Inhaltsverzeichnis
- Goldstandard Liquoruntersuchung
- Bakterielle Infektionen des Zentralen Nervensystems
- Virale Infektionen des Zentralen Nervensystems
- Protozoen- und Pilzinfektionen des Zentralen Nervensystems: Fakten-Übersicht
- Opportunistische Erkrankungen bei HIV
- Beliebte Prüfungsfragen zu infektiösen Erkrankungen des ZNS
- Quellen

Goldstandard Liquoruntersuchung
In unseren Breiten werden Sie am meisten mit bakteriellen und viralen Ursachen konfrontiert werden. ZNS-Infektionen mit parasitärer Ursache sind aufgrund der hohen Hygienestandards hier eher selten. Ein weiterer Grund, in Erregergruppen zu differenzieren, ist der therapeutische Ansatzpunkt.
Bei der Diagnosefindung ist die Lumbalpunktion mit anschließender Liquoruntersuchung der Goldstandard. Untersucht werden im Liquor:
- Zellzahl und Zelldifferenzierung
- Glucose und Eiweiß
- Mikrobiologische Erregernachweise: Direkter Erregernachweis mittels Mikroskopie, PCR, Antigennachweis und Kultur und indirekter Erregernachweis mittels intrathekaler Produktion von Antikörpern gegen Erreger
Überblick über typische Liquorbefunde bei ZNS-Infektionen
Zellen | Eiweiß | Glucose | Laktat | |
Bakterielle Meningitis | Oft > 1000 Zellen/μl, vorwiegend granulozytär | ↑ (100 – 200 mg/dl) | ↓ LSGI < 0,3 | ↑ |
Tuberkulöse Meningitis | 50 – 400 Zellen/μl, erst Granulozyten, später Lymphozyten und Monozyten | ↑↑ (100 – 500 mg/dl) | ↓ LSGI < 0,5 | ↑↑ |
Virale Meningitis | < 1000 Zellen/μl, vorwiegend lymphozytär | ↑ (Bsp: 50 – 150 mg/dl) | ↔ | normal |
LSGI = Liquor-Serum-Glucose-Index
Der Liquor-Serum-Glucose-Index gibt das Verhältnis von Glucose im Liquor im Vergleich zum Serum an. |
Tabella nach: A. Bender et al.: mediscript Kurzlehrbuch Neurologie, 2013 – Elsevier Verlag, S. 191, Tab. 7.2
Bakterielle Infektionen des Zentralen Nervensystems
Akute bakterielle Meningitis
Epidemiologie der bakteriellen Meningitis
Bei der akuten bakteriellen Meningitis sind die Hirnhäute (Meningen) und der Subarachnoidalraum infektiös betroffen. Inzidenz in Europa: 2 – 6/100 000 Betroffene, im Meningismusgürtel in den Subsahararegionen Afrikas ist die Erkrankung deutlich häufiger. Bei der bakteriellen Meningitis sind verschiedene Erreger typisch für jeweilige Altersgruppen mit empirischer antibiotischer Therapie.
- Neugeborene: Enterobakterien, Streptokokken, Listeria monocytogenes ⇒ Therapie: Cefuroxim und Ampicillin
- Kinder: Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitides ⇒ Therapie: Ceftriaxion
- Erwachsene: Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis, Listeria monocytogenes (bei > 50 Jährigen) ⇒ Therapie: Ceftriaxon und Ampicillin
Klinik der bakteriellen Meningitis
Kardinalsymptome: Kopfschmerzen, Nackensteife, Fieber, Vigilanzminderung (treten nicht immer in dieser Kombination auf!)
Die Patienten weisen außerdem oft folgende Symptome auf: Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und Lichtscheue. Bei einem Drittel treten fokale neurologische Defizite auf, wie Lähmungen, Sensibilitätsstörungen und Sprachstörungen, bei einem Zehntel außerdem Hirnnervenschäden. Das Kernig-Zeichen und das Brudzinski-Zeichen können positiv ausfallen (siehe Beitrag Neurologische Untersuchung). Bei Infektionen durch Neisserien sind kutane Einblutungen im Rahmen des Waterhouse-Friderichsen-Syndroms möglich.
