Rund die Hälfte der Weltbevölkerung erkrankt mindestens einmal im Jahr an Durchfall. Damit gehört die Diarrhoe neben grippalen Infekten zu den häufigsten Krankheitssymptomen. Die Ursachen für Durchfall sind vielfältig und reichen von Infektionen mit Bakterien über Vergiftungen bis hin zu Tumorerkrankungen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen akutem, meist nicht behandlungsbedürftigem und chronischem oder länger anhaltendem Durchfall, der insbesondere bei geschwächten Patienten und Kindern durch Wasser- und Elektrolytverlust zum Tode führen kann.
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Bild: „All Ready to Go“ von Anne Worner. Lizenz: CC BY-SA 2.0


Definition und Einteilung der Diarrhoen

Durchfall ist definiert als eine Stuhlfrequenz von mehr als 3 Stuhlgängen pro Tag, welche einen hohen Wasseranteil von über 75 % und ein erhöhtes Stuhlgewicht, über 250 g, aufweisen. Der akute Durchfall dauert in der Regel zwei bis drei Tage an und hat Infektionen oder Intoxikationen zur Ursache. Länger andauernde Diarrhoen sind chronisch und können durch Nahrungsmittelintoleranzen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Tumore verursacht sein.

Einteilung nach Entstehung der Diarrhoe

Diarrhoeform Pathomechanismus Mögliche Ursachen
sekretorische Diarrhoe Die Mucosa des Darms gibt aktiv Wasser oder Elektrolyte ab, denen Wasser osmotisch folgt chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Lebensmittelvergiftung, Einnahme von Laxantien
osmotische Diarrhoe Nicht resorbierte, osmotisch wirksame Moleküle wie Nahrungsbestandteile oder Medikamente ziehen Wasser in das Darmlumen Laktoseintoleranz, Zöliakie, Abführmittel, Sorbitol
exsudative Diarrhoe Entzündungen der Darmschleimhaut führen zur Anreicherung des Stuhls mit Schleim und Blut chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Bakterien-/ Parasiteninfektionen, Kolon-Ca
hypermotile Diarrhoe Eine gesteigerte Darmmotilität führt zu einer erniedrigten Passagezeit des Stuhls, sodass nicht genug Wasser entzogen werden kann Reizdarmsyndrom, Hyperthyreose, diabetische Polyneuropathie
Steatorrhoe Erniedrigte Menge an Enzymen und Gallensäuren führt zu einer ungenügenden Spaltung und Aufnahme von Fetten exokrine Pankreasinsuffizienz, Zustand nach Cholezystektomie

Lebensmittelvergiftung als Diarrhoe-Ursache

Nahrungsmittel können aus verschiedenen Gründen giftig auf den menschlichen Organismus wirken. Die häufigsten Auslöser einer Lebensmittelvergiftung sind durch Bakterien produzierte Toxine, aber auch Schwermetalle wie Blei oder giftige Chemikalien können in der Nahrung enthalten sein und zu Vergiftungserscheinungen mit Symptomen wie Durchfall führen.

Lebensmittelintoxikation mit Bakterientoxinen

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Softeis kann Verursacher einer Lebensmittelvergiftung sein

Die Erkrankung erfolgt aufgrund der Aufnahme von bakteriellen Toxinen, die Bakterienvermehrung selbst ist nicht Auslöser. In Deutschland handelt es sich in den meisten Fällen um eine Verunreinigung des Essens mit Staphylococcus aureus. Grund kann mangelnde Händehygiene bei der Zubereitung von Speisen sein. Die Bakterien werden zwar beim Kochen abgetötet, nicht aber die Enterotoxine. Charakteristisch ist ein sehr rascher Beginn der Symptome etwa 30 Minuten bis 2 Stunden nach dem Verzehr und eine ebenso kurze Dauer der Durchfallsymptomatik. Klassischerweise sind mehrere Personen gleichzeitig betroffen. Auch Bacillus- und Clostridienarten können Enterotoxine bilden und zu ähnlichen Symptomen führen.

