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Bild: “Four Types of Tissue: Body” von Phil Schatz. Lizenz: CC BY 4.0
Bindegewebe
Das Bindegewebe entsteht aus dem dritten Keimblatt, dem Mesoderm. Aus diesem entwickelt sich auch das Muskelgewebe.
Das Bindegewebe besteht aus ortsständigen Fibrozyten. Sie bilden über Desmosomen und Aktinfilamenten einen netzartigen Verband untereinander aus. Fibrozyten sind an ihrer langen, schlanken Gestalt und ihrem spindelförmigen Zellkern zu erkennen. Ihre Aufgabe ist es, Proteine zum Aufbau der extrazellulären Matrix zu sezernieren.
Zu diesen Proteinen gehören vor allem Kollagene und Proteoglykane. Proteoglykane bestehen jedoch nur zu einem Teil aus Proteinen, nämlich dem so genannten Coreprotein. Um dieses lagern sich lange repetitive Disaccharideinheiten, die Glykosaminogylkane, an. Proteoglykane sind demnach Makromoleküle mit vielen hydrophilen Elementen. Dies befähigt sie dazu, große Mengen an Wasser zu binden, was die extrazelluläre Matrix zu einem gelartigen Gebilde macht.
Das Kollagen ist ein Protein, das sich außerhalb der Zellen zu Faserbündeln anordnet. Wichtig für die Struktur des Kollagens ist die Aminosäurenabfolge Glycin – Prolin – Hydroxyprolin, welche sich ständig, teils mit Abwandlungen, wiederholt. Durch posttranslationale Modifizierungen wie Glykosylierung und Hydroxylierung wird die tripel helicale Form des Prokollagens gebildet. Das Prokollagen verlässt den Fibrozyt und wird nun durch limitierte Proteolyse zum Tropokollagen. Mehrere Tropokollagene aneinander gelagert formen ein Primärfilament. Mehrere Primärfilamente wiederum lagern sich zu Kollagenfibrillen zusammen. Diese werden auch als Einzelfasern bezeichnet. Mehrere Einzelfasern bilden schließlich das Kollagenfaserbündel.
Es gibt verschiedene Kollagentypen. Die wichtigsten sind Typ I, II, III und IV. Typ I Kollagen ist besonders breit und ist daher in Knochen, Sehnen, Haut und im Dentin der Zähne zu finden. Typ II Kollagen hingegen ist dünner und befindet sich vor allem in Knorpel, Bandscheiben und im Glaskörper des Auges. Typ III Kollagen ist das feinste Kollagen dieser Typen und liegt hauptsächlich in glatter Muskulatur, lymphatischem Gewebe und im Knochenmark vor. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Kollagenen ist Kollagen Typ IV nicht fibrillär und ist daher in der Basalmembran und der Lamina externa der Linsenkapsel anzutreffen.
Außerdem im Bindegewebe enthalten sind eingewanderte mobile Zellen aus dem Blut und Knochenmark, die der Abwehr dienen.
Stützgewebe
Zum Stützgewebe zählt man das Knorpel- und das Knochengewebe. Im Knorpel findet man Chondrozyten. Das sind rund bis ovale Zellen, die besonders viele Glykogen und gelegentlich auch Fetttröpfchen enthalten. Chondrozyten bilden sich im Jugendalter und teilen sich später nicht mehr. Deshalb sind sie im Präparat meist in isogenen Gruppen zu sehen. Solche eng stehenden Chondrozyten werden als Chondron zusammengefasst. Chondrozyten sind für die Bildung der Matrix zuständig. Dies ist anhand der dunklen Färbung um das Chondron zu erkennen, die auch basophiler Hof oder Territorium genannt wird. Der Hof besteht aus neu gebildeter Matrix, welche durch ihre basophile Eigenschaft stärker angefärbt wird.
Unter dem Lichtmikroskop sind die Chondrozyten schon tot, da die Einfärbung des Präparats sehr langsam von statten geht. Die Zellkerne sind daher oft verformt und geschrumpft. Außerdem sieht man so genannte Lakunen, die durch ausgetretenes Zytoplasma entstehen. Diese Lakunen sind also Artefakte.
Die Matrix des Knorpels besteht hauptsächlich aus dem Proteogylkan Aggrecan und Hyaluronan. Beide binden große Mengen an Wasser. Die Kollagenfibrillen im Knorpel sind anders als im Bindegewebe nicht parallel sondern arcadenförmig angeordnet (Hauptsaächlich Typ II). Sie verhindern das Auseinanderquellen des Gelees und lenken den Druck auf den Knochen weiter, um ein Zerdrücken der Chondrozyten zu vermeiden.