Diagnostik der bakteriellen Meningitis
Liquoruntersuchung: Die Liquoruntersuchung stellt die diagnostische Basis dar. Die Erreger können im Liquor mittels Gramfärbung, Liquorkultur, Antigen-Schnelltest, PCR und Blutkulturen nachgewiesen werden. Bei akuter bakterieller Meningitis zeigt sich (vor der Behandlung) folgendes Bild:
- > 1000 Zellen/μl mit überwiegend Granulozyten
- Eiweiß und Albumin ↑
- Glucose ↓, Liquor-Serum-Glucose-Index < 0,3
- Laktat ↑
Blut: Das Differenzialblutbild zeigt meist eine Leukozytose mit Linksverschiebung, CRP ↑, Procalcitonin ↑.
Bildgebende Verfahren: Im CT des Schädels stellt sich die Frage nach:
- Zeichen des erhöhten Hirndrucks bei diffusem Hirnödem oder Hydrocephalus
- Dichteänderungen aufgrund von Eiteransammlungen in den Ventrikeln
- Abszessen
- Entzündlichen Herden in den Nasennebenhöhlen und des Mastoids
Therapie der bakteriellen Meningitis
Da Warten zu einer Verschlechterung der Prognose führt, beginnt man die antibiotische Therapie vor dem Erregernachweis entsprechend den typischen Erregern für die jeweilige Altersgruppe (siehe oben Epidemiologie). Wenn der Erregernachweis erfolgt ist, muss die antibiotische Therapie angepasst werden. Die Blutkulturen werden selbstverständlich VOR der medikamentösen Therapie abgenommen!
Adjuvant wird derzeit (2015) bei Erwachsenen mit Pneumokokkenmeningitis eine Therapie mit Dexamethason empfohlen. Studien zeigten verringertes Auftreten von Folgeschäden wie Hörschäden und Letalität.
Prognose der bakteriellen Meningitis
Die Letalität der bakteriellen Meningitis ist aufgrund ihres hochakuten Verlaufs hoch. Bei den Erregern Pneumokokken und Listerien versterben 20 % aller Patienten, bei S. aureus als Auslöser einer akuten bakteriellen Meningitis sogar 20 – 40 %. Mögliche Folgeschäden sind u.a. Hörstörungen, neurospsychologische Defizite, Hemiparesen, epileptische Anfälle und Hirnnervenparesen.
Notfall-Übersicht: Vorgehen bei Verdacht auf eine akute bakterielle Meningitis
Besonderheiten bei der Meningokokkenmeningitis
N. meningitidis wird über Tröpfcheninfektion weitergegeben. Bei Verdacht müssen Betroffenen sofort und bis 24h nach Beginn der Antibiotika-Therapie isoliert werden. Kontaktpersonen sollten postexpositionsprophylaktisch behandelt werden mit einer kombinierten Chemoprophylaxe aus Rifampicin, Ciprofloxacin/oder Ceftriaxon.
Die Meningokokkenmeningitis ist meldepflichtig beim Gesundheitsamt.
Tuberkulöse Meningitis
Epidemiologie der tuberkulösen Meningitis
Die Erreger, die für die tuberkulöse Meningitis verantwortlich sind, sind Mykobakterien aus dem Mycobacterium tuberculosis Komplex. Die subakut oder chronisch verlaufende Erkrankung äußert sich oft in einer basalen Meningitis (infektiöse Reaktion konzentriert sich auf basale cerebrale Bereiche, vor allem auf den Hirnstamm).
Zahlen-Fakten zur aktiven Tuberkulose:
- Weltweit 10 Millionen Menschen
- Deutschland: 4500 Erkrankungen
Klinik der der tuberkulösen Meningitis
Klinische Symptome der tuberkulösen Meningitis sind vor allem Fieber, Meningismus, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Bei 50 % der Patienten treten Hirnnervenparesen (v.a. N. facialis, N. oculomotorius), Vigilanzstörungen und Verwirrtheitssyndrome auf. Treten Enzephalitiden oder Tuberkulome auf, sind auch epileptische Anfälle möglich. Weiterhin kann ein Hydrocephalus malresorptivus entstehen. Der Verlauf gestaltet sich subakut über mehrere Wochen, der Beginn ist schleichend.