Andere Lebensmittelvergiftungen

Andere Auslöser von Intoxikationen durch Lebensmittel sind giftige Metalle wie Arsen, Blei, Zink und Antimon. Auch Pilztoxine wie Muskarin (Fliegenpilz) und Amatoxin (grüner Knollenblätterpilz) führen neben anderen Symptomen zu Durchfall (mehr zu Mykologie). Saxitoxine, die in Miesmuscheln und Austern angereichert sein können, führen zu einem Krankheitsbild das paralytic shellfish poisoning genannt wird und zu Übelkeit mit Erbrechen und Durchfall mit Bauchkrämpfen führt.

Lebensmittelinfektionen

Bei Lebensmittelinfektionen werden die pathogenen Krankheitserreger durch die Nahrung aufgenommen und es kommt zur Vermehrung der Mikroorganismen im Darm. Auch diese produzieren oft Toxine, weshalb hier keine klare Trennung von der Lebensmittelintoxikation erfolgen kann.

Salmonellose

Ätiologie der Salmonellose
Die Salmonellenenteritis wird durch den Verzehr verseuchten Trinkwassers oder infektiöser Lebensmittel durch ungenügende Hygiene hervorgerufen. Erreger ist Salmonella enteritidis, doch von den mehr als 2600 bekannten Salmonella-Serotypen sind weitere 30 pathogene Gastroenteritis-Erreger. 2004 wurde eine neue Unterart namens Salmonella choleraesius entdeckt, die sehr resistent gegen Antibiotika ist und besonders häufig zum Tod der Erkrankten führt.

Träger des Salmonellose-Erregers sind verschiedene Tiere, wie Geflügel, Schweine und Reptilien, sodass zahlreiche Lebensmittel wie Eier, Fleisch, Milch und Muscheln mit Salmonellen verunreinigt sein können. Auch bei unzureichender Hygiene durch Schlachtpersonal, welches Salmonellen-Dauerausscheider ist, kann Salmonella enteritidis auf das Fleisch übertragen werden. In Ländern mit ungenügender Aufbereitung des Wassers, kann der Kot infizierter Tiere das Trinkwasser verunreinigen und so als Infektionsquelle dienen.

Symptome der Salmonellenenteritis
Meist kommt es in der warmen Jahreszeit, insbesondere bei Kindern und älteren Menschen, zur Infektion. Es handelt sich um eine invasive Gastroenteritis. Typische Symptome einer Salmonellenenteritis sind Erbrechen und Durchfall nach einer Inkubationszeit von wenigen Stunden bis sieben Tagen. Mit einher gehen krampfartige Bauchschmerzen. Die Dauer der Erkrankung beträgt in der Regel nur wenige Tage.

Diagnostik der Salmonellose

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Bild: „Salmonella species growing on XLD agar“ von Nathan Reading. Lizenz: CC BY 2.0

Geeignetes Untersuchungsmaterial ist Stuhl und Erbrochenes. Als Differenzierungsmedien dienen bei der Kultur Önöz- und Xylose-Lysin-Desoxychlorat-Agar. Die Einteilung in Subtypen erfolgt anhand der O-Antigene und ist für epidemiologische Untersuchungen sinnvoll.

Merke: Der MUCAP-Test ist ein Schnelltest zur Salmonellen-Diagnostik. Salmonellen verfügen über eine C8-Esterase. In der MUCAP-Reagenz ist ein Substrat enthalten, das durch die C8-Esterase gespalten wird und so einen fluoreszierenden Farbstoff freisetzt.

Eine Erkrankung an Salmonellose ist nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig.

Therapie und Prophylaxe der Salmonellose
Es sollte keine antibiotische Therapie erfolgen, da dies zu einer Verlängerung der Bakterien-Ausscheidung führt. Bei nur etwa 5 % der Erkrankten kommt es zur systemischen Infektion mit Fieber und massivem Flüssigkeitsverlust, sodass eine Krankenhauseinweisung nötig wird. Geeignet sind dann Ciproflaxin und Ampicillin bei Kindern.

Ein geringer Anteil der Erkrankten eliminiert die Salmonellen nicht vollständig, sodass sie für längere Zeit asymptomatische Dauerausscheider sind und ein Beschäftigungsverbot für Tätigkeiten mit Lebensmittelumgang erhalten.

Zu den prophylaktischen Maßnahmen zählen das Kochen von Geflügelfleisch und Eiern, sowie die strikte Trennung von Besteck und Schneidebrettern, die vor und nach dem Kochen verwendet werden, um eine Kreuzkontamination zu vermeiden.

