Inhaltsverzeichnis
- Definition Schock
- Ätiologie
- Pathophysiologie
- Der anaphylaktische Schock
- Differentialdiagnose des anaphylaktischen Schocks: Ödembildung
- Der hämorrhagische Schock
- Differentialdiagnose des hämorrhagischen Schock
- Der kardiogene Schock
- Differentialdiagnose des kardiogenen Schocks
- Beliebte Prüfungsfragen zum Thema Schock

Bild: “Versorgung eines Notfallpatienten durch eine Rettungsmannschaft des Malteser Hilfsdienstes“ von Nallchen. Lizenz: (CC BY-SA 3.0)
Definition Schock
Das lebensbedrohliche Zustandsbild Schock
Die relevanten Parameter, die das klinische Bild des Schocks kennzeichnen, sind ein arterieller Blutdruck, der systolisch unter 90 mmHG liegt oder erheblich unter dem Ausgangswert. Außerdem ist in den meisten Fällen die Herzfrequenz beschleunigt, der Puls ist schnell und fadenförmig. Fadenförmig bedeutet, dass der Puls schwach gefüllt, beschleunigt, schwer ertastbar und leicht unterdrückbar ist. Das HZV kann deutlich vermindert sein. Außerdem zeigt sich ein veränderter Bewusstseinszustand. Weitere Symptome sind:
- Verminderte Urinausscheidung
- Blasse, kalte, marmorierte und zyanotische Haut
Ätiologie
Obstruktiver vs. distributiver Schock
Obstruktiver Schock | Distributiver Schock |
Obstruktion im Herzen/in den großen Gefäßen >> verminderter ventrikulärer Auswurf und verminderten Herzminutenvolumen |
|
Schockformen im Überblick
Schockform | Ätiologie | Pathophysiologie |
hypovolämischer Schock | Verbrennung, Ileus, Diarrhoe, Erbrechen, Diuretikaabusus, Fieber | relativer Plasmaverlust oder absoluter Volumenmangel |
hämorrhagischer Schock | Trauma mit Blutung, gastrointestinale Blutung, Gefäßverletzung | |
kardiogener Schock | Myokardinfarkt, Kardiomyopathie, Myokarditis, Herzkontusion, akute Herzklappendysfunktion, Perikarderguss/-tamponade, Lungenembolie, Hämatothorax | verminderte kardiale Pumpfunktion |
anaphylaktischer Schock | Insektengifte, Medikamente, Allergie | Verteilungsstörung des zirkulierenden Blutvolumens |
septischer Schock | Infektion, Sepsis, toxix shock syndrome | |
neurogener Schock | spinales Trauma, Schädel-Hirn-Trauma |
Quelle: Genzwürker et al. (2014): AllEX – Alles fürs Examen. Thieme Verlag.
Pathophysiologie
Hauptauslöser der Schocksituation (Ausnahme: kardiogener Schock) sind relative Hypovolämie und die Verminderung des Herzzeitvolumens. Der Sympathikus wird aktiv und reagiert mit
- Tachykardie
- Tachypnoe
- peripherer Vasokonstriktion
- Umverteilung des Blutes: Zentralisation
Infolge dieser Veränderungen kommt es zu einer Gewebeazidose. Aus der eintretenden erhöhte Gefäßpermeabilität resultiert ein Verlust von Proteinen und Elektrolyten ins Interstititum, was Gewebeödeme zur Folge hat.
Der Entwicklung eines kardiogenen Schocks hingegen basiert myokardialem Pumpversagen.
Es besteht die Gefahr eines Multiorganversagens. Dennoch müssen andere Auslöser für die Anzeichen des Schocks im Rahmen der Differentialdiagnose berücksichtigt werden.

Bild: “Grafische Illustration verschiedener Schockarten. Kein Schock (links), Neurogener Schock mit Weitstellung der Blutgefäße (Mitte), Volumenmangelschock durch Blutverlust (rechts).” von Alex. Lizenz: (CC BY-SA 3.0)
Stadien des Schocks
Merke: Die Stadien des Schocks lassen sich in drei Stadien unterteilen:
- kompensiertes Stadium
- dekompensierte Stadium
- irreversibles Stadium
Der anaphylaktische Schock
Definition und Ätiologie des anaphylaktischen Schocks
Anaphylaxie ist eine akute und systemische Reaktion mit den Symptomen, die einen allergischen Schock kennzeichnen. Der Verlauf kann lebensgefährlich sein. Der anaphylaktische Schock gehört zu den schwerwiegendsten allergischen Reaktionen des Körpers.
