
Der Schreibtisch als Forschungsgegenstand
An der Universität Austin-Texas befasst sich Psychologe Samuel Gosling schon seit Jahren mit der Frage, inwiefern man aus den Dingen, die einer Person gehören, auf ihre Persönlichkeit Rückschlüsse ziehen kann.
Gosling schickte seine Forscher in die Zimmer freiwilliger Probanden. Sie versuchten sich an der Einschätzung der Personen, nur auf Grundlage der Gegebenheiten des Ortes und lagen damit oft richtig – teilweise sogar richtiger, als die zum Vergleich eingeholten Einschätzungen von Freunden der Probanden.
Wie wir unsere Umgebung gestalten, spiegelt unser Inneres wider, das ist ein Ergebnis von Goslings Arbeit. Sein Buch heißt „Snoop – what your stuff says about you“ und befasst sich unter anderem auch mit der Wirkung von Schreibtischen.
Dezidiert nur auf Schreibtische, bezogen sich die Designtheoretiker Michael Erlhoff und Uta Brandes mit ihrer Studie. Ausgehend von der Köln International School of Design machten sich rund einhundert Designstudenten auf und knipsten 686 Schreibtische in zwölf Ländern auf allen Kontinenten. Einige Resultate kann man sich in “My Desk is my Castle“ ansehen.
Die Studie kam jedoch nicht nur zu fotografischen Ergebnissen. Unter anderem stellten die Forscher fest:
- Je wichtiger jemand in der Firma ist, desto größer und leerer ist der Schreibtisch.
- Arbeitsplätze innerhalb eines Büros ähneln einander in ihrer Ausgestaltung.
- Rund, flauschig, in Pink- und Violetttönen – solche Accessoires finden sich weltweit auf den Schreibtischen von Frauen.
- Männer haben häufig ihre Schlüssel auf dem Bürotisch liegen; außerdem dominieren Gegenstände in Dunkelblau und Schwarz oder aus Metall.
Uta Brandes geht davon aus, dass die Dinge auf Bürotischen dazu dienen, den eigenen Status zu demonstrieren und sein Territorium zu markieren. In die Schublade unterm Schreibtisch kommen die Dinge, die nicht gesehen werden sollen – das ist der privateste Ort im Büro.
Sechs konkrete Tipps für den richtigen Eindruck
Ist ihr Arbeitsplatz gut strukturiert, oder verbringen Sie die Hälfte der Zeit damit, nach Unterlagen und Arbeitsmitteln zu suchen? Auf den Tisch gehört nur, was Sie wirklich täglich brauchen. Diese Dinge sollten bequem zu erreichen sein. Dass sich leere Kaffeetassen, eine Sammlung von Pfandflaschen und offen herumliegende, vertrauliche Unterlagen nicht gut machen, versteht sich von selbst.
1. Ordnung und System
Dass ein Schreibtisch im Sinne reibungsloser Arbeitsabläufe von grundsätzlicher Ordnung profitiert, ist wohl unstrittig. Die typische Post-it Sammlung rund um den Monitor neben den überquellenden Ablagefächern lassen einen Arbeitnehmer möglicherweise gleichgültig oder überfordert aussehen.
Struktur ist wie Sauberkeit eine Notwendigkeit, wenn man sich nicht als schlampig und unprofessionell outen möchte. Wie alles im Leben kann man es aber auch hier übertreiben. Ist der Tisch klinisch rein und die Stifte alle gleich lang, dann mag sich der ein oder andere Vorgesetzte vielleicht fragen, ob der Mitarbeiter nicht ausgelastet ist, oder seine Prioritäten falsch setzt.
2. Grün und lebendig
Pflanzen finden sich auf vielen Schreibtischen. In manchen Branchen bleiben die Pflanzen sogar länger dort als die eigentlichen Schreibtischbesitzer. Gewächse sind nicht nur dekorativ und gut für das Raumklima, sondern auch ein Symbol für Wachstum und Entwicklung.
Eine gut gepflegte Pflanze in einem schönen Gefäß signalisiert darüber hinaus Sorgfalt und Verbundenheit mit dem Unternehmen; der Arbeitnehmer hat quasi Wurzeln an seinem Platz geschlagen.
3. Persönliche Dekorationsartikel
Vom Krimskrams bis zum Reisesouvenir reicht die Palette möglicher Dekoartikel. Kunstgegenstände, Steine, Bastelarbeiten, Geschenke von Kunden, Klienten oder Kollegen – die Bandbreite zwischen Winkekatze und edler Skulptur kennt nahezu keine Grenzen.
Die Studie der Köln International School of Design fand heraus, dass in Asien die Schreibtische wesentlich voller und mit persönlichen Gegenständen aller Art gespickt sind, während das in Europa eher als Ablenkung empfunden wird.
Ein paar ausgesuchte Stücke zeigen, wer Sie sind und bieten Anknüpfungspunkte für Gespräche. Achten Sie darauf, dass die Gegenstände geeignet sind, die Wirkung beim Gegenüber zu erzielen, die Sie zu erzielen beabsichtigen.
4. Verschiedene Arten von Trophäen
Ehrgeiz, Zielstrebigkeit und Erfolg – das assoziieren wir spontan mit Auszeichnungen. Zu Trophäen zählen natürlich Pokale und ähnliches, aber auch Familienfotos – die stehen in aller Regel so, dass Passanten sie gut sehen und nicht der Besitzer der Fotos, hat Uta Brandes festgestellt.
Hier gilt, ähnlich wie bei persönlichen Accessoires: Nicht übertreiben. Das kann schnell protzig und oberflächlich wirken. Fotos von Ihren Lieben zeigen aber auch, dass Sie nicht unnahbar sind, sondern grundsätzlich bereit etwas über sich persönlich Preis zu geben.
5. Kollegen zu Gesprächen verlocken
Eine Schale mit Süßigkeiten, die so platziert ist, dass deutlich wird, dass Sie damit ein Angebot an Ihre Mitmenschen machen, kann dazu beitragen, dass Sie als offen und gesellig wahrgenommen werden. Das sollte natürlich nicht dazu führen, dass der Chef Sie nur noch im Gespräch mit Kollegen antrifft, die sich bei Ihnen Nervennahrung abholen.
6. Fotos und Bilder
Partyfotos sind selbstverständlich tabu – und wenn Sie Landschaftsbilder oder Fotos aus dem Urlaub auf dem Schreibtisch haben möchten, übertreiben Sie es nicht. Schließlich soll nicht der Eindruck entstehen, dass Sie sich den überwiegenden Teil der Arbeitszeit ganz weit weg wünschen. Eine gute Möglichkeit kann ein Fotokalender oder ein paradiesisches Motiv auf dem Einband Ihres Notizbuches sein.
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