Unter dem Lichtmikroskop sind die Fasern des Knorpels oft maskiert und daher nicht sichtbar. Dies liegt an ihrer homogenen Verteilung zwischen den Aggrekanen. Es sind keine sich unterscheidenden Brechungseigenschaften mehr vorhanden. In altem Knorpel können diese Fasern jedoch demaskiert sein. Man nennt sie dann Asbestfasern. Sie sind ein Zeichen der Degeneration.
Knorpelgewebe ist meist schlecht durchblutet. Auch Nerven sind dort kaum zu finden, da der mechanische Druck, dem der Knorpel ausgesetzt ist, alle Leitungsbahnen zerstören würde. Deshalb muss der Knorpel mit wenig Nährstoffen auskommen. Er ist bradytroph. Die wenigen Nährstoffe, die er benötigt, bekommt er durch die Synovialflüssigkeit, welche von den Synosezellen im Gelenkspalt synthetisiert wird.
Auch Knorpel sind von Bindegewebe umgeben; dem Perichondrium. Es besteht aus dem Stratum fibrosum und dem Stratum chondrogenicum. Das letztere bildet neue Knorpelzellen von außen nach. Man spricht beim Knorpel demnach von apochondriellem Wachstum.
Es gibt vier wichtige Knorpelarten im menschlichen Organismus. Der embryonale oder fetale Knorpel enthält gleichmäßig verteilte Chondrozyten mit runden Zellkernen. Er stellt die undifferenzierte Vorstufe für die weiteren Knorpelarten dar. Der hyaline Knorpel ist der häufigste Knorpel und zeichnet sich durch seine Chondrone mit vier bis sechs Chondrozyten aus. Er birgt maskierte Kollagen II Fasern. Man findet ihn zum Beispiel in Gelenken, Kehlkopf, Trachea, Nase und im Primordialskelett.
Der elastische Knorpel hat mehr chondrone mit jedoch nur ein bis zwei Chondrozyten. Sein Matrix basiert hauptsächlich aus elastischen Fasern und weniger Kollagen. Er kommt in der Ohrmuschel und kleinen Bronchiolen vor. Der Faserknorpel ist eine Mischung aus Binde- und Knorpelgewebe. Hier sind sowohl Fibrozyten als auch Chondrone mit ein bis zwei Chondrozyten vorhanden. Die Matrix weist Kollagen des Typ I auf. Faserknorpel ist zum Beispiel in den Bandscheiben oder im Symphyseknorpel vertreten.
Das Knochengewebe ist im Gegensatz zum Knorpel nicht verformbar und das trotz seines ähnlichen Aufbaus. Den Unterschied macht das Calciumapatit, das entlang der Kollagenfasern ausfällt. Damit ist ein Großteil dieses Gewebes anorganisch. Mehr Wissenswertes zum Knochengewebe steht im Artikel über Knochen.
Fettgewebe
Das Fettgewebe ist eine Sonderform des Bindegewebes. Hier haben sich die Zellen differenziert und dienen nun der Fettspeicherung. Man nennt sie Adipozyten. Die für das Bindegewebe typischen Fasern rücken in den Hintergrund. Man unterscheidet zwischen braunem und weißem Fettgewebe.
Braunes Fettgewebe wird auch als plurivakuläres Fettgewebe bezeichnet. Die Zellen sind recht klein und rundlich. Ihr Zellkern ist mittelständig und oftmals angeschnitten. Braunes Fettgewebe ist sehr gut durchblutet und dient der Wärmeerzeugung. Es kommt vor allem bei Neugeborenen und Kleinkindern vor. Beim Erwachsenen ist es nur noch spärlich vorhanden.
Weißes Fettgewebe wird auch univakuläres Fettgewebe genannt. Die fettspeichernden Adipozyten haben einen großen Durchmesser. Ihr Zellkern ist an den Rand gedrückt und daher meist nicht angeschnitten. Weißes Fettgewebe ist kaum durchblutet. Es zählt zum lockeren Bindegewebe und enthält somit kollagene Fasern des Typ III. Weißes Fettgewebe hat die Funktion Energie zu speichern und wirkt als Thermoregulator sowie als Polster und Füllmaterial.
Muskelgewebe
Jede zelluläre Beweglichkeit basiert auf Motorproteinen mit ATPase-Aktivität. Im Muskelgewebe muss diese Beweglichkeit gerichtet und koordiniert sein, um eine effektive Verkürzung erzeugen zu können. Hierfür dient der Aktin-Myosin-Komplex, der charakteristisch für Muskelzellen ist. Es wird zwischen drei Muskelformen unterschieden: Quergestreifte Muskulatur, glatte Muskulatur und Herzmuskulatur.
Quergestreifte Muskulatur
Die quergestreifte Muskelzelle zeichnet sich durch einen länglichen Zellkern und durch ihre Querstreifung aus, welche nur im Längsschnitt und am besten bei hoher Vergrößerung zu erkennen ist. Die einzelnen Muskelzellen bilden im quergestreiften Muskel ein Synzytium. Die Zellen fusionieren also und bilden damit eine große Zelle, die im Muskel bis zu 20 cm lang sein kann. Man spricht auch von einer Muskelfaser. Diese Synzytien sind streng parallel angeordnet und im Gegensatz zur glatten Muskulatur nicht über Gap-Junctions verbunden.
Die funktionelle Einheit des quergestreiften Muskels ist das Sarcomer. Es enthält alle wesentlichen Bestandteile, die zur Verkürzung des Muskels beitragen. Ein Sarcomer verläuft von einer Z-Scheibe zur nächsten. An jeder Z-Scheibe sind die plus-Enden der Aktin-Filamente über Aktinin befestigt. Zwischen den Aktin-Filamenten liegen die Myosin-Filamente. Diese sind mit ihren Köpfchen an den Aktin-Filamenten gebunden. Die Myosin-Filamente kehren innerhalb ihres Verlaufes ihre Polarität um. Diese Stelle der Umpolung wird M-Linie genannt. Außerdem sind die Myosin-Filamente elastisch mittels Titin mit den Z-Scheiben verbunden.
Unter dem Mikroskop betrachtet, lassen sich verschiedene Banden im Muskel erkennen, die die Querstreifung überhaupt erst hervorrufen. Die A-Bande beschreibt dabei den anisotrophen Teil des Sarkomers, der meist als dunkel wahrgenommen wird und sich von Beginn bis Ende der Myosin-Filamente erstreckt. Innerhalb der A-Bande befindet sich die H-Bande. Diese ist heller und es befinden sich nur Myosin-Filamente in ihr, ihre Grenze ist also die Überlappung mit den Aktin-Filamenten. Der isotrophe Teil des Sarcomers wird I-Bande genannt und enthält die Z-Scheibe und Aktin-Filamente. Diese Bande erscheint hell.
Bei der Kontraktion schieben sich die Z-Scheiben aufeinander zu, bis sich die Aktin-Filamente „anstoßen“. Die H-Bande verschwindet also. Diese Bewegung geschieht auf Grund des Querbrückenzyklus. Die Verkürzung ist durch die Länge der Aktin-Filamente begrenzt. Man spricht von einer aktiven Insuffizienz.
Bei stärkster Dehnung ziehen sich die Z-Scheiben so weit auseinander, dass das letzte Myosin-Köpfchen gerade noch am Aktin-Filament gebunden ist. Bei einer noch stärkeren Dehnung käme es zum Faserriss. Diese begrenzte Dehnbarkeit nennt man passive Insuffizienz.
Für eine optimale Verkürzung müssen alle Synzytien im Muskel zusammenarbeiten. Dafür werden die Z-Scheiben verschiedener Zellen von Desmin miteinander verknüpft. Zusätzlich befestigt Plectin die Z-Scheiben an der Zellmembran. Diese wird bei der quergestreiften Muskelzelle Sarkolemm genannt und hat viele Einfaltungen, die weit ins Zytoplasma hineinragen. Man nennt sie T-Tubuli (für transversal). Durch sie kann die Depolarisation der Zellmembran schneller ins Innere übertragen werden.
Das endoplasmatische Retikulum im Muskel wird sarkoplasmatisches Retikulum genannt und bildet das longitudinale Tubulussystem (L-Tubulus). Dieses ist für den Ca2+-Speicher zuständig.
Der quergestreifte Muskel interagiert mit dem Bindegewebe um ihn herum. So ist jede Muskelfaser vom Endomysium umgeben. Dieses besteht aus Kollagen Typ III und IV. Verbindungen zwischen der extrazellulären Matrix und der Muskelzelle finden über fokale Kontakte über Dystrophin und Integrin statt. Zwischen der Basalmembran und der Muskelzelle befinden sich zudem Satellitenzellen, welche als Stammzellen fungieren. Ihre Tochterzellen können mit der Muskelfaser fusionieren und so zusätzliche Zellorganellen zur erhöhten Biosynthese einbringen. Der Durchschnitt der Faser nimmt dabei zu.
