Zikavirus-Infektion

Das Zikavirus gehört zur Familie der Flaviviridae und wird in erster Linie durch Aedes aegypti-Mücken übertragen, kann aber auch sexuell und transplazentar übertragen werden. Obwohl die meisten Infizierten asymptomatisch sind, können einige eine unspezifische Klinik aufweisen. Das kongenitale Zika-Syndrom ist die schwerste Komplikation einer Zikavirus-Infektion, bei der sich die transplazentare Übertragung u. a. durch Fehlbildungen der Augen, Mikrozephalie, Spastizität und Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter äußert. Die Diagnose wird entweder durch Reverse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (Englisches Akronym: RT-PCR) oder Serologie gestellt. Da es keine kausale Therapie für Zikavirus-Infektionen gibt, ist die Behandlung vornehmlich symptomatisch. Zur Prävention gehören die Vektorkontrolle, Repellentien und das Tragen von Schutzkleidung.

Aktualisiert: 23.06.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Klassifikation

RNA-Viren Flussdiagramm Klassifizierung

Klassifikation von RNA-Viren:
Viren können auf viele Arten klassifiziert werden. Die meisten Viren haben ein Genom, das entweder aus DNA oder RNA besteht. RNA-Viren können außerdem durch eine einzel- oder doppelsträngige RNA gekennzeichnet sein. Behüllte Viren sind von einer dünnen Hülle aus Zellmembran bedeckt (die in der Regel von der Wirtszelle stammt). Fehlt die Hülle, werden die Viren als unbehüllte Viren bezeichnet. Viren mit einzelsträngigen Genomen haben eine +-Polarität (“sense”), wenn das Genom direkt als Messenger-RNA (mRNA) verwendet wird, die wiederum in Proteine übersetzt wird. Einzelsträngige Viren mit – -Polarität (“antisense”) verwenden die RNA-abhängige RNA-Polymerase, ein virales Enzym, um ihr Genom in Messenger-RNA umzuschreiben.

Bild von Lecturio. Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Allgemeine Merkmale und Epidemiologie

  • Gattung: Flavivirus
  • Familie: Flaviviridae
  • Arbovirus aufgrund der Übertragung von Arthtopoden
  • Struktur:
    • +-Polarität
    • Lineare ssRNA („single stranded“, einzelsträngig)
    • Behüllt
    • Ikosaedrisches Kapsid

Allgemeine Merkmale

Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme des Zika-Virus

Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme des Zikavirus:
Ein Mitglied der Familie der Flaviviridae, gezüchtet in LLC-MK2-Kulturzellen. Die Viruspartikel haben einen Durchmesser von 40 nm und bestehen aus einer äußeren Hülle und einem inneren dichten Kern. Die Virusfamilie besitzt Membranbläschen, die als Replikationsort dienen.

Bild: „22059“ von CDC. Lizenz: Public Domain

Epidemiologie

  • Entdeckung 1947 in Uganda
  • Verbreitung in tropischen und tropennahen subtropischen Regionen aller Kontinente
  • 2015: Epidemie in Lateinamerika
  • 2019: autochthone Fälle in Südfrankreich
Weltkarte des Zika-Virus-Risikos (2016)

Weltkarte mit der Verbreitung des Zikavirus (Stand 2016)

Bild: “CDC map of Zika virus distribution as of 15 January 2016” von CDC. Lizenz: Public Domain

Pathogenese

Reservoir

  • Menschen
  • Nicht-menschliche Primaten

Infektionsweg

  • Hauptübertragungsweg: Stich einer infizierten Aedes-Mücke
    • Aedes aegypti-Mücken (am häufigsten)
    • Aedes albopticus-Mücken (seltener)
  • Transplazentare Übertragung bei infizierten Schwangeren
  • Sexuelle Übertragung
    • Längerer Nachweis von Zikaviren im Sperma als in anderen Körperflüssigkeiten
Aedes aegypti Blutfütterung

Aedes aegypti-Mücken ernähren sich von menschlichem Blut

Bild: “Aedes aegypti bloodfeeding CDC Gathany” von James Gathany. Lizenz: Public Domain

Risikofaktoren des Wirts

  • Kürzliche Reisen in Endemiegebiete (Tropen und Subtropen)
  • Geschlechtsverkehr mit einer derzeit infizierten oder kürzlich infizierten Person

Pathophysiologie

  • Dienen der A. aegypti-Mücke als Vektor:
  • Mückenstich → Injektion des Virus in die Keratinozyten des Wirts
  • Wanderung in die Lymphknoten Lymphknoten Lymphsystem vor der systemischen Ausbreitung
  • Infektion neuraler Vorläuferzellen des Fötus beim kongenitalen Zika-Syndrom

