Der demografische Wandel stellt die HR-Manager vor eine der zentralen Herausforderungen dieses Jahrhunderts. In den kommenden Jahren verändert sich die Altersstruktur Deutschlands und somit der Arbeitsmarkt gravierend - mehr Erwerbstätige werden in Rente gehen als neue Arbeitnehmer nachkommen. Unternehmen, die auf zukunftsgerichtetes und nachhaltiges Personalmanagement setzen und rechtzeitig die kommenden Trends erkennen wollen, dürfen dabei den demografischen Wandel nicht außer Acht lassen. Denn schon heute zeichnen sich bestimmte Megatrends im Bereich Personalmanagement ab.  
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Bild: “HR” von woodleywonderworks. Lizenz: CC BY 2.0


„Probleme werden gelöst, wenn sie da sind“ – so lautet das gängige Motto der Unternehmen in Bezug auf den demografischen Wandel mit all seinen Herausforderungen und Konsequenzen für die Wirtschaft. In den nächsten 50 Jahren verliert Deutschland im Durchschnitt etwa eine halbe Million Menschen im erwerbsfähigen Alter– und das jedes Jahr!

In zehn Jahren sind das schon 5 Millionen, so das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit. Rechnet man weiter und unterstellt konstante Erwerbsquoten und ausbleibende Zuwanderung, dann fällt der Rückgang noch drastischer aus: Schon 2025 würden fast 7 Millionen Erwerbsfähige fehlen – das entspräche in etwa der addierten Einwohnerzahl von Berlin, Hamburg und München zusammen (Zimmermann, 2013).

Mit dem demografischen Wandel werden akuter Fachkräftemangel, ein zunehmender Wettbewerb der Unternehmen um qualifizierte Arbeitnehmer und Wertewandel in Bezug auf das Human Kapital prognostiziert. Nun ist diese Prognose eigentlich nichts Neues und dennoch tun viele Unternehmen herzlich wenig, um den kommenden Herausforderungen entgegen zu treten.

Vermutlich verhält es sich hier so, als würde man einem Gesunden erzählen, dass er in 20 Jahren erkranken wird. Doch der demografische Wandel birgt tatsächlich viele Herausforderungen für Wirtschaft undPolitik. Auch die zukünftigen Trends des Personalmanagements werden nachhaltig beeinflusst.Unternehmen, die an veralteten und nicht mehr zeitgemäßen Strukturen und Methoden des Personalmanagements festhalten, geraten schnell gegenüber innovativen Wettbewerbern ins Hintertreffen und büßen auf lange Sicht ihre Wettbewerbsfähigkeit ein.

Eine Prognose für Deutschland

Das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass der Anteil der unter 20-Jährigen zwischen 2011 und 2060 von 18,2 auf 15,7 Prozent weiter zurückgehen wird. Der Anteil von Personen, die 60 Jahre oder älter sind, wird hingegen von 26,6 auf 39,2 Prozent anwachsen. Die Bevölkerungszahl verringert sich bei dieser Prognose bis zum Jahr 2060 von derzeit 81,8 auf 70,1 Millionen (www.destatis.de). Dies führt zu einer drastischen Veränderung des Größenverhältnisses zwischen den Generationen und damit zu einer nachhaltigen Veränderung des Arbeitsmarktes.

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Der demografische Wandel in Europa

Im Jahre 2010 lebten rund 500 Millionen Einwohner in der Europäischen Union. Nach Angaben des Department of Economic and Social Affairs (UN/DESA) hatten die fünf bevölkerungsreichsten EU-Staaten dabei einen Anteil von 62,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung der EU. Das sind Deutschland (82,3 Mio. Einwohner), Frankreich (62,8 Mio.), Großbritannien (62,0 Mio.), Italien (60,6 Mio.) und Spanien (46,1 Mio.). Deutschland ist dabei das bevölkerungsreichste EU-Land.

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Nach den Prognosen des UN/DESA und von Eurostat wird sich der Bevölkerungsstand der 27 EU-Staaten in den Jahren 2010 bis 2060 leicht erhöhen– und zwar um 0,7 (UN/DESA) bzw. um 3,2 Prozent (Eurostat). Nach den Berechnungen von Eurostat wird Deutschland jedoch bis 2045 durch Großbritannien als bevölkerungsreichster Staat der EU abgelöst; 2050 werden auch in Frankreich mehr Menschen leben als in Deutschland.

