
Bild: “Social Media Cloud by Techndu” von Mark Kens. Lizenz: CC BY 2.0
Ernüchterte Personaler
Eva Zils ist seit mehr als zehn Jahren als Beraterin im Bereich internationale HR-Technologie tätig. Sie hält das Thema Personalbeschaffung über Facebook und Co. für immer noch relevant, den Hype dazu aber am versiegen.
In Deutschland und Österreich nehmen Social Media zwar einen festen Platz im Recruiting-Mix ein. Klassische Methoden werden aber wieder bevorzugt.
Beweise bietet für die HR-Beraterin die Social Media Recruiting Studie 2014. An der Erhebung beteiligten sich 422 Personaler aus Deutschland, 445 aus der Schweiz und 144 aus Österreich.
Zils fiel auf, dass sich die 397 befragten Personaler wieder verstärkt auf klassische Kanäle wie Jobportale und ihre eigenen Karriereseiten konzentrierten.

Quelle verändert nach: „Welche Kanäle nutzen Sie heute, um Kandidaten auf Ihre Stellen/Ihr Unternehmen aufmerksam zu machen?“, blog.eqipia.com
Interessant am aktuellen Social Media Recruiting Report ist außerdem, dass dabei erstmalig neue Aspekte mit einflossen. Zum Beispiel zeigten sich erhebliche Unterschiede beim erfolgreichen Recruiting je nachdem wie ein Xing-Arbeitgeber-Profil angelegt und gepflegt wurde.
Es spielte dabei eine maßgebliche Rolle, ob Recruiter Active Sourcing nutzen oder die Profile nur für die Veröffentlichung von Stellenanzeigen verwendeten.
Besonders in Deutschland diente Social Media für Active Sourcing (46%). Etwas weniger kamen sie fürs Personalmarketing (42%) zum Einsatz.
Interessanterweise verhielt es sich in Österreich umgekehrt, wo Active Sourcing nur 39% erzielte. 51 % der Unternehmen nutzten soziale Netzwerke für die Stärkung der Arbeitgebermarke.
Die Erfolge durch diese Kanäle waren jedoch eher mittelmäßig und sorgten bei den Personalern in allen Teilnehmerländern für Ernüchterung. Die meisten besetzten durch diese Recruiting-Methode nur 1-5 Stellen im Vorjahr.
Der Grund dafür war vor allem das geringe Budget, das den Personalabteilungen speziell für Social Media zur Verfügung stand. Allein in Deutschland fielen mittelgroße Summen zwischen 10.-20.000 Euro weg.

Quelle verändert nach: „Social Media Recruiting Studie 2014: Der Hype um Social Media ist vorbei!
“, Eva Zils
Eva Zils Ratschlag
Die Expertin Eva Zils rät zu einer Kombination aus klassischen und modernen Methoden der Personalbeschaffung. Unternehmen sollten verstärkt in Personalmarketing und Employer Branding investieren.
Diese Entscheidung begründet sie mit dem schwer messbaren Kosten-Nutzen-Effekt von Social Media Recruiting.
Unternehmen bevorzugen jedoch Methoden, die ihnen einfacher steuer- und kontrollierbar vorkommen.
Die Personalsuche vollkommen in sozialen Netzwerken zu vollziehen, hält Zils für risikoreich. Für die Ansprache und Anwerbung der Kandidaten empfiehlt sie diese Kanäle jedoch.
Verlieren Sie aber den Anschluss nicht und verfolgen Sie die Trends! Nur auf dieser Basis können Sie Ihre ausgearbeiteten Konzepte und Strategien regelmäßig überprüfen und angleichen.
Entkräftung von Zils Theorie
Der Partner und Geschäftsführer der Wollmilchsau GmbH Jan Kirchner hat sich ebenfalls mit der Social Media Recruiting Studie 2014 und der Untersuchung Eva Zils auseinandergesetzt.
Zwar sieht Kirchner, dass die Zahlen bei der Frage nach der angewandten Zeit für Social Media Recruiting für ein Umdenken sprechen. Nur 5,6 % der befragten Personaler verwendeten rund 20 Stunden dafür. Bei 11,8 % waren es zehn und bei 20,6 % fünf Stunden.
Kirchner sieht jedoch auch, dass die Zahlen im Bereich Active Sourcing und Employer Branding die Erwartungen der vorangegangenen Jahre übersteigen. Deshalb hält er sie für ausbaufähig.
Beim eigenen Nutzungsverhalten der 319 befragten Recruiter sah er ebenso einen positiven Trend.