Eine einheitliche Definition, die weltweit Bestand hat, gibt es nicht. In Deutschland ist von einem anaphylaktischen Schock die Rede, wenn es sich um eine akute, pathologische Reaktion des Immunsystems auf einen chemischen Reiz handelt, der den gesamten Organismus betrifft. Ein solcher Schock kann bei Menschen und Tieren auftreten.
Epidemiologie und Leitsymptome des anaphylaktischen Schocks
Es gibt verschiedene Auslöser des anaphylaktischen Schocks, die kaum auf den ersten Blick zu entlarven sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Auslöser verdeckt in Nahrungsmitteln vorkommen können, was ihre Identifizierung gefährlich verzögern kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es sich nicht um die klassischen und häufigen Auslöser handelt.
Besonders häufig sind es Medikamente, aber auch Nahrungsmittel, die als Verursacher identifiziert werden können. Bei den Nahrungsmitteln sind es vor allem Nüsse, Meeresfrüchte und Sellerie. Darüber hinaus kommen Hühnereier und Insektengifte als Verursacher infrage.
Der Schock kann aber auch durch die Kombination verschiedener Faktoren verursacht werden. In diesem Fall ist von einer Allergenexposition die Rede. Das ist z. B. bei gleichzeitigem Stress nach dem Konsum von Alkohol oder auch bei einem akuten Infekt möglich. Bei Kindern sind es zu 58 % Nahrungsmittel, zu etwa 24 % Insektengifte und zu 8 % Arzneimittel, die den Schock auslösen. Der anaphylaktische Schock wird bei Erwachsenen zu 16 % durch Nahrungsmittel, in 55 % der Fälle durch Insektengifte und bei 21 % durch Arzneimittel ausgelöst.
Schweregrade des anaphylaktischen Schocks
Der anaphylaktische Schock kann in vier Schweregraden verlaufen.
1. Schweregrad
Der Patient fühlt leichte Reaktionen, die mit Schwindel und Kopfschmerzen einhergehen können. Auch Hautreaktionen sind möglich. Dazu gehören: Juckreiz, Hautrötung mit fühlbarer Erhitzung und generalisierter Urtikaria. Dieser Zustand ist nicht letal bedrohlich, erfordert aber dringend weitere Abklärung, da eine Verschlechterung innerhalb von wenigen Minuten eintreten kann. Auffällig sind Konjunktivitis und Rhinitis, wie auch eine allgemeine Unruhe.
2. Schweregrad
Beim 2. Schweregrad treten ebenfalls die Symptome aus dem 1. Schweregrad auf. Hinzu kommen aber weitere Anzeichen, wie eine Tachykardie und Atemnot. Auch Erbrechen und Übelkeit sind möglich. Außerdem tritt Stuhldrang auf. Der Patient klagt über Schwindel.
3. Schweregrad
Es zeigen sich die Symptome des 1. und 2. Schweregrads. Kennzeichen sind Bronchospasmen mit deutlicher Atemnot. Heiserkeit, Benommenheit und Angst sind erkennbar. Das Auftreten des Quincke-Ödems ist möglich, das wiederum eine Kehlkopfschwellung auslösen kann (Quincke-Ödem s.u.).
4. Schweregrad
Beim 4. Schweregrad kommt es zum Atem-, Herz- und Kreislaufstillstand. Stuhl und Urin gehen unkontrolliert ab. Der Zustand ist lebensbedrohlich.
Differentialdiagnose des anaphylaktischen Schocks: Ödembildung
Ödembildung als ähnliches Krankheitsbild
Ödeme können beim anaphylaktischen Schock auftreten. Sie können aber auch einen ganz anderen Auslöser haben. Ödeme werden u.a. nach ihrer Lokalisation unterteilt. Dann sind sie generalisiert (symmetrisch), lokalisiert (ein- oder beidseitig). Sie können auch peripher vorhanden sein.
Periphere Ödeme befinden sich in z. B. in den Knöcheln, aber auch in den Unterschenkeln. Bei bettlägerigen Patienten können Sie auch sakral auftreten. Eine weitere Unterscheidung berücksichtigt den Befund nach Palpation. Die Ödeme können eindrückbar oder nicht eindrückbar sein. Darüber hinaus ist die Konsistenz von Bedeutung, die sich auf weich oder verhärtet (induriert) bezieht.
Quincke-Ödem

Bild: “Angioedema.“ von BruceBlaus. Lizenz: (CC BY 3.0)
Das Quincke-Ödem tritt akut auf und kann drei Tage anhalten. Dabei handelt es sich um eine Schwellung, die vor allem im Gesicht (Lippen und Augenlider) zu finden ist, aber auch Hände und Füße und der Genitalbereich können extrem anschwellen. Lebensgefährlich wird das Quincke-Ödem, wenn die oberen Luftwege anschwellen. Eine andere Bezeichnung für Quincke-Ödem ist angioneurotisches Ödem.