Laut UN/DESA werden Großbritannien und Frankreich bis 2060 einen größeren Bevölkerungsstand haben als Deutschland (www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/70497/bevoelkerungsstand-und-entwicklung). Dies bringt mit sich, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland sich nachhaltig verändern wird.

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Herausforderungen für den Arbeitsmarkt

Fachkräftemangel und Zuwanderung erhalten aus dieser Logik heraus eine größere Gewichtung für Deutschland. Dabei darf man nicht vergessen, dass der demografische Wandel auch eine regionale Dimension hat. Man muss davon ausgehen, dass trotz des dramatischen Rückgangs der Bevölkerung Ballungsräume wie Stuttgart, München oder Köln in Zukunft noch an Einwohnerzahl gewinnen werden (Gans/Schmitz-Veltin, 2010).

Doch was passiert mit Unternehmen in Gebieten mit niedriger Bevölkerungsdichte? Die zunehmende Alterung in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte gefährdet nicht nur die Lebensqualität der Menschen, sondern auch die Attraktivität von Unternehmen für potentielle Arbeitnehmer. Denn der Zugang zu vorhandenen Angeboten sozialer, kultureller sowie infrastruktureller Art wird in ländlichen Gebieten zusätzlich durch die größeren Distanzen zwischen den verschiedenen Ballungsräumen erschwert.

Nicht nur eine gravierende Schrumpfung des Erwerbspersonenpotenzials wird erwartet, sondern auch eine nicht unproblematische Nachwuchsrekrutierung. Schon heute erkennen viele Personalmanager, wie der HR-Report des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) im Auftrag der Hays AG von 2013 zeigt, die Bedeutung des sinkenden Anteils von Nachwuchskräften und des Fachkräftemangels.

Ebenso scheinen die Entscheiderim Personalbereich zunehmend sensibler gegenüber denThemen, wie Entwicklung einer„bunten Belegschaft“, Alterung der Belegschaft, Verlängerung der Lebensarbeitszeit geworden zu sein. Die Studie zeigt, dass die Erkenntnis der kommenden Herausforderungen des demografischen Wandels durchaus vorhanden ist, jedoch ist es die Umsetzung, an der es mangelt. Dabei zeichnen sich schon heute die Megatrends im Bereich HR deutlich ab, die die erfolgsorientierte Unternehmen nicht verschlafen dürfen.

Die 4 Top HR-Trends bedingt durch den demografischen Wandel

Der demografische Wandel stellt für die Human Ressources-Verantwortlichen eine der zentralen Herausforderungen dieses Jahrhunderts dar. Schon heute zeichnen sich bestimmte Megatrends im Bereich Personalmanagement ab. Hier sind die zusammengetragenen Top-HR-Trends, die aus der demografischen Entwicklung resultieren:

1. Weiterbildung und Personalqualifizierung – eine unumgängliche Voraussetzung zur Sicherung des Fachkräftebedarfs

Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt machen deutlich, dass vor allem qualifizierte Mitarbeiter eine der wichtigsten und zugleich auch der knappsten Ressourcen des Unternehmenserfolgs in Zukunft darstellen werden.

Die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen müssen von insgesamt weniger und zugleich älteren Arbeitnehmern bewältigt werden. Längere Lebensarbeitszeit, der Anspruch des lebenslangen Lernens und die Alterung der Belegschaft – dem gegenüber steht die sich immer rascher verändernden Geschäfts- und Prozessabwicklungen im digitalen Zeitalter. Das Phänomen bekannt als „die Halbwertzeit des Fachwissens“ ist ein Ausdruck des Verlustes fachspezifischen Wissens: Der Wert einmal erreichter Personalqualifizierung verfällt immer schneller.

Weiterbildung und Trainings waren noch nie so gefragt wie heute. Doch aufgrund des demografischen Wandels wird der Bedarf bzw. die Notwendigkeit von Weiterbildungsangeboten weiter steigen. Kooperationen mit Universitäten oder der Zugriff auf digitale Bildungsangebote können wichtige Maßnahmen im Kampf mit der „Halbwertzeit des Wissens“ sein oder auch zur effektiven Förderung von Talenten genutzt werden.

Unternehmen, die Probleme haben, Stellen mit besonderem Anforderungsprofil zu besetzen, sollten die betriebliche Weiterbildung verstärkt nutzen. Je nach Situation und Mitarbeitergruppe kommen dabei mehrere Möglichkeiten in Frage: Nachqualifizierung von Geringqualifizierten, Mehrfachqualifizierungen (um Beschäftigte flexibler einsetzen zu können), Flexibilisierung von Fachkarrieren und spezielle Qualifizierungsprogramme für ältere Mitarbeiter (McKinsey, 2011).

2. Drastisch verbesserte Frauenförderung – zukünftige Lücke der Vollerwerbstätigen könnte geschlossen werden

Aufgrund des Fachkräftemangels rückt Frauenförderung noch stärker in den Vordergrund. Bis 2020 entsteht,so eine McKinsey-Studie, eine Lücke von 2,5 Millionen Vollerwerbstätigen auf, die nur gedeckt werden kann, wenn mehr Frauen erwerbstätig sind. Auf lange Sicht können sich Unternehmen nicht leisten, das gewaltige Potenzial der Frauenerwerbstätigkeit zu ignorieren.

Beispielsweise arbeiteten in Deutschland im Jahr 2009 nur 55% aller erwerbstätigen Frauen Vollzeit – damit belegt Deutschland unter den EU 15-Ländern den vorletzten Platz. Unternehmen, die einen hohen Anteil an teilzeitbeschäftigten Frauen aufweisen, könnten vorerst ihren Bedarf an Fachkräften ausgleichen, in dem sie die Vollerbstätigkeit von Frauen fördern. Die zentralen Ausgangspunkte sind dabei familienorientierte Serviceleistungen, flexible Arbeitszeitmodelle, familienfreundliche Arbeitsorganisation sowie Frauen-Netzwerke und angepasste Wissenstransfersysteme. (www.mckinsey.de/sites/mck_files/files/fachkraefte.pdf).

3. Internationalisierung der Belegschaft – Abmilderung des Fachkräftebedarfs und gleichzeitig ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen

Besonders die Zuwanderung aus dem Ausland rückt dabei stärker in den Fokus von Politik und Wirtschaft. Denn die Zuwanderung kann den demografischen Wandel in Deutschland abmildern, jedoch falle dies regional unterschiedlich aus. Bevorzugt werden von Zuwanderern vor allem urbane Gegenden und weniger ländliche Gebiete (Bertelsmann-Stiftung, 2012) (www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-0A274C44-3F7D594B/bst/Bruckner_Migration_und_demographischer_Wandel_120928.pdf). Das heißt nicht überall hin, lassen sich ausländische Fachkräfte locken.

Der Wettbewerb von Unternehmen um die „besten Köpfe“ wird sich nicht nur auf Deutschland beschränken, sondern sich europaweit und global entfalten. Schon heute passen viele Globalplayer in der Wirtschaft ihre Rekrutierungsmethoden den globalen Standards an. Der vielzitierte Begriff „Talent War“ wird vor diesem Hintergrund deutlich.

Geografische und kulturelle Vielfalt am Arbeitsplatz wird zukünftig für viele Unternehmen eine viel größere Rolle spielen (vgl. Zimmermann, 2013). Dies erfordert dann nicht nur eine integrative und wertschätzende Willkommenskultur, sondern verlangt auch von den einzelnen Mitarbeitern mehr an Soft-Skills und interkultureller Kompetenz ab. Für diese Herausforderungen braucht ein Unternehmen neue Strategien und darüberhinaus Mitarbeiter, die die Fähigkeit besitzen, mit Menschen anderer Kulturen erfolgreich zu agieren. Coachings und Trainings von Führungskräften und der Belegschaft, eine abgestimmte Unternehmenskultur und integrativer Führungsstil werden dazu notwendig sein.

Diesen Trend bestätigt auch der HR-Report des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) im Auftrag des Personaldienstleisters Hays. 2011 befragte das Institut über 400 Führungskräfte, um herauszufinden, wie Unternehmen auf Globalisierung und demografischen Wandel reagieren. Fazit: Immer mehr Unternehmen suchen weltweit nach Mitarbeitern, weil sie für ihr Geschäft verstärkt interkulturelle Kompetenzen benötigen.

