Erysipel

Ein Erysipel (auch "Wundrose" genannt) ist eine akut bakterielle, nicht-eitrige Infektion der Dermis, welche auch das Interstitium und die Lymphgefäße befällt. Es präsentiert sich als ein akutes, überwärmtes, unterschiedlich schmerzhaftes, hellrotes Erythem mit glänzender Oberfläche und scharf begrenzten Rändern zumeist an den Unterschenkeln oder im Gesicht. Eintrittspforten sind kleine Läsionen z. B. eine Mykose im Zehenzwischenraum, Impetigo contagiosa oder Wunden. Als Erreger gelten ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes). Mit einem Erysipel gehen häufig bereits initial systemische Entzündungsreaktionen wie Fieber, Schüttelfrost und allgemeines Krankheitsgefühl einher. Laborchemisch zeigen sich ein erhöhtes BSG, erhöhtes CRP und mitunter eine Leukozytose. Die Therapie der Wahl ist die Gabe von Penicillin.  

Aktualisiert: 25.04.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Bei einem Erysipel (auch „Wundrose“ genannt) handelt es sich um eine Infektion der Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion, die sich über die Lymphgefäße ausbreitet und den oberen Teil der Dermis Dermis Haut: Aufbau und Funktion befällt.

Epidemiologie

  • Hauptsäch­lich bei Er­wachse­nen vor­kom­mend
  • In­zidenz: 100/100.000 Per­sonen/Jahr
  • Die unteren Extremitäten am häufigsten betroffen, gefolgt vom Gesicht.
  • Ca. 30 % der Patient*innen rezidivieren innerhalb von 3 Jahren.

Ätiologie

  • Häufigster Auslöser:
  • Weniger häufige Infektionen mit:
  • Risikofaktoren:
    • Hauttraumata, die eine Eintrittspforte bilden (Bagatelltraumen, Dermatosen z.B. Tinea pedum)
    • Besondere Gefährdung bei bestehendem Lymphödem
    • Arteriovenöse Insuffizienz
    • Immunschwäche
    • Kürzlich erfolgte Mastektomie, Beckenoperation oder Bypass-OP (beeinträchtigte Lymphdrainage)
    • Tierbisse (einschließlich Insekten und Hunde)
    • Dermatologische Grunderkrankungen wie Ekzeme, Psoriasis Psoriasis Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) oder kutaner Lupus
    • Diabetes Mellitus Diabetes Mellitus Diabetes Mellitus

Pathophysiologie und Klinik

Pathophysiologie

Klinik

  • Akuter Krankheitsbeginn
  • In der Regel systemische Symptome:
  • Betrifft häufig die Unterschenkel Unterschenkel Unterschenkel (2/3 der Fälle) oder das Gesicht
  • Erythem (Rötung):
    • Scharf begrenzt
    • Ödematös
    • Überwärmt
    • Druckschmerzhaft
    • Flammenförmige Ausläufer und zentrale Rück­bildungs­ten­denz
    • „Schmetterlingszeichen“ im Gesicht
  • Lymphangitis: Rote Streifen, die von der Läsion ausgehen
  • Regionale Lymphadenopathie Lymphadenopathie Lymphadenopathie
  • Schwerwiegendere klinische Präsentation:
    • Blutungen, Petechien und Nekrosen
    • Bläschen, Blasen und Bullae (stehen mit Staphylokokken-Toxin in Verbindung)

Diagnostik und Therapie

Diagnostik

Anamnese:

  • Lokale Hauttraumata:
    • Wunden
    • Stiche
    • Tierbisse
  • Grunderkrankungen und Immunschwächen
  • Anamnese früherer Hautinfektionen
  • Kürzliche Weichteiloperationen

Körperliche Untersuchung:

Laboruntersuchung:

  • Leukozytose (erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen)
  • Entzündungsmarker: BSG und CRP erhöht
  • Anti-Streptolysin-Titer erhöht

Bildgebung:

  • Nicht notwendig, wenn die Diagnose klar ist
  • Weichteilsonografie: Ausschluss DD Abszess/tiefe Infektion

Blutkulturen:

  • Blutkulturen werden nicht routinemäßig abgenommen.
  • Blutkulturen bei schweren systemischen Symptomen/ Sepsis Sepsis Sepsis und septischer Schock.
  • Wundkulturen:
    • Bei immungeschwächten Patient*innen, wenn ein außergewöhnlicher Erreger vermutet wird.
    • Bei rezidivierenden Infektionen

Therapie

Unkompliziertes Erysipel:

  • Penicillin ist Therapie der Wahl
  • Orale Therapie mit Penicillin V Penicillin V Penicilline für 7–14 Tage
  • Bei Penicillin-Allergie:
    • Erste Wahl: Clindamycin
    • Zweite Wahl: Clarithromycin
  • Hochlagerung der betroffenen Extremität, um Schwellungen zu reduzieren
  • Kalte Kompressen
  • Symptomatische Fieber- und Schmerztherapie Schmerztherapie Schmerztherapie

Kompliziertes Erysipel:

  • Bei:
    • Hämorrhagischem, nekrotisierendem oder blasigem Erysipel
    • Lokalisation im Gesicht
    • Venöse oder arterielle Durchblutungsstörungen, gastrointestinale Resorptionsstörungen)
    • Deutliche Systemzeichen wie hohem Fieber Fieber Fieber, Leukozytose oder Neutrophilie
    • Anzeichen einer Sepsis Sepsis Sepsis und septischer Schock
    • Hohem Alter der Erkrankten und Kleinkindern
    • Immunschwäche
    • Schlecht eingestelltem Diabetes Diabetes Diabetes Mellitus
  • Parenterale Antibiotika-Therapie des Erysipels indiziert
  • IV Antibiotika:

Chirurgisches Debridement: Kann in schweren Fällen mit Hautnekrose erforderlich sein.

Differenzialdiagnosen

  • Phlegmone Phlegmone Phlegmone: Eine schmerzhafte bakterielle Hautinfektion, die die tieferen Schichten der Dermis Dermis Haut: Aufbau und Funktion und des Unterhautgewebes betrifft. Präsentiert sich als erythematöser, ödematöser Bereich, der sich warm und druckschmerzhaft anfühlt. Am häufigsten durch S. aureus S. aureus Staphylococcus oder S. pyogenes verursacht. Die Diagnose wird normalerweise klinisch gestellt und die Behandlung erfolgt durch Antibiotika.
  • Nekrotisierende Fasziitis Nekrotisierende Fasziitis Nekrotisierende Fasziitis: Eine schnell fortschreitende Infektion, die zu einer ausgedehnten Nekrose des Unterhautgewebes, der Faszien und der Muskulatur führt. Wird am häufigsten durch Streptokokken Streptokokken Streptococcus der Gruppe A verursacht, häufig jedoch Mischinfektion mit anderen Bakterien. Klinisch präsentiert sich eine Nekrose, Blasen und violette Hautverfärbung. Die Therapie besteht in einem sofortigen chirurgischen Debridement und Gabe von Breitbandantibiotika.
  • Dermatitis: Ein allgemeiner Begriff für einen ödematösen Hautausschlag Hautausschlag Generalisierte und lokalisierte Exantheme. Dieser Zustand wird durch eine Infektion oder eine allergische Reaktion verursacht, normalerweise jedoch nicht durch Bakterien. Die Behandlung erfolgt mit Antihistaminika Antihistaminika Antihistaminika und topischen Steroiden.
  • Follikulitis: Eine lokalisierte Entzündung Entzündung Entzündung des Haarfollikels oder der Talgdrüsen, die hauptsächlich durch S. aureus S. aureus Staphylococcus verursacht wird. Präsentiert sich als Erythem, Papeln, Pusteln und Druckempfindlichkeit des betroffenen Bereichs.
  • Impetigo Impetigo Impetigo: Eine hochansteckende Hautinfektion der oberen Epidermis Epidermis Haut: Aufbau und Funktion. Dieser Zustand wird durch S. aureus S. aureus Staphylococcus oder Streptokokken Streptokokken Streptococcus der Gruppe A verursacht. Präsentiert sich mit einer erythematösen Fläche, der mit kleinen Bläschen, Pusteln und/oder honigfarbenen Krusten bedeckt ist. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika.
  • Staphylogenes Lyell-Syndrom (SSSS: Staphylococcal scalded skin syndrome Staphylococcal Scalded Skin Syndrome Staphylococcal Scalded Skin Syndrome (SSSS)): Eine blasenbildende Hauterkrankung, die durch eine lokale Infektion mit S. aureus S. aureus Staphylococcus verursacht wird. Präsentiert sich mit Fieber Fieber Fieber und diffusem, zartem Erythem, intraepidermalen Blasen und Ablösung der oberflächlichen Hautschicht, was ein rotes „verbrühtes“ Aussehen hinterlässt. Behandlung mit IV-Antibiose.

Quellen

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  8. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: S2k Leitlinie „Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen“ (2019). https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/082-006l_S2k_Parenterale_Antibiotika_2019-08-verlaengert.pdf (Letzter Zugriff am 12.05.2022)
  9. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: S1-Leitlinie „Differentialdiagnose akuter und chronischer Rötungen im Bereich der Unterschenkel“ (2021). https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-100l_S1_Differentialdiagnose-akuter-chronischer-Roetungen_Unterschenkel_2021-12.pdf (Letzter Zugriff am 12.05.2022)

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