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Bild: “Touch the Sky” von Elescir. Lizenz: CC BY 2.0
Hitzenotfälle
Hitze kann eine Reihe von Notfällen verursachen: von Kreislaufproblemen, Hitzekrämpfen und Hitzeerschöpfung bis hin zum Sonnenstich oder Hitzschlag. Bei hohen Temperaturen ist es dem Körper nicht mehr möglich, genug Wärme nach außen abzugeben und sich so vor Überhitzung zu schützen. Durch vermehrtes Schwitzen kommt es zum Flüssigkeits- und Elektrolytverlust, körperliche Anstrengung verschlechtert die Situation zusätzlich.
Hitzesynkope/Hitzekollaps
Hitze kann bei langem Stehen eine orthostatische Dysregulation mit kurz andauernder Bewusstlosigkeit (Hitzesynkope) oder Schwarzwerden vor den Augen (Hitzekollaps) hervorrufen. Ursächlich ist eine wärmebedingte Vasodilatation mit Versacken des Blutes in die Peripherie, in deren Folge es zu einer temporären zerebralen Minderversorgung kommt. Klinisch imponieren Schocksymptome (Tachykardie, Hypotonie, Kaltschweißigkeit), die Hauttemperatur ist nicht erhöht. Die Behandlung der Hitzesynkope/des Hitzekollaps erfolgt durch (intravenöse) Flüssigkeitsgabe, Schocklagerung und Kühlung. Insbesondere bei älteren Patienten sollte zur differenzialdiagnostischen Abklärung der Synkope eine Klinikeinweisung erfolgen.
Hitzeerschöpfung
Eine ebenfalls leichte Form des Hitzenotfalls ist die durch langes und starkes Schwitzen ausgelöste Hitzeerschöpfung. Durch zu wenig Flüssigkeit kann es zur Dehydratation mit Kopfschmerzen, körperlicher Erschöpfung und Bewusstseinstrübung kommen, ein entgleister Elektrolythaushalt (Natriumverlust) begünstigt Muskelkrämpfe. Die Therapie entspricht den Maßnahmen der Hitzesynkope, eine stationäre Abklärung ist in der Regel jedoch nicht erforderlich.
Hitzschlag und Sonnenstich
Schwerere Hitzenotfälle sind der Hitzschlag und der Sonnenstich. Zum Hitzschlag kommt es, wenn Wärmeproduktion und -zufuhr die Wärmeabgabe des Körpers überschreiten, z.B. durch Sport in der Hitze, bei kleinen Kindern und älteren Menschen. Es kommt zu einer Hyperthermie mit trockener, warmer Haut, Bewusstseinstrübung, Übelkeit und Erbrechen, Tachykardie, Hypotension und zu zerebralen Krampfanfällen und Organversagen. Ein Hitzschlag muss immer im Krankenhaus behandelt werden, da er tödlich enden kann. Neben Kühlung, Schocklagerung und Flüssigkeitsersatz kann die Intubation und eine antikonvulsive Therapie notwendig werden.
Auch ein Sonnenstich kann gefährlich werden. Er entsteht durch Überhitzung des Gehirns, meist durch intensive Sonneneinstrahlung und kann neben meningealen Reizerscheinungen zum Hirnödem führen. Die Patienten haben ähnliche Symptome wie beim Hitzschlag: Hyperthermie des Kopfes, Bewusstseinstrübung, Erbrechen und zusätzlich meningeale Reizerscheinungen bis hin zu zerebralen Krampfanfällen. Sind diese schweren Symptome vorhanden, ist neben den oben genannten Maßnahmen ebenfalls eine Verlegung in ein Krankenhaus mit weiterer Behandlung angezeigt.
Verbrennungen
Verbrennungen sind Gewebsschädigungen durch lokale Hitzeeinwirkung und Erwärmung der Gewebe auf mindestens 45°, z.B. durch Feuer, heiße Flüssigkeiten (Verbrühungen), aber auch durch einen Blitz- oder Stromschlag.
Das Gefährliche für den Organismus im Rahmen einer Verbrennung ist die durch die Zerstörung der Gefäßbarriere hervorgerufene Flüssigkeitsverschiebung ins Interstitium. So kommt es zu einem Volumenmangel mit der Folge eines hypovolämischen Schocks. Als Komplikation kann außerdem eine intravasale Aktivierung der Blutgerinnung (Verbrauchskoagulopathie) auftreten, die durch eine Schädigung der Organe zum Multiorganversagen führen kann. Die Gesamtheit dieser Komplikationen nennt man Verbrennungskrankheit. Je nach Ursache der Verbrennung kann sie zusätzlich mit einem Inhalationstrauma und einer Rauchgasvergiftung vergesellschaftet sein.
Verbrennungen charakterisieren
Eine Verbrennung kann man grundsätzlich nach dem Verbrennungsausmaß und nach Verbrennungsgraden einteilen. Die Verbrennungsgrade beschreiben die Tiefe der Verbrennungswunden (siehe Tabelle).
