Transitorische ischämische Attacke (TIA)

Die Transitorische ischämische Attacke (TIA) ist eine vorübergehende Episode einer neurologischen Dysfunktion, die durch eine Ischämie ohne Infarkt verursacht wird und die vollständig verschwindet, wenn die Blutversorgung im betroffenen Areal wiederhergestellt ist. Eine vorübergehende ischämische Attacke ist ein neurologischer Notfall. Ursachen einer TIA können Mikrothromben aus arteriosklerotischen Plaques, Thrombebolien bei beispielsweise Vorhofflimmern Vorhofflimmern Vorhofflimmern und auch Stenosen in kleinen Gefäßen im Gehirn sein. Klinisch zeigt sich eine TIA durch fokal neurologische Ausfälle, die sich nach einer bestimmten Zeit wieder zurückbilden (häufig bevor Patient*innen die Notaufnahme erreichen). Die Symptome sind hierbei abhängig von den betroffenen Gefäßen. Bei Patient*innen mit TIA steigt das Risiko für einen Schlaganfall erheblich an, weshalb die TIA ein prognostischer Faktor ist. Nach einer TIA sollten Patient*innen analog zur Sekundärprophylaxe beim Schlaganfall medikamentös eingestellt werden.

Aktualisiert: 17.02.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Eine transitorische ischämische Attacke (TIA) ist eine vorübergehende Episode einer neurologischen Dysfunktion, die durch eine Ischämie ohne Infarkt verursacht wird und die vollständig verschwindet, wenn die Blutversorgung wiederhergestellt ist.

Epidemiologie

  • Schwer zu bestimmen aufgrund anderer imitierender Störungen
  • Inzidenz: ca. 30–60 pro 100.000 Einwohner*innen in Industrienationen

Ätiologie

  • Thrombose mit Ruptur atherosklerotischer Plaques
  • Embolien aus kardialen Ursachen:
    • Thromben des linken Vorhofs/ Vorhofflimmern Vorhofflimmern Vorhofflimmern
    • Linksventrikuläre Thromben
    • Rheumatische Mitral- oder Aortenklappenerkrankung
    • Bioprothetische und mechanische Herzklappenembolie
    • Arteriosklerose der Halsschlagader
    • Bakterielle Endokarditis Endokarditis Endokarditis (septische Embolie)
    • Offenes Foramen ovale Foramen ovale Persistierendes Foramen Ovale (Paradoxeembolie)
    • Arteriendissektion (Ruptur einer Arterienwand gefolgt von Thrombusbildung und Embolisation)
  • Atherosklerose Atherosklerose Atherosklerose kann auch embolisch sein (zusätzlich zu thrombotisch):
    • Iatrogene Embolisation nach einem Angiogramm oder anderen Gefäßeingriffen
    • Embolien, die während einer Halsschlagader-Operation freigesetzt wurden

Risikofaktoren

Pathophysiologie und Klinik

Die Präsentation hängt vom pathophysiologischen Mechanismus ab: embolische TIA, lakunäre TIA (TIA der kleinen penetrierenden Gefäße) oder TIA der großen Arterien Arterien Arterien.

Pathophysiologie

  • Vorübergehender Verschluss eines Blutgefäßes (aufgrund eines kleinen Thrombus, Embolus, Vasokonstriktion Vasokonstriktion Physiologie des Blutkreislaufs oder systemischer Minderdurchblutung) des Gehirns, des Rückenmarks oder der Netzhaut Netzhaut Anatomie des Auges → Verringerung des Blutflusses in den von den Gefäßen versorgten Bereich → Gehirn- oder andere Gewebe unterliegen einer Ischämie → Neuronen Neuronen Nervensystem: Histologie werden Glukose und Sauerstoff entzogen → Versagen der Mitochondrien, ATP zu produzieren
  • Minuten bis Stunden später (bevor ein Infarkt vorliegt) wird der Blutfluss wiederhergestellt und alle neurologischen Dysfunktionen verschwinden.

