Inhaltsverzeichnis

Bild: „Image from page 119 of ‚The breast: its anomalies, its diseases, and their treatment‘ (1917)“ von Internet Archive Book Images. Lizenz: Keine bekannten Urheberrechtseinschränkungen
Hymenalatresie (Hymen imperforatus)
Definition und Ätiologie der Hymenalatresie

Bild: „Verschiedene Formen des Hymens“ von Typy_panenských_blan.svg. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bei der Hymenalatresie unterbleibt die physiologische Perforation des Hymen (Jungfernhäutchen). Hierbei handelt es sich um eine dünne Gewebeplatte, welche während der Entwicklung für die Trennung von Vagina und Sinus urogenitalis verantwortlich ist. Das Hymen kann verschiedene Formen aufweisen, wobei das Hymen imperforatus in einem vollständigen Verschluss der Vagina resultiert.
Symptome und klinisches Bild der Hymenalatresie

Bild: „Nigerian girl, 14-year-old, with acute urinary retention and imperforate hymen“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0
Die Patientinnen sind bis zur Pubertät in der Regel unauffällig. Im Pubertätsalter jedoch kommt es zur primären Amenorrhö mit zunehmenden Unterleibsschmerzen, die in monatlichen Intervallen auftreten und Molimia menstrualia genannt werden. Die Schmerzen resultieren aus der Ansammlung von Menstruationsblut in der Vagina (Hämatokolpos), welches bei der Hymenalatresie nicht abfließen kann. Im weiteren Verlauf kann sich das Blut auch im Uterus (Hämatometra) und in den Tuben (Hämatosalpinx) ansammeln. Zudem können zusätzlich Probleme bei Miktion und Defäkation, sowie Blähungen auftreten.
Diagnostik der Hymenalatresie
Viele Patientinnen suchen aufgrund der ausbleibenden Menstruation in der Pubertät einen Arzt auf. Mittels gynäkologischer und sonographischer Untersuchung kann dann die Diagnose gestellt werden. Das Hymen stellt sich gespannt und aufgrund des sich dahinter sammelnden Blutes livide verfärbt dar. Außerdem lässt sich der Hämatokolpos bei der digital-rektalen Untersuchung als große Schwellung tasten und mittels Ultraschall darstellen. Hämatometra und Hämatosalpinx lassen sich ebenso sonographisch nachweisen.
Therapie der Hymenalatresie
Die Therapie der Hymenalatresie besteht in einer operativen Öffnung: Es erfolgt eine quere Inzision des Hymens mit anschließender digitaler Dehnung. Zur Prophylaxe sollte vor dem Eingriff ein Antibiotikum gegeben werden.
Fehlbildungen der Mamma
Polythelie und Polymastie

Bild: „Natural milk lines“ von The Geneva Foundation for Medical Education and Research. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bei der Polythelie handelt es sich um zusätzlich angelegte Brustwarzen, die entlang der Milchleiste liegen. Die Milchleiste wird während der Embryonalentwicklung angelegt, bildet sich im Normalfall aber wieder zurück.
Bei unvollständiger Rückbildung kann es zu der genannten Anomalie kommen, die in der Regel jedoch keinen Krankheitswert besitzt. Man unterscheidet folgenden Formen:

Bild: „Congenital abnormality known as nipple dichotomy or intra-areolar polythelia“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0
- Polythelia completa: Warzenhof (Areola) und Brustwarze (Mamille);
in Axilla oder unterhalb der Mamma.
- Polythelia mamillaris: Areola mit inner- oder außerhalb liegender Mamille.
- Polythelia areolaris: Areola ohne Mamille.
Zusätzlich angelegtes Brustdrüsengewebe wird als Polymastie bezeichnet und findet sich ebenfalls entlang der Milchleiste. Hierbei unterschiedet man die Polymastia glandularis (Mamma aberrata), bei der nur das Drüsengewebe angelegt ist, von der Polymastia completa, bei der zusätzlich zum Drüsengewebe auch Mamille und Areola angelegt sind. Diese Form wird auch als Mamma accessoria bezeichnet, findet sich jedoch nur selten.
Der Drüsenkörper ist als weiche Geschwulst meist im Bereich der Axilla oder der Vulva zu tasten und kann prämenstruell, während der Schwangerschaft oder der Laktationsperiode anschwellen, was schmerzhaft sein und zu einem Milchstau mit folgender Mastitis führen kann. Außerdem ist eine Entartung des ektopen Gewebes möglich, weshalb als therapeutische Option eine operative Entfernung des überzähligen Brustdrüsengewebes angestrebt werden sollte.
Eine fehlende Brustwarze wird als Athelie, eine fehlende Brust als Amastie bezeichnet.
Makromastie und Mikromastie