Verbrennungsgrad | Kennzeichen | Symptome | Abheilung |
Grad I | auf die Epidermis begrenzt, keine Hautzerstörung, Hyperämie, Ödem | Juckreiz bis Schmerzen | defektlose Spontanheilung |
Grad II (a+b) | a: oberflächlich, auf die Epidermis beschränkt, Hyperämie, Blasenbildung, feuchter Wundgrund, erhaltene Sensibilität b: tief, Epidermis und Dermis geschädigt, Blasenbildung, trockener Wundgrund, helle und gerötete Areale |
starke Schmerzen | a: meist narbenlose Spontanheilung b: Defektheilung mit Narbenbildung |
Grad III | Schädigungen aller Hautschichten bis in die Subkutis, gräulich weißliche Verfärbung der Haut | schmerzlos durch Zerstörung der Nervenenden | Hautregeneration nicht mehr möglich |
Grad IV | Beteiligung von Muskeln, Sehnen oder Knochen, Gewebsverkohlung | schmerzlos | Hautregeneration nicht mehr möglich |
Das Verbrennungsausmaß ist die betroffene Körperoberfläche, die man anhand bestimmter Regeln leicht abschätzen kann. Bei Erwachsenen entspricht die Größe der Handfläche etwa 1 % der Körperoberfläche (KOF). Mit der Neuner-Regel nach Wallace kann man die Körperoberfläche in Regionen einteilen, die jeweils 9 % entsprechen: so sind der Kopf mit Hals und ein Arm jeweils 9 %, ein Bein 2 mal 9 % (Vorderseite = 9 %, Rückseite = 9 %) und der Stamm 4 mal 9 % (Thoraxvorderseite = 9 %, Thoraxrückseite = 9 %, Abdomenvorderseite = 9 %, Lendenregion = 9 %). Die Genitalregion entspricht nochmal 1 % KOF. Bei Kindern ist die Verteilung aufgrund unterschiedlicher Proportionen verschoben.
Aus der Kombination der verbrannten Körperoberfläche und des Verbrennungsgrades ergibt sich der Schweregrad der Verbrennung. Von einer schweren Verbrennung spricht man immer,
- wenn das Gesicht, die Hände oder Füße und die Genitalregion betroffen sind oder
- 25 % der KOF Verbrennungen II. Grades aufweist (20 % bei Kindern und Erwachsenen) oder
- 10 % der KOF Verbrennungen III. Grades aufweist.
Schwere Verbrennungen sollten grundsätzlich in einem Brandverletztenzentrum versorgt werden.
Therapie von Verbrennungen
Erstmaßnahmen bei einer Verbrennung sollten neben der Wahrung des Eigenschutzes die Sicherung der Vitalfunktionen (gegebenenfalls durch Intubation), Entfernung der Kleidung und das sterile Abdecken der Wunden sein. Eine Beatmung mit 100 %-igem Sauerstoff ist sinnvoll, ebenso wie der rechtzeitige Volumenersatz und eine Analgesie. Die weitere Versorgung kann je nach Schwere der Verbrennungen in einem Brandverletztenzentrum oder normalen Krankenhaus erfolgen. (s.o.)
Mit der Kühlung des Brandverletzten sollte man aus zwei Gründen vorsichtig umgehen: Zum einen sorgt Kühlung dafür, dass das sogenannte Nachbrennen, also die Schädigung des Umgebungsgewebes, sich in tiefere Hautschichten ausbreitet. Zum anderen kann der Patient durch zu lange Kühlung und fehlenden Schutz durch verbrannte Hautflächen schnell in die Hypothermie rutschen.
Stromschlag
Bei Elektrounfällen findet sich ein Mischbild aus thermischen (lokale Verbrennungen) und elektrischen Schädigungen (Herzrhythmusstörungen). Die Schwere der Verletzungen hängt dabei von der Stromspannung (Niederspannung < 1000 V= Haushaltsstrom, Hochspannung > 1000V, Blitzschlag), der Stromstärke, der Dauer der Einwirkung, der Berührungsfläche und sonstigen allgemeinen Faktoren wie Feuchtigkeit und Leitfähigkeit der Haut ab. Mögliche Folgen sind:
- Verbrennungen
- Herzrhythmusstörungen (Kammerflimmern) und Asystolie
- Muskelschädigungen in Folge Muskelkontraktionen
- ZNS-Schäden mit Bewusstseinsstörungen
Hinzu kommen oft sekundäre Schädigungen durch Stürze (z.B. Frakturen, innere Verletzungen). Als Strommarken bezeichnet man die Verletzungen an der Haut, die durch Ein- und Austritt des Stroms erfolgen. Bei einem Blitzschlag sieht man oft eine sogenannte Blitzfigur als farnkrautartige Verzweigungen auf der Haut.
Therapie
An oberster Stelle in der Versorgung verunfallter Personen steht der Eigenschutz. Vor einer Bergung des Patienten aus der Gefahrenzone muss die Unterbrechung des Stromkreises gesichert sein. Im Rahmen von Hochspannungsunfällen ist diese durch hinzugerufenes Fachpersonal durchzuführen. Die anschließenden Maßnahmen ähneln denen bei Verbrennungen. Zusätzlich müssen evtl. Herzrhythmusstörung behandelt (CPR) und etwaige Begleitverletzungen (z.B. Frakturen) durch geeignete Maßnahmen (Richten, Schienung) versorgt werden.
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