Neutropenie

Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems und spielen eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung von Infektionen (bakteriell und fungal). Eine geringe Anzahl zirkulierender Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems, die als Neutropenie bezeichnet wird, prädisponiert den Körper für wiederkehrende Infektionen oder Sepsis Sepsis Sepsis und septischer Schock, obwohl Patient*innen auch asymptomatisch sein können. Die meisten Ursachen für Neutropenie sind erworben, einschließlich Neutropenie sekundär zu Infektionen, Knochenmarkserkrankungen und/oder Nebenwirkungen vieler Medikamente. Die Diagnose wird anhand des großen Blutbilds und peripheren Blutausstrichen gestellt. Die Therapie zielt auf die Behebung der Ursache und die Vorbeugung und Behandlung von Infektionen ab.

Aktualisiert: 21.03.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Neutropenie ist eine Abnahme der Anzahl zirkulierender Neutrophilen im Blut, die typischerweise als absolute Neutrophilenzahl (ANC) von:

  • < 1500 Zellen/µl bei Erwachsenen oder Kindern > 1 Jahr:
    • Leichte Neutropenie: 1000–1500 Zellen/µl
    • Moderate Neutropenie: 500–1000 Zellen/µL
    • Schwere Neutropenie: < 500 Zellen/µL
    • Agranulozytose: < 100–200 Zellen/µL
  • < 1000 Zellen/µl bei Kindern im Alter von 2 Wochen bis 1 Jahr
  • < 5000 Zellen/µl bei Säuglingen während der ersten Lebenstage

Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems

Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems sind die häufigsten aller Leukozyten. Leukozyten sind weiße Blutkörperchen und ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems.

Tabelle: Normale ANC-Werte nach Alter
Altersgruppe Normalbereich (Zellen/µL) Prozentsatz der Neutrophilen pro Leukozyten
1. Lebenstag 5000–21.000 Ungefähr 60 %
Nach 1. Lebensmonat 1000–9000 Ungefähr 35 %
≥ 1 Jahr alt 1500‒8500 Ungefähr 31 %
≥ 10 Jahre alt 1500–8000 Ungefähr 40–70 %

Klinische Bedeutung der Neutropenie

  • Korrelation zwischen ANC und Infektionsrisiko nur bei verringerter Neutrophilenreserve im Knochenmark Knochenmark Knochenmark: Zusammensetzung und Hämatopoese, wie z.B. hämatologische Toxizität durch Chemotherapie
  • Bei nicht-chemotherapiebedingter leichter Neutropenie (ANC = 1000–1500 Zellen/µl) kein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko
  • Bei schwerer Neutropenie (ANC < 500/µl) erhebliches Infektionsrisiko; stationäre Behandlung mit parenteralen Antibiotika bei Fieber Fieber Fieber auch ohne klinische Anzeichen einer Infektion

Epidemiologie

Häufigkeit:

Neutropenie kann isoliert oder in Verbindung mit anderen hämatologischen Anomalien und/oder Knochenmarkdefekten (z.B. megaloblastäre Anämie Anämie Anämie: Überblick und Formen oder Leukämie) auftreten.

Pathophysiologie

Normaler physiologischer Überblick

Reife Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems werden von Vorläufern im Knochenmark Knochenmark Knochenmark: Zusammensetzung und Hämatopoese produziert.
Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems können in drei Kompartimenten gefunden werden:

Mechanismen der Neutropenie

Ätiologie

Neutropenie wird am häufigsten erworben, oft nach Infektionen oder als Nebenwirkung einer Reihe verschiedener Medikamente. In seltenen Fällen kann Neutropenie „primär“ oder angeboren als Teil eines selteneren Syndroms sein.

Erworbene Neutropenie: nicht-medikamentös

Erworbene Neutropenie: medikamenteninduzierte

Einige Medikamente, darunter viele Chemotherapeutika, erzeugen eine vorhersagbare dosisabhängige Myelosuppression. Viele andere Medikamente sind mit schwerer isolierter Neutropenie (bekannt als idiosynkratische Arzneimittelreaktionen (IDRs)) verbunden, die typischerweise innerhalb von 3 Monaten nach Einnahme der Medikamente auftritt.

Medikamente im Zusammenhang mit Myelosuppression (auszugsweise Liste, enthält viele Chemotherapien und Immunsuppressiva Immunsuppressiva Immunsuppressiva):

Medikamente im Zusammenhang mit IDR-Neutropenie (auszugsweise Liste, die häufigsten fett gedruckt):

Angeborene oder primäre Neutropenien

Neutropenie ist mit mehreren seltenen Syndromen verbunden. Beispiele beinhalten:

  • Benigne familiäre (ethnische) Neutropenie
  • Hereditäre (oder angeborene) Neutropenie
  • Kostmann-Syndrom
  • Zyklische Neutropenie
  • Shwachman-Diamond-Syndrom

Klinik

Patient*innen mit Neutropenie sind entweder asymptomatisch, zeigen Infektionen oder Symptome der zugrunde liegenden Ursache ihrer Neutropenie.

Infektionen

Die primären Symptome, die direkt mit Neutropenie zusammenhängen, sind Infektionen. Virusinfektionen können Neutropenie verursachen, während Patient*innen mit mittelschwerer bis schwerer Neutropenie eher eine bakterielle oder Pilzinfektion entwickeln. Mögliche klinische Präsentationen sind:

  • Wiederkehrende Infektionen (z.B. wiederkehrende Otitis media)
  • Opportunistische Infektionen (z.B. Candida-Ausschlag)
  • Schwere Infektionen mit schwerer Neutropenie (ANC < 200 Zellen/µl):

Die häufigsten Organismen, die wiederkehrende, opportunistische und/oder schwere Infektionen verursachen:

Klinische Befunde hängen vom Ort der Infektion und dem Erreger ab und können am häufigsten umfassen:

Hinweis: Patient*innen haben kein erhöhtes Risiko für virale oder parasitäre Infektionen, da diese Infektionen nicht durch Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems neutralisiert werden.

Sonstige Befunde zur Anamnese und körperlichen Untersuchung

  • Ggf. asymptomatisch
  • Medikamentenanamnese als mögliche Neutropenieursache
  • Symptome im Zusammenhang mit der primären Ursache, zum Beispiel:

Diagnostik

Laboruntersuchungen

  • Großes Blutbild mit Differenzialblutbild:
    • Bestimmung des Schweregrads der Neutropenie
    • Isolierte Neutropenie isoliert oder Assoziation mit anderen hämatologischen Anomalien (Hilfe bei Differentialdiagnosen), Beispiele:
  • Peripherer Blutausstrich:
  • Entzündungsparameter wie CRP: klassische Infektions- oder Entzündungsbefunde ggf. inapparent
  • Andere zu berücksichtigende Laboruntersuchungen basierend auf Anamnese und der körperlichen Untersuchung:

Weitere Untersuchungen

Basierend auf dem klinischen Erscheinungsbild:

Therapie

Generelle Maßnahmen

Die Behandlung hängt von der Ursache und dem Grad der Neutropenie ab.

  • Absetzen verursachender Medikamente
  • Substitution eines ursächlichen Vitaminmangels (VitaminB12, Folsäure und/oder Kupfer Kupfer Spurenelemente)
  • Überwachen des ANC in Verlaufsblutbildern:
    • Bei den meisten Patient*innen Ursache der Neutropenie durch Infektion oder Medikament
    • Kontrollblutbild nach Besserung der Neutropenie aufgrund einer abgeklungenen Infektion/Absetzen von Medikamenten
    • Bei persistierender Neutropenie → weitere Abklärung
  • Infektionen:
    • Behandlung der Infektionen mit geeigneten Mitteln
    • Infektionsprophylaxe:
      • Händewaschen zur Vorbeugung von Infektionen
      • Vermeiden von Kontakt mit Kranken
      • Regelmäßige Zahnpflege
  • Autoimmun-assoziierte Neutropenie: Bei schwerer Neutropenie aufgrund einer Autoimmunerkrankung IV-Immunglobulin (IVIG) und/oder Steroide
  • Granulozyten-Kolonie-stimulierende Faktoren (G-CSFs):
    • Stimulation der Neutrophilenproduktion auf natürliche Weise
    • Beispiele: Filgrastim Filgrastim Hämatopoetische Wachstumsfaktoren, Pegfilgrastim
    • Indikationen:
      • Akute febrile Neutropenie
      • Prophylaktische Anwendung bei Chemotherapie-Patient*innen mit Risiko für Neutropenie
      • Kinder mit schwerer angeborener Neutropenie und/oder Knochenmarkversagen
      • Zyklische Neutropenie bei ANC < 200 und vorliegenden Infektionen
  • Knochenmarkstransplantation: bei Kindern mit Kostmann-Syndrom kurativ
  • Indikationen für eine sofortige hämatologische Überweisung:
    • Explosionen oder andere Befunde mit hämatologischen Malignitätshinweis im peripheren Blutausstrich
    • ANC < 200
    • Panzytopenie

Behandlung von neutropenischem Fieber Fieber Fieber bei Krebspatient*innen

Neutropenisches Fieber Fieber Fieber ist die häufigste lebensbedrohliche Komplikation einer Krebstherapie.

  • Empirische Antibiotikatherapie zwingend erforderlich zur Prognoseverbesserung und Mortalitätssenkung
  • Identifikation eines Erregers nur in ⅓ der Fälle, daher Breitspektrumantibiotika mit Abdeckung der zu erwartenden Krankheitserregern
  • Prophylaktische Antibiotika und Wachstumsfaktorunterstützung zu Beginn einer Neutropenie nur bei einer kleinen Untergruppe von Hochrisiko-Krebspatient*innen unter Chemotherapie nützlich

Differentialdiagnosen

  • Benigne familiäre (ethnische) Neutropenie: erbliche Ursache einer leichten bis mittelschweren Neutropenie, die am häufigsten bei Personen afrikanischer Abstammung auftritt. Diese Patient*innen können während einer Infektion keine Leukozytose erzeugen, aber ihre Klinik ist ansonsten normal. Sie präsentieren sich während einer Infektion mit Fieber Fieber Fieber und Tachykardie, haben keine erhöhte Inzidenz von Infektionen und kein erhöhtes Risiko für eine febrile Neutropenie als Folge einer myelosuppressiven Therapie. Die Knochenmarkreserven der Betroffenen sind normal.
  • Hereditäre Neutropenie/angeborene Neutropenie: Zustand, der aus Mutationen in einem von mehreren Genen resultiert, typischerweise autosomal-dominant vererbt wird und oft zu schwerer Neutropenie führt. Dieser Zustand tritt häufiger bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Zu den Symptomen gehören Wunden im Mund, häufiges Fieber Fieber Fieber, Pneumonien, Ohrenentzündungen und rektale Wunden. Wenn die Erkrankung nicht sofort behandelt wird, kann ein Kind aufgrund schwerer Zahnfleischinfektionen beginnen, Zähne Zähne Anatomie der Zähne zu verlieren.
  • Kostmann-Syndrom: erbliche Ursache einer schweren kongenitalen Neutropenie (ANC ist oft< 200). Es wird autosomal-rezessiv vererbt, obwohl die ursächlichen Gene unbekannt sind. Das Kostmann-Syndrom ist ein aggressiver Zustand, bei dem Patient*innen nicht in der Lage sind, effektiv Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems zu bilden. Betroffene werden in der Regel sehr krank und benötigen möglicherweise eine Knochenmarktransplantation Knochenmarktransplantation Organtransplantation, die alleinig kurativ ist.
  • Zyklische Neutropenie: autosomal-dominante Ursache der episodischen Neutropenie bei Kindern und Erwachsenen. Episoden treten ungefähr alle 3 Wochen auf (Bereich 12–35 Tage) und dauern 3–6 Tage in einem einzigen Zyklus an. Die Symptome sind Fieber Fieber Fieber, Infektionen und Geschwüre. Vielen Kindern geht es nach der Pubertät Pubertät Pubertät besser.
  • Shwachman-Diamond-Syndrom: sehr seltenes Syndrom, das im Säuglingsalter auftritt und autosomal-rezessiv vererbt wird. Das Syndrom ist gekennzeichnet durch Pankreasinsuffizienz, metaphysäre Dysostosen (Aufweitung an den Enden der Röhrenknochen mit Einschnürung und Sklerose der Diaphyse Diaphyse Aufbau der Knochen), Wachstumsverzögerung und Neutropenie mit oder ohne Anämie Anämie Anämie: Überblick und Formen oder Thrombozytopenie Thrombozytopenie Thrombozytopenie.

Quellen

  1. Berliner, N. (2020). Approach to the adult with unexplained neutropenia. UpToDate, https://www.uptodate.com/contents/approach-to-the-adult-with-unexplained-neutropenia (Zugriff am 23. April 2021).
  2. Coates, T.D. (2021). Overview of neutropenia in children and adolescents. UpToDate, https://www.uptodate.com/contents/overview-of-neutropenia-in-children-and-adolescents (Zugriff am 23. April 2021).
  3. Ahmed, N.M., Palazzi, D.L. (2020).  Evaluation of children with non-chemotherapy-induced neutropenia and fever. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/evaluation-of-children-with-non-chemotherapy-induced-neutropenia-and-fever (Zugriff am 23. April 2021).
  4. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) – Ständige Kommission Leitlinien. (S3) Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen“. AWMF-Registriernummer 032/054OL. https://register.awmf.org/assets/guidelines/032-054OLl_S3_Supportiv_2020-07-abgelaufen.pdf (Zugriff am 01. März 2023).
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