Diagnostik der tuberkulösen Meningitis
Liquoruntersuchung: Pleozytose mit 50 – 400 Zellen/μl, Eiweiß ↑↑, Glucose ↓ (Liquor-Serum-Glucose-Index < 0,5), Laktat ↑
Interferon-γ Release Assays: Lymphozyten aus dem Blut werden mit Tuberkulose-Antigenen stimuliert. Bei durchgemachter oder aktueller Infektion schütten die gewonnenen Zellen Interferon γ aus.
Mikrobiologie: Bei der Erregersuche im Liquor durch Ziehl-Neelsen-Färbung, Auramin-Färbung, PCR und Kultur werden bei der Tuberkulose säurefeste Stäbchen nachgewiesen. Es darf (wie bei der akuten bakteriellen Meningitis) mit der Therapie nicht bis zum Erregernachweis gewartet werden!
Bildgebende Verfahren: Zerebrale Veränderungen bei der Tuberkulose sind häufig im MRT oder CCT sichtbar.
- Hydrocephalus
- Basale Konstrastmittelaufnahme
- Raumforderungen bei ZNS-Tuberkulome
- Ischämische Infarkte bei assoziierter Vaskulitis
Therapie der tuberkulösen Meningitis
Initial wird standardmäßig eine Vierfachkombination angewandt, meist Isozianid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol.
Medikament | Anwendungsdauer | Nebenwirkung |
Isozianid | Initial 2 Monate, weitere 10 Monate (Stabilisierungsphase) | Hepatotoxität, Polyneuropathie (Prophylaxe Pyridoxin) |
Rifampicin | Initial 2 Monate, weitere 10 Monate (Stabilisierungsphase) | Hepatotoxität |
Pyrazinamid | Initial für 2 Monate | Hepatotoxität |
Ethambutol | Initial für 2 Monate | Sehstörungen (augenärztliche Kontrollen sind regelmäßig nötig!) |
Streptomycin | Initial für 2 Monate | Ototoxität |
Prognose der tuberkulösen Meningitis
Wird keine antibiotische Therapie angewandt, endet die tuberkulöse Meningitis meist letal. Findet eine ausreichende Behandlung statt, wird die Letalität auf ca. 20 % reduziert. Ca. 30 % der Betroffenen leiden unter Folgeschäden wie Hydrocephalus, organischem Psychosyndrom, Hirnnervenparesen, Ataxien und epileptischen Anfällen.
Hirnabszesse
Ätiologie der Hirnabszesse

Bild: “Hirnabszess in der MRT (axial T1w nach Kontrastmittel) mit klassischer ringförmiger Anreicherung und deutlichem perifokalem Ödem” von Hellerhoff. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ein Hirnabszess ist eine bakterielle abszendierende Infektion des Gehirns.
Hirnabszesse können auf verschiedene Weise entstehen: durch Fortleitung meningealer Herde, hämatogen und iatrogen durch chirurgische Eingriffe. Die verantwortlichen Erreger sind meist Streptokokken, Anaerobier, gramnegative Enterobakterien, Pseudomonaden und S. aureus. Bei Immuninsuffizienz können auch Pilze und Parasiten Auslöser von Abszessen sein.
Klinik der Hirnabszesse
Bei Hirnabszessen herrscht eine breite Varietät an Symptomen vor, die über Tage bis Wochen entstehen können. Dazu gehören:
- Kopfschmerzen
- Fieber
- Übelkeit und Erbrechen
- Epileptische Anfälle
- Neurologische Untersuchung: Vigilanzminderung, Meningismus
Diagnostik der Hirnabszesse
Labor, Mikrobiologie und bildgebende Verfahren: Im Labor ist meist das CRP erhöht, auf eine Liquoruntersuchung kann verzichtet werden, da die Ergebnisse zu unspezifisch sind. Wichtiger ist die Untersuchung des Abszessmaterials mittels bakterieller Kulturen, PCR und Untersuchungen auf Pilze und Mykobakterien.