Bild: „Image from page 119 of ‚The breast: its anomalies, its diseases, and their treatment‘ (1917)“ von Internet Archive Book Images. Lizenz: Keine bekannten Urheberrechtseinschränkungen
Makromastie (manchmal auch als Gigantomastie bezeichnet) beschreibt eine übermäßige Hypertrophie des Brustgewebes.
Patientinnen klagen sowohl über psychische Belastung, als auch über physische Beschwerden. Durch das Gewicht der Brust kann es zu Nacken- und Rückenschmerzen, sowie zu Haltungsschäden kommen. Als operative Therapie kommt eine Brustverkleinerung im Sinne einer Reduktionsplastik in Frage.
Das Gegenteil dazu ist die Mikromastie. Hierunter versteht man eine Hypoplasie der Brust. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein und reichen von genetischer Veranlagung über angeborene Störungen der Geschlechtsentwicklung (z.B. Ullrich-Turner-Syndrom) bis hin zu psychiatrischen Erkrankungen wie die Anorexia nervosa. Bei starker psychischer Belastung kommt eine Vergrößerung der Brust (Augmentationsplastik) in Frage.
Fehlbildungen des Uterus
Formen der Gebärmutterfehlbildungen
Fehlbildungen der Gebärmutter entstehen aufgrund einer gestörten Fusion der Müller-Gänge während der Entwicklung. Je nach Zeitpunkt der unvollständigen Verschmelzung resultieren Krankheitsbilder mit verschiedenen Schweregraden:
- Uterus arcuatus: Leichteste Form mit breitem und eingedelltem Fundus uteri.
- Uterus subseptus: Äußerlich normale Form, jedoch Persistenz des medialen Septums, dadurch partielle innere Teilung des Uterus.
- Uterus septus: Äußerlich normale Form, jedoch Persistenz des medialen Septums, dadurch komplette innere Teilung des Uterus.
- Uterus bicornis unicollis: Zwei Uteruskörper, eine Zervix.
Bild: „Uterus bicornis“ von Ed Uthman. Lizenz: Gemeinfrei
- Uterus bicornis bicollis: Zwei Uteruskörper, zwei Zervizes.
- Uterus duplex (didelphys): Schwerste Form mit zwei Uteri, zwei Zervizes und zwei Scheiden.
- Uterus uni-/bicornis: Rudimentäre Anlage eines Horns durch inkomplette Entwicklung des einen und komplette Entwicklung des anderen Müller-Ganges.

Bild: „Comparison of three-dimensional ultrasound and HSG imaging in cases ofuterine malformation using AFS: A. Normal uterus, B. Unicornuate uterus, C. Arcuateuterus, D-G. Different subtypes of septate uterus (partial to complete septum),H. Bicornuate uterus, I. Didelphys.“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.5
Symptome, Diagnostik und Therapie von Gebärmutterfehlbildungen

Bild: „Hysterosalpingogram demonstrates a communicating septate uterus, cervix duplex.“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.5
Eine Gebärmutterfehlbildung kann mit Aborten, Lageanomalien des Feten, Komplikationen bei der Geburt, Frühgeburten, Dysmenorrhö und Sterilität einhergehen.
Zur Diagnosenstellung eignen sich zahlreiche bildgebende Verfahren: Sonographie, Endoskopie und Hysterosalpingographie (Röntgenkontrastaufnahme von Uterus und Tuben). Dem sollte eine klinische Untersuchung mit Inspektion und Palpation voraus gehen.
Therapeutisch kommt die hysteroskopische Spaltung des Septum bei einem Uterus (sub)septus bzw. die operative Spaltung des Septums mit anschließender Vereinigung der Uterushälften (Operation nach Straßmann) bei einem Uterus bicornis in Frage.
Mayer-von-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom
Bei dem Mayer-von-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom ist der Uterus nur rudimentär angelegt (Uterusaplasie). Zusätzlich liegt eine Hypo– oder Aplasie der Vagina vor, während die Ovarien normal ausgebildet sind und somit ihre hormonelle Funktion erfüllen.