Typhus abdominalis

Ätiologie des Typhus
Auch Salmonella typhi verbreitet sich insbesondere durch unhygienische Zustände bei der Zubereitung von Speisen und Getränken. So kommt es bei Europäern vor allem bei Fernreisen nach Afrika, Südostasien und Lateinamerika zu Infektionen.

Krankheitsbild des Typhus abdominalis
Die Erkrankung kann in drei Stadien eingeteilt werden. Die Inkubationszeit beträgt im Durchschnitt 10 Tage.

  1. Stadium incrementi während der 1. Woche nach Infektion: Es kommt zu unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Obstipation und einem treppenförmigen Fieberanstieg.
  2. Stadium fastigii in der 2.-3. Woche der Infektion:
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    Roseolen auf der Brust eines an Typhus erkrankten Patienten.

    Nach etwa 8 Tagen wird sehr hohes Fieber bis 41°C erreicht, das anhält. Hinzu treten eine relative Bradykardie, Leukopenie und Splenomegalie. Typisch ist ein rötlicher fleckförmiger Ausschlag mit Prominenz am Oberkörper und Bauch, die sogenannten Roseolen. Ebenso typisch sind Bewusstseinsstörungen, die der Erkrankung ihren Namen verliehen. Oft kann man auch die Typhus-Zunge beobachten, die sich durch einen weiß-grauen Belag in der Mitte, mit rötlicher Zungenspitze und Rändern charakterisiert.

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    Bild: „Perforation des Ileums mit typhoiden Läsionen“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0

    Durch die Zerstörung der Peyer-Plaques des Dünndarms kommt es ab dem 14. Erkrankungstag zu erbsbreiartigen Durchfällen. Weitere mögliche Symptome sind Meningitis, Osteomyelitis und Darmperforation.

  3. Stadium decrementi mit stufenförmig abnehmendem Fieber.
Merke: Beim Typhus abdominalis finden sich viele typische Symptome. Dazu zählen infektionsuntypische Bradykardie und Leukopenie, Roseolen, Typhuszunge und erbsbreiartiger Durchfall.

Diagnostik des Typhus abdominalis
Der Nachweis der Salmonelleninfektion ist abhängig von der Ekrankungswoche. Eine Woche nach Infektion kann der Nachweis in Blutkulturen erfolgen, in der zweite Woche ist ein Antikörpersuchtest aus Blutserum möglich. Ab der dritten Woche kann die Anzucht aus Stuhlproben gelingen.

Im Blut findet sich zudem die typische Leukopenie und oft auch ein Fehlen von eosinophilen Granulozyten.

Therapie des Typhus abdominalis
Die antibiotische Therapie erfolgt mit Ciprofloxacin oder Cephalosporinen der 3. Generation wie Ceftriaxon.

Wie bei der Salmonellose bleiben einige Erkrankte, vor allem wenn sie keine Antibiose erhalten haben, bis zu ein Jahr lang Dauerausscheider. Die Salmonellen überleben in der Gallenblase und den Gallenwegen, begünstigt durch Gallensteine.

Prophylaxe der Typhus-Erkrankung
Insbesondere bei Tropenreisen ist Hygiene der beste Schutz vor einer Infektion. So sollte auf den Verzehr von unzureichend gegarten Speisen und Leitungswasser verzichtet werden. Außerdem kann die Impfung mit Tot- oder apathogenem Lebendimpfstoff erfolgen, wobei beachtet werden muss, dass nur bei etwa 60 % der geimpften Personen ein ausreichender Schutz erzielt wird.

Yersiniose

Die Yersiniose ist eine Infektionskrankheit hervorgerufen durch das Bakterium Yersinia enterocolitica oder Y.pseudotuberculosis. Der Erreger ist weltweit verbreitet (Y.pseudotuberculosis mehr in Osteuropa) und als Reservoir dienen Tiere wie Schweine oder Rinder. Daher kann die Infektion über kontaminiertes Fleisch, Milchprodukte und das Trinkwasser erfolgen.

Merke: Yersinien können sich auch im Kühlschrank bei Temperaturen von 4-8 °C vermehren.

Symptome der Yersiniose
Je nach Erkrankungsalter kommt es zu anderen Symptomen nach einer Infektion mit Yersinien.

  • Yersinien-Gastroenteritis: Vor allem bei Kleinkindern. Es kommt zu selbstlimitierendem blutigen Durchfall mit Exsikkose.
  • Pseudoappendizitis (Lymphadenitis intestinalis) oder Morbus Maßhoff:
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    Bild: „Her abdominal and pelvic enhanced CT revealed mucosal thickness of cecum (circle) and enlarged lesional lymph node (arrows). Left panel indicates transverse imaging and right panel indicates coronal imaging“ (Pseudoappendizitis) von Openi. Lizenz: CC BY 2.0

    Bei älteren Kindern und Jugendlichen kommt es zur Entzündung mit begleitender Schwellung der mesenterialen Lymphknoten. Typischerweise entsteht ein Lymphknoten- konglomerat um die Appendix vermiformis, sodass bei der Klinik mit Fieber und abdominellen Schmerzen und der Raumforderung um die Appendix in der Sonographie oft die Fehldiagnose Appendizitis gestellt wird.

  • Enterokolitis: Die durch Yersinien verursachte Enterokolitis ist eine invasive Gastoenteritis. Die Bakterienzellen durchwandern die Mucosa des Darms und führen in den Peyer-Plaques zu Entzündungen. Der hierdurch entstehende Durchfall hält 10-14 Tage an und wird von kolikartigen Bauchschmerzen begleitet.

Häufig kommt es nach einer enteralen Infektion mit Yersinien nach Wochen bis Monaten zu entzündlichen Späterkrankungen, wie der reaktiven Arthritis, Pyomyositis und persistierender Ileitis (Pseudocrohn). Besonders häufig sind diese Spätfolgen mit dem HLA-Typ B27 assoziiert.

Diagnostik der Yersinien-Infektion

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Bild: „Colonies of Y. pseudotuberculosis grown on CIN agar and mVYE agar incubated at 30°C for 24 h“ von Openi.

Anzustreben ist der direkte Nachweis der Yersinien aus Blutkultur, Stuhl oder infizierten Lymphknoten. Als Selektivagar dient der so genannte CIN-Nährboden (Cefsoludin-Irgasan-Novoniocin-Agar) auf dem nach 1-2 Tagen rote bullaugenförmige Kolonien wachsen.

Bei Nachweis einer akuten Infektion mit Yersinien besteht eine namentliche Meldepflicht.

Therapie der Yersiniose
In der Regel erfolgt lediglich eine symptomatische Therapie zur Rehydratation. Schwere Gastroenteritiden und systemische Infektionen werden mit einer Kombination aus Ciprofloxacin und Ceftriaxon behandelt.

Merke: Y.enterocolica bildet β-Lactamasen, sodass (Amino-)Penicilline nicht wirksam sind.

Shigellose

ShigellaDie Shigellose oder Bakterienruhr ist eine fäkal-oral übertragene Dysenterie, die vornehmlich den Dickdarm betrifft.

Ätiologie der Bakterienruhr
Als Erreger kommen mehrere Shigella-Arten in Frage, die in Gruppe A bis D eingeteilt werden.

Gruppe Spezies Verbreitung Klinik
A S.dysenteriae Tropen schwere Krankheitsbilder durch Bildung von Endo- und Ektotoxin, Letalität 60 %
B S.flexneri weltweit milde Verlaufsform, da kein Ektotoxin
C S.bodyii Vorderasien, Nordafrika milder Verlauf
D S.sonnei Mitteleuropa Sommer-Durchfall bei Kindern, kein Exotoxin, ca. 80 % der Shigellosen

Einziges Erregerreservoir ist der Mensch, sodass die Übertragung fäkal-oral über verunreinigtes Essen und Trinkwasser erfolgt.

Klinik der Shigellendysenterie
Nach einer Inkubationszeit von 2-10 Tagen kommt es zur Diarrhoe. Diese wird bei leichter Verlaufsform als weiße Ruhr und bei schwerer, blutiger Verlaufsform als rote Ruhr bezeichnet. Charakteristischerweise geht der Durchfall mit Bauchschmerzen und Tenesmen bei der Stuhlentleerung einher. Auch Appetitlosigkeit, Fieber und Folgen des Elektrolytverlusts sind häufig. Als Komplikation können gastrointestinale Blutungen und Darmperforationen auftreten.