Therapie der Hirnabszesse
Die 3 Säulen der Hirnabszess-Therapie | ||
Operative Entfernung von Eiter CT/MRT-gesteuerte stereotaktische Aspiration. Das Ziel: Reduktion der Raumforderung, Gewinnung von Material zur MiBi-Diagnostik GGfs. Excision bei Fremdkörpern und Kammerung von Abszessen |
Systemische Antibiose Vor Erregernachweis empirische Tripel-Therapie:
⇒ Anpassung entsprechend dem Antibiogramm |
Entfernung des entzündlichen Fokus Gründliche Fokussuche (liegt der Fokus entfernt?) mit ggfs. operativer Entfernung |
Prognose der Hirnabszesse
Bei rechtzeitiger und entsprechender Therapie liegt die Letalität bei < 10 %.
Neuroborreliose
Epidemiologie der Neuroborreliose
Die Neuroborreliose, ausgelöst durch das über Zecken übertragene Bakterium Borrelia burgdorferi, ist eine der häufigsten ZNS- Erkrankungen in Deutschland: 100 – 150/100 000 Einwohner leiden unter dieser Erkrankung. Die regionale Ausbreitung der infizierten Zecken ist lokal sehr unterschiedlich und sollte bei der Diagnose berücksichtigt werden.
Klinik der Neuroborreliose
Die Symptomatik der Neuroborreliose verläuft typischerweise in drei Stadien:
- Stadium I: Bildung des Erythema migrans: Ringförmig begrenzte Hautrötung, die meist ca. 2 Wochen nach dem Zeckenstich auftritt. Nur die Hälfte der Patienten, die Stadium II erlebt, wies ein Erythema migrans auf. Inkubationszeit: Tage bis Wochen.

Bild: “ Wanderröte als Spätfolge eines Zeckenstichs mit Borrelioseinfektion” von Jost Jahn. Lizenz: CC BY-SA 2.0 DE
- Stadium II: Meningoradikulitis: Reißende, radikuläre Schmerzen (Bannwarth-Syndrom), teils radikuläre Paresen, Facialisparesen. Möglich sind auch Gelenkbeteiligungen, Myokarditis, Perikarditis, Lymphadenosis cutis benigna. Inkubationszeit: Wochen bis Monate.
- Stadium III: Nachweis von Antikörpern gegen B. burgdorferi im Enzym-Immuno-Essay. Der Nachweis von Antikörpern muss sowohl im Serum als auch im Liquor stattfinden. Die Antikörper sind nicht zur Beurteilung des Therapieverlaufs geeignet! Die Antikörper können über Monate bis Jahre nach erfolgter Antibiose im Liquor kursieren. Inkubationszeit: Monate bis Jahre.
Therapie der Neuroborreliose
Das Erythema migrans wird durch eine orale 14-tägige Antibiose behandelt: Amoxicillin, Cefuroxim, Doxycyclin (1. Wahl) oder Penicillin. Ist schon eine Neuroborreliose im Stadium II oder III erreicht, sollte eine orale Therapie mit Doxycyclin über 14 Tage stattfinden, alternativ eine intravenöse Behandlung mit Ceftriaxon, Cefotaxim oder Penicillin.
Prophylaxe der Neuroborreliose
Wird eine Zecke innerhalb der ersten 12 Stunden entfernt, ist das Risiko sich mit Borrelien zu infizieren verringert. Es ist kein Impfstoff gegen Borrelien vorhanden.
Die häufigsten Viren, die eine ZNS-Infektion verursachen, sind: Herpes-Simplex-Virus (HSV), Varizella-Zoster-Virus (VZV), HIV, Ebstein-Barr-Virus (EBV) und Enteroviren.
Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis
Epidemiologie der Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis
Die Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis tritt zwar selten auf, verläuft dann aber sehr gravierend. Die Inzidenz beträgt 1/250 000 Einwohner.
