
Nachdem die Firma Agfa im Jahr 1936 den ersten Farbfilm entwickelt hatte, begann der Siegeszug der Farbfotografie. Ihren endgültigen Durchbruch erfuhr sie in den 1960er Jahren, als die Anfertigung farbiger Abzüge auf Papier vereinfacht werden konnte und damit preiswerter wurde.
Die Farbfotografie hat die Schwarz-Weiß-Fotografie bzw. das Fotografieren in Grautönen jedoch nicht verdrängt und auch in digitalen Zeiten finden Fotografen und Betrachter großen Gefallen an den Ausdrucksmöglichkeiten der monochromen Bilder. Besonders für künstlerische Arbeiten sowie in der Reportage- und Dokumentarfotografie ist das Fotografieren in Schwarz-Weiß oder die nachträgliche Konvertierung in der Bildbearbeitung nach wie vor sehr beliebt, denn Bilder in Schwarz-Weiß schärfen den Blick für das Wesentliche.
Die 3 wesentlichen Tipps bei der Schwarz-weiß Fotografie – Technik und Motivwahl
1. Fotografieren Sie in Farbe!
In Zeiten der Analogfotografie waren Fotografen hinsichtlich der Verwendung von Farbe festgelegt. Legte man einen Farbfilm in die Kamera ein, wurden die Bilder ausschließlich in Farbe aufgenommen. Heutzutage können Sie bei vielen Digitalkameras vor der Aufnahme jedes einzelnen Bildes einstellen, ob dieses in Farbe, in Sepia oder in Schwarz-Weiß fotografiert werden soll.
Auch wenn es sich absurd anhören mag und einige Fotografen etwas anderes empfehlen: Fotografieren Sie mit Ihrer Digitalkamera in Farbe, und schauen Sie sich später im Bildbearbeitungsprogramm auf einem großen Monitor an, wie die Bilder besser wirken: in Farbe oder in Grautönen. Es ist dann für die Zukunft viel leichter, ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Motive sich mehr für die Schwarz-Weiß-Fotografie eignen. Ein kleines Kameradisplay wird Ihnen weder den passenden Vergleich noch einen guten Fotoeindruck liefern. Wenn Sie nach einiger Zeit geübter in der Motivwahl und der Bildgestaltung sind, haben Sie mehr Variationsmöglichkeiten in der Nachbearbeitung, wenn das Bildmaterial in Farbe vorliegt.
2. Fotografieren Sie nach Möglichkeit im Rohdatenformat (RAW)!
Das Rohdatenformat (RAW) ist das kameraspezifische Bildformat vieler Digitalkameras und wird als das „digitales Negativ“ bezeichnet. Während die gebräuchlichen Bildformate wie z.B. JPG häufig nicht in der Lage sind, alle Bildinformationen zu speichern, bleiben bei Bildern im RAW-Format sämtliche Details, die vom Bildsensor erfasst wurden, erhalten. Dadurch stehen einem Bildbearbeitungsprogramm wesentlich mehr Daten zur Verfügung, und die Bilder können verlustfrei bearbeitet werden.
Nicht jedes Bildbearbeitungsprogramm kann Rohdaten lesen und verarbeiten, aber in der Regel haben Sie mit Ihrer Kamera eine geeignete Software erhalten, sofern Sie nicht Adobe Photoshop, Lightroom, Aperture, Capture One oder die kostenfreien Programme XnView, RawTherapee oder GIMP nutzen.
3. Das richtige Motiv – Suchen Sie nach Kontrasten und Strukturen!
Bereits bei der Motivsuche ist es wichtig zu entscheiden, ob das Bild nachher farbig oder schwarz-weiß sein soll. Unter Umständen kann die Farbe eine wichtige Komponente darstellen, die in der Schwarz-Weiß-Fotografie nicht mehr zur Geltung kommt. Nehmen wir als Beispiel die unterschiedlichen Farben von Gewürzen oder Früchten auf einem orientalischen Markt. Das menschliche Gehirn ist zwar dazu in der Lage, die Farben in Schwarz-Weiß-Bildern auf Grund von Erfahrungswerten zu identifizieren, aber nicht immer gelingt dies korrekt – so können Äpfel auf einem Bild rasch zu Kartoffeln werden.
