ebenso ist es möglich, dass die sehr gute Beobachtungsgabe durch das geschulte Auge der behandelnden Ärzte oder Heilpraktiker hier eine entscheidende Rolle spielt.

Sektorale Topografie

Bild: “Sektorale Topografie” von Frigar / F. Garvelmann. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Kinesiologie

Der Begriff Kinesiologie stammt aus der griechischen Sprache und setzt sich aus „Kinesis“ für Bewegung und aus „Logos“ für Lehre zusammen. Entwickelt wurde das Verfahren in den 60er Jahren durch den Chiropraktiker George Goodheart. Die Kinesiologie dient der Diagnostik und der Therapie.

Definition Kinesiologie

Darstellung eines Meridians und ihm zugehöriger Punkte

Darstellung eines Meridians und ihm zugehöriger Punkte

Die Kinesiologie basiert auf der Vorstellung von Körperenergien und nutzt dabei die Erkenntnisse aus der TCM, der zufolge die Energie durch Meridiane fließt.

Dem Anwender stehen verschiedene Techniken zur Verfügung, wie Touch of Health, Brain Gym oder Three In One Concept. Im Rahmen der Diagnose werden mit der Kinesiologie energetische Blockaden festgestellt. Dazu werden Muskeltests durchgeführt. Der Muskel liefert in der Folge den Hinweis, ob Störungen vorliegen.

Grundgedanke der Kinesiologie

Der Grundgedanke ist, dass jede Form von Stress zu Blockaden im Bewegungsapparat führt, was sich wiederum in den Muskeln zeigt. Die Stärkung des Muskels soll so wieder zu einer Verbesserung der gesamten gesundheitlichen Situation führen, da die Kinesiologie davon ausgeht, dass hier eine Verbindung besteht. Die Kinesiologie steht im Widerspruch zum westlichen medizinischen Verständnis. Das trifft allerdings auch auf die TCM zu, die in Teilbereichen in ihrem Ursprungsland ausschließlich von Ärzten praktiziert wird.

Diagnostik mit Bioresonanz

Bioresonanz wird zur Diagnose und zur Behandlung verwendet. Ihren Ursprung hat die Bioresonanz in der Radionik – eine Technik mit dem Aussenden von Mustern, Gedanken und Schwingungen. Bei der Bioresonanz wird ein elektronisches Gerät verwendet, das mit mindestens zwei Elektroden die Schwingungen des Körpers erfasst. Das Verfahren nahm seinen Anfang im Jahr 1975, als der Nachweis von Photonen in lebenden Zellen gelang und somit davon ausgegangen wird, dass jeder Mensch ein eigenes Schwingungsspektrum hat.

Zielsetzung der Diagnostik mit Bioresonanz

Das Ziel ist, ungesunde Schwingungen zu erfassen. Das können Hinweise auf Krankheiten sein oder auch Fehlfunktionen, die anhand der Schwingungen sichtbar gemacht werden sollen. Auch große Verfechter der Bioresonanz weisen darauf hin, dass mit diesem Verfahren keine organischen Erkrankungen diagnostiziert werden können.

Konstitutionstherapie / Homöopathie

Die Konstitutionstherapie, auch klassische Homöopathie genannt, gilt als wahre Homöopathie, denn sie setzt eine gründliche Anamnese passend zu den Voraussetzungen der Homöopathie voraus.

Sie bedient sich der sogenannten Einzelmittel. Dem gegenüber stehen Komplexmittel, in denen verschiedene homöopathische Mittel gemischt sind. Damit ist die Konstitutionstherapie kein direktes Früherkennungsverfahren, wenn sie auch helfen kann, Erkrankungen schon im Entstehen zu behandeln.

Hier steht nicht die Krankheit per Definition im Vordergrund, sondern die Symptome und der Mensch in seiner Gesamtheit. Bei der Konstitutionstherapie wird also die Persönlichkeit des Patienten in die Behandlung mit einbezogen. Dazu gehören auch psychische Symptome, wie ein Trauma oder Ängste.

Die Behandlung wird auch zum Einsatz kommen, wenn der Patient unter unspezifischen Symptomen leidet oder möglicherweise körperlich gesund, aber aufgrund eines Ereignisses aus dem seelischen Gleichgewicht geraten ist. Das Ziel ist dann, das Gleichgewicht wieder herzustellen und die Entstehung weiterer Störungen zu verhindern.

Merke: Nicht die Krankheit als solche wird behandelt, sondern der gesamte Mensch.

Voraussetzungen für das entscheidende Mittel

Die Suche nach dem einen passenden Mittel ist schwierig und fehleranfällig. Der Behandler muss aus den genannten Symptomen die entscheidenden herausfiltern und auch die Familienanamnese berücksichtigen. Aus diesem Grund ist die Homöopathie für die Laienanwendung ungeeignet und erfordert eine gründliche Einarbeitung und Erfahrung.

Für Laien ist sie auch deshalb nicht geeignet, weil die Gefahr besteht, dass gefährliche Erkrankungen nicht erkannt und zu lange ungeeignet behandelt werden. Das Finden des geeigneten Mittels ist zudem sehr zeitaufwendig, denn es gibt kein „Man gebe…“. Ein Mittel, das dem Patienten einmal geholfen hat, ist zudem nicht bei einer Wiederholung erneut das geeignete Mittel. Der Homöopath folgt hier dem Grundsatz des griechischen Philosophen Heraklit: „Man kann nicht zweimal in den denselben Fluss steigen, denn andere Wasser strömen nach“.

Beliebte Prüfungsfragen zu Früherkennungsuntersuchungen in der Naturheilkunde 

Die Lösungen befinden sich unterhalb der Quellenangaben.

1. Die Antlitzdiagnose…

  1. …ist die Voraussetzung einer homöopathischen Behandlung.
  2. …hilft herauszufinden, ob der Patient die Wahrheit sagt.
  3. …liefert Hinweise auf Krankheitsgeschehen.
  4. …ist nur bei Kindern geeignet.
  5. …dient nur dem Wohlbefinden des Patienten.

2. Die Kinesiologie…

  1. …ist eine Form der Chiropraktik.
  2. …löst schmerzende Muskelverspannungen mittels Bewegungstherapie.
  3. …ist auch Teil der Schulmedizin.
  4. …soll energetische Blockaden finden.
  5. …braucht technische Hilfsmittel.

3. Die Homöopathie…

  1. …zielt auf die geistige Verfassung des Patienten ab.
  2. …wird passend für die akute Situation des Patienten verordnet.
  3. …ist vom Schulmediziner grundsätzlich abzulehnen.
  4. …ist leicht erlernbar.
  5. …sollte möglichst als Komplexmittel verordnet werden.

Quellen

Antlitzdiagnose via bdh-online.de

Augendiagnose/Irisdiagnose via paracelsus

Was ist Bioresonanztherapie? via allgemeinmedizin-gevelsberg.de

Urban Wiesing: Wer heilt, hat Recht?: über Pragmatik und Pluralität in der Medizin, 2004, Schattauer Verlag

Lösungen zu den Fragen: 1C, 2D, 3B



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