
Der quantitative Ansatz: Das bringt die Erfassung via Fragebogen
Häufig wird ein (Online-)Fragebogen zu diesem Zweck entworfen. Das ist nicht unproblematisch, denn ob ein Fragebogen auch misst, was er messen soll, stellt sich faktisch nur heraus, wenn er bereits mehrfach zum Einsatz gekommen ist. Es müssen praktische Erfahrungen damit vorliegen, die entsprechende Rückschlusse erlauben.
Beliebt ist er dennoch, da mit wenig Aufwand gut darzustellende, greifbare Erkenntnisse für Unternehmen und Mitarbeiter erlangt werden können. Die quantitative Forschung im sozialwissenschaftlichen Bereich – nichts anderes ist eine Fragebogenerhebung zur Erfassung der Mitarbeiterzufriedenheit – unterliegt jedoch immer einer gewissen Störanfälligkeit.
Das beginnt bei der Tatsache, dass ein Großteil ungern den Maximal- oder Minimalwert auf einer Skala ankreuzt (Wer will sich schon als „Extremist“ outen?) und endet mit der Augenblicksverfassung, in der sich der befragte Mitarbeitende befindet. Eine Fragebogenerhebung kann also immer nur begrenzt „richtige“ Ergebnisse liefern.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seinem Forschungsprojekt „Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland“ auf den Fragebogen des Great Place to Work® Institute (Trust Index©) gesetzt, um die mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur und die erlebte Arbeitsqualität zu erfassen.
Der Fragebogen wird nach Angaben des Instituts jedes Jahr weltweit in mehreren tausend Unternehmen eingesetzt. Die Verwendung eines solchen Instruments bietet im Gegensatz zur Anwendung eines selbst erstellten Fragebogens mehrere Vorteile:
Zum einen ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse aussagekräftig sind, da der Fragebogen sich bereits vielfach in der Praxis bewährt hat. Zum anderen ist eine hohe Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen gegeben, die ebenfalls auf dieses Messinstrument zurückgegriffen haben.
Darüber hinaus trägt eine Befragung, die durch eine außenstehende Instanz durchgeführt wird, zum Sicherheitsgefühl der beteiligten Mitarbeitenden bei: Ihre Fragebögen landen nicht unmittelbar auf dem Tisch ihrer Führungskraft, sondern werden von einer neutralen Person ausgewertet, die die gebündelten Ergebnisse vorlegt. So sinken die Ängste, mit ehrlichen Antworten in Schwierigkeiten zu geraten – und das trägt zu aussagekräftigeren Resultaten bei.
Der qualitative Ansatz: Was bewirken Fragen mit offenen Antworten?
Der bekannte Businesscoach Anne M. Schüller stellt in Frage, ob die Mitarbeiterzufriedenheit als Indikator überhaupt geeignet ist oder nicht vielmehr die Mitarbeitermotivation gemessen werden sollte. Die Diplom-Betriebswirtin und Autorin gilt als eine der führenden Expertinnen für Loyalitätsmarketing und kundenfokussiertes Management.
Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung korrelieren nicht, sagt Schüller. Sie empfiehlt, dass Führungskräfte regelmäßig mit der Belegschaft sprechen und offene Fragen stellen. Grundsätzlich hält sie auch eine schriftliche Befragung für möglich, rät aber nachdrücklich dazu, die Ergebnisse mündlich zu besprechen.
Fragen in diesem Sinne könnten lauten: Was gefällt Ihnen am Unternehmen am besten? Was am wenigsten? Was könnten wir für unsere Kunden noch tun? Was würden Sie Außenstehenden über den Betrieb sagen? Wo wünschen Sie sich Unterstützung?
Die wichtigste Frage, meint die Expertin, lautet jedoch: Würden Sie sich heute wieder für dieses Unternehmen entscheiden? Und wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Und wenn nein, weshalb nicht?
Schüller empfiehlt außerdem, die Mitarbeiterloyalität zu erfassen. Dabei können Fragen hilfreich sein, in denen Mitarbeitende eine antizipierte positive Aussage in eigenen Worten begründen, z. B.:
„Stellen Sie sich vor, Sie wären unser Unternehmensgewissen. Was würden Sie uns sagen?“
Offene Fragen geben dem Mitarbeitenden Spielraum und sorgen für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema als Kreuzchen in einem Fragebogen. Dieses Vorgehen führe für das Unternehmen zu brauchbareren Antworten als bei den üblichen Fragebögen, meint Schüller. Von Mitarbeitern könne man eine Menge nützlicher Informationen bekommen, wenn man sie danach fragte.
Dass die Beschäftigten sich von selbst äußern, kommt eher selten vor. Das führt Schüller darauf zurück, dass Mitarbeitende zwar das wertvolle Kundenfeedback erhalten, aber schlechte Erfahrungen damit gemacht haben, es weiterzugeben.
Die zaghaften Versuche diesbezüglich münden häufig in der Erkenntnis, dass man sich sehr unbeliebt machen kann, wenn man so agiert. Vielleicht auch nur darin, dass die Rückmeldung wirkungslos bleibt.
Die Kombination beider Methoden – der Idealfall
Sozial- und Geisteswissenschaftler nutzen für ihre Forschungsvorhaben häufig eine Kombination des quantitativen und des qualitativen Ansatzes. So gleichen sich die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden aus. Generell gilt:
Wer für ein Klima sorgt, in dem Feedback willkommen ist, authentische Befindlichkeitsäußerungen Veränderungen bewirken und Mitarbeitende sowie Kunden mit ihren Rückmeldungen ernstgenommen werden, gelangt sicherlich zu aussagekräftigeren Ergebnissen – vermutlich sogar zu inhaltlich besseren.
Quellen
Wie Mitarbeitermotivation regelmäßig gemessen wird via foerderland.de
Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland via bmas.de
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Ein Gedanke zu „Wie zufrieden sind Ihre Mitarbeiter?“
Inhaltlich sehr gut. Das Problem wurde erkannt und die Lösungsvorschläge in Form einer quantitative und qualitative Herangehensweise optimal.