Klinik

Die betroffene Person erinnert sich möglicherweise nicht an den Zeitpunkt des Einsetzens der neurologischen Symptome. Eine genaue Schilderung des Ereignisses von Familienmitgliedern oder Betreuern sollte eingeholt werden und nach dem Zeitpunkt des Auftretens und des Abklingens der Symptome gefragt werden.

Die Symptome der TIA beziehen sich auf das betroffene Gefäßgebiet:

  • Symptome der A. carotis interna und der A. cerebri media (MCA):
    • Vorübergehende monokulare Blindheit (Amaurosis fugax) oder Hemianopsie Hemianopsie Die Sehbahn und Gesichtsfeldausfälle
    • Motorische Schwäche in Arm/ Hand Hand Hand > Bein > Gesicht
    • Sensibilitätsverlust in den gleichen Bereichen
    • Aphasie und Alexie (Unfähigkeit, geschriebene Sprache zu interpretieren)
  • Symptome der A. vertebralis/A. basilaris:
    • Quadriparese
    • Gekreuzte motorische Schwäche und sensorische Ausfälle
    • Gangataxie
    • Hirnstamm- und Hirnnervensymptome: Schwindel, Diplopie Diplopie Strabismus, Tinnitus
  • A. cerebri posterior (PCA):
  • Lacunäre Infarkte:
  • Atypische TIA-Symptome:
    • Allmähliche Zunahme der Symptome über > 5 Minuten
    • Fortschreiten der Symptome von einem Körperteil zum anderen
    • Isolierte Sehstörungen
    • Isolierte sensorische Symptome (z. B. in einem Finger oder der Zunge Zunge Mundhöhle: Lippen und Zunge)
    • Isolierte Hirnstammsymptome (z. B. Dysarthrie, Diplopie Diplopie Strabismus oder Hörverlust)

Diagnostik

Da die Ätiologien von Schlaganfall und TIA sehr ähnlich sind, ähnelt die Diagnostik der TIA der des ischämischen Schlaganfalls.

  • Anamnese:
    • Vergangene TIAs
    • Medikamentenanamnese
    • Herz-Kreislauf-Risikofaktoren
    • Vorherige Karotis- oder Herzoperationen
  • Körperliche Untersuchung:
    • Neurologische Symptome können bis zum Eintreffen der betroffenen Person in der Notaufnahme abgeklungen sein.
    • Vitalparameter
    • Allgemeine Untersuchung einschließlich Herzuntersuchung
    • Detaillierte neurologische Untersuchung soweit möglich:
      • Anzeichen und Symptome hängen vom betroffenen Gefäßgebiet ab.
      • Betroffene Personen können ein gewisses Maß an Gedächtnisverlust oder Amnesie der Ereignisse aufweisen.
  • Labordiagnostik:
    • Basislabordiagnostik, insbesondere zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen
    • Blutbild einschließlich Thrombozytenzahl
    • Klinische Chemie: Elektrolyte Elektrolyte Elektrolyte, Glukose, BUN und Kreatinin
    • Gerinnungswerte
    • Herzenzyme
    • Urinstatus
  • Zusätzlich: EKG EKG Normales Elektrokardiogramm (EKG) auf Herzrhythmusstörungen oder ischämische Veränderungen
  • Bildgebung:
    • CT ohne Kontrastmittel:
      • Nur zur Unterscheidung zwischen ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfällen
      • Ausschluss einer Hirnblutung!
      • Frühzeichen für eine Ischämie erst nach 2–6 Stunden im CT erkennbar: CT kann einen ischämischen Schlaganfall oder eine TIA am Anfang nicht ausschließen
      • Bei allen Patient*innen mit Verdacht auf akuten Schlaganfall oder TIA
    • cMRT:
      • Ermöglicht die Visualisierung von akuter Ischämie und ischämischer Penumbra = höhere Empfindlichkeit
      • Bessere Auflösung, aber längere Zeit für die Bildgebung
      • Weniger Verfügbarkeit
    • Karotis-Ultraschall oder transkranielle Doppler-Sonographie: zur Untersuchung auf atherosklerotische Stenose oder Aneurysmen
    • Echokardiogramm/transösophageales Echokardiogramm: um strukturelle Anomalien zu erkennen, die eine Embolisation erleichtern könnten
Axialer Schnitt eines CT-Scans eines Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall

Axialer Schnitt eines CT-Scans einer Person mit akutem ischämischem Schlaganfall, die zum Zeitpunkt der Aufnahme durchgeführt wurde:
Beachten Sie das Fehlen erkennbarer Veränderungen.