Bild: „Vaginal agenesis“ von Dr. Antonio Jose Marrero Ochoa, Josea69. Lizenz: CC BY-SA 2.5
Die Missbildung entsteht ungefähr im zweiten Embryonalmonat. Betroffene besitzen ein weibliches chromosomales (46, XX) und gonadales Geschlecht und sind bis zur Pubertät in der Regel beschwerdefrei. Das dann auftretende Leitsymptom ist die primäre Amenorrhö. Zusätzlich können Kohabitationsbeschwerden auftreten. Aufgrund des nur rudimentär angelegten Uterus sind die Patientinnen unfruchtbar.
Außerdem tritt das Syndrom nicht selten in Kombination mit Fehlbildungen des harnableitenden Systems (z.B. Nierenagenesie, ektope Nieren) auf.
Bei zehn Prozent der Frauen, die an einer primären Amenorrhö leiden, kann die Diagnose Mayer-von-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom gestellt werden. Mittels klinischer Untersuchung und mit Hilfe verschiedene bildgebender Verfahren (z.B. MRT, siehe Bilder) lässt sich die Krankheit diagnostizieren.

Bild: „Axial T2W image at the level acetabulum showing absent vagina between the bladder and rectum.“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0

Bild: „Sagittal T2W image in mid sagittal palne. No uterus can be made out and only the lower vagina is seen “ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0
Therapeutisch sollte über eine Operation zur Herstellung einer künstlichen Vagina (Neovagina) nachgedacht werden, sodass die Patientinnen ein weitgehend normales Leben als Frau führen und den Geschlechtsverkehr vollziehen können. Die Sterilität kann jedoch nicht aufgehoben werden.

Bild: „The stent is seen after securing to body with intravenous infusion set tubes which tied to belt in the patient.“ von Openi. Lizenz: CC BY 2.0
Beliebte Prüfungsfragen zum Thema Fehlbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane
Die Lösungen befinden sich unterhalb der Quellenangaben.
1. Welches Symptom bzw. welcher Befund ist nicht typisch für eine Hymenalatresie?
- Hämatokolpos
- Amenorrhö
- Hämatosalpinx
- Hämatothorax
- Hämatometra
2. Welche der folgenden Fehlbildungen geht nicht mit einer Fehlbildung der Gebärmutter einher?
- Polythelie
- Uterus bicornis unicollis
- Mayer-von-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom
- Uterus arcuatus
- Uterus didelphys
3. Welche Aussage trefft zu? Das Mayer-von-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom…
- …geht mit dem Karyotyp 46, XY einher.
- …kann mit Fehlbildungen des harnableitenden Systems einhergehen.
- …wird bei 1 % der Frauen, die an primärer Amenorrhö leiden, diagnostiziert.
- …kann mittels Neovagina therapiert werden, die zu einer Rückbildung der Sterilität führt.
- …geht mit Kohabitationsbeschwerden als Leitsymptom einher.
Quellen und Leitlinie zu weiblichen genitalen Fehlbildungen
S1-Leitlinie Weibliche genitale Fehlbildungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). In: AWMF online (Stand 2010, in Überarbeitung, gültig bis 31.07.2015)
Feige, Rempen, Würfel, Jawny, Rohde: Frauenheilkunde: Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, 3. Auflage (2006) – Elsevier, Urban und Fischer
Goerke K., Valet A.: Kurzlehrbuch Gynäkologie und Geburtshilfe, 7. Auflage (2014) – Elsevier, Urban & Fischer
Kiechle: Gynäkologie und Geburtshilfe, 1. Auflage (2007) – Elsevier, Urban & Fischer
Stauber, M., Weyerstahl T.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe, 3. Auflage (2007) – Thieme Verlag
Lösungen zu den Fragen: 1D, 2A, 3B
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