
Bild: “All Rise” von Eric Chan. Lizenz: CC BY 2.0
Das Erkenntnisverfahren
a) Ermittlungsverfahren
Das Erkenntnisverfahren beginnt mit dem Ermittlungsverfahren. Dieses nimmt seinen Lauf mit der Aufnahme von Ermittlungen durch die Polizei, gem. § 160 Strafprozessordnung (StPO) oder die Staatsanwaltschaft gem. § 163 StPO, sofern ein Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Im Ermittlungsverfahren sollen die Strafverfolgungsbehörden den Sachverhalt erforschen und aufklären, ob ein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Anklage besteht.
Es sind tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat erforderlich, bloße Mutmaßungen genügen nicht. Dabei steht den Strafverfolgungsbehörden ein Beurteilungsspielraum zu.
Ablauf des Ermittlungsverfahrens
Die Durchführung des Ermittlungsverfahrens obliegt der Staatsanwaltschaft. Sie wird daher auch „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ genannt. Ihre Macht ist aber bei grundrechtsintensiven Zwangsmaßnahmen durch die Genehmigung des Ermittlungsrichters begrenzt. Das Ermittlungsverfahren findet ein Ende durch die Erhebung der öffentlichen Anklage bzw. die Einstellung des Verfahrens.
b) Zwischenverfahren
Das Zwischenverfahren gem. § 198 ff. StPO dient der Kontrolle der Anklagebehörde und der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Angeschuldigten. Das Gericht der Hauptverhandlung soll unabhängig von der Staatsanwaltschaft überprüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt.
Ist dies der Fall, wird das Gericht einen Eröffnungsbeschluss gem. § 203 StPO erlassen. Kommt es zu einer abweichenden Auffassung wird es gem. § 204 StPO die Eröffnung ablehnen.
c) Hauptverfahren
Zunächst muss das Hauptverfahren gem. §§ 213 ff. StPO vorbereitet werden. Dies geschieht durch die Terminbestimmung, die Anordnung der Ladungen und die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses mit der Ladung des Angeklagten. Erst dann kommt es zur Hauptverhandlung. Gem. § 243 I 1 StPO ergeht zunächst ein Aufruf in der Sache und die Präsenzfeststellung des Angeklagten, des Verteidigers, der Zeugen und der Sachverständigen. Dann erfolgt die Belehrung der Zeugen und Sachverständigen. Schließlich kommt es zur Vernehmung des Angeklagten zur Person und über seine persönlichen Verhältnisse, gem. § 243 II 2 StPO. Dies dient der Feststellung der Identität und der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten. Zudem werden dem Angeklagten Fragen zu Vorstrafen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen gestellt, die für die Beurteilung der Tat und der Rechtsfolgen bedeutsam sein können. So dann erfolgt die
- Verlesung des Anklagesatzes
- Belehrung des Angeklagten über sein Recht zu schweigen
- Vernehmung des Angeklagten zur Sache
Letztere besteht aus Vernehmungen über das Vorleben des Angeklagten und dem Tatgeschehen. Sofern der Angeklagte im vollen Umfang schweigt, dürfen ihm daraus keine Nachteile erwachsen.
Die Beweisaufnahme
Nach der Vernehmung des Angeklagten erfolgt die Beweisaufnahme gem. §§ 244 ff. StPO. Diese dient der Ermittlung der Tatsachen und Beweismitteln, die für die Entscheidung des Gerichts von Bedeutung sind. Darunter fallen:
- Einlassungen des Angeklagten
- Zeugenbeweis
- Sachverständigenbeweis
- Augenscheinsbeweis
- Urkundenbeweis
Der Angeklagte erhält nach jedem Schritt Gelegenheit zur Erklärung. So kann er Beweisverwertungsverbote benennen und die Beweiswürdigung des Gerichts beeinflussen.
Zuletzt erfolgen die Schlussplädoyers der Staatsanwaltschaft mit einem konkreten Strafantrag, Ausführungen und Anträge des Angeklagten und das „Letzte Wort“ des Angeklagten. Schließlich erfolgt die Urteilsverkündung gem. § 268 II StPO und die Rechtsmittelbelehrung gem. § 35 a StPO.
Fazit
Wer die Grundsätze des Strafverfahrens beherrscht, kann insbesondere in der mündlichen Prüfung im ersten Staatsexamen gut punkten. Denn hier wird dieses vermeintliche „Randgebiet“ sehr oft geprüft. Doch auch Zusatzfragen zur StPO in Examensklausuren sind keine Seltenheit. Das Lernen des Strafprozessrechts erscheint daher als eine dankbare Aufgabe. Mit relativ geringem Lernaufwand, lassen sich hier also unter Umständen viele Punkte holen.
Schreiben Sie einen Kommentar