Klinik

Zikavirus-Infektion bei Erwachsenen

Kongenitales Zika-Syndrom

  • Gefürchtetste Komplikation einer Zikavirus-Infektion
  • Infektion der neuralen Vorläuferzellen im ZNS
  • Folgen:
    • Intrakranielle Verkalkungen in den periventrikulären, parenchymalen und thalamischen Regionen
    • Mikrozephalie
    • Ventrikulomegalie
    • Fehlbildungen der Augen
    • Spastizität
    • Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter

Diagnostik und Therapie

Wer sich innerhalb der letzten 3 Wochen in einem Endemiegebiet aufgehalten hat und Symptome vorweist, sollte sich testen lassen. Zudem ist eine Testung nach Reiserückkehr auch bei asymptomatischen Schwangeren und Männern mit schwangerem Sexualpartner sinnvoll.

Diagnostik

  • Symptomatisch:
    • Bis Tag 7 ab Syptombeginn:
      • PCR aus EDTA-Blut und Urin
    • Tag 8 – Tag 27 ab Symptombeginn:
      • Serologie aus Serum (IgM- und IgG-Nachweis)
      • PCR aus Urin oder EDTA-Vollblut
    • Späterer Zeitpunkt ab Symptombeginn:
      • Serologie aus Serum
  • Asymptomatisch:
    • IgM- und IgG-Nachweis im Serum
  • Unspezifische Laboranomalien:
  • PCR oder Serologie zum Ausschluss einer Koinfektion mit Dengue- oder Gelbfieberviren

Therapie

  • Keine kausale Therapie
  • Symptomatische Therapie:
    • Orale oder i.v.-Flüssigkeit zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr
    • Paracetamol Paracetamol Paracetamol zur Senkung von Fieber Fieber Fieber und Arthralgien
  • Meldepflicht

Prävention

  • Schutz vor Mückenstichen
  • Verwendung von Kondomen für mindestens 3 (Männer) bzw. 2 (Frauen) Monate nach Reiserückkehr
  • Vermeidung von Schwangerschaften in Epidemiegebieten

Vergleich der Arten

Tabelle: Vergleich der Arten
Zikavirus West-Nil-Virus West-Nil-Virus West-Nil-Virus Dengue-Virus Dengue-Virus Dengue-Virus
Merkmale
  • Behüllt
  • Ikosaedrisch
  • ssRNA mit +-Polarität
  • Behüllt
  • Ikosaedrisch
  • ssRNA mit +-Polarität
  • Behüllt
  • Ikosaedrisch
  • ssRNA mit +-Polarität
  • 4 verschiedene Serotypen
Übertragung
  • Aedes-Stechmücken
  • Transplazentar
  • Sexuell
Culex-Stechmücken Aedes-Stechmücken
Klinik
Diagnostik
  • Klinik
  • Reiseanamnese
  • Serologie
  • RT-PCR
  • Klinik
  • Reiseanamnese
  • Serologie
  • RT-PCR
  • Next-Generation-Sequencing (NGS)
  • Plaque-Reduktions-Neutralisationstest (PRNT)
  • Klinik
  • Reiseanamnese
  • Zellkulturen
  • ELISA
  • RT-PCR
  • Serologie
Therapie Symptomatische Therapie
Prävention
  • Vektorkontrolle
  • Schutz vor Mückenstichen (Repellentien, Kleidung, Mückennetze)
  • Vektorkontrolle
  • Schutz vor Mückenstichen (Repellentien, Kleidung, Mückennetze)
  • Vektorkontrolle
  • Schutz vor Mückenstichen (Repellentien, Kleidung, Mückennetze)
  • Impfung Impfung Impfung

