Bulimia nervosa

Überblick

Definition

Die Bulimia nervosa ist eine Essstörung, die durch wiederkehrende Episoden von Essanfällen (Verzehr einer unangemessen großen Menge an Nahrungsmitteln innerhalb eines bestimmten Zeitraums) gekennzeichnet ist, die von unangemessenem kompensatorischem Verhalten (Entschlacken) begleitet werden.

Epidemiologie

• Lebenszeitprävalenz: ca. 1 %
• Frauen* zwischen 18 und 35 Jahren am häufigsten betroffen
• Häufiger bei Frauen* anzutreffen
• Tritt im Jugendalter später auf als die Anorexia nervosa Anorexia nervosa Anorexia nervosa

Pathophysiologie

• Kein Konsens über die Pathophysiologie
• Kann mit einer abnormalen Funktion der kortikolimbischen Schaltkreise zusammenhängen (die am Appetit beteiligt sind)
• Die Wirksamkeit von Antidepressiva sowie die nachgewiesene Verbindung zwischen Serotonin und Sättigung lassen auf eine Beteiligung von Serotonin und Noradrenalin an der Pathophysiologie der Bulimie schließen.

Diagnostik

Anamnese

• Die Diagnose ist klinisch und basiert auf spezifischen Kriterien nach ICD-11:
  • Wiederkehrende Essanfälle, gefolgt von Ekel- und Schuldgefühlen
    • z.B. einmal pro Woche oder öfter über einen Zeitraum von mindestens einem Monat
    • Binge Eating: Zeitspanne (z.B. zwei Stunden) in der die betroffene Person unkontrolliert eine große Menge Nahrung zu sich nimmt oder anders isst als sonst
  • Wiederkehrende unangemessene kompensatorische Verhaltensweisen, um eine Gewichtszunahme zu verhindern, einschließlich:
    • Verwendung von Abführmitteln, Einläufen oder Diuretika Diuretika Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und der Angina pectoris
    • Selbst herbeigeführtes Erbrechen Erbrechen Erbrechen im Kindesalter
    • Fasten
    • Auslassen von Insulin Insulin Insulin bei Diabetikern
    • Exzessive Bewegung
  • Übermäßige Betonung von Körperform oder Gewicht
• Es besteht ein ausgeprägter Leidensdruck in Bezug auf das Essverhalten und unangemessene kompensatorische Verhaltensweisen oder eine erhebliche Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
• Die Symptome entsprechen nicht den diagnostischen Anforderungen für Anorexia nervosa Anorexia nervosa Anorexia nervosa.

Körperliche Untersuchung

Bestimmte Untersuchungsergebnisse können auf eine Essstörung hinweisen:

• Bulimie-Kranke sind oft sehr schlank, meistens aber normalgewichtig BMI > 18,5 kg/m2 (im Gegensatz zur Anorexia nervosa Anorexia nervosa Anorexia nervosa)
• Leichte Ermüdbarkeit
• Orthostatische Hypotension
• Körperliche Anzeichen, die auf selbst herbeigeführtes Erbrechen Erbrechen Erbrechen im Kindesalter hindeuten:
  • Schwellung der Speicheldrüsen Speicheldrüsen Speicheldrüsen (Glandulae salivariae)
  • Karies an den Zähnen
  • Narben oder Schwielen an der Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion über den Knöcheln der Hand Hand Hand durch Kontakt mit den Zähnen (Russell-Zeichen)
• Dehydrierung Dehydrierung Volumenmangel und Dehydration
• Menstruationsunregelmäßigkeiten
• Mallory-Weiss-Syndrom Mallory-Weiss-Syndrom Mallory-Weiss-Syndrom
• Blähungen
• Verstopfung

Labordiagnostik

Bestimmte Laborbefunde sind zwar nicht diagnostisch, deuten aber auf das Vorhandensein einer Bulimie hin:

• Erhöhte Serum-Amylase aufgrund einer Hypertrophie der Glandula parotis.
• Elektrolytveränderungen (Hypokaliämie, Hypochlorämie), die aufgrund von ausgeprägtem Erbrechen Erbrechen Erbrechen im Kindesalter, sowie Kaliumverlust über die Nieren Nieren Niere auftreten
• Metabolische Alkalose Metabolische Alkalose Metabolische Alkalose (aufgrund von wiederkehrendem Säureverlust im Erbrochenen)

Therapie

Die Behandlung der ersten Wahl ist eine Kombination aus Psychotherapie Psychotherapie Psychotherapie und Pharmakotherapie.

• Psychotherapie Psychotherapie Psychotherapie:
  • Die Hauptstütze der Behandlung ist die kognitive Verhaltenstherapie Kognitive Verhaltenstherapie Psychotherapie.
  • Ziel ist es, das Essverhalten der Patient*innen zu normalisieren und destruktive Essanfälle zu vermeiden.
  • Kognitive Verhaltenstherapie Kognitive Verhaltenstherapie Psychotherapie allein führt zu besseren Ergebnissen als Medikamente allein.
• Pharmakotherapie:
  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ( SSRIs SSRIs Serotonin-Wiederaufnahmeinhibitoren (SSRI) und ähnliche Antidepressiva; nur Fluoxetin ist dafür zugelassen) werden bevorzugt.
  • Andere Optionen (als Off-Label-Use): trizyklische Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva (TCA), Monoaminoxidase-Hemmer und Stimmungsstabilisatoren
  • Bupropion Bupropion Andere Antidepressiva ist bei Bulimia nervosa kontraindiziert (kann Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter auslösen).
• Begleitende Therapie:
  • Ernährungsrehabilitation: Eine Ernährungsberatung soll durch Mahlzeitenstruktur Sicherheit und Vertrauen in eigene Körpersignale schaffen, um Hunger und Sättigung wieder zu spüren und dadurch eine individuelle Form von normalem und angstfreiem Essverhalten zu erlangen.
• Ein Krankenhausaufenthalt kann in folgenden Fällen erforderlich sein:
  • Scheitern der ambulanten Behandlung
  • Selbstverletzendes Verhalten
  • Erhöhtes Suizidalitäts-Risiko
  • Schwere Elektrolyt- oder Stoffwechselanomalien

Prognose

• Höhere Remissions- und Heilungsraten als bei Anorexia nervosa Anorexia nervosa Anorexia nervosa
• Bei Patient*innen mit komorbidem Substanzkonsum sind die Ergebnisse im Allgemeinen schlechter.

Differentialdiagnosen

• Anorexia nervosa Anorexia nervosa Anorexia nervosa: Eine Essstörung, die durch starke Angst vor Gewichtszunahme, eingeschränkte Ernährungsgewohnheiten und ein verzerrtes Körperbild gekennzeichnet ist. Patient*innen, die an Anorexia nervosa Anorexia nervosa Anorexia nervosa leiden, sind in der Regel untergewichtig und zögern, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Behandlung besteht aus einer kognitiven Verhaltenstherapie mit antidepressiven Medikamenten als Ergänzung. In extremen Fällen kann ein Krankenhausaufenthalt erforderlich sein.
• Binge-Eating-Störung Binge-Eating-Störung Binge-Eating-Störung: Eine Essstörung, die durch wiederkehrende Episoden von Essanfällen ohne unangemessenes kompensatorisches Verhalten gekennzeichnet ist und zu einem schwankenden Körpergewicht führt. Die Episoden treten mindestens einmal pro Woche über drei Monate hinweg auf. Die Behandlung besteht aus einer Kombination von Psychotherapie Psychotherapie Psychotherapie und Pharmakotherapie.
• Ruminationssyndrom (bekannt als Wiederkäuen): Wiederholtes Erbrechen Erbrechen Erbrechen im Kindesalter von Nahrung, die wieder gekaut, wieder geschluckt oder wieder ausgespuckt werden kann und nicht auf eine allgemeine Erkrankung (z.B. Gastroösophageale Refluxkrankheit) zurückzuführen ist. Die Behandlung umfasst mehrere kognitiv behaviorale Therapie, einschließlich Biofeedback-Psychotherapie, sowie gegebenenfalls Medikamente (z.B. Protonenpumpenhemmer Protonenpumpenhemmer Antazida (Magensäure-neutralisierende Medikamente)).
• Kleine-Levin-Syndrom (KLS): auch bekannt als “Dornröschen-Syndrom”, eine sehr seltene Schlafstörung mit wiederkehrenden Episoden von Hypersomnie, die mit Verhaltensauffälligkeiten oder kognitiven Anomalien einhergeht, einschließlich zwanghaftem Essen und Hypersexualität. Im Gegensatz zu Patient*innen mit Bulimia nervosa haben KLS-Patient*innen keine lähmende Angst vor Gewichtszunahme und legen keinen großen Wert auf ihr Körpergewicht und ihre Figur.