Bereicherungsrecht, §§ 812 ff. BGB: Zweckverfehlungskondiktion (Condictio ob rem)

Bereicherungsrecht, §§ 812 ff. BGB: Zweckverfehlungskondiktion (Condictio ob rem)

Die condictio ob rem ist ein Sonderfall der allgemeinen Leistungskondiktion und kommt zum Tragen, wenn ein mit der Leistung bezweckter Erfolg nicht eintritt, § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB. Der folgende Beitrag erklärt den Inhalt und die Fallgruppen des Sonderfalls der allgemeinen Leistungskondiktion.
Zweckverfehlungskondiktion
Lecturio Redaktion

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23.02.2024

Inhalt

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I. Der Inhalt des § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB

§ 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB regelt die allgemeine Leistungskondiktion. Hier heißt es:

Wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.

§ 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB ergänzt dies wie folgt:

Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

Tipp: Wenn du dir bezüglich einer allgemeinen Übersicht zu §§ 812 ff. BGB noch unsicher bist, empfehlen wir diesen Artikel oder dieses kostenlose Video.

§ 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB wird auch als Zweckverfehlungskondiktion bezeichnet. Der vermögenswerte Vorteil ist demnach kondizierbar, wenn der mit der Leistung verfolgte Zweck nicht eintritt.

Der bezweckte Erfolg der Leistung darf allerdings nicht die Erfüllung einer Verbindlichkeit sein, da in diesem Fall bereits § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB bzw. andere Leistungskondiktionen einschlägig sind. Erfolg i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB ist demnach nicht das, was nach dem Vertrag Inhalt der jeweiligen Leistungspflicht ist.

Von der Einigung über die Zweckbestimmung sind auch abzugrenzen:

  • Unmittelbar vertragliche Leistungspflichten
  • Vereinbarung einer Bedingung
  • Wegfall der Geschäftsgrundlage

Hauptsächlich findet die Zweckverfehlungskondiktion Anwendung, wenn der Leistungsempfänger zu einem Handeln animiert werden soll, das er nicht schuldet.

allgemeine Leistungskondiktion
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Beachtlich ist außerdem, dass zwischen den Parteien eine Einigung über den bezweckten Erfolg stattgefunden haben muss. Diese kann ausdrücklich oder konkludent erfolgt sein. Wichtig ist aber, dass diese Einigung keine rechtsgeschäftliche Bindung verursacht haben darf, da der Zweck sonst wieder in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen würde.

Einigung über den bezweckten Erfolg
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II. Fallgruppen des § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB

Die Zweckverfehlungskondiktion kommt vielfach zur Anwendung, wenn der Leistende ein Handeln seines Gegenübers herbeiführen wollte, das nicht rechtgeschäftlich gebunden werden kann.

Beispiel: As Freundin B lebt auf einem anderen Kontinent mittellos mit ihrem Ehemann zusammen. Er überweist ihr 1500 €, damit sie sich von ihrem Mann trennen und zu ihm fliegen kann. Stattdessen wohnt B lieber weiter mit ihrem Ehemann zusammen.

Fallgruppen
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Möglich ist ferner, dass der Leistende mit der Leistung bezweckt, als Erbe eingesetzt zu werden oder auf Grundlage eines nichtigen Vertrags in der Hoffnung leistet, dass sein Vertragspartner ebenfalls seine Leistung erbringt.

Nach Ansicht der Rechtsprechung soll § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB auch bei wirksamen Verträgen Anwendung finden, wenn innerhalb dieser mit der Leistung noch ein anderer Zweck, über die Leistungserbringung hinaus, verfolgt wurde.

Die überwiegende Literaturansicht will die Fälle dagegen mithilfe des § 313 BGB, also der Störung der Geschäftsgrundlage, in den Griff bekommen.

Auch Leistungen, die innerhalb einer Ehe bzw. einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft getätigt wurden und bei denen diese anschließend gescheitert ist, können über § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB rückabgewickelt werden.

Zweckvereinbarung
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III. Ausschluss nach § 815 BGB

Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB ist gemäß § 815 BGB ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.

Tipp: Wir empfehlen dieses Video zur Zweckverfehlungskondiktion.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

Yasmin Kardi

Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

Leon Chaudhari

Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

Zach Davis

Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.