Diagnostik der Shigellose
Histologisch beobachtet man zu Beginn der Erkrankung, der katarrhalischen Ruhr, eine entzündlich geschwollene Darmschleimhaut. Bei schweren Verläufen geht das Bild in die pseudomembranös-nekrotisierende Ruhr über. Das histologische Bild gleicht dann dem einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung.

Die Diagnosestellung erfolgt anhand der klinischen Symptomatik und eines Rektumabstrichs, da die Shigellen in der Stuhlprobe nach kurzer Zeit sterben.

Therapie der Shigellenruhr
Die Therapie sollte symptomatisch erfolgen, das heißt Ausgleich der Wasser- und Elektrolytverluste. Zusätzlich kann eine kalkulierte Antibiose mit einem Chinolon begonnen werden. Vielen Shigellen sind allerdings durch ein R-Plasmid resistent gegen zahlreiche Antibiotika, sodass eine Umstellung der antibiotischen Therapie nach Antibiogramm sinnvoll ist.

Merke: Motilitätshemmende Antidiarrhoika wie Loperamid sollten bei den meisten bakteriellen Durchfallerkrankungen nur kurz eingenommen werden, da sie zwar gegen den Durchfall helfen, jedoch die Ausscheidung der Erreger verlängern.

Infektionen mit Escherichia coli

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Bild: „E.coli auf Endo-Agar“ von LenkaM. Lizenz: CC BY-SA 1.0

Das wohl bekannteste Bakterium der Welt ist für etwa 160 Millionen Durchfallerkrankungen und 1 Millionen Todesfälle jährlich verantwortlich.

Infektionen mit enteropathogenen E.coli
Enteropathogene E.coli Stämme, kurz EPEC, sind ein häufiger Durchfallerreger bei Säuglingen und Kleinkindern in Entwicklungsländern. Durch den EPEC-Adhäsionsfaktor EAF binden die Bakterien an die Epithelzellen des Dünndarms und injizieren mithilfe eines Typ-III-Sekretionssystems Toxine in die Enterozyten.

Infektionen mit enterotoxischen E.coli
Die Übertragung von ETEC erfolgt in tropischen Ländern durch verunreinigte Nahrung und Trinkwasser. Zum Anheften an die Mucosa des Darms besitzen diese Stämme spezielle Fimbrien, colonizining factors genannt. Die pathogene Wirkung entsteht durch ein dem Choleratoxin ähnliches hitzelabiles Enterotoxin und zwei bis 100°C hitzestabile Toxine. Durch die Toxine wird unter anderem die Guanylatcyclase stimuliert, wodurch die Natrium-Resorption gehemmt wird und mehr Wasser dem Darm entzogen wird. Oft kommt es in Form einer Reisediarrhoe zu massiven wässrigen Durchfällen, die selbstlimitierend sind. Bei Kindern kann es durch Dehydratation zu lebensbedrohlichen Verläufen kommen.

Infektionen mit enteroinvasiven E.coli
Die Infektion mit EIEC ähnelt einer Shigellen-Infektion. Die Bakterien penetrieren die Epithelzellen des Colons und führen zu einer granulozytären Entzündung mit Abgang von Blut und Schleim. Auch EIEC-Stämme verfügen über Toxine, die zusätzlich zu einem Wasser- und Elektrolytverlust führen.

Infektionen mit enterohämorrhagischen E.coli
Enterohämorrhagische E.coli, die sogenannten EHEC, sind Shigatoxin produzierende E.coli mit zusätzlichen Pathogenitätsfaktoren. Schon 10-100 Bakterien reichen für eine Lebensmittelvergiftung mit EHEC. Die Infektion erfolgt vor allem über rohes Fleisch und Milch, kann aber bei engem Kontakt auch von Mensch zu Mensch erfolgen.

