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Fallbeispiel: Der „Klassiker“
Ein 34-jähriger Mann konsultiert Sie im Wochenendnotdienst, weil er während eines Tennisspiels plötzlich einen Schmerz in der rechten Wade verspürte, wobei er sich an einen laut hörbaren Knall erinnert. Er kann seither nicht mehr richtig laufen. Bei der klinischen Untersuchung fällt Ihnen eine diskrete Schwellung des rechten Knöchels auf, eine Plantarflexion gegen Widerstand ist nicht möglich.
Das Fallbeispiel veranschaulicht Ihnen bildlich die Ätiologie der Achillessehnenruptur und die meist betroffene Patientengruppe: Die Achillessehnenruptur ist meist Folge einer Überlastung (indirektes Trauma) bei „Gelegenheitssportlern“. Sie tritt gehäuft im mittleren Lebensalter (30.-50. Lebensjahr) auf, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen.
Prädisponierende Faktoren sind eine altersbedingte Degeneration und Vorschädigungen des Sehnengewebes, z.B. als Folge einer rheumatoiden Arthritis oder einer chronischen topischen (Asthmatiker) oder systemischen Glukokortikoideinnahme. Weiterhin sind Tendinitiden und Rupturen der Achillessehne als Folge einer Therapie mit Fluorchinolonen beschrieben worden.
Eingeteilt wird die Achillessehnenruptur in eine komplette/inkomplette Ruptur und eine knöcherne Abrissfraktur der Achillessehne am Kalkaneus.
Wie untersuchen Sie und stellen die Diagnose?
Gerne im Hammerexamen (Orthopädie) abgefragt werden die initialen Symptome der Ruptur, die Sie anamnestisch erfragen sollten:
- Laut hörbares „Peitschenknall“-Geräusch
- Schwellung
- Hämatom
- Plötzlich einsetzender Schmerz mit dumpfen, stechenden Schmerzcharakter
Anatomie-Auffrischung: Die 10-12 cm lange Achillessehne (Tendo calcanei) ist die Endsehne des M. triceps surae (M. gastrocnemius und M. soleus). Bei einer Ruptur ist die Kraftübertragung des Muskels auf den Kalkaneus gestört.
Die Fähigkeit zur Plantarflexion ist eingeschränkt. Diese lässt sich klinisch durch den Zehenstand (bei Achillessehnenruptur nicht möglich) und den Thompson- Test überprüfen: Normalerweise kommt es zur passiven Plantarflexion, wenn beim liegenden Patienten die Wade komprimiert wird. Diese fällt bei einer rupturierten Achillessehne aus (positiver Thompson Test).
In der Tastuntersuchung fallen eine tastbare Delle im Sehnenverlauf proximal der Rissstelle auf. Eine Objektivierung des Befundes ist sonographisch möglich (Diagnostikum der Wahl). Die röntgenologische Bildgebung dient ausschließlich dem Ausschluss einer knöchernen Begleitverletzung.
Operativ oder konservativ? Therapeutische Optionen
Ein konservatives Procedere setzt eine gute Adaptierbarkeit der Sehnenendigungen voraus und bietet sich vor allem bei älteren Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko an. Durch Anlage eines Unterschenkelgipses oder eines Spezialschuhs wird der Fuß zunächst in Spitzfußstellung fixiert und anschließend im Step-By-Step-Verfahren (Reduzierung der Absatzhöhe des Spezialschuhs) in die Normalstellung gebracht. Sehr wichtig ist hierbei der frühzeitige Beginn der Physiotherapie!
Bei sportlichen und jüngeren Patienten, sowie schlecht adaptierbaren Sehnen ist die primär operative Versorgung indiziert. Die offene Operation mit verschiedenen Nahttechniken (feine Sehnennaht, Durchflechtungsnaht) erzielt laut Unfallchirurgie/Orthopädie der Universität Heidelberg das beste Ergebnis. Die OP kann aber auch minimalinvasiv durch perkutane Naht in Regional-/Lokalanästhesie durchgeführt werden.
Die postoperative frühfunktionelle Nachbehandlung ähnelt der konservativen Therapie mit u.a Spezialschuh und Physiotherapie. Eine volle Belastung ist frühestens nach 3 Monaten möglich.
Informieren Sie Ihren Patienten auch über die Möglichkeit einer Re-Ruptur. Bei konservativer Therapie beträgt das Risiko 10 %, bei operativer Therapie nur 3 %. Bei Operationen hingegen sind ein erhöhtes Infektionsrisiko und mögliche Nervenverletzungen gegeben.
Beliebte Prüfungsfragen zur Achillessehnenruptur
Die Antworten befinden sich unterhalb der Quellenangabe.
1. Welches Symptom ist besonders typisch für eine Achillessehnenruptur?
- Peitschenknall
- Dorsalflexion des Fußes ist eingeschränkt
- Fersenstand nicht möglich
- Fehlstellung des Fußes
- keine Schmerzhaftigkeit
2. Welche Untersuchungsmethode wird zur Diagnosestellung angewandt?
- Lasegue-Test
- Thompson-Test
- Steinmann I-Zeichen
- Steinmann II- Zeichen
- Schubladen- Test
3. Welche Methode ist Therapie der Wahl bei jüngeren Patienten?
- Konservative Therapie
- Ausschließlich Anwendung eines Spezialschuhs
- Spezialschuh und operatives Vorgehen
- Nur operatives Vorgehen
- Spontanheilung
Quellen
Niethard, Pfeil, Biberthaler (2014). Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag.
Uniklinik Heidelberg Unfallchirurgie & Orthopädie
Antworten: 1A, 2B, 3C
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