Differentialdignose Quincke-Ödem
Das Quincke-Ödem kann genetisch bedingt sein und wird durch einen Enzymmangel ausgelöst. Dann ist vom hereditären Angioödem die Rede. Allerdings ist das ausgesprochen selten. Auslöser kann zudem eine physikalische Stimulation sein. Außerdem kann das Quincke-Ödem als begleitendes Symptom bei chronischen Infekten auftreten, wie auch im Rahmen von Autoimmunerkrankungen. Schließlich wird auch die idiopathische Form beschrieben, bei der die Ursache also unklar ist.
Reinke-Ödem

Bild: “Reinke Ödem“ von Welleschick. Lizenz: (CC BY-SA 3.0)
Beim Reinke-Ödem handelt es sich um eine Erkrankung der Stimmlippen, bei der Gewebsflüssigkeit eingelagert wird und die einseitig oder beidseitig auftritt und auch die ganze Stimmlippe betreffen kann. Der Patient bemerkt, dass die Stimme tiefer wird oder auch „kippt“. Langes Sprechen fällt schwer und auch Heiserkeit kann begleitend auftreten.
Behandlung des Reinke-Ödems
Die Behandlung erfolgt über kortisonhaltige Sprays, um ein Abschwellen zu erreichen. Chemische Dämpfe und andere schädliche Einflüsse wie Rauchen sollten möglichst gemieden sein. Sie sind zumeist auch Verursacher des Reinke-Ödems. In schweren Fällen kann eine Operation erforderlich werden.
Perifokales Ödeme
Ein perifikolaes Ödem befindet sich im gesunden Gewebe um einen kranken Herd herum. Es tritt z. B. bei Abszessen auf, aber auch bei Tumoren und bei Blutungen. Sie sind aber auch als Komplikation nach Bestrahlungen möglich.
Prätibiales Ödem
Das prätibiale Ödem beschreibt eine Ansammlung von Flüssigkeit im Unterhautgewebe des Schienbeines (Tibia). Das Auftreten des prätibialen Ödems ist in Hinweis auf einen gestörten Lymphfluss. Prätibiale Ödeme sind leicht zu diagnostizieren, können aber verschiedene Ursachen haben.
Mögliche Ursachen für das prätibiale Ödem
Als Auslöser kommt vor allem die Rechtsherzinsuffizienz infrage (kardiales Ödem). Außerdem kann es sich um eine chronisch venöse Insuffizienz halten. Darüber hinaus können endokrine Erkrankungen derartige Ödeme auslösen (Myxödem). Ebenso kann die Ursache im Lymphsystem liegen. Eine Diagnose ist unbedingt erforderlich, da das prätibiale Ödem somit ernste, aber auch harmlose Ursachen haben kann.
Der hämorrhagische Schock
Definition des hämorrhagischen Schocks
Die Ursache ist Blutverlust (Volumenmangelschock), der nicht zwingend sichtbar sein muss. Möglich sind gastrointestinale Blutungen, Gefäßrupturen, Unfälle, gynäkologische Blutungsquellen, aber auch Tumore oder chronische Entzündungen. Der hämorrhagische Schock wird in vier Klassen eingeteilt, die abhängig vom Blutverlust sind.
Schweregrade und Ätiologie des hämorrhagischen Schocks
- Grad 1 ⇒ bis zu 750 ml Blutverlust
- Grad 2 ⇒ 750 – 1500 ml Blutverlust
- Grad 3 ⇒ ca. 2000 ml Blutverlust
- Grad 4 ⇒ mehr als 2000 ml Blutverlust
Grad 1 und 2 gelten als kompensiert. Ab dem 3. Grad ist vom nicht kompensierten Schock die Rede. Sobald der Blutverlust bei über 50 % liegt, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand. Zumeist ist der Patient bewusstlos und auch die Gefahr eines Kreislaufzusammenbruchs ist wahrscheinlich.
Weitere Auslöser des hämorrhagischen Schocks
Ein hypovolämischer Schock kann auch durch den Verlust von Elektrolyten ausgelöst werden, wie das bei starkem Durchfall der Fall sein kann. Darüber hinaus kommen schwere Verbrennungen als Ursache infrage, wie auch starke Überhitzung und die mangelnde Flüssigkeitszufuhr, wie sie vor allem bei älteren Personen keine Seltenheit ist.
