
Bild: “beets” von liz west. Lizenz: CC BY 2.0
And the winner is…
…das Europäische Patentamt für die abschreckendste Stellenanzeige
In diesem Textmonster steht alles, was Sie je über das Europäische Patentamt und den zukünftigen Stelleninhaber hätten erfahren können – aber wollen Sie das alles schon in der Stellenanzeige lesen? Viele Inhalte sind für den Bewerbungsimpuls noch gar nicht relevant und können bis zum Vorstellungsgespräch warten.
Die tatsächlichen Argumente für eine Tätigkeit beim Europäischen Patentamt werden in einem Satz ganz am Ende der Anzeige abgehandelt. Bis dahin kommen die meisten Leser vermutlich gar nicht, weil sie von den 25 Anforderungen an ihr Profil und den 10 Hauptaufgaben im Job abgeschreckt werden. Gut zu wissen, dass das Europäische Patentamt so gewissenhaft arbeitet und alles ganz genau nimmt.
Scrollen Sie mal durch die Anzeige und zählen Sie die Sekunden!
… die Volksbank Franken für das peinlichste Karriere-Video
Das Video lässt den Zuschauer mit mehr Fragen als Antworten zurück und deutet auf eine unzureichende Auseinandersetzung mit der Zielgruppe und mit gestalterischen Elementen hin.
Die Auszubildenden der Volksbank Franken wurden mit der Produktion dieses Karrierevideos betraut. Warum meinen sie, dass ein halbnackter Mann in einer Bettszene (die Nacht zuvor war wild, man sieht es an der verstreuten Kleidung im Raum) einen geeigneten Rahmen für die Vorstellung einer seriösen Bank bildet? Unterstützt die Hintergrundmusik wirklich die Botschaften des Videos? Hier einige Auszüge: „Was ist meinem Willen bloß, machst meinen Willen willenlos“, „Du bist eiskalt“, „Sag mir, wie weit willst du gehen“.
Viel wichtiger aber ist die mangelhafte Argumentation: sind die angeführten Vorzüge der Volksbank Franken – attraktiver Arbeitgeber, dichtes Filialnetz, Beratungskompetenz und regionales Engagement – tatsächlich die Gründe, sich zu bewerben? Der erste Punkt ist es, der zählt, und dieser hätte weiter ausgeführt werden müssen. Wo sind die wirklich wichtigen Botschaften über Karrieremöglichkeiten, Bewerbungsverfahren usw.?
…LASE für die unattraktivste Karriere-Website
Der Begriff „Karriere-Website“ ist in Bezug auf die Lasertechnik-Firma irreführend, da es sich hierbei lediglich um Stellenangebote handelt. Informationen zu Bewerbungsmodalitäten oder Ansprechpartnern sucht der Interessent vergeblich. Ebenso wenig wird die Seite genutzt, um die Argumente für LASE als attraktiven Arbeitsgeber herauszustreichen.
Ohnehin fühlt sich der geneigte Leser eher unwillkommen, wenn die Anzeigen bereits vergebener Stellen mit einem großen roten „Besetzt“-Stempel versehen werden (Botschaft: „Versuchen Sie ja nicht, sich bei uns zu bewerben“). Aktuell sind diese Stempel nicht mehr zu sehen. Entweder wurden sie im Zuge der Preisverleihung abgeschafft, oder es gibt keine besetzten Stellen, weil sich niemand mehr traut, eine Bewerbung abzuschicken – aus Angst vorm großen roten „Abgelehnt“-Stempel, der wohl anschließend aus der Schublade gezaubert wird.
…Call a Pizza für den misslungensten Social-Media-Auftritt
Der letzte Gewinner hat vor Schreck die Facebook-Seite zu „Call a Pizza Karriere“ wieder vom Netz genommen – oder aus Mangel an Inhalten. Dies war nämlich der Grund für die Nominierung und den anschließenden Sieg. Über zwanzigmal wurde die ewig gleiche Franchise-Anzeige gepostet. Soziale Medien machen für das Unternehmen aber nur dann Sinn und dienen als ergänzende Personalmarketingkanäle, wenn man sie regelmäßig und abwechslungsreich bespielen kann.
Viele Firmen beauftragen in einem Anflug von Aktionismus ihre Praktikanten, die sozialen Medien für Marketingzwecke einzusetzen, „weil man das jetzt so macht“. Heraus kommen schließlich inkonsistente Chroniken, inhaltliche Ödnis und Ziellosigkeit, wie das hier angeführte Beispiel veranschaulicht.
Über den Award
Im Jahr 2013 haben die Personalkexperten Jannis Tsalikis (Vice) und Henner Knabenreich (personalmarketing2null) die Verleihung der Goldenen Runkelrübe ins Leben gerufen, um auf Fehlschläge in der Personalkommunikation aufmerksam zu machen. Sie soll ein Gegenstück sein zu den zahlreichen HR-Awards, die sonst in der Branche verliehen werden.
Die unfreiwilligen Teilnehmer werden durch anonyme Einsendungen in vier Kategorien nominiert: die abschreckendste Stellenanzeige, das peinlichste Karriere-Video, die unattraktivste Karrierewebsite und der misslungenste Social-Media-Auftritt. Anschließend folgt die Krönung der Gewinner: „Diese Auszeichnung wird verliehen – ob gewollt oder nicht“, heißt es auf der Website der Initiatoren.
2013 durften sich die Kreissparkasse Birkenfeld, die Polizei NRW, das BKA Wiesbaden sowie die Allianz und Unilever DACH über den Award freuen – oder auch nicht. Auch für das neue Jahr werden wieder gern Vorschläge entgegengenommen.
Wenn Sie noch mehr „Inspiration“ für schlechtes Personalmarketing möchten oder selbst eine Stilblüte beitragen können, dann nutzen Sie den Hashtag #pfuipfuipfui auf Twitter.
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