Das in den EHEC-Bakterien enthaltene Vera-Toxin ist phagencodiert und wirkt wie das Shiga-Toxin neurotoxisch und nekrotisierend. Außerdem verfügt EHEC über ein plasmidcodiertes Hämolysin, dass das hämorrhagisch-urämische Syndrom, kurz HUS, auslöst. Das hämolytisch-urämische-Syndrom, das auch Gasser-Syndrom genannt wird, ist eine durch Bakteriengifte ausgelöste mikroangiopathische hämolytische Anämie mit Thrombozytopenie und akutem Nierenversagen. Sind nur 2 dieser Symptome vorhanden, spricht man vom inkompletten enteropathischen HUS. Mit Durchfall handelt es sich um das typische HUS, das bei Kindern häufig ist. Das atypische HUS ohne Durchfall, tritt eher bei Erwachsenen auf.

Der Nachweis von EHEC gelingt durch die PCR. Die Therapie sollte symptomatisch mit Elektrolyten und Infusionen und Plasmapherese erfolgen. Absolut kontraindiziert sind Loperamid und Antibiotika, da sie nicht gegen die Toxine wirken und es Hinweise darauf gibt, dass unter Antibiose häufiger HUS-Symptome auftreten. Seit 2009 gibt es einen monoklonalen Antikörper namens Eculizumab, der das Komplementsystem hemmt und bei atypischem HUS die Letalität senkt.

Der Verdacht oder Nachweis einer EHEC-Infektion ist meldepflichtig, wenn ein HUS vorliegt, zwei oder mehr Personen erkrankt sind oder der Erkrankte in der Lebensmittelindustrie tätig ist. Der Verdacht, die Erkrankung und der Tod an einem bakteriellen HUS ist meldepflichtig.

Infektionen mit enteroaggregativen E.coli
Nach der Anheftung an das Darmempithel durch Fimbrien kommt es durch Enterotoxine zu einer Diarrhoe vom sekretorischen Typ. Typisch ist eine erhöhte Schleimproduktion, die die Ausscheidung des Erregers verzögert, sodass sich die Erkrankung über Wochen hinziehen kann. Bei Immunsupprimierten wie HIV-Patienten ist EAEC der häufigste Erreger einer bakteriellen Enteritis.

Merke: EPEC- Pädiatrie, ETEC- Tropen, EIEC- wie Shigellose, EHEC- HUS, EAEC- AIDS

Botulismus

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Bild: „Botulismus“ von Herbert L. Fred, MD, Hendrik A. van Dijk. Lizenz: CC BY 2.0

Clostridium botulinum ist der Produzent des potentesten Toxins der Welt. Unter anaeroben Bedingungen, wie in Tierkadavern oder ungenügend erhitzen Konserven, kann sich dieses Bakterium vermehren und Botulinumtoxin produzieren. Säuglinge können sich auch durch den Verzehr von kontaminiertem Honig infizieren, da ihre Darmflora noch nicht vollkommen ausgereift ist. Nach der Aufnahme des Gifts kommt es zu einer Hemmung der Acetylcholin-Ausschüttung an der motorischen Endplatte. Zuerst sind die Augenmuskeln gelähmt, dann weitere Gesichts- und Pharynsmuskeln. Auch Erbrechen und Durchfall sind vor dem Tod durch Ersticken oder Herzstillstand typisch. Die Behandlung erfolgt mit Antiserum, das die Letalität von etwa 90 % auf 10 % reduziert.

Clostridium difficile Infektionen

Clostridium difficile ist ein obligater anaerober Sporenbildner mit ubiquitärem Vorkommen. Circa 80 % der Kleinkinder und < 5 % der Erwachsenen sind infiziert. Die Infektion erfolgt meist nosokomial (48 h nach Krankenhausaufnahme bis 4 Wochen nach Entlassung), fäkal-oral. Der Durchfall ist hoch ansteckend, auch indirekt über Oberflächen.

Risikofaktoren für eine Clostridium difficile Infektion:

  • vorausgegangene Antibiotikatherapie (i.B. Clindamycin, Ampicillin und Cephalosporine)
  • Hospitalisierung
  • hohes Lebensalter
  • Therapie mit PPI und/oder NSAR
  • GI-Grunderkrankung
  • Immunsuppression

Klinische Symptome sind wässriger, grünlicher Durchfall mit fauligem Geruch, Unterbauchschmerzen, Fieber, Leukozytose und Hypalbuminämie.

Zur Krankheitsdefinition müssen ein oder mehr der folgenden Punkte zutreffen:

Clostridium-Difficile

Clostridium difficile angereichert aus einer Stuhlprobe durch Filtration

  • Durchfall/toxisches Megacolon mit Nachweis von C.difficile Enterotoxin A und/oder Cytotoxin B oder kultureller Nachweis von toxinbildenden C.difficile im Stuhl

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    Bild: „Pseudomembranöse Colitis“ von Bijhenry aus der deutschsprachigen Wikipedia. Lizenz: CC BY-SA 3.0

  • pseudomembranöse Kolitis in der Endoskopie
  • histopathologischer Nachweis einer C.difficile Infektion durch Endoskopie, Kolektomie oder Autopsie

Zur Diagnostik ist der Toxinnachweis der Goldstandard, der aber selten angewandt wird. Als Routine werden meist Enzymimmunoassays (EIA) eingesetzt.

Merke: Essentiell ist ein schneller Probentransport, da das Toxin bei Raumtemperatur innerhalb von 2 h zerfällt!

Die Therapie einer Clostridum difficile assoziierten Enterocolitis besteht aus der Beendigung der vorherigen Antibiotikatherapie (wenn aus klinischer Sicht vertretbar) und der antibiotischen Behandlung bei persistierenden/schweren Symptomen, alten/schwerkranken Patienten oder wenn die aktuelle Antibiose fortgesetzt werden muss. Geeignet sind Metronidazol bei unkomplizierten Verläufe zur Vermeidung der Selektion von Vancomycin-resistenten Enterokokken und Vancomycin bei schweren Verläufe, während der Schwangerschaft oder bei Kindern unter 10 Jahren. Bei Darmperforation oder toxischem Megacolon kann die chirurgische Therapie notwendig werden.

Zur Prophylaxe einer Ansteckung anderer Patienten ist die Isolation im Einzelzimmer bei V.a. CDI bis 48 h nach Sistieren der Symptome unbedingt einzuhalten.

Es besteht eine namentliche Meldepflicht an das Gesundheitsamt bei schweren Verläufen (z.B. intensivstationspflichtiger/chirurgiepflichtiger Verlauf, rekurrente Infektion, Tod durch CDI < 30 d nach Diagnosestellung).

Cholera

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Bild: „Vibiro cholera Elektronenmikroskopie“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0

Die Cholera oder Gallenbrechdurchfall wird durch eine Infektion mit Vibrio cholerae verursacht. Die Übertragung erfolgt meist durch verunreinigtes Wasser in ärmeren Ländern ohne ausreichende Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Etwa 85 % der Infektionen verlaufen inapparent, die anderen 15 % gehen mit typischen Symptomen einher.

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Bild: „Reiswasserstuhl“ von F1jmm. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Nach 2-3 Tagen Inkubationszeit kommt es zu Brechdurchfall, wobei der Durchfall mit Schleimflocken durchsetzt ist und deswegen Reiswasserstuhl genannt wird. Aufgrund der massiven Exsikkose, kommt es anschließend zu Untertemperatur und einem typischen Gesichtsausdruck mit spitzer Nase, eingefallenen Wangen und stehenden Hautfalten.

cholera-patientAnschließend folgen allgemeine Körperreaktionen wie Benommenheit und Koma. Die Diagnose kann schnell mittels Mikroskopie und Stuhlkultur erfolgen. Die definitive Diagnose erfolgt mithilfe von Antiserum. Zur Rehydratation ist die WHO-Trinklösung aus Glucose, Natriumchlorid, Natriumcitrat und Kaliumchlorid empfohlen. Zudem gibt es mehrere orale Cholera-Impfstoffe, welche in unterschiedlichen Endemie-Gebieten verabreicht werden.

Lambliasis

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Bild: „Giardia intestinalis“ von CDC/Janice Haney Carr.

Die Lambliasis oder Giardiasis ist eine durch das Protozoon Giardia intestinalis hervorgerufene Infektion des Darmtrakts. Typische Symptome der Lablienruhr sind Durchfall, Blähungen und bei länger dauernder Erkankung Mangelernährung. Der Nachweis der Trophozoiten oder Zysten erfolgt per Mikroskopie von Stuhl oder nach Biopsie aus dem Darmtrakt. Auch ein Antigennachweis mittels ELISA oder PCR ist möglich. Die Behandlung erfolgt mit Metronidazol. Es wird vermutet, dass eine durchgemachte Infektion Laktoseintoleranz oder andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit anhaltenden Magen-Darm-Beschwerden verursachen kann.

Lebenszyklus-Giardia

Lebenszyklus Giardia

 

Die Infektion mit Giardien ist meldepflichtig.

Amöbenruhr

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Bild: „Histologische Aufnahme einer Amöbeninfektion im Darmgewebe„. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Entamoeba histolytica gelangt als Zyste in den Dünndarm und von da als Vier-Kern-Stadium anschließend in den Dickdarm. Dort lebt die Amöbe in Form eines Trophozoiten weiter, der Zysten bildet, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden (bis zu 50 Millionen am Tag!). Die Minuta-Form von Entamoeba histolytica ruft selbstlimitierende Durchfälle hervor. Die Magna-Form hingegen dringt in die Colonmucosa ein und gelangt von da aus in die Blutbahn. Sie siedelt sich dann in Form von Abszessen in allen möglichen Organen und auch dem Darm ab. Bei der Amöbenruhr kommt es deshalb zu himbeergeleeartigen Durchfällen mit Unterleibsschmerzen und Exsikkose. Auch Peritonitis und Abszessruptur in der Leber sind häufig.

Merke: Häufig bricht die Krankheit erst viele Jahre nach der Infektion aus.

Beliebte Prüfungsfragen zu Diarrhoe-Themen

Die richtigen Antworten finden Sie unter der Quellenangabe.

1. Eine 28-jährige Frau stellt sich wegen seit 3 Wochen persistierender Diarrhoe in Ihrer allgemeinmedizinischen Praxis vor. Sie gibt an, seit 2 Monaten einen Hund aus Griechenland zu haben, der manchmal nach ranzigem Fett riechende, weiche Stühle habe. Nun habe sie seit 3 Wochen ähnlichen Durchfall und 5 kg an Gewicht verloren. Sie bitten die junge Frau um die Abgabe einer Stuhlprobe. In der Mikroskopie sehen Sie Folgendes:

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Bild: Von Jerad M Gardner, MD. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Es handelt sich am ehesten um eine Infektion mit

  1. Entamoeba histolytica
  2. Giardia intestinalis
  3. Enterotoxischem E.coli
  4. Shigella dysenteriae
  5. Yersinia pseudotuberculosis

2. Eine 44-jährige sonst gesunde Frau wird wegen Durchfall, Bewusstseinsstörung, Dysarthrie und Petechien an den Unterschenkeln mit ihrem Mann in der Notaufnahme vorstellig. Sie diagnostizieren ein akutes Nierenversagen mit systolischen Blutdrücken bis 210 mmHg. Im Blutbild ist eine Thrombozytopenie und Hämolyse auffällig. Im Blutausstrich sehen Sie Fragmentozyten. Sie stellen die Diagnose Hämolytisch-urämisches Syndrom mit thrombotisch-thrombozytopenischer Purpura. Sie gehen von einer Infektion mit EHEC als Ursache aus. Was ist die geeignete Therapie?

  1. Loperamid-Gabe
  2. Antibiose mit Ciprofloxacin
  3. Zu warten
  4. Plasmapherese
  5. Elotuzumab-Gabe

3. Auf einer Geburtstagsparty, bei der es am Nachmittag Vanillepudding gab, erkranken 6 Kinder am Abend plötzlich an Durchfall. Nach 2 bis 3 Stunden sistieren die Symptome genauso plötzlich, wie sie aufgetreten sind. Es handelt sich am ehesten um eine Diarrhoe ausgelöst durch:

  1. Salmonella typhi
  2. Staphylococcus aureus Toxin
  3. Shigella dysenteriae Toxin
  4. Botulinum-Toxin
  5. Saxitoxin

Quellen

G. Ackermann: Antibiotika und Antimykotika, 2009.

K. Munk: Mikrobiologie, 2008.

M. Rolle, K.Mayr: Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre, 2007.

H. Selbitz, U. Truyen, P. Valentin-Weigang: Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre, 2013.

H. Krauss: Zoonosen: von Tier zu Mensch übertragbare Krankheiten, 2004.

Lösungen: 1B, 2D, 3B

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