Klinik der Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis
Neben einer Herdsymptomatik mit möglicher Aphasie, Ataxie, Hemiparese, Hirnnervenparese und Gesichtsfelddefiziten treten vor allem die Kardinalsymptome der Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis auf:
- Hohes Fieber
- Kopfschmerzen
- Wesensänderung
- Bei 60 % epileptische Anfälle
- KEIN Meningismus
Diagnostik der Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis
Liquor: Der Liquorbefund weist meist eine typische Zusammensetzung auf: Lymphomonozytäre Pleozytose, erhöhtes Eiweiß/Albumin und normale Glucose (siehe oben: Tabelle zu den typischen Liquorbefunden bei Bakterien und Viren).
Mikrobiologie: Mittels PCR wird die HSV-DNA im Liquor nachgewiesen.
Bildgebende Verfahren und EEG: Der Temporallappen ist meist am stärksten betroffen. Nekrosen und Hämorrhagien sind typische Zeichen. Das EEG zeigt häufig temporale Verlangsamungen.
Therapie und Prognose der Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis
Als medikamentöse Therapie wird 14 Tage lang Aciclovir intravenös verabreicht. Trotz einer zügig eingeleiteten Therapie versterben 20 % aller Erkrankten. Die meisten Überlebenden leiden an Folgeerkrankungen.
Virale Meningitis
Epidemiologie der viralen Meningitis
Die Inzidenz der viralen Meningitis liegt bei 6 – 10/100 000 Einwohner. In Deutschland sind auslösende Erreger vor allem Enteroviren, sonst kommen HHV6, VZV, Masernviren, Mumpsviren und EBV in Betracht.
Klinik der viralen Meningitis
Eine virale Meningitis verursacht das typische Bild einer meningitischen Erkrankung: Fieber, Nackensteifigkeit und Kopfschmerzen. Oft haben Patienten auch Symptome eines grippalen Effekts.
Diagnostik und Therapie der viralen Meningitis
Der Liquorbefund zeigt ein typisches durch Viren verursachtes Bild mit erhöhtem Eiweiß und nicht verminderter Glucose. Mikrobiologisch wird mittels PCR und indirektem aerologischem Erregernachweise gearbeitet.
Wird die virale Meningitis durch VZV oder HSV ausgelöst, ist eine Behandlung mit Aciclovir sinnvoll. Sind Enteroviren der Auslöser, erfolgt eine rein symptomatische Therapie.
Herpes Zoster: Die „Gürtelrose“

Bild: “Herpes zoster” von Fisle. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ätiologie des Herpes Zoster
Wird eine früher durchgemachte Varizella-Zoster-Infektion (Windpocken) reaktiviert, entsteht ein Herpes Zoster. Häufig ist dieser ein Ausdruck von Immuninsuffizienz, der Herpes Zoster kann jedoch auch bei Immunkompetenten auftreten.
Klinik des Herpes Zoster
Typischerweise kommt es nach einer schmerzenden Phase zu einer Hautrötung mit Bläschenbildung im Dermatom einer Nervenwurzel. Besonders gravierend sind Verläufe in den Gesichtsdermatomen: Zoster oticus (Befall der Hirnnerven VII und VIII) und Zoster ophthalmicus (Befall des ersten Astes des N. trigeminus). Eine häufige Komplikation ist die Post-Zoster-Neuralgie mit Schmerzen und Allodynie.
Diagnostik und Therapie des Herpes Zoster
Meistens entsteht die Diagnose des Herpes Zoster aufgrund des dermatologischen Erscheinungsbildes. Sehr vereinzelt kommen Erregernachweise aus Bläschensekret und Biopsiematerial zum Einsatz.
Die Virostatika Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Aciclovir kommen für die orale Behandlung eines unkomplizierten Herpes Zoster in Frage. Bei schweren Verläufen ist eine intravenöse Therapie indiziert.
