Schuldübernahme, §§ 414 ff. BGB & Schuldbeitritt

Schuldübernahme, §§ 414 ff. BGB & Schuldbeitritt

Die befreiende Schuldübernahme gem. §§ 414 ff. BGB bezeichnet eine personelle Änderung im Schuldverhältnis, bei der ein Schuldner an die Stelle eines anderen tritt. Die Schuldübernahme erfolgt häufig, um einen zahlungsunfähigen Schuldner durch einen zahlungskräftigen zu ersetzen. Der Alt-Schuldner wird dadurch von seiner Schuld frei. Der folgende Artikel erläutert die Voraussetzungen und Problematiken der Schuldübernahme sowie die Unterschiede zum Schuldbeitritt.
Schuldübernahme
Lecturio Redaktion

·

23.02.2024

Inhalt

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I. Die Schuldübernahme gemäß § 414 BGB

Die Schuldübernahme kann zunächst gemäß § 414 BGB durch einen Vertrag des Dritten mit dem Gläubiger erfolgen.

Schuldübernahme gemäß § 414 BGB
© Lecturio GmbH. Alle Rechte vorbehalten.

Dabei stellt sich die Frage, ob der Alt-Schuldner ein Recht auf Zurückweisung dieser Schuldübernahme analog § 333 BGB hat (wie beim Vertrag zugunsten Dritter).

Eine Ansicht in der Literatur gibt dem ursprünglichen Schuldner dabei ein Recht zur Zurückweisung analog zu § 333 BGB, da auch bei einem Erlass nach § 397 BGB das Mitwirken des Schuldners nötig sei.

Dem widerspricht die herrschende Meinung: Es bedürfe keiner Mitwirkung des alten Schuldners und er solle auch kein Widerspruchsrecht analog zu § 333 BGB haben. Im Fall der schuldbefreienden Leistung eines Dritten nach § 267 Abs. 1 S. 2 BGB könne der Gläubiger auch gegen den Willen des Schuldners die Leistung annehmen.

II. Die Schuldübernahme gemäß § 415 BGB

Die Schuldübernahme kann auch durch den Abschluss eines Vertrages zwischen Schuldner und Übernehmer erfolgen, § 415 BGB.

Schuldübernahme gemäß § 415 BGB
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Es herrscht Uneinigkeit darüber, wann genau diese Schuldübernahme vorliegt. Da dieser Streit durchaus praktische Bedeutung bezüglich der Rechtsfolgen hat, soll er im Folgenden kurz dargelegt werden:

1. Die Verfügungstheorie

Gemäß der herrschenden Meinung erfolgt die Schuldübernahme durch einen Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer, welcher der Genehmigung des Gläubigers bedarf.

Demnach verfügen der Übernehmer und Schuldner als Nichtberechtigte im Sinne des § 185 BGB über die Forderung. Zugleich erfolgt eine Verpflichtung des Übernehmers mit dem Inhalt der ursprünglichen Schuld. Für diese Theorie sprechen der Wortlaut, die Systematik und Entstehungsgeschichte des Gesetzes.

2. Die Angebotstheorie

Dem entgegen steht die sogenannte Angebotstheorie, welche in der Vereinbarung zwischen Schuldner und Übernehmer nur die Begründung der die Schuldübernahme rechtfertigenden Beziehung sieht.

Die Mitteilung an den Gläubiger soll demnach das Vertragsangebot zur Schuldübernahme darstellen und dessen Genehmigung die Annahme. Für diese Theorie spricht die Geschlossenheit des Erklärungsversuches, der Rechtsfolgenunterschiede vermeidet.

3. Die Unterschiede der Theorien

Auf der Rechtsfolgenseite unterscheiden sich beide Meinungen darin, dass bei der Angebotstheorie eine ex-nunc-Wirkung und Formbedürftigkeit der Genehmigung anzunehmen ist, hingegen liegt bei der Verfügungstheorie eine ex-tunc-Wirkung und Formfreiheit vor.

4. Prüfungsschema

Folgt man der herrschenden Meinung, also der Verfügungstheorie, ergibt sich folgender Aufbau:

1. Verpflichtung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger

Der Schuldner muss eine Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger haben.

2. Übernahmevertrag

Es ist ein Vertrag zwischen dem (bisherigen) Schuldner und dem Übernehmer mit dem Inhalt erforderlich, dass letzterer diese Verpflichtung übernimmt. Grundsätzlich kann jede Schuld übernommen werden – es muss jedoch deutlich werden, dass eine Schuldübernahme stattfinden soll und nicht bloß ein Schuldbeitritt oder eine Erfüllungsübernahme angestrebt werden.

3. Genehmigung durch den Gläubiger

Der Gläubiger muss diese Vereinbarung genehmigen. Dies folgt daher, dass die Interessen des Gläubigers durch den Schuldnerwechsel insbesondere wegen dessen möglichen Auswirkungen auf den Wert der Forderung nachhaltig berührt sind.

Der Genehmigung bedarf es nach allgemeinem Zustimmungsrecht (§ 185 Abs. 1 BGB) nur, wenn nicht schon eine Einwilligung des Gläubigers vorliegt. Eine solche ist jedoch gem. § 183 BGB bis zum Abschluss des Übernahmevertrages widerruflich. Liegt eine Einwilligung vor, ist die Mitteilung für die Wirksamkeit der Schuldübernahme entbehrlich.

Eine Genehmigungsverweigerung bewirkt, dass die Schuldübernahme als nicht erfolgt gilt (§ 415 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Fremdverfügung ist dann endgültig unwirksam.

Im Zeitraum zwischen Mitteilung und Genehmigung besteht ein Schwebezustand: Übernehmer und Schuldner können den Vertrag aufheben oder ändern, solange der Gläubiger noch kein Recht erlangt hat. Der Übernehmer ist aber bereits im Innenverhältnis dem Schuldner im Zweifel zur Erfüllungsübernahme verpflichtet (vgl. § 415 Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 329 BGB).

III. Abgrenzung zum Schuldbeitritt

Da der Gläubiger das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Dritten trägt, ist im Zweifel bei der Auslegung eher ein Schuldbeitritt anzunehmen. Dieser belastet den Gläubiger nicht. Bei diesem gesetzlich nicht geregelten Konstrukt tritt der Dritte neben den Alt-Schuldner in das bestehende Schuldverhältnis ein. Teilweise wird der Schuldbeitritt daher auch als kumulative Schuldübernahme bezeichnet.

Abgrenzung zum Schuldbeitritt
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Im Gegensatz zur Schuldübernahme findet beim Schuldbeitritt also kein Schuldnerwechsel statt, sondern es entsteht eine Schuldnermehrheit (Gesamtschuld, § 421 BGB).
Für den Gläubiger hat dies den großen Vorteil, dass er frei entscheiden kann, von welchem Schuldner er eine Erfüllung verlangt.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.