Therapie des hämorrhagischen Schocks
Der Flüssigkeitsausgleich muss schnellstmöglich stattfinden, auch wenn der Patient sich im 1. oder 2. Grad des Schocks befindet. Andernfalls drohen schwere Folgeschäden, auch wenn es gelingt, das Leben des Patienten zu retten. Die Blutung muss so schnell wie möglich gestoppt werden.
Anzeichen für eine Verbesserung des Zustandes
Eine Reihe von Anzeichen sprechen für eine Verbesserung des Zustandes. Dazu gehört, dass sich die vitalen Zeichen verbessern und auch Puls und Blutdruck ansteigen. Trotzdem kann der Patient auch weiterhin nicht ansprechbar sein.
Differentialdiagnose des hämorrhagischen Schock
Möglich sind einfache Blutdruckabfälle, die ebenfalls zum Kollaps führen können. In diesem Fall lässt sich der Zustand zumeist schon durch ein tiefes Lagern das Kopfes verbessern. Differentialdiagnostisch fehlt beim einfachen Blutdruckabfall der Hämoglobinabfall. Als Auslöser kommt außerdem die vagovasale Synkope infrage.
Der kardiogene Schock
Definition und Ätiologie des kardiogenen Schocks
Zu einem kardiogenenen Schock kommt es beim primären Pumpversagen des Herzens. Beim kardiogenen Schock ist die Haut blass, das HZV (Herzzeitvolumen) kann unauffällig sein, PCWP (Pulmonary Capillary Wedge Pressure, dem Lungenkapillaren-Verschlussdruck) ist erhöht. Die arterio-venöse O2-Differenz steigt, ebenso TPR (totaler peripherer Widerstand).
Die Ursachen können myokardial oder mechanisch sein. Myokardial kommt der Myokardinfarkt, eine Myokarditis, Kardiomyopathien, Pharmatoxizität oder Myokardischämie infrage. Mechanische Auslöser sind die Lungenembolie, Kunstklappendysfunktion oder Erkrankungen der Herzklappen, aber auch eine Perikardtamponade, intraktvitäre Flussbehinderungen und eine Pericarditis constructiva.
Symptome und Diagnostik des kardiogenen Schocks
Der Patient ist verwirrt oder leidet unter einer anderen Form von einer Bewusstseinsstörung. Die Sterblichkeit ist hoch, selbst beim Aufenthalt in einem Krankenhaus. Der Blutdruck kann normal sein. Sichtbare Symptome sind die feuchte und kühle Haut, Zyanose, Tachykardie und Oligurie. Der kardiogene Schock gilt als die häufigste Todesursache beim akuten Myokardinfarkt.
Echokardiografie und Rechtsherzkatheter werden zur Diagnose des kardiogenen Schocks benutzt.
Differentialdiagnose des kardiogenen Schocks
Mittels Echokardiografie und Rechtherzkatheter lässt sich abklären, ob es sich um einen kardiogenen Schock handelt. Sollte es sich um einen zirkulatorisch-obstruktiven Schock handeln, wie er bei einer Lungenembolie vorkommt, zeigt sich eine massive Rechtsherzbelastung und eine zeitgleich gute linksventrikuläre Kontraktilität.
Beliebte Prüfungsfragen zum Thema Schock
Die Antworten befinden sich unterhalb der Quellenangabe.
1. Zu den Kennzeichen des Schocks zählt:
- Arterieller Blutdruck diastolisch über 90 mmHG
- Venöser Blutdruck unter 90 mmHG
- Arterieller Blutdruck systolisch unter 90 mmHG
- Nicht ertastbarer Puls
- Nicht messbarer Blutdruck
2. Das Quincke-Ödem…
- …ist ein harmloses Begleitsymptom.
- …ist immer lebensbedrohlich.
- …ist nicht genetisch bedingt.
- …kann genetisch bedingt sein.
- …verursacht Enzymmangel.
3. Das Ödem…
- …kann Anzeichen eines anaphylaktischen Schocks sein.
- …ist immer beidseitig lokalisiert.
- …tritt niemals sakral auf.
- …ist immer eindrückbar.
- …ist induriert.
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2 Gedanken zu „Der Schock in der Medizin – Arten und Differentialdiagnosen im Überblick“
Sehr geehrte Damen und Herren,
Soll es in dem Satz „Der Zustand ist letal bedrohlich, erfordert aber Abklärung“ zum anaphylaktischen Schock unter Std. 1 nicht vielmehr: nicht letal bedrohlich heißen?
Mit freundlichen Grüßen
Ivonne Much
Sehr geehrte Frau Much,
vielen Dank für Ihren Hinweis. Sie haben recht, hier lag ein Fehler vor. Wir haben es bereits korrigiert.
Freundliche Grüße,
Maria Jähne von Lecturio.