Circa 20 Muskelfasern zusammen sind vom Perimysium internum umgeben. Und circa 20 dieser Muskelfasereinheiten werden vom Perimysium externum abgegrenzt. Das Perimysium enthält hauptsächlich Kollagen Typ I. Um den gesamten Muskel herum erstreckt sich das Epimysium, welches zur Sehne des Muskels ausläuft. Auch hier ist hauptsächlich Kollagen vom Typ I anzutreffen.
Das Bindegewebe im Muskel ist wichtig für die Stabilisierung, Kraftübertragung und Individualisierung des Muskels in Fasergruppen. Außerdem sorgt es für die Integration von Blutgefäßen und Nerven in den Muskel. Auch bildet sich bei einer starken Verletzung des Muskels eine bindegewebige Überbrückung und es entsteht eine Narbe. Da diese sich nicht aktiv verkürzen kann, ist die Beweglichkeit des Muskels nun eingeschränkt.
Quergestreifte Muskelfasern funktionieren nach dem alles-oder-nichts-System. Sie können sich also nur vollständig kontrahieren oder entspannen. Dass wir trotzdem unterschiedlich starke Muskelkraft in unserer Skelettmuskulatur aufbauen können, wird durch die Innervation gewährleistet. So werden bei geringerem Kraftaufwand weniger Fasern aktiviert als bei großem Kraftaufwand.
Glatte Muskulatur
Glatte Muskeln finden sich vorwiegend an den Wänden von Hohlorganen. Sie kontrahieren langsam, aber stärker als quergestreifte Muskeln. Die glatte Muskelzelle kann außerdem in ihrer Spannung variieren und damit einen echten Tonus aufrechterhalten. Auch hier sorgt das Gleiten der Aktin-Filamente für die Kontraktion. Allerdings ist der kontraktile Apparat hier eher scherengitterartig angeordnet und damit vom streng parallelen quergestreiften Muskel abzugrenzen. Die Aktin-Filamente sind über die sogenannten Dense Bands (Äquivalente zu Z-Scheiben) miteinander verbunden. Die Verbindung zur Zellmembran stellen die Adhesion Plaques. Der verschränkte Aufbau ermöglicht eine Verkürzung der glatten Muskelzelle in jede Richtung.
Das Netzwerk des kontraktilen Apparates, welches sich durch die ganze Zelle zieht, drängt die Zellorganellen in die Nähe des zentral gelegenen Zellkerns. Man spricht von perinukleären Zellorganellen.
Auch in der glatten Muskulatur müssen die einzelnen Zellen für optimale Verkürzung zusammenarbeiten. Deshalb sind sie meist über Gap-Junctions miteinander verbunden. Man spricht von einer funktionellen Koppelung; nicht zu verwechseln mit dem Synzytium der quergestreiften Muskulatur.
Typisch für ein histologisches Präparat der glatten Muskulatur ist das sich gegenseitige Abwechseln von Längs- und Querschnitt. Bei der quergestreiften Muskulatur ist eine solche Ausrichtung nur in der Zunge zu finden.
Da die glatte Muskulatur keine Querstreifung aufweist, wird sie von Studenten häufig mit Bindegewebe verwechselt. Um dies zu vermeiden, sollte man sich den netzartig verstickten Aufbau des Bindegewebes mit viel extrazellulärer Matrix noch einmal vor Augen rufen und diesen vom matrixarmen, annähernd parallel ausgerichteten glatten Muskel differenzieren.
Herzmuskulatur
Die Herzmuskulatur wird oftmals als Zwischenform von glatter und quergestreifter Muskulatur bezeichnet. Tatsächlich weist sie Strukturen beider Formen auf. So ist der Herzmuskel, wie auch die glatte Muskulatur, aus einzelnen Zellen aufgebaut, diese bilden jedoch ein funktionelles Synzytium. Die Funktionalität wird durch Haftkontakte und Gap Junctions zwischen den einzelnen Zellen gewährleistet. Erstere dienen der mechanischen Kopplung zur Übertragung der Zugkräfte, während die Gap Junctions für die elektrische Zusammenarbeit sorgen.
Die Herzmuskulatur ist wie die Skelettmuskulatur quergestreift, weist hier jedoch auf besonders guten Präparaten die sogenannten Glanzstreifen auf. Diese befinden sich immer am Übergang zweier Muskelzellen zueinander und verlaufen orthogonal zur Faserrichtung. Sie sind meist stark eingefärbt bis schwarz. Die Glanzstreifen sind typisch für die Herzmuskulatur und entstehen durch die Haft- und Kommunikationskontakte der einzelnen Zellen untereinander.
Epithelgewebe
Das Epithelgewebe besetzt Grenzflächen des Körpers und enthält keine extrazelluläre Matrix. Da im menschlichen Organismus viele verschiedene Arten von Epithelien vorkommen, gibt es einen eigenen Artikel zur Histologie von Epithelien.
Nervengewebe
Das Nervengewebe besteht aus Nervenzellen, die von circa zehnmal so vielen Gliazellen umgeben sind. Beide Zellarten entstehen aus dem Ektoderm. Nervenzellen bilden dabei, ähnlich den Fibrozyten, einen netzartigen Verband.
Nervenzellen
Die Nervenzelle wird auch Neuron genannt und dient der Signalverarbeitung mittels chemischer Synapsen. Über die bis zu ein Meter langen, in ihrer Zahl variierenden Dendriten nimmt das Neuron Signale auf und leitet sie durch das ebenfalls bis zu ein Meter lange Axon weiter.
Das Zytosol der Neurone wird als Perikaryon oder Soma bezeichnet. Neurone haben die üblichen Zellorganellen, weisen jedoch besonders viel raues endoplasmatisches Retikulum auf, welches für die permanente Renovierung der Zellbestandteile zuständig ist. Dies spielt in Neuronen eine besonders wichtige Rolle, da sie nur schwer erneuerbar sind und daher möglichst das ganze Leben über halten sollen. Die Bestandteile des rauen endoplasmatischen Retikulums sind basophil und verursachen die typisch blaue Färbung, die im Soma zu sehen ist, allerdings am Axonhügel nachlässt.
Die im Soma hergestellten Stoffe müssen über die Länge des Axons transportiert werden. Dies wird als axoplasmatischer Fluss beschrieben. Anterograd, also vom Soma zum Axon, werden hauptsächlich die an der Synapse benötigten Neurotransmitter über das Kinesin-System transportiert. Der retrograde Fluss vom Axon zum Soma findet über das Dynein-System statt und dient der Rückmeldung des Axons, ob neue Stoffe benötigt werden. Bei Druckbelastungen wird dieser Fluss verhindert und es entsteht das Gefühl der „eingeschlafenen“ Extremität. Dauert diese Druckbelastung über mehrere Tage hinweg an, wie beispielsweise bei einem Gips am Unterschenkel ohne Fibulaköpfchenpolsterung, so wird die Störung irreversibel.

Bild: „1: Unipolares Neuron 2: Bipolares Neuron 3: Multipolares Neuron 4: Pseudounipolares Neuron“ von Juoj8, ergänzt durch Jonathan Haas. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Es gibt verschiedene Arten von Neuronen. Sie werden nach ihren Fortsätzen benannt. Unipolare Neurone haben keine Dendriten und nur ein langes Axon. Sie kommen eher selten vor. Bipolare Neurone haben einen Dendriten, der sich distal in mehrere aufteilt und ein Axon. Sie sind typisch für Sinnesorgane wie das Auge und das Ohr. Pseudounipolare Nervenzellen sind bipolare Nervenzellen, die ihr Soma ausgelagert haben und so Dendrit und Axon verbunden haben. Da nur noch ein Fortsatz zu sehen ist, werden sie als pseudounipolar beschrieben. Sie sind meist in sensiblen Nerven anzutreffen. Ihre Zellkörper bilden die sensiblen Ganglien, zum Beispiel in der Hinterwurzel der Spinalnerven. Multipolare Nervenzellen dienen der höheren Steuerung und Verschaltung. Sie sind daher sehr häufig im zentralen Nervensystem anzutreffen. Sie haben viele, meist kürzere Dendriten und ein längeres Axon.
Gliazellen
Es gibt viele verschiedene Arten von Gliazellen, die sich in ihrer Funktion und ihrer Lokalisation unterscheiden. Ependymzellen kommen nur im zentralen Nervensystem vor und kleiden die inneren Liquorräume aus. Sie übernehmen damit eine epithelartige Funktion. Astrozyten befinden sich ebenfalls ausschließlich im zentralen Nervensystem und ernähren die Neurone mit ihren sternförmigen Kontakten zu Blutgefäßen. Außerdem induzieren sie den Einbau von tight Junctions im Endothel und sorgen damit für die besondere Dichte dieser Blutgefäße. Sie spielen also eine wichtige Rolle für die Blut-Hirn-Schranke. Außerdem füllen Astrozyten den Extrazellularraum im zentralen Nervensystem aus. Satellitenzellen übernehmen diese zuletzt genannte Funktion im peripheren Nervensystem, indem sie das Soma der Nervenzellen umsäumen.
Oligodendrozyten und Schwann-Zellen umscheiden die Zellfortsätze der Neurone. Um eine solche Markscheide zu bilden, wickeln sich diese Zellen mehrmals um den Forsatz und drücken ihr Zytoplasma dabei an den Rand. So entsteht eine Spirale aus Zellmembran um den Nervenforsatz, die eine Isolierung darstellt. Man spricht auch von der Myelinisierung der Fortsätze. Da die mit Proteinen durchzogene Membran nicht ganz ohne Zytoplasma auskommen kann, lassen sich in der Spirale sogenannte Schmidt-Lantermann-Einkerbungen finden. Eine Schwann-Zelle kann immer nur Markscheide eines Fortsatzes sein, während Oligodendrozyten (oligo = viele) sich um mehrere Fortsätze wickeln können. Von marklosen Fortsätzen spricht man, wenn der Fortsatz nur in das Zytoplasma der Schwann-Zelle eingebettet ist. In diesem Fall kann eine Schwann-Zelle auch mehrere Fortsätze umhüllen.
Die Signalleitung markloser Fasern ist jedoch um einiges langsamer, als die saltatorische Erregungsausbreitung, die bei markhaltigen Fortsätzen zum Einsatz kommt. Hier springt die Erregung von einem ranvierschen Schnürring zum nächsten, also von den Stellen zwischen zwei Schwann-Zellen beziehungsweise Oligodendrozyten, an denen die Myelinisierung nachlässt.
Der Teil des Fortsatzes, der von einer Gliazelle isoliert wird, heißt Internodium. Ein Internodium liegt also immer zwischen zwei ranvierschen Schnürringen. Je länger das Internodium, desto schneller die Signalübertragung. Die Länge des Internodiums ist von der Größe der Gliazelle abhängig. Diese wird mit zunehmender Dicke des Fortsatzes größer. Die Leitungsgeschwindigkeit eines Nerven liegt somit zwischen einem und hundert Metern pro Sekunde.
Mikroglia bilden die Ausnahme unter den Gliazellen, da sie aus dem Knochenmark kommen und sich somit aus dem Mesoderm entwickelt haben. Sie zählen zu den Makrophagen und übernehmen die Abwehrfunktion im Nervensystem. Weitere Namen für Mikroglia sind Mesoglia oder Hortegaglia.
Beliebte Prüfungsfragen zu den Gewebetypen
Die Lösungen befinden sich unterhalb der Quellenangaben.
1. Welche der Aussagen zum Bindegewebe trifft am ehesten zu?
- Das Bindegewebe ist ein dichter Zellverband mit wenig Extrazellularraum.
- Das Bindegewebe ist eine spezielle Form des Epithelgewebes.
- Das Bindegewebe enthält Kollagene Fasern und Proteoglykane.
- Das Bindegewebe ist eines der seltensten Gewebe unseres Körpers.
- Das Bindegewebe dient der Signalweiterleitung.
2. Welche der Aussagen zum Muskelgewebe trifft am ehesten zu?
- Das Muskelgewebe zeichnet sich durch seine rundlichen, ungeordneten Zellen aus.
- Glatter Muskel kontrahiert im Vergleich zum quergestreiften Muskel langsamer, aber stärker.
- Bei Kontraktion verbreitert sich die H-Bande.
- Die Herzmuskelzellen fusionieren miteinander und bilden ein Synzytium.
- Die quergestreifte Muskelfaser kann mehr oder weniger stark kontrahieren.
3. Welche Aussage zum Nervengewebe trifft zur?
- Das Nervengewebe entsteht aus dem Mesoderm.
- Das Nervengewebe besteht hauptsächlich aus Neuronen.
- Neurone haben genau einen Dendriten, aber mehrere Axone.
- Gliazellen kommen nur im zentralen Nervensystem vor.
- Ein eingeschlafener Fuß entsteht durch die Blockade des axoplasmatischen Flusses.
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