Bild: „Pseudoradial Nerve Palsy Caused by Acute Ischemic Stroke“ von Tahir H, Daruwalla V, Meisel J, Kodsi SE. Lizenz: CC BY 3.0

Therapie

Initiale Therapie

  • Beurteilung der Atemwege, der Atmung und des Kreislaufs (ABC)
  • Behandlung von Elektrolytentgleisungen: z. B. Hypoglykämie Hypoglykämie Hypoglykämie oder Hyperglykämie Hyperglykämie Diabetes Mellitus entsprechend (können TIA oder Schlaganfall vortäuschen)
  • ABCD2- Score = Stratifizierung des Schlaganfallrisikos
    • Prognostiziert das Schlaganfallrisiko in den nächsten 2 Tagen, 7 Tagen und 90 Tagen
    • Jeweils Punkte für bestimmte Risikofaktoren (0–9 Punkte sind möglich)
    • Alter ≥ 60 Jahre (1 Punkt)
    • Blutdruck (initial): erhöhtes Schlaganfallrisiko, wenn systolischer Blutdruck ≥ 140 oder diastolischer Blutdruck ≥ 90 (1 Punkt)
    • Klinische Merkmale:
      • Einseitige Schwäche (2 Punkte)
      • Sprachstörung (1 Punkt)
    • Dauer der Symptome
      • TIA weniger als 10 bis 59 Minuten lang (1 Punkt)
      • TIA mehr als 60 Minuten lang (2 Punkte)
    • Diabetes Diabetes Diabetes Mellitus mellitus (1 Punkt)
  • Im erweiterten ABCD3-I-Score gibt es noch zusätzlich 4 Punkte (erreichbare Punktzahl zwischen 0-13)
    • Karotisstenose (2 Punkte)
    • Nachweis einer Hirnschädigung (2 Punkte)
  • Ggf. thrombolytische Therapie

Prävention zukünftiger TIAs und Schlaganfälle

  • Änderungen des Lebensstils:
    • Gesunde Ernährung (z. B. mediterrane Ernährung)
    • Körperliche Aktivität
    • Ggf. Beratung zur Rauchentwöhnung
  • Behandlung und Einstellung der Risikofaktoren:
  • Medikamentöse Therapie zur Sekundärprophylaxe:
  • Behandlung von zugrunde liegenden Ursachen:
    • Chirurgie (Karotis-Endarteriektomie):
      • Unterscheidung zwischen symptomatischer und asymptomatischer Karotisstenose und Risiko-Nutzen-Abwägung als Grundlage für eine Operationsentscheidung (siehe hierzu die Leitlinien zur Karotisstenose)
      • Der Nutzen einer Operation muss die Risiken überwiegen, zu denen auch ein Schlaganfall gehört.
    • Familien- und Patient*innenaufklärung:
      • Fortsetzung der Präventionsmaßnahmen zu Hause
      • Die „FAST“-Eselsbrücke ist für Laien hilfreich, um das Wiederauftreten von TIAs zu erkennen:
        • Facialisparese
        • Armschwäche
        • Sprachstörungen
        • Time- Zeit

Prognose

  • TIA ist ein prognostischer Indikator für Schlaganfälle.
  • 50 % Schlaganfallrisiko innerhalb der ersten 2 Tage nach Symptombeginn
  • 10–15 % Schlaganfallrisiko in den 1. 3 Monaten
  • 5–6 % jährliche Sterblichkeitsrate nach TIA