Quelle verändert nach: „Social Media Recruiting Studie 2014: vom Hype in den Recruiting Mix “, www.wollmilchsau.de
Eindeutig ist jedoch nicht, ob die Ergebnisse des Social Media Recruiting Report 2014 auf die Kandidatengewinnung übertragbar sind. 25,2 % der Personaler wissen zum Beispiel nicht, ob die Stellenbesetzung auf Social Media Recruiting zurück zu führen ist. Kirchner nimmt außerdem an, dass andere Befragte ihre Unsicherheit dabei teilweise verschweigen.
Die Angaben zum Monitoring der Arbeitgebermarke konnten ebenfalls nicht vollständig erhoben werden, da nur 1/6 diese Entwicklung regelmäßig beobachtete. 36,7% der Befragten beobachtete die Entwicklung ihrer Employer Branding gar nicht und 29,2% nur gelegentlich.
Die Frage nach der Erfolgsmessung angewandter Methoden brachte auch keine genauen Ergebnisse. 64,3% der Personaler gaben an, die Bewerberangaben „manuelle auszuwerten“. 24,2% nutzten „Tracking innerhalb der ATS“, während 16,2% gar keine Messungen vornahmen.
Die Budgetangaben zu Social Media Recruiting bewertete Kirchner ebenso als ernüchternd. Er merkte jedoch an, dass entsprechende Gelder vermutlich aus normalen Budgetdepots für Personalmarketing und Employer Branding stammen und nicht separat ausgewiesen werden.
Auch die Bewertung der Entwicklung von Social Media Recruiting in den nächsten Jahren verwiesen für ihn auf einen ansteigenden Trend. Die Teilnehmer bewerteten auf einer Skala von 1-4. Bei der Eignung von Social Media für Employer Branding gaben sie eine 3,4 und bei der Mitarbeitersuche eine 3,3 an.
Fazit
Eine Studie und zwei unterschiedliche Auffassungen. Während Eva Zils den Trend zur Mitarbeiterbeschaffung in sozialen Netzwerk als schwindend betrachtet, hält Jan Kirchner dagegen. Er empfindet viele Angabe der Social Media Recruiting Studie 2014 für ungenau erhoben. Beachtlich findet er trotz allem, dass die Social Media Kanäle von Personalern viel intensiver genutzt werden als vor Jahren angenommen wurde.
Es steht also in den Sternen, für welche Methoden soziale Netzwerke in den nächsten Jahren verwendet werden. Entscheidend ist dafür auch, wie viele private Nutzer diese Kanäle aktiv besuchen. Denn neben den Anwerbern selbst entscheiden auch die potenziellen Kandidaten, ob Social Media Recruiting erfolgreich ist oder nicht.
Quellen
Hilker, Claudia (2013): Studie: Recruiting mit Social Media, letzter Zugriff: 04.03.2015.
Kirchner, Jan (2014): Social Media Recruiting Studie 2014: vom Hype in den Recruiting Mix, letzter Zugriff: 04.03.2015.
Zils, Eva (2014): Social Media Recruiting Studie 2014: Der Hype um Social Media ist vorbei!, letzter Zugriff: 04.03.2015.
Zils, Eva (2014): Social Media Recruiting Studie 2014: Auswerung Deutschland, letzter Zugriff: 04.03.2015.
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3 Gedanken zu „Ist der Trend Social Media Recruiting schon vorbei?“
Bei meiner Arbeit erlebe ich zum Teil Unternehmen, deren HR-Abteilungen fristen ein unwürdiges Dasein zwischen fahrlässiger Tatenlosigkeit und verordnetem Nichtstun . Für die Herausforderungen, vor denen die Abteilungen stehen, um den Unternehmenskurs maßgeblich zu beeinflussen – Werbung fürs Unternehmen, eigener Nachwuchs, Recruiting von Spitzenleuten, Mitarbeiterbindung, Herausbildung einer eigenen Marke -, stehen eben jene Abteilungen mit erstaunlich wenig Kompetenzen da. Und Facebook spielt erstmal gar keine Rolle… Diskutieren Sie hier mit:
http://ibmexperts.computerwoche.de/community/t/chat-frage-facebook-und-personalbeschaffung,1278
Hallo Frau Zils,
freut uns, dass sie hier persönlich Stellung beziehen und danke für das Feedback. Ein wenig unterliegen unsere Beiträge natürlich auch der Interpretation unserer Autoren. Keinesfalls streben aber an, Ergebnisse bewusst zu verzerren.
Ich habe im ersten Absatz eine kleine Korrektur vorgenommen und eingefügt, dass sie das Thema für immer noch relevant halten. Somit kann der Leser besser zwischen Relevanz insgesamt und dem dazugehörigen Hype unterscheiden.
Ich hoffe, dies ist in Ihrem Sinne und viele Grüße
Tobias Georgi
Hallo,
vielen Dank für die Erwähnung meiner Studienergebnisse.
Die neuen Umfragewerte wird es voraussichtlich nach Ostern geben.
Ich bin ein wenig vom Inhalt Ihre Beitrags überrascht, weil ich an keiner Stelle in der Studie behauptet hatte, dass der Trend des Social Media Recruiting am Versiegen ist.
Der Hype ist vorbei, das ist richtig. Aber nicht das Thema an sich.
Social Media Recruiting ist entweder in den Personalmarketingmix oder in die proaktive Ansprache von Kandidaten übergegangen. Manche haben es sein lassen, weil die Ergebnisse nicht gut waren (wenn sie denn gemessen wurden).
Letztlich muss sich jedes Unternehmen selbst damit beschäftigen, inwieweit Social Media bei der Personalbeschaffung eingesetzt werden sollen.
Tatsache und Ratschlag ist: Wenn, dann richtig machen.
Viele Grüße aus Straßburg, Eva Zils