
Bild: “Darth Grader” von JD Hancock. Lizenz: CC BY 2.0
Wie wird der leitende Angestellte definiert?
Fraglich erscheint, wie sich der leitende Angestellte von dem „normalen“ Arbeitnehmer abgrenzen lässt. Leitende Angestellte sind Arbeitnehmer, die in ihrem Verantwortungsbereich ausreichend unternehmerische Aufgaben mit erheblichem Entscheidungsspielraum wahrnehmen und dies auch ihrer Dienststellung und dem Dienstvertrag entspricht.
Oft, aber nicht immer, vertreten leitende Angestellte gegenüber anderen Arbeitnehmern die Arbeitgeberposition, indem sie unter anderem über Einstellungen und Entlassungen entscheiden. Somit lässt sich die Abgrenzung zwischen dem „normalen“ Arbeitnehmer und dem leitenden Angestellten dahingehend vornehmen, dass der leitende Angestellte das wahrgenommene Merkmal der Arbeitgeberfunktionen in sich birgt.
Was sind die Pflichten eines leitenden Angestellten?
Aufgrund ihrer großen Nähe zum Arbeitgeber, dessen Unternehmen sie in besonderer Weise steuern und repräsentieren, treffen leitende Angestellte strengere Verhaltenspflichten als andere Arbeitnehmer.
So können Verfehlungen im privaten Bereich, die bei normalen Arbeitnehmern keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis hätten (zum Beispiel alkoholbedingtes Fehlverhalten, Straßenverkehrsdelikte oder kleinere Eigentumsdelikte) bei leitenden Angestellten eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen oder eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, sofern ein Fehlverhalten dieser Art aufgrund der herausgehobenen Stellung des leitenden Angestellten das Ansehen des Arbeitgebers schädigen könnte.
Leitende Angestellte haben zudem eher als andere Arbeitnehmer die Pflicht, die Interessen ihres Arbeitgebers umfassend, d.h. über ihren arbeitsvertraglichen Aufgabenbereich hinaus, wahrzunehmen.
Wie ist die Rechtsstellung des leitenden Angestellten?
Fraglich erscheint, ob sich leitende Angestellte auch auf Arbeitnehmerschutzrechte berufen können. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass leitende Angestellte immer als Arbeitnehmer anzusehen sind, sodass die geltenden Rechtsvorschriften im Allgemeinen auch auf sie anzuwenden sind.
Von diesem Prinzip gibt es jedoch einige Ausnahmen. Die wichtigsten bestehen bei der betrieblichen Mitbestimmung, beim Kündigungsschutz und beim Thema Arbeitszeit. Sie werden im Folgenden kurz beschrieben.
1. Arbeitszeit
Leitende Angestellte sind vom ArbzG nach § 18 I Nr. 1 ArbzG ausgenommen.
2. Kündigungsschutz
Des Weiteren gelten für leitende Angestellte beim Kündigungsschutz folgende Beschränkungen:
- § 14 II 1 KSchG (Einspruch gegen eine Kündigung beim Betriebsrat) i.V.m. § 3 KSchG gilt nicht.
- Nach § 14 II 2 KSchG kann der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess jederzeit die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung verlangen. Somit ist dem Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 I 2 KSchG – im Gegensatz zu einer normalen Kündigungsschutzklage – ohne weitere Prüfung seiner sachlichen Berechtigung stattzugeben.
- Sofern daher dem Arbeitgeber der Nachweis der Wirksamkeit seiner Kündigung nicht möglich ist, kann er aber dennoch das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beantragen. Diesen Antrag kann der Arbeitgeber jederzeit als Hilfsantrag stellen.
- Gemäß § 5 III BetrVG unterstehen leitende Angestellte dem BetrVG nicht, jedoch können sie Sprecherausschüsse nach dem Sprecherausschussgesetz (SprAuG) bilden, welche dann ihre Gruppeninteressen vertreten.
Wirkt der Kündigungsschutz beim leitenden Angestellten?
Fraglich ist, ob der Kündigungsschutz auch für den leitenden Angestellten gilt. Sofern ein leitender Angestellter bereits länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt ist und ist der Betrieb seines Arbeitgebers kein Kleinbetrieb mit zehn oder weniger Arbeitnehmern ist, kann er sich wie jeder andere Arbeitnehmer gegenüber einer Kündigung seines Arbeitgebers auf Vorschriften des Kündigungsschutzes berufen und Kündigungsschutzklage erheben.
Das heißt, dass auch die einem leitenden Angestellten gegenüber ausgesprochene Kündigung nur wirksam ist, wenn sie sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG ist. Es muss also Gründe im Verhalten oder in der Person des Angestellten oder dringende betriebliche Gründe geben, die die Kündigung rechtfertigen.
Wer ist zur Kündigung anzuhören, wenn unklar ist, ob der Arbeitnehmer leitender Angestellter ist?
In vielen Fällen kann man darüber streiten, ob ein Arbeitnehmer rechtlich als „normaler“ Arbeitnehmer anzusehen ist oder zur Gruppe der leitenden Angestellten gehört. Dann stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, ob er vor einer beabsichtigten Kündigung den Betriebsrat oder den Sprecherausschuss zu der Kündigung anhören sollte.
In solchen Fällen sollte der Arbeitgeber vorsichtshalber beide Interessenvertretungen, d.h. den Betriebsrat und den Sprecherausschuss, zu der in Aussicht genommenen Kündigung anhören. Zu welcher Gruppe der Arbeitnehmer gehört, ist dann gleichgültig, wenn die Anhörung als solche, d.h. inhaltlich ordnungsgemäß, war. Eine der beiden Anhörungen geht dabei zwar ins Leere, da das angehörte Gremium nicht zuständig ist. Das löst aber für den Arbeitgeber keine nachteiligen Rechtsfolgen aus, sondern macht diese Anhörung schlicht gegenstandslos.
Aus Arbeitnehmersicht heißt das: Erfährt ein Angestellter in herausgehobener Position anlässlich seiner Kündigung, dass nur das eine oder das andere Gremium vor der Kündigung angehört wurde, kann er daraus ein Argument für die Unwirksamkeit der Kündigung herleiten, indem er sich auf den Standpunkt stellt, der jeweils anderen Beschäftigtengruppe anzugehören.
Quelle:
Abbo Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 5. Auflage, 2006, Rn. 113 ff.
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