Differentialdiagnosen

  • Ischämischer (oder hämorrhagischer) Schlaganfall (zerebrovaskulärer Insult): eine akute neurologische Verletzung infolge einer Hirnischämie, die auf einen Verschluss von zerebralen Blutgefäßen durch Thrombose oder Embolie zurückzuführen sein kann. Das klinische Erscheinungsbild umfasst neurologische Symptome mit unterschiedlich starken motorischen und sensorischen Ausfällen. Die Diagnose wird durch körperliche Untersuchung und Bildgebung gestellt. Die Behandlung erfolgt idealerweise mit einer thrombolytischen Therapie. Nach dem akuten Ereignis ist eine langfristige Rehabilitation wichtig.
  • Migräne Migräne Migräne: eine häufige primäre Kopfschmerzerkrankung, die durch episodische, mittelschwere bis schwere Kopfschmerzen gekennzeichnet ist, die mit einer erhöhten Licht- und Geräuschempfindlichkeit sowie Übelkeit und/oder Erbrechen Erbrechen Erbrechen im Kindesalter einhergehen können. Migräne Migräne Migräne mit Aura kann aufgrund von Vasokonstriktionen im Gehirn zu neurologischen Defizite führen, die einer TIA sehr stark ähneln können. Die Diagnose basiert auf der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den bildgebenden Befunden. Die Therapie umfasst Medikamente zur Behandlung von Migräne Migräne Migräne und die Vermeidung von Auslösern.
  • Intrakranieller Tumor: kann eine primäre Neoplasie sein, die aus intrakraniellem Gewebe ( Astrozytom Astrozytom Astrozytom, Oligodendrogliom, Meningiom) stammt oder aus einem metastasierenden Prozess eines anderen Malignoms in beispielsweise Lungen- oder Brust. Wenn der Tumor wächst, kann es zu neurologischen Symptomen ähnlich denen eines ischämischen Schlaganfalls kommen. Die Diagnose basiert auf bildgebenden Untersuchungen und die Therapie basiert auf der Behandlung der zugrunde liegenden Ursache.
  • Hirnabszess Hirnabszess Hirnabszess: ein lebensbedrohlicher Zustand, bei dem sich aufgrund einer Infektion Eiter im Hirnparenchym ansammelt. Hirnabszesse können auch durch ein Trauma oder eine chirurgische Komplikation entstehen. Die häufigsten Symptome sind Kopfschmerzen, Fieber Fieber Fieber mit Schüttelfrost, Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter und neurologische Defizite. Die Diagnose erfolgt durch MRT MRT Magnetresonanztomographie (MRT) und/oder CT-gesteuerte Aspiration des Inhalts für die Kultur. Die Therapie erfordert eine chirurgische Drainage und Antibiotika.
  • Aneurysma oder Dissektion der Karotis: ein Zustand, der auftreten kann, wenn die Integrität der Arterienwände normalerweise abrupt versagt, was zur Bildung eines intramuralen Hämatoms und einem falschen Lumen führt, was zur Bildung eines Aneurysmas und später zur Dissektion führt. Betroffene Personen präsentieren sich typischerweise mit einseitigen Kopf- oder Nackenschmerzen Nackenschmerzen Nackenschmerzen und/oder schlaganfallähnlichen Symptomen. Dissektionen werden auf der Grundlage von bildgebenden Verfahren bestätigt und medikamentös oder chirurgisch behandelt. Komplikationen können in schweren Fällen einen Schlaganfall und den Tod umfassen.
  • Hypoglykämie Hypoglykämie Hypoglykämie: eine Elektrolyverschiebung, die durch einen Abfall des Glukosespiegels auf gekennzeichnet ist. Die klinischen Symptome einer Hypoglykämie Hypoglykämie Hypoglykämie umfassen neuroglykopenische Symptome wie Schwindel, Verwirrtheit, Lethargie und Bewusstlosigkeit und können eine TIA oder einen Schlaganfall vortäuschen. Die Diagnose basiert auf Laboruntersuchungen. Die Behandlung umfasst eine Zufuhr von Glucose.

Quellen

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  3. Powers, W.J., et al. (2019). Guidelines for the Early Management of Patients With Acute Ischemic Stroke: 2019 Update to the 2018 Guidelines for the Early Management of Acute Ischemic Stroke: A Guideline for Healthcare Professionals From the American Heart Association/American Stroke Association. Stroke, 50(12), e344–e418. https://doi.org/10.1161/STR.0000000000000211 
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