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Der Umfang der Prokura
Um den Rechtsverkehr zu schützen, ist der Umfang der Prokura grundsätzlich durch das Gesetz (§ 49 I HGB) zwingend bestimmt und auch nicht gegenüber Dritten einschränkbar (§ 50 I HGB).
Durch § 49 I HGB ermächtigt die Prokura zur Vornahme aller Geschäfte, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt. Es besteht keine Beschränkung wie bei der Handlungsvollmacht auf branchenübliche Geschäfte – der Umfang der Prokura ist im Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkt.
Einschränkungen des § 49 HGB
Nicht zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehören:
- Inhabergeschäfte, d. h. Geschäfte, welche dem Inhaber des Handelsgewerbes selbst überlassen sind, beispielsweise die Prokuraerteilung.
- Grundlagengeschäfte, also Geschäfte welche die Existenz des Unternehmens bzw. dessen Gegenstand betreffen und nicht den Geschäftsablauf (Wortlaut § 49 I HGB: „…die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt“).
- Privatgeschäfte, diese sind schon nicht betriebsbedingt.
Grundstücksgeschäfte
Eine weitere wichtige Einschränkung des Prokuraumfangs enthält auch § 49 II HGB: Der Prokurist ist nicht zur Grundstücksveräußerung und –belastung berechtigt.
Dieses Veräußerungsverbot gilt analog bereits für das zu Grunde liegende Verpflichtungsgeschäft. Dies ist notwendig, sonst könnte der Prokurist den Kaufmann verpflichten, ein Grundstück zu verkaufen und ihn somit zwingen zu erfüllen – § 49 II HGB wäre dann völlig nutzlos.
§ 49 II HGB bezieht sich jedoch nur auf die Veräußerung und Belastung. Zum Erwerb und zur Entlastung von Grundstücken ist der Prokurist hingegen berechtigt. Soll er nun auch Veräußerungs- und Belastungsgeschäfte vornehmen, muss der Inhaber des Handelsgeschäfts dem Prokuristen gem. § 49 II HGB eine besondere Vollmacht darauf bezogen erteilen, die sog. Immobiliarklausel.
Verstöße gegen § 49 HGB
Verstößt der Prokurist gegen die Grenzen aus § 49 II HGB, handelt er als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Dann sind die Stellvertretungsregeln des BGB, hier §§ 177 – 179 BGB unmittelbar anwendbar.
Das Abstraktionsprinzip der Stellvertretung gilt auch im HGB, somit sind Beschränkungen des Umfangs der Prokura gegenüber Dritten grundsätzlich unwirksam (§ 50 I HGB). Nur im Innenverhältnis haben sie Bedeutung.
Ausnahmen von diesem Grundsatz bilden die Kollusion, also das missbräuchliche Zusammenwirken des Prokuristen und eines Geschäftsgegners sowie der einseitige Missbrauch: Hier muss der Prokurist vorsätzlich handeln und zum Nachteil des Kaufmanns sowie der Dritte mindestens grob fahrlässig in Unkenntnis des Verhaltens des Prokuristen sein.
Quellen
Jung, Handelsrecht, 10. Aufl. 2014.
Brox/Henssler, Handelsrecht, 21. Aufl. 2011.
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