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Ätiologie der FSME
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis entsteht durch das Flavivirus, welches ebenfalls wie Borrelien über Zecken übertragen wird. Auch hier gibt es in Deutschland eine unterschiedliche regionale Verteilung.
Klinik der FSME
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis verläuft in zwei Phasen:
- Phase I: 8 – 10 Tage nach der Infektion bekommt der Patient grippeartige Symptome
- Phase II: 1 Woche fieberfreies Intervall, danach Vigilanzstörungen, Verwirrtheitssyndrom, Stand- und Gangataxie, Intentionstremor, extrapyramidale Symptome
Diagnostik, Therapie und Prävention der FSME
Typisch für eine Frühsommer-Meningoenzephalitis ist ein Liquorsyndrom mit lymphozytärer Pleozytose, Blut-Liquor-Schrankenstörung, positivem Nachweis von FSME-IgM- und -IgG-Antikörpern und einer intrathekalen FSME-spezifischen Antikörperproduktion 2 Wochen nach Krankheitsbeginn.
Die Therapie bei FSME kann nur rein symptomatisch erfolgen. Personen, die in Risikogebieten leben und arbeiten, sollten sich impfen lassen.
Progrediente multifokale Leukenzephalopathie (PML)
Ätiologie der PML
Der Erreger der PML ist das JC-Virus, welches bei Infektion zu einer Entmarkung der weißen Substanz führt. Die Erkrankung tritt in den meisten Fällen nur bei Immuninsuffizienz auf, wie bei T-Zell-Defekten. Früher fast ausschließlich bei HIV-Erkrankten auftretend, findet sich die PML nun auch gehäuft bei Patienten, die aufgrund einer Multiplen Sklerose medikamentös immunsupprimiert werden.
Klinik der PML
Je nach Lokalisation des Entmarkungsherdes zeigen sich Symptome wie Verhaltensauffälligkeiten, kognitive Defizite, Lähmungen, Sehstörungen, Vigilanzminderung und Sprachstörungen.
Diagnostik und Therapie der PML
JC-Viren können im Liquor durch die PCR nachgewiesen werden. Im MRT sind typische Zeichen der PML konfluierende Entmarkungsherde ohne Kontrastmittelaufnahme.
Therapeutisch ist bis jetzt nur eine Verbesserung der Immunkompetenz möglich, eine antivirale Therapie existiert (noch) nicht. Betroffene Patienten mit PML haben keine gute Prognose: Häufig versterben Erkrankte innerhalb von zwei Jahren.
Zytomegalievirus (CMV)-Infektion
Die CMV-Infektion tritt im Rahmen einer AIDS-Erkrankung bei sehr schwerer Immunsuppression auf. Die Infektion im Gehirn zeigt sich in mikronodulären Veränderungen in der Bildgebung und/oder einem Hydrocephalus. Mittels PCR lassen sich die Viren im Liquor nachweisen. Therapeutisch setzt man Ganciclovir ein.
Protozoen- und Pilzinfektionen des Zentralen Nervensystems: Fakten-Übersicht
Die folgende Übersicht ermöglicht Ihnen einen schnellen Fakten-Zugriff zu den wichtigsten ZNS-Erkrankungen, die durch Protozoen und Pilze hervorgerufen werden.