Suchen Sie stattdessen nach klaren Formen, grafischen Strukturen und starken Kontrasten, die vom Auge auch ohne Farbe gut wahrgenommen werden. Das können zum Beispiel die Silhouetten von bekannten Gebäuden oder architektonische Einzelelemente sein, wie eindrucksvolle Treppen oder auffällige Fensterfronten. Schauen Sie nach Motiven, die imposante Schatten werfen oder setzen Sie ein Blitzlichtgerät ein, um diese zu erzeugen.
Besonders gut eignen sich Motive im Retro-Look für die Schwarz-Weiß-Fotografie. Das können beispielsweise alte Fahrzeuge sein oder Ruinen, die im Licht- und Schattenspiel dramatisch wirken.
Ein Klassiker ist der Schwarz-Weiß-Effekt in der Porträt- und Aktfotografie, denn das Entziehen der Farbe macht Akt- und Porträtaufnahmen universeller und der Blick konzentriert sich auf Formen und Kontraste. Wichtig ist hierbei jedoch eine kreative Beleuchtung, die ausreichend Licht und Schatten erzeugt, um das Bild interessant zu machen.
Wichtige Elemente der Bildbearbeitung
1. Die Schwarz-Weiß-Bearbeitung in Camera Raw
Wenn Sie mit Photoshop arbeiten, werden Bilder im RAW-Format zuerst in Camera Raw geöffnet und können hier einfach in Schwarz-Weiß umgewandelt werden. In Photoshop CC kann Camera Raw übrigens nachträglich über „Filter“ und „Camera Raw-Filter“ geöffnet werden. Somit können Sie auch Bilder in anderen Formaten mit dem RAW-Converter bearbeiten.
Die einfachste Methode, um ein Farbbild in Camera Raw zu einem Schwarz-Weiß-Foto zu machen, ist eine Reduzierung der Sättigung mit Anpassung der Farbtemperatur. Zusätzlich können Sie Kontrast, Lichter, Tiefen und gegebenenfalls die Schärfe anpassen.
Wenn Sie etwas genauer arbeiten möchten, beispielsweise bei Bildern mit Fokus auf bestimmten Farben, wählen Sie in Camera Raw die Registerkarte „HSL/Graustufen“ und aktivieren die Checkbox „In Graustufen konvertieren“. Mit den Reglern unter „Graustufen-Kanalanpassung“ stellen Sie die Graustufen für jeden Farbton detailliert ein. Je weiter ein Regler für einen Farbton nach links geschoben wird, umso dunkler wird der Grauton. Anschließend können Sie mit den Reglern der Registerkarte „Grundeinstellungen“ die Belichtung und den Kontrast optimieren.
Lightroom oder andere RAW-Converter arbeiten auf ähnliche Weise.
2. Die Schwarz-Weiß-Konvertierung in XnView
Mit dem kostenlosen Bildverwaltungsprogramm XnView können Sie Ihr Farbfoto auf einfache Weise in ein Schwarz-Weiß-Bild verwandeln. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Ein nuanciertes Schwarz-Weiß-Foto erhalten Sie z.B. über die Menüpunkte „Bild“, „Graustufen“ und „256 Graustufen“. Sie haben hier jedoch keine Möglichkeit, auf den Grauton Einfluss zu nehmen.
Eine weitere Option ist die Funktion „Farbkanal extrahieren“, die Sie ebenfalls unter dem Menüpunkt „Bild“ finden. Durch die Auswahl eines der drei Farbkanäle „Rot“, „Blau“ oder „Grün“ erstellt XnView ein Graustufenbild, das je nach ausgewähltem Kanal grundverschieden ausfällt.
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