4. Betriebliche Gesundheitsförderung – eine Voraussetzung für den Produktivitätserhalt

Die alternde Belegschaft stellt besondere Anforderungen an die Betriebe und Unternehmen. Die zukünftigen Arbeitsbedingungen und die Personalentwicklung werden nicht mehr ausschließlich auf die jüngeren vollzeitarbeitenden Mitarbeiter abgestimmt, sondern eine altersgerechte Arbeitsflexibilisierung und Produktivitätserhalt wird im Vordergrund stehen.Gleichzeitig werden Unternehmen in Zukunft mehr denn je auf qualifizierte, motivierte und vor allem gesunde Mitarbeiter angewiesen sein (Bellmann et al.).

Gesundheitsförderung im Hinblick auf den demografischen Wandel zielt dabei auf ein ganzheitliches Denken ab. Das heißt mehr auf Prävention als Voraussetzung für ein gesundes Altern. Damit Prävention wirksam sein kann, muss die Anpassung zwischen Arbeitsprozessen, betrieblichen Angeboten und individuellen Bedürfnissender Mitarbeiter beachtet werden.

Besonders eine „Kultur der Wertschätzung“ im Unternehmen bietet dabei die notwendige Voraussetzung, damit betriebliche Gesundheitsförderprogramme die Bedürfnisse und Ziele der Mitarbeiter überhaupt aufnehmen und dazu beitragen können, Gesundheit zu fördern. Betriebe und Unternehmen ohne einer solchen Kultur können die tatsächlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter schlechter abschätzen. Sie könnten dazu neigen lediglich etablierte Förderprogramme zu adoptieren, die sich nicht an den Bedürfnissen der Belegschaft orientieren.

5 Schritte, die sie bereits heute gehen können, um dem demografischen Wandel in Ihrer Region entgegenzutreten

Sie sollten wissen, wie die demografische Situation in ihrer Region aussieht und ob sie als Unternehmen richtig aufgestellt sind, um der demografischen Entwicklung entgegenzuwirken. Diese Schritte helfen Ihnen dabei:

Schritt 1: Informieren Sie sich über die demografische Entwicklung Ihrer Region. Die Daten dazu können Sie sich von Ihrer IHK, statistischem Bundesamt oder der Agentur für Arbeit beschaffen. Bringen Sie das Thema und die damit verbundenen zukünftigen Herausforderungen auf den Tagesplan.

Schritt 2: Vergleichen Sie Ihren Arbeitskräftebedarf mit der prognostizierten Entwicklung. Wo wird sich Ihr Unternehmen befinden? In den begehrten urbanen oder eher in den ländlichen Gebieten? Schätzen Sie die Entwicklung der Attraktivität Ihres Unternehmens für potentielle Mitarbeiter ab.

Schritt 3: Passen Sie ggf. Ihre Rekrutierungsstrategie an. Nutzen Sie überregionale und internationale Stellenbörsen, spezielle Auslandsvermittlungen oder soziale Netzwerke. Entscheiden Sie, ob Ihre Mitarbeiter ausreichende interkulturelle Kompetenzen aufweisen bzw. brauchen. Organisieren Sie ggf. Schulungen und Trainings.

Schritt 4: Behalten Sie die Alters- und Geschlechtsstruktur Ihres Unternehmens im Auge. Passen Sie ggf. Arbeitszeitmodelle oder Weiterbildungsangebote an die Bedürfnisse der Belegschaft an. Entscheiden Sie, ob Ihr Unternehmen familienfreundlicher werden muss. Dies könnte eine wichtige Investition in die Zukunft Ihres Unternehmens sein.

Schritt 5: Entscheiden Sie, ob und ab wann spezielle Gesundheitsfördermaßnahmen für Ihr Unternehmen sinnvoll sind. Informieren Sie sich, welche Maßnahmen für Ihr Unternehmen in Frage kommen. Welche Strategien entwickeln Ihre Wettbewerber?

nützliche Links:

• www.wegweiser-kommune.de: Daten und Fakten zur regionalen Arbeitskräfteentwicklung
• www.arbeitsagentur.de/arbeitsmarktmonitor: Arbeitsmarktmonitor der Bundesagentur für Arbeit;
• www.zav.de: Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV)
• www.statistik.arbeitsagentur.de: Interaktive Engpass-Visualisierung

 

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