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Uwe Fenner betreibt einen Stil-Blog und ist Headhunter, Karriereberater, Stilcoach und Buchautor.

bildHerr Fenner, Sie sind ja als Stilexperte vermutlich nie in unangenehme Situationen verstrickt. Gibt es dennoch Momente, in denen selbst Sie überlegen müssen, was angebracht ist?

Oh ja, solche Situationen kommen nicht selten vor. Situationen, die eine schnelle Entscheidung erfordern. Soll ich zum Beispiel als Einziger aufstehen, wenn eine Dame den Raum betritt und die anderen diese Höflichkeitsgeste für überflüssig halten? Schließlich sollte ich mit meiner Höflichkeit auch nicht die anderen diskriminieren.  –  Oder: Soll ich ebenfalls mit Küsschen rechts, Küsschen links eine Gruppe von Menschen, die ich weder gut kenne, noch besonders mag, begrüßen, auch wenn ich ganz generell diese Begrüßungsart nicht so recht schätze? Auch hier gilt es abzuwägen zwischen dem Gebot, sich den Gepflogenheiten der jeweiligen Gesellschaft weitgehend anzupassen, und dem eigenen Stilempfinden, welches mir Shake-hands oder allenfalls den Handkuss angemessen erscheinen ließe.

 Besonders wichtig ist das korrekte Verhalten ja im Business-Bereich. Haben sie da einen speziellen Tipp? Etwas, worauf man immer achten sollte? Bei einer korrekten Begrüßung im Business-Bereich kann man viel falsch machen. Eine grundlegende Frage ist, nach welchem Kriterium jemand zuerst begrüßt wird: nach Geschlecht (also die Frau zuerst) oder nach Rangfolge?

Bei der Rangfolge steht das Alter häufig in Konkurrenz mit dem Geschlecht. Generell gilt: Man stellt DEM Höherrangigen (m./w.) DEN Niedrigerrangigen vor. Aber wer ist höherrangig, wenn zum Beispiel eine jüngere Dame mit einem würdigen älteren Herrn bekannt gemacht werden soll? Hier muss ich blitzschnell prüfen, stelle ich SIE IHM, oder IHN IHR vor? Da ist individuell abzuwägen, wem man nun den höheren Rang zubilligt. Entscheide ich mich für den deutlich älteren Herrn, habe ich DIESEN anzusprechen, mit den Worten, „Herr XY, darf ich Ihnen meine junge Cousine, Frau Cornelia Z. vorstellen?“ Wenn ich mich entscheiden muss, wer zuerst zu begrüßen ist, lass ich mich vom „Würde-Prinzip“ leiten: Wer von beiden erscheint mir  –  ganz subjektiv  –  würdiger. Ich rate dann allerdings  –  wie immer bei Höflichkeitshandlungen, die dazu zwingen, aus zwei Möglichkeiten die richtige auszuwählen  – , den Gruß in solchem Fall mit den Worten zu begleiten, „Die Situation macht mich verlegen; denn ich weiß jetzt wirklich nicht, wem von Ihnen beiden so würdigen Personen ich zuerst die Hand geben soll!“ Indem Sie Ihre Überlegungen laut kundtun, sind Sie schon entschuldigt; denn jeder weiß jetzt, dass Sie sich bei Ihrer Handlung etwas gedacht haben, dass die Situation Sie aber in einen unlösbaren Entscheidungskonflikt gebracht hat. Indem Sie beiden die Ranghöhe zusprechen, ehren Sie auch beide Personen auf charmante Art.

 Bei uns im Lecturio-Büro gab es letztlich eine Diskussion über das richtige Verhalten, nachdem man geniest hat: die Einen sagen, derjenige muss sich entschuldigen, die Anderen behaupten „Gesundheit“ sagt man nicht mehr. Was stimmt denn nun?

Diese Diskussion ist in Mode gekommen, und manch ein Schlauberger behauptet dazu kühn, früher habe man „Gesundheit“ gerufen und heute entschuldige sich der Nieser „neuerdings“. Das ist so allerdings nicht richtig. Das Bewusstsein für Stil-und-Etikette-Fragen hat sich lediglich geändert. Kultivierte Menschen haben Körpergeräusche schon immer vermieden und haben sich entschuldigt, wenn diese eben mal nicht zu vermeiden waren. Andere Menschen haben lautes Niesen eher als lustige Bereicherung etwa der Bürokommunikation empfunden und haben sich über die entsprechende Reaktion, nämlich über den Ausruf „Gesundheit!“ der- oder desjenigen gefreut, die den unflätigen Niesanfall hinzunehmen gezwungen waren. Daran hat sich bis heute nichts geändert: Feine Leute niesen sehr leise, vielleicht mit einem Taschentuch vor dem Mund, und entschuldigen sich über das auch so vielleicht nicht gänzlich vermeidbare Körpergeräusch. Wer dann „Gesundheit“ ruft, bepeinlicht so eine kultivierte Person zusätzlich. Das übergeht man also. Aber wenn Sie einen Kollegen am Schreibtisch nebenan sitzen haben, der nun mal mit großer Leidenschaft wie Donnerhall niest, dann sagen sie ruhig „Gesundheit“; denn gutes Benehmen ist auch, sich so zu verhalten, dass der jeweils Andere sich mutmaßlich darüber freut.

Vielen Dank für das Interview!

P.S.: Wer sich über manches Verhalten noch unsicher ist, kann einen Kurs zum Thema Business-Knigge anhören!

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