Sehr geehrter Herr Dr. Robes, Sie sind ja sozusagen der Weiterbildungsexperte. Wie sehen Sie die Zukunft von E-Learning und klassischer Weiterbildung in Form von Seminaren und Workshops? Werden beide Komponenten noch näher zusammenrücken?
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Bild: “Lernen 96/365” von Dennis Skley. Lizenz: CC BY 2.0


Ja. Und um nur zwei Aspekte zu nennen, die dieses Zusammenrücken unterstreichen: Im Moment sind unsere digitalen und mobilen Endgeräte zwar in allen Seminarräumen vorhanden, aber eher als Störfaktoren oder Ablenkungen. Sie zu integrieren und zu nutzen, könnte die Auseinandersetzung mit vielen Themen vielfältiger und interessanter machen. Auch offener, weil wir ja Informationen oder Experten über diese Geräte direkt in die Seminarräume holen können. Hier sind die Trainer, Pädagogen und Referenten gefordert, bestehende Konzepte einmal neu zu denken und zu prüfen, ob man mit Hilfe dieser Endgeräte und Möglichkeiten nicht neue, zeitgemäßere Bildungsszenarien entwickeln kann, die den Bedürfnissen einer Generation Y mehr entgegenkommen.

Auf der anderen Seite gibt es heute ja längst kein Präsenzlernen ohne das Internet mehr: Lehrende und Lernende bereiten Veranstaltungen im Netz vor; es gibt Plattformen, über die Termine und der Austausch von Informationen organisiert werden. Genauso selbstverständlich spielen sich ja der akademische und professionelle Diskurs, also Forschung, Recherche, Publikationen usw., im Internet ab. Das zweistündige Bildungsseminar vor Ort, die Vorlesung oder der Workshop, sind also nur der Ausschnitt eines längeren Prozesses, der ohne das Netz und die Cloud nicht denkbar sind.

Was vor diesem Hintergrund häufig fehlt, ist eine konsequente und systematische Reflektion über die Ziele, die man in einem Bildungsprozess verfolgt, und die Möglichkeiten, die zum Erreichen dieser Ziele zur Verfügung stehen. Viele Veranstaltungen finden lange Zeit unverändert statt, weil es eine liebgewordene Routine ist, weil man die Möglichkeiten des Netzes nicht kennt oder nur etwas ändert, wenn es garantierte Vorteile oder Einsparungen mit sich bringt. Manchmal, so könnte man denken, braucht es etwas Leidensdruck oder eine veritable Krise, damit Veränderungen eine Chance bekommen.

Sie bloggen zum Thema Weiterbildung und arbeiten für HQ Interaktive Mediensysteme GmbH. Können Sie uns etwas zu Ihrem beruflichen Werdegang erzählen und wie Sie zum Bloggen gekommen sind?

Der berufliche Werdegang führte über ein Studium der Kommunikationswissenschaften in Münster zum Deutschen Institut für Fernstudien nach Tübingen, das damals die Funkkollegs redaktionell betreute. Die nächste Station war bereits 1991 HQ Interaktive Mediensysteme GmbH. Damals ging es noch um das computergestützte Lernen (CBTs) und Multimedia. Dann kam das Internet, und wir sprachen von Web-based Trainings und E-Learning. Seit 2003 blogge ich, privat und über alles, was die Weiterbildung bewegt und verändert. Und das sind natürlich auch wieder Themen, die irgendwie mit dem Internet, mit Netzwerken, mit Technologien und Bildungstechnologien zu tun haben.

Damals, 2003, war das Bloggen noch sehr exotisch. Heute, mit Blick auf die sozialen Netzwerke und Plattformen wie Twitter, ist es fast schon exklusiv, weil es die neuen Plattformen noch einfacher und selbstverständlicher machen, in die schnelle Vernetzung und den informellen Austausch einzusteigen. Das tägliche Lesen und Schreiben ist für mich eine Routine des persönlichen Wissensmanagements, die Harold Jarche so treffend als Prozess des „Seek – Sense – Share“ bezeichnet hat (Harold Jarche: „What is your PKM routine?“).

E-Learning, MOOCs und Blended Learning werden bereits jetzt von vielen genutzt. Aber wie wird sich das weiterentwickeln? Welche der Formen wird sich durchsetzen und werden wir alle in 20 Jahren ausschließlich am Computer lernen?

Über MOOCs wird wahrscheinlich bald niemand mehr sprechen, weil das Akronym eher einengt als befreit. E-Learning? Brauchen wir als Begriff schon lange nicht mehr, weil das Internet und die Netze längst Alltag sind. Aber es hält noch den Diskurs über bestimmte Formen des Lehrens und Lernens zusammen. Werden wir in 20 Jahren ausschließlich am Computer lernen? Nein, denn Computer, wie wir sie heute kennen, wird es nicht mehr geben. Alles wird in der Cloud liegen, und der Zugriff auf diese Informationen erfolgt über Technologien und Erweiterungen, die wir heute nur erahnen. Viele Lernprozesse werden im Alltag verschwinden, persönliche Online-Assistenten werden uns dabei unterstützen. Das Netz wird da sein, als Default. Aber auch das Präsenzlernen wird sich verändern: Wir werden uns verabreden, aber nicht alle zwangsläufig im selben Raum sitzen. Wie und was wir dann zusammen lernen, hängt stark davon ab, wie sich unsere Arbeits- und Lebenswelten entwickeln. Im Horizon Report 2014 ist das, wenn auch nur für die nächsten fünf Jahre, systematisch und ausführlich dargestellt.

Vielen Dank für das Interview!

 

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