Zerebrale Toxoplasmose | Kryptokokken-meningoenzephalitis | ZNS-Aspergillose | Zystizerkose | |
Ätiologie | AIDS-definierende Erkrankung, Parasit: Toxoplasma gondii | AIDS-definierende Erkrankung, Pilzinfektion v.a. durch Cryptococcus neoformans | Schimmelpilzinfektion durch Aspergillus fumigatus, Auftreten erst bei starker Immunsuppression | Verzehr von infiziertem Fleisch: Infektion mit Eiern des Schweinebandwurms Taenia solium verursacht Zysten im Gehirn |
Klinik | Wesensänderung, Lähmungserscheinungen, Sensibilitätsstörungen, Sehstörungen (Toxoplasmose-Chorioretinitis), Sprachstörungen, epileptische Anfälle, Kopfschmerzen | Meningoenzephalitis mit Kopfschmerzen, Fieber und Vigilanzstörungen, fokale neurologische Defizite wie Paresen, Sensibilitätsstörungen und Sehstörungen | Je nach Lokalisation der Manifestation, häufiger Befall der Lunge und der Nasennebenhöhlen: Dyspnoe, Hämoptysen, Sinusitis, Lungeninfiltrate, Asthma bronchiale | Abhängig von der Lokalisation der Zysten: oft epileptische Anfälle |
Diagnostik | Bildgebung: multiple ringförmige kontrastmittelaufnehmende Läsionen. Labor: Antikörper gegen Toxoplasmose | Bildgebung: unauffälliges MRT, Keimnachweis im Tuschepräparat, mittels PCR, Kultur, positiver Antigennachweis in Blut und Liquor | Bildgebung: Abszess im Gehirn, ischämische und hämorrhagische Infarkte. Labor: Aspergillus-Antigen im Blut und Liquor, Kultur, PCR, histologischer Nachweis in Biopsat | Bildgebung: Nachweis von zerebralen Zysten, Nachweis des Kopfs des Wurmes (Scolex). Labor: intermittierende Eosinophilie ist häufig |
Therapie | Sulfadiazin oder Clindamycin und Pyrimethamin für mindestens 4 Wochen, danach reduzierte Dosis für 6 Monate | Amphothericin B und Fluconazol für 6 Wochen, dann Erhaltungstherapie mit Fluconazol | Voriconazol Prognose: Die Letalitäsrate ist bei einer invasiven ZNS-Aspergillose sehr schlecht. | Praziquantel (stationär aufgrund von Ödembildung), chirurgisch, wenn die Zysten operabel sind |
Opportunistische Erkrankungen bei HIV
Die Immunsuppression bei AIDS-Kranken führt zu einer Reihe von Erkrankungen, deren Manifestationsorte das ZNS darstellt. Meist wird die Diagnose AIDS durch die sog. AIDS-definierenden Erkrankungen gestellt. Diese treten auf, wenn bestimmte Werte der CD4-Zellen unterschritten werden.
- ZNS-Toxoplasmose (ab < 100/μl)
- Primäre ZNS-Lymphome (ohne Grenze)
- Zerebrale Kryptokokkeninfektion (ab < 100/μl)
- ZNS-Tuberkulose (ohne Grenze)
- CMV-Enzephalitis (ab < 50/μl)
- PML (ab < 250/μl)
Beliebte Prüfungsfragen zu infektiösen Erkrankungen des ZNS
Die Lösungen befinden sich unterhalb der Quellenangaben.
1. Welches Medikament kommt nicht zum Einsatz bei der Neurotuberkulose?
- Isozianid
- Rifampicin
- Amphotericin
- Pyrazinamid
- Ethambutol
2. Der Liquorbefund präsentiert sich folgendermaßen: > 1000 Zellen/μl mit überwiegend Granulozyten, Eiweiß und Albumin ↑, Glucose ↓, Liquor-Serum-Glucose-Index < 0,3, Laktat ↑. Für welche Erkrankung ist dies am ehesten typisch?
- Kryptokokkenmeningoenzephalitis
- Bakterielle Meningitis
- CMV- Meningitis
- Neuroborreliose
- Hirnabszess
3. Welche Zuordnung von typischen Bakterien, Lebensalter und Behandlung stimmt nicht für die bakterielle Meningitis?
- Neugeborene: Streptokokken Gruppe B, Cefuroxim und Ampicillin
- Kinder: Streptococcus pneumoniae, Ceftriaxon
- Erwachsene: Neisseria meningitidis, Ceftriaxon und Ampicillin
- Kinder: Listeria monocytogenes, Ceftriaxon
- Neugeborene: Enterobakterien, Cefuroxim und Ampicillin
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Quellen
Bender et al.: mediscript Kurzlehrbuch Neurologie, 2013 – Elsevier Verlag
Robert-Koch-Institut: RKI-Ratgeber für Ärzte zum Infektionsschutz via rki.de
Lösungen zu den Fragen: 1C, 2B, 3D
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