I. Definition und Rechtsnatur des Verlöbnisses
Definition: Das Verlöbnis wird als gegenseitiges, formfreies Versprechen zwischen zwei Personen, künftig die Ehe miteinander einzugehen, definiert.
Es ist in §§ 1297-1302 BGB geregelt.
Die Rechtsnatur des Verlöbnisses ist seit jeher umstritten:
1. Vertragstheorie
Der wohl herrschenden Vertragstheorie zufolge ist das Verlöbnis ein Vertrag, der auf Eingehung der Ehe gerichtet ist und auf den grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte anwendbar sind. Die Regelungen des allgemeinen Teils des BGB sind daher grundsätzlich auf das Verlöbnis anwendbar. Eine Stellvertretung und Anfechtung des Verlöbnisses ist jedoch ausgeschlossen. Die Vertragstheorie entspricht ständiger Rechtsprechung.
2. Theorie vom familienrechtlichen Vertrag sui generis
Nach der Lehre vom familienrechtlichen Vertrag sui generis ist das Verlöbnis ein Vertrag eigener Art, auf den der allgemeine Teil des BGB nur restriktiv analog angewandt werden kann. So kommt es nach dieser Theorie bei Eingehung des Verlöbnisses für Minderjährige nicht auf die §§ 107 ff. BGB, sondern die Einsichtsfähigkeit an.
3. Vertrauenshaftungslehre
Die von Canaris entwickelte Vertrauenshaftungslehre sieht das Verlöbnis als ein eigenständiges gesetzliches Schuldverhältnis an. Dieses beruhte auf dem von den Verlobten wechselseitig geschaffenen Vertrauenstatbestand. Konsequenz dieser Ansicht ist u.a., dass bei Minderjährigen eine Geschäftsfähigkeit i.S.d. §§ 107 ff. BGB nicht erforderlich ist, sondern die Einsichtsfähigkeit genügt.
II. Rechtsfolgen des Verlöbnisses
1. Wirkungen im Verhältnis der Verlobten zueinander
Die grundlegende Wirkung des Verlöbnisses liegt in der Verpflichtung zur Eheschließung. Allerdings kann das Versprechen auf Eheschließung gem. § 1297 Abs. 1 BGB, § 120 Abs. 3 FamFG nicht erzwungen werden. Auch kann das Versprechen gem. § 1297 Abs. 2 BGB nicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert werden. Außerdem sind Verlobte Angehörige i.S.d. gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1a StGB. Sie trifft im Verhältnis zueinander eine Garantenpflicht i.S.d. § 13 StGB.
2. Vermögensrechtliche Wirkungen
Verlobten steht die Möglichkeit zur Ehevertragsschließung zu. Allerdings werden diese erst wirksam, wenn die Ehe geschlossen wird.
3. Wirkungen gegenüber Dritten
Die Verlobung hat auch prozessuale Auswirkungen. So stehen Verlobten Zeugnis- und Eidesverweigerungsrechte zu, vgl. § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; §§ 52 Abs. 1 Nr. 1, 55, 61 Nr. 2 StPO. Dabei ist nicht von Bedeutung, wenn das Verlöbnis erst während der Verhandlung vor Gericht geschlossen wurde.
III. Rechtsfolgen der Beendigung
1. Schadensersatzansprüche
Die Beendigung des Verlöbnisses ist jederzeit formfrei möglich. Das Verlöbnis kann durch Eheschließung, Tod, Entlobung oder Rücktritt gem. § 1289 BGB beendet werden.
Allerdings besteht gem. §§ 1298 f. BGB die Möglichkeit bei grundlosem Rücktritt Schadensersatz in Höhe des Vertrauensschadens zu verlangen. So können Verlobte, Eltern und Dritte z.B. nutzlos gewordene Aufwendungen für die Hochzeitsfeier ersetzt verlangen.
Gem. § 1299 BGB stehen diese Rechte auch dem zurücktretenden Verlobten nach schuldhafter Veranlassung des Rücktritts durch den anderen zu. Ersetzt werden allerdings nur Schäden, die in Erwartung der Ehe getätigt wurden
2. Rückgabe der Geschenke
Gem. § 1301 BGB kann der Verlobte von dem anderen die Herausgabe der Verlobungsgeschenke verlangen, wenn die Eheschließung unterbleibt. Die Rückabwicklung erfolgt nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 812 ff. BGB. § 1301 BGB ist dabei als Rechtsfolgenverweis anzusehen. § