Inhaltsverzeichnis

Bild: “Nerve Plexuses of the Body” von PhilSchatz.com. Lizenz: CC BY 4.0
Spinalnerven
Aufbau und Gliederung der Spinalnerven

Bild: “Neuraltherapie lumbaler Spinalnerv” von Stefan Methdorf. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Aus den Rückenmarkssegmenten treten jeweils die Vorderwurzel (Radix anterior, efferente Fasern) und Hinterwurzel (Radix posterior, afferente Fasern) hervor, welche sich im Foramen intervertebrale zum Spinalnerv (Nervus spinalis) vereinigen. Dieser enthält dadurch sowohl motorische als auch sensible Fasern. Insgesamt gibt es 31 bis 32 Spinalnervenpaare, die kaudal des jeweiligen Wirbelkörpers aus dem Wirbelkanal austreten:
- Halsnerven: 8 Zervikalnervenpaare (C1 – C8)
- Brustnerven: 12 Thorakalnervenpaare (Th1 – Th12)
- Lendennerven: 5 Lumbalnervenpaare (L1 – L5)
- Kreuzbeinnerven: 5 Sakralnervenpaare (S1 – S5)
- Steißbeinnerven: 1 – 2 Kokzygealnervenpaare
Kurz nach dem Durchtritt durch das Foramen intervertebrale gibt der Spinalnerv einen dünnen Ramus meningeus ab, der wieder in den Wirbelkanal zurück läuft und die Rückenmarkshäute sensibel innerviert. Danach erfolgt eine Aufteilung des Spinalnerven in einen vorderen (Ramus anterior) und einen hinteren Ast (Ramus posterior). Während der hintere Ast sich weiter in einen Ramus medialis und einen Ramus lateralis aufteilt, die die Haut des Rückens und die autochthone Rückenmuskulatur versorgen, innerviert der vordere Ast die ventrolaterale Rumpfwand sowie die Extremitäten und ist an der Plexusbildung (s.u.) beteiligt. Weiterhin besteht über die beiden Rami communicantes eine Verbindung zum sympathischen Grenzstrang: Der Ramus communicans albus erscheint aufgrund myelinisierter Fasern, die zum Truncus sympathicus führen, weiß, der Ramus communicans griseus führt unmyelinisierte und deshalb grau erscheinende Fasern vom Grenzstrang zurück zum Spinalnerv.

Bild: “The formation of the spinal nerve from the dorsal and ventral roots.” von Mysid und Tristanb. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Segmentale versus periphere Innervation
Jedes Rückenmarkssegment versorgt mit seinen Spinalnerven einen bestimmten Bereich des Körpers (= segmentale oder radikuläre Innervation). Im Bereich der Rumpfwand zum Beispiel sind es die Nervi intercostales, die diese motorisch und sensibel versorgen. Auf der Ebene der sensiblen Versorgung entstehen durch diese segmentale Innervation die sogenannten Dermatome: Bereiche der Haut, die den entsprechenden Rückenmarkssegmenten zugeordnet werden können. Allein das Segment C1 besitzt kein Dermatom, da es nur aus motorischen Fasern besteht. Im thorakalen Bereich liegen die Dermatome streifenförmig und regelmäßig übereinander.
Im Zervikal-, Lumbal- und Sakralbereich jedoch tauschen die Rami anteriores untereinander Fasern aus und durchmischen sich, sodass folgende Nervengeflechte (=Plexus) entstehen:
- Plexus cervicalis
- Plexus brachialis
- Plexus lumbalis
- Plexus sacralis
Aus den Plexus treten periphere Nerven aus, die jeweils zu einem Versorgungsgebiet ziehen und deren letzte Äste meist rein sensible Hautnerven sind (= periphere Innervation). Die Fasern der Nerven enden wiederum in segmentaler Anordnung, sodass sich die Haut der Extremitäten ebenfalls in Dermatome einteilen lässt.

Bilder: “Dermatomes and major cutaneous nerves in an anterior and posterior view.” von Mikael Häggström.
Die Kenntnis der segmentalen und peripheren Innervation ist klinisch wichtig, da bei einem Sensibilitätsausfall auf die Lokalisation der Schädigung geschlossen werden kann: Ist ein Dermatom betroffen, liegt eine Schädigung auf Höhe der Nervenwurzel vor, besteht der Ausfall in einem peripheren Hautareal, wurde der entsprechende periphere Nerv verletzt. So kommt es bei der Gürtelrose (Herpes zoster) zum Beispiel zu einer schmerzhaften Bläschenbildung der Haut in den entsprechenden Dermatomen, da die die Krankheit auslösenden Viren (Varizellen) von den Spinalganglien aus die Haut befallen.

Bild: “Herpes zoster” von fisle. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Autonomgebiete und Kennmuskeln peripherer Nerven
Die Innervationsgebiete benachbarter peripherer Nerven überschneiden sich in den Randbereichen, sodass eine Doppel-Innervation vorliegt. Jedoch gibt es auch Hautareale, welche von einem peripheren Nerven alleine innerviert werden. Diese werden als Autonomgebiete bezeichnet.
Auswahl an Autonomgebieten | Nerv |
Kleiner Finger | Nervus ulnaris |
Erster Zehenzwischenraum | Nervus fibularis profundus |
Fußsohle/Ferse | Nervus tibialis |
Das gleiche gilt auch für die motorische Innervation: Die Innervationsgebiete benachbarter Rückenmarkssegmente überlappen, sodass die Muskeln Informationen aus mehreren Nerven bekommen. Muskeln, die ausschließlich von einem Rückenmarkssegment innerviert werden, werden Kennmuskeln genannt.
Kennmuskel | Segment |
Musculus deltoideus | C5 |
Musculus biceps brachii | (C5-)C6 |
Musculus triceps brachii | C7 |
Musculi interossei | C8 |
Musculus quadriceps femoris | (L3-)L4 |
Musculus tibialis | L4 |
Musculus extensor hallucis longus | L5 |
Musculus triceps surae | S1(-S2) |
So kann bei einem sensiblen Ausfall des Autonomgebiets oder bei einem Ausfall eines Kennmuskels direkt auf den geschädigten Nerv bzw. das geschädigte Rückenmarkssegment geschlossen werden.
Plexus cervicalis
Das Nervengeflecht des Halses (Plexus cervicalis) wird von den Rami anteriores der Spinalnerven der Segmente C1 – C4 gebildet und liegt seitlich der Halswirbelsäule unter dem Musculus sternocleidomastoideus.
Sensible Nerven des Plexus cervicalis
Am Hinterrand des Musculus sternocleidomastoideus treten im mittleren Drittel die sensiblen Äste des Plexus cervicalis an die Oberfläche (= Punctum nervosum oder auch Erb-Punkt), die die Kopf- und Halsregion innervieren:
- Nervus occipitalis minor (C2, C3): Seitliche, untere Hinterhauptsregion
- Nervus auricularis magnus (C2, C3): Unterseite des Ohres und Rückseite der Ohrmuschel
- Nervus transversus colli (C2, C3): Lateraler und ventraler Hals; Anastomose mit Ramus colli nervi facialis, dadurch Bildung der Ansa cervicalis superficialis
- Nervi supraclaviculares (C3, C4): Schulter und obere Brustregion
Motorische Nerven des Plexus cervicalis
Die Äste zur motorischen Innervation der infrahyoidalen Muskulatur gehen aus der zwischen Musculus levator scapulae und Musculi scaleni liegenden Ansa cervicalis profunda hervor. Diese entsteht durch Anastomose einer Radix superior (C1, C2) mit einer Radix inferior (C2, C3). Die Radix superior ist vorübergehend dem Nervus hypoglossus (XII. Hirnnerv) angelagert. Weiterhin gibt der Plexus cervicalis kleinere Äste ab, die dem Nervus accessorius (XI. Hirnnerv) angelagert sind und den Musculus trapezius und sternocleidomastoideus mit versorgen.

Bild: “Cervical plexus“ von Mikael Häggström.
Nervus phrenicus
Aus den Zervikalnervenpaaren C3, C4 und C5 geht der Nervus phrenicus hervor. Er zieht entlang des Musculus scalenus anterior zwischen Arteria und Vena subclavia ins Mediastinum, wo er zwischen Pleura und Perikard verläuft. Er versorgt als einziger Nerv das Zwerchfell motorisch und ist somit essentiell für die Atmung. Ein einseitiger Ausfall des Nervus phrenicus führt zu einem Zwerchfellhochstand der betroffenen Seite. Sensibel versorgt er ebenfalls das Zwerchfell, die Pleura, das Perikard und das Peritoneum.
Plexus brachialis

Bild: “Anterior view of right brachial plexus.“ von Mattopaedia.
Bildung der Trunci und Fasciculi des Plexus brachialis
An der Bildung des Plexus brachialis sind die Spinalnerven der Segmente C5 – Th1 und zum Teil auch C4 und Th2 beteiligt. Sie ziehen durch eine Lücke zwischen den Musculi scalenus anterior und medius (=Skalenuslücke) nach distal und bilden die Pars supraclavicularis des Plexus, indem sie sich noch oberhalb des Schlüsselbeins (Klavikula) zu drei Primärsträngen zusammenlagern, welche mit der Arteria subclavia nach kaudolateral ziehen:
- Truncus superior: C5 und C6
- Truncus medius: C7
- Truncus inferior: C8 und Th1
Dorsal der Klavikula erfolgt dann eine Aufteilung in drei vordere (Divisiones anteriores) und drei hintere (Divisiones posteriores) Stränge. Nach Eintritt in die Achselhöhle (Axilla) unterhalb des Schlüsselbeins lagern sich die Primärstränge zu Sekundärsträngen um, den sogenannten Fasciculi, und bilden so die Pars infraclavicularis des Plexus:
- Fasciculus lateralis: Truncus superior und Truncus medius (C5 – C7)
- Fasciculus posterior: Truncus superior, medius und inferior (C5 – Th1)
- Fasciculus medialis: Truncus inferior (C8 – Th1)
Pars supraclavicularis des Plexus brachialis
Aus der Pars supraclavicularis gehen die Nerven entweder aus den Trunci oder direkt aus den Spinalnerven hervor, um die Schultergürtelmuskulatur zu innervieren:
- Nervus dorsalis scapulae (C4 – C5): Musculus levator scapulae, Musculi rhomboidei major und minor
- Nervus suprascapularis (C4 – C6): Musculus subclavius
- Nervus thoracicus longus (C5 – C7): Musculus serratus anterior
- Nervus subclavius (C – C6): Musculi supra- und infraspinatus
Pars infraclavicularis des Plexus brachialis
Die Pars infraclavicularis besteht aus kurzen Nervenästen, die auf Höhe der Fasciculi zur Schultermuskulatur ziehen, und aus langen Nerven, die die Endäste der Sekundärstränge darstellen und zum Arm ziehen. Zu den kurzen Ästen gehören folgende drei motorische und zwei sensible Nerven:
- Nervus thoracodorsalis (C6 – C8): Musculus latissimus dorsi
- Nervus subscapularis (C5 – C6): Musculus subscapularis, Musculus teres major
- Nervi pectorales medialis (C8 – Th1) und lateralis (C5 – C7): Musculi pectorales major und minor
- Nervus cutaneus brachii medialis (Th1): Haut des Oberarmes
- Nervus cutaneus antebrachii medialis (C8 – Th1): Haut des Unterarmes

Bild: “ The right brachial plexus in the axillary fossa“ von Henry Gray.
Die Fasciculi geben lange Nerven zum Arm ab, die im Folgenden genauer besprochen werden sollen: Nervus musculocutaneus (C5 – C7)

Bild: “Depicts the path of the musculocutaneous nerve in a cadaver.” von Frank Scali. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Nervus musculocutaneus zweigt aus dem Fasciculus lateralis ab, durchbohrt den Musculus coracobrachialis und zieht zwischen Musculus brachialis und Musculus biceps brachii zum Unterarm, wo er als Nervus cutaneus antebrachii lateralis endet, der die laterale Unterarmseite sensibel versorgt. Die drei von ihm passierten Beugemuskeln innerviert er motorisch. Nervus axillaris (C5 – C6) Der Nervus axillaris verlässt den Fasciculus posterior nach dorsal und zieht mit den Vasa circumflexa humeri posterior durch die laterale Achsellücke auf die Hinterseite des Humerus. Dort verläuft er am Collum chirurgicum entlang. Er innerviert den Musculus deltoideus und den Musculus teres minor motorisch und besitzt als sensiblen Endast den Nervus cutaneus brachii lateralis superior, der die Haut über dem Musculus deltoideus innerviert.

Bild: “Surgical neck fracture of humerus” von Jojo. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Nervus radialis (C5 – Th1)

Bild: “The suprascapular, axillary, and radial nerves” von Henry Gray.
Der Nervus radialis zieht als Fortsetzung des Fasciculus posterior nach distal. Bereits im Bereich des proximalen Oberarmes gibt er sensible Äste (Nervus cutaneus brachii posterior und Nervus cutaneus brachii lateralis inferior) zur Versorgung der Haut und einen motorischen Ast zur Innervation des Musculus triceps brachii ab. Er verläuft zusammen mit der Arteria profunda brachii im Sulcus nervi radialis schraubenartig um die Rückseite des Humerus herum, durchbricht das Septum intermusculare laterale und zieht zwischen Musculus brachialis und Musculus brachioradialis (Radialistunnel), die er beide motorisch innerviert, zur Ellenbeuge. Hier erfolgt schließlich die Aufteilung in zwei Äste: Der rein sensible Ramus superficialis zieht in Begleitung der Arteria radialis entlang des Musculus brachioradialis Richtung Handrücken und versorgt diesen sowie die radialen 2 ½ Finger.

Bild: “Die Hautinnervation des rechten Oberhand” von Henry Gray.
Der Ramus profundus versorgt und durchbohrt den Musculus supinator (Supinatorkanal), endet als Nervus interosseus antebrachii posterior am Handgelenk und versorgt sämtliche Extensoren von Unterarm und Hand (siehe Tabelle).
Lokalisation/Nerv | Sensible Innervation | Motorische Innervation |
Vor Radialistunnel | Lateraler Oberarm, untere Hälfte | M. triceps brachii |
Im Radialistunnel | Dorsalseite von Ober- und Unterarm | – |
Nach Radialistunnel | – | M. brachioradialis; M. extensor carpi radialis longus; M. extensor carpi radialis brevis |
Ramus profundus | – | M. supinator; M. extensor digitorum; M. extensor digiti minimi; M. extensor carpi ulnaris; M. extensor pollicis longus; M. extensor pollicis brevis; M. extensor indicis; M. abductor pollicis longus |
Ramus superficialis | Dorsale Handfläche (laterale ¾) Radiale 2 ½ Finger | – |
Merke: Bei Brüchen im Bereich des Oberarmschaftes kann es zur Läsion des Nervus radialis mit anschließender Fallhand kommen: Durch den Ausfall der Extensoren ist eine Streckung in Hand- und Fingergelenken nicht mehr möglich.
Nervus medianus (C6 – Th1) Ein Ast des Fasciculus medialis (Radix medialis) vereinigt sich mit einem weiteren Ast des Fasciculus lateralis (Radix lateralis) vor der Arteria axillaris unter Bildung der Medianusgabel zum Nervus medianus. Dieser innerviert vor allem die Beugemuskulatur des Unterarmes, sowie die Pronatoren (siehe Tabelle).

Bild: “Nerves of the left upper extremity” von Henry Gray.
Er zieht vor der Arteria brachialis im Sulcus bicipitalis medialis am Oberarm entlang Richtung Ellenbeuge. Hier durchbohrt er den von ihm innervierten Musculus pronator teres, läuft entlang des Unterarms und gibt den Nervus interosseus antebrachii anterior ab, bevor er zwischen den Musculi flexor digitorum superficialis und profundus zum Handgelenk zieht. Dort passiert er den vom Retinaculum musculorum flexorum (Ligamentum carpi transversum) gebildeten Karpalkanal (Canalis carpi) und teilt sich schließlich an der Handinnenfläche in seine Endäste zur motorischen Versorgung der Thenarmuskulatur (Ramus muscularis thenaris) und zur sensiblen Versorgung der Innenseite der radialen 3 ½ Finger (Nervi digitales palmares communes und proprii).

Bild: “Branches of median nerve” von Anatomist90. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Lokalisation/Nerv | Sensible Innervation | Motorische Innervation |
Unterarm, vor Durchtritt durch Karpalkanal | Daumenballen (R. palmaris nervi mediani); Hohlhand (radiale 2/3) | M. flexor carpi radialis; M. palmaris longus; M. flexor digitorum superficialis; M. flexor digitorum profundus (radialer Teil); M. flexor pollicis longus; M. pronator teres; M. pronator quadratus |
Hand, nach Durchtritt durch Karpalkanal | Radiale 3 ½ Finger (palmar); Teile der Finger 2 – 4 (dorsal); Autonomgebiet: distale Finger 2 und 3 | M. abductor pollicis brevis; M. flexor pollicis brevis; M. opponens pollicis; Mm. lumbricales I und II |
Nervus medianus und Karpaltunnelsyndrom Wird der Nervus medianus distal bei seinem Durchtritt durch den Karpalkanal geschädigt, zeigt sich das Krankheitsbild des Karpaltunnelsyndroms (CTS):

Bild: “Carpal Tunnel Syndrome” von BruceBlaus. Lizenz: CC BY-SA 3.0
Es kommt zur vor allem nachts auftretenden Parästhesien der Finger (Brachialgia paraesthetica nocturna). Mit Fortschreiten der Zeit können sich diese auf die Hand und den gesamten Arm ausbreiten und auch tagsüber auftreten. Weitere Symptome sind ein schmerzhafter Druckpunkt über der Retinaculum musculorum flexorum, Sensibilitätsausfälle der radialen 3 ½ Finger und Atrophie der Thenarmuskulatur.

Bild: “Untreated Carpal Tunnel Syndrome” von Dr. Harry Gouvas.
Die Ursachen sind vielfältig. So kommen zum Beispiel eine mechanische Kompression des Nerven, eine Tendovaginitis oder eine Polyarthritis in Frage. Ein Diabetes mellitus oder eine Schwangerschaft können durch Vermehrung des Bindegewebes ebenfalls zu einem CTS führen. Auch ein den Nerv komprimierender Tumor stellt eine mögliche Ursache des CTS dar.
Klinisch können die Patienten eine Flasche nicht mehr umgreifen (positives Flaschenzeichen), da der Musculus abductor pollicis brevis geschwächt ist. Weitere Hinweise sind das Hoffmann-Tinel-Zeichen, bei dem ein Schlag auf das Retinaculum musculorum flexorum einen elektrisierenden Schmerz in der Hand auslöst und das Phalen-Zeichen, bei dem eine Dysästhesie der für eine halbe Minute volarflektierten Hand auftritt. Zur Therapie eignet sich eine nächtliche Unterarmschiene, durch die das Handgelenk ruhig gestellt wird. Zur Dekompression des Nerven wird das Ligamentum carpi transversum operativ gespalten.

Bild: “Karpaltunnelsyndrom Operation” von Dr. Harry Gouvas.
Nervus ulnaris (C8 – Th1) Der Nervus ulnaris setzt sich direkt aus dem Fasciculus medialis fort. Er verläuft hinter der Arteria brachialis zunächst mit im Sulcus bicipitalis medialis. Da er hier relativ ungeschützt und direkt dem Knochen anliegt, ist ein Anstoßen des Ellbogens besonders schmerzhaft („Musikantenknochen“). Der Nervus ulnaris zieht noch im Bereich des Oberarmes auf dessen Streckseite, indem er das Septum intermusculare mediale durchbohrt. Am Ellenbogen verläuft er unterhalb des Epicondylus medialis im Sulcus nervi ulnaris. Gemeinsam mit den Vasa ulnaris verläuft der Nerv zwischen den beiden Köpfen des Musculus flexor carpi ulnaris zum Handgelenk. Hier zieht er im Gegensatz zum Nervus medianus oberhalb des Retinaculum musculorum flexorum in der Guyon-Loge zur Innenseite der Hand, wo er sich in einen Ramus superficialis und einen Ramus profundus als seine Endäste aufteilt.
Lokalisation/Nerv | Sensible Innervation | Motorische Innervation |
Unterarm | Ulnare Seite der dorsalen und palmaren Handfläche (R. palmaris); Finger 4 und 5 (dorsal; R. dorsalis) | M. flexor carpi ulnaris; M. flexor digitorum profundus (ulnarer Teil) |
Hand:Ramus profundus: motorischRamus superficialis: sensibel | Finger 4 und 5 (palmar); Autonomgebiet: distaler kleiner Finger | M. palmaris brevis; M. abductor digiti minimi; M. flexor digiti minimi; M. opponens digiti minimi; Mm. lumbricales III und IV; Mm. interossei palmares und dorsales; M. adductor pollicis; M. flexor pollicis brevis |
Tipp: Welcher Nervenausfall zu welchem charakteristischen Krankheitsbild führt, lässt sich gut mit folgender Eselsbrücke erinnern: Ich schwöre beim heiligen Medianus (Nervus medianus: Schwurhand), dass ich mir die Ulna kralle (Nervus ulnaris: Krallenhand), wenn ich vom Rad falle (Nervus radialis: Fallhand)! Zur Übersicht über die sensible Versorgung der oberen Extremität soll folgende Abbildung dienen:
Fortsetzung
Zum zweiten Teil des Artikels zum Rückenmark und peripheren Nervensystem, der Plexus lumbosacralis und beliebte Prüfungsfragen enthält, gelangen sie hier.
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Ein Gedanke zu „Rückenmark & peripheres Nervensystem (Teil 1)“
Sehr gute Abbildungen für meine Seminare für Ärzte und
Heilpraktiker.
Vielen Dank
Dr. Ivor Ruf, Augsburg