Der erfolgsqualifizierte Versuch

Der erfolgsqualifizierte Versuch

Der Versuch ist mit seinen zahlreichen Problemen ein umfassendes und gern geprüftes Themengebiet aus dem Allgemeinen Teil des Strafrechts. Eine Sonderkonstellation ist dabei der sog. erfolgsqualifizierte Versuch, der den meisten Jurastudierenden wohl im Rahmen des § 227 StGB bekannt sein wird.
erfolgsqualifizierte Versuch
Lecturio Redaktion

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19.02.2024

Inhalt

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I. Die Strafbarkeit des Versuchs

Ob der Versuch eines Delikts strafbar ist, wird in jeder Versuchsprüfung unter dem Punkt „Vorprüfung“ angesprochen. Nach § 23 Abs. 1 StGB ist der Versuch eines Verbrechens stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur, soweit das Gesetz dies ausdrücklich unter Strafe stellt.

§ 12 StGB stellt weiterhin klar, was Verbrechen und was Vergehen sind. In der Klausur werden deshalb üblicherweise die §§ 23 Abs. 1, 12 StGB und der jeweilige Straftatbestand zitiert, um die Strafbarkeit des Versuchs zu begründen.

Tipp: Schau dir diesen Beitrag oder dieses Video zum Versuch gem. §§ 22 ff. StGB an!

II. Die Probleme beim erfolgsqualifizierten Versuch

§ 23 Abs. 1 StGB macht also klar, dass entscheidend für die Versuchsstrafbarkeit grundsätzlich die Einteilung in Verbrechen und Vergehen ist. Davon gibt es jedoch eine Ausnahme: der erfolgsqualifizierte Versuch.

Von einem erfolgsqualifizierten Versuch spricht man, wenn das Grunddelikt im Versuchsstadium stecken geblieben ist, die Erfolgsqualifikation jedoch bereits vollendet, der Erfolg also eingetreten ist.

Beispiel: T versucht, den Asylbewerber A zu verprügeln. A gerät in Panik, flüchtet vor T und kann ihn auch abhängen. Da sich A aber nicht sicher fühlt und immer noch panische Angst hat, läuft er zu einem Haus, um sich dort zu verstecken. Als sich die Haustür nicht öffnen lässt, tritt A kurzer Hand die Glasscheibe der Tür ein und klettert durch. Dabei zieht sich A schwere Schnittverletzungen zu und verstirbt kurze Zeit später. (Gubener Hetzjagdfall, BGHSt. 48, 34 ff.)

Zunächst stellt sich die Frage, ob ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich ist, wenn die Erfolgsqualifikation lediglich Fahrlässigkeit ausreichen lässt (wie bspw. § 227 StGB). Denn schließlich ist der Versuch eines Fahrlässigkeitsdeliktes nicht möglich.

Darüber hilft jedoch § 11 Abs. 2 StGB hinweg: Danach sind Vorsatz-Fahrlässigkeitskombinationen einheitlich als Vorsatzdelikte zu behandeln. Ein Versuch bei erfolgsqualifizierten Delikten ist demnach nach ganz herrschender Meinung grundsätzlich möglich.

§ 11 Abs. 2 StGB sollte in einer Klausur immer mit zitiert werden, um dem Korrektor zu zeigen, dass man die Besonderheit der Vorsatz-Fahrlässigkeitskombinationen erkannt hat. Ob jedoch gerade die Konstellation des erfolgsqualifizierten Versuches möglich ist, ist umstritten, und resultiert aus dem Erfordernis eines besonderen Zusammenhangs zwischen Grunddelikt und schwerer Folge.

Nach einer Ansicht ist ein erfolgsqualifizierter Versuch gar nicht möglich, da die schwere Folge an die Vollendung des Grunddelikts anknüpft. Nach anderer Ansicht ist ein erfolgsqualifizierter Versuch immer möglich, da durch die schwere Folge die Gefahr der Handlung des Grunddelikts realisiert wird.

Wie so oft liegt die vorzugswürdige Ansicht in der Mitte: nach heute wohl herrschender Meinung hängt die Möglichkeit eines erfolgsqualifizierten Versuchs davon ab, ob das Gesetz den qualifizierten Erfolg an die tatbestandliche Handlung oder den tatbestandlichen Erfolg des Grunddelikts anknüpft.

Faustregel: Es ist für jede Erfolgsqualifikation einzeln zu bestimmen, ob ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich ist.

Umstritten ist dies insbesondere beim relevanten § 227 StGB. Knüpft die schwere Folge an die tatbestandliche Handlung des Grunddelikts an, so ist ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich. Knüpft sie hingegen an den tatbestandlichen Erfolg an, so scheidet ein erfolgsqualifizierter Versuch aus. Der tatbestandliche Erfolg des Grunddelikts ist ja wegen des Versuchsstadiums gerade nicht eingetreten, sodass auch kein Anknüpfungspunkt vorliegt.

III. Der Versuch der Erfolgsqualifikation

Gerne verwechselt wird der erfolgsqualifizierte Versuch mit dem Versuch der Erfolgsqualifikation. Auch wenn die Begriffe sich auf den ersten Blick kaum unterscheiden, stellen die dahinter stehenden Konstellationen jedoch genau das Gegenteil voneinander dar.

Vom erfolgsqualifizierten Versuch spricht man, wenn das Grunddelikt versucht, die Erfolgsqualifikation jedoch verwirklicht ist.

Vom Versuch der Erfolgsqualifikation spricht man dagegen, wenn das Grunddelikt vollendet, die Erfolgsqualifikation jedoch nur versucht ist.

Auch der Versuch der Erfolgsqualifikation ist nach überwiegender Ansicht möglich. Voraussetzung ist natürlich,  dass der Täter hinsichtlich der Verwirklichung der schweren Folge vorsätzlich gehandelt hat. Ein fahrlässiger Versuch der schweren Folge ist denknotwendig ausgeschlossen.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.