Differentialdiagnosen

  • Konnatale Toxoplasmose Toxoplasmose Toxoplasma/Toxoplasmose: gehört zu den kongenitalen STORCH-Infektionen, die durch die Protozoen Toxoplasma Toxoplasma Toxoplasma/Toxoplasmose gondii verursacht wird. Toxoplasmose Toxoplasmose Toxoplasma/Toxoplasmose wird am häufigsten durch den Verzehr von unzureichend gegartem Schweinefleisch übertragen, kann aber auch durch den Kontakt mit Katzenkot übertragen werden. Symptome sind u. a. die Retinochorioiditis, der Hydrozephalus Hydrozephalus Hydrozephalus bei Kindern und diffuse intrazerebrale (nicht subkortikale) Verkalkungen. Die Diagnose wird durch die Serologie gestellt. Bis zur 16. SSW wird mit Spiramycin behandelt, danach mit einer Kombination aus Folinsäure, Pyrimethamin und Sulfadiazin.
  • Konnatale Zytomegalievirus Zytomegalievirus Zytomegalievirus (CMV) (CMV)-Infektion: gehört ebenfalls zu den kongenitalem STORCH-Infektionen und wird durch das Zytomegalievirus Zytomegalievirus Zytomegalievirus (CMV) (Humanes Herpesvirus 5 (HHV-5)) verursacht. Das Zytomegalievirus Zytomegalievirus Zytomegalievirus (CMV) wird durch Urin, Blut, Speichel, Sex und Organtransplantationen übertragen. Die konnatale CMV-Infektion äußert sich durch Innenohrschwerhörigkeit, periventrikuläre (statt subkortikale) Verkalkungen, Mikrozephalie, Chorioretinitis Chorioretinitis Chorioretinitis, Hepatosplenomegalie, dem Blaubeer-Muffin-Zeichen (Zeichen einer dermal extramedullären Hämatopoese Hämatopoese Knochenmark: Zusammensetzung und Hämatopoese) und Ikterus Ikterus Ikterus und acholische Stühle. Die Diagnose wird durch Serologie oder PCR gestellt. Zudem sind die intrauterine und postpartale Sonografie hilfreich. Die Therapie erfolgt bei symptomatischen Neugeborenen als off-label-use mit Ganciclovir Ganciclovir Antivirale Mittel gegen Herpesviridae oder Valganciclovir.
  • Konnatale Herpes-simplex-Infektion: gehört dem Kreis der STORCH-Infektionen an und wird überwiegend durch das Herpes-simplex-Virus (HHV) 2 und, seltener, durch HHV 1 verursacht. Das Herpes-simplex-Virus wird transplazentär, intrapartal (Berührung des Fötus mit dem Geburtskanal) und postpartal übertragen. Eine konnatale Herpesinfektion äußert sich durch Haut- und Schleimhautbläschen, wie sie auch bei Erwachsenen auftreten. Sie kann auch disseminiert sein und mehrere Organe betreffen. Die Diagnose wird durch eine virale PCR und den direkten Virusnachweis aus den Herpesbläschen bestätigt. Für die Therapie verwendet man Aciclovir.

Quellen

  1. LaBeaud, A.D. (2021). Zika virus infection: An overview. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/Zika-virus-infection-an-overview
  2. Nielsen-Saines, K. (2021). Congenital Zika virus infection: Clinical features, evaluation, and management of the neonate. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/congenital-Zika-virus-infection-clinical-features-evaluation-and-management-of-the-neonate
  3. Navalkele, B.D. (2020). Zika virus: Background, pathophysiology, epidemiology. Medscape. https://emedicine.medscape.com/article/2500035-overview
  4. Vouga M, et al. (2018). Updated Zika virus recommendations are needed. Lancet. 392(10150), 818–819. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30146329/
  5. Moreira-Soto, A., et al. (2018). Exhaustive TORCH pathogen diagnostics corroborate Zika virus etiology of congenital malformations in Northeastern Brazil. mSphere, 3(4) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30089647/
  6. Shehu, N.Y., et al. (2018). Pathogenesis, diagnostic challenges and treatment of Zika virus disease in resource-limited settings. Niger Postgrad Med J. 25(2), 67–72.d Med J. 25(2), 67-72. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30027916/
  7. Robert Koch Institut (2019). Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ): Zikavirus-Infektionen. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Zikavirus/Zikavirus-Infektionen.html (Zugriff am 28.05.2022)
  8. Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. FAQ zum Zika-Virus. https://www.bnitm.de/aktuelles/fragen-und-antworten/faq-zum-zika-virus (Zugriff am 28.05.2022)
  9. Robert Koch Institut (2022). West-Nil-Fieber im Überblick. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/W/WestNilFieber/West-Nil-Fieber_Ueberblick.html;jsessionid=B7D41062C3A27ACA9EF1EEC1431FC31C.internet072#doc11434928bodyText6 (Zugriff am 28.05.2022)
  10. MSD Manual (2018). Kongenitale und perinatale Zytomegalievirusinfektion (CMV). https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/pädiatrie/infektionen-des-neugeborenen/kongenitale-und-perinatale-zytomegalievirusinfektion-cmv (Zugriff am 28.05.2022)
  11. Robert Koch Institut (2014). Zytomegalievirus-Infektion. RKI-Ratgeber. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Zytomegalievirus.html;jsessionid=43F22736DC701B148D986A5306016FF1.internet061#doc4738494bodyText14 (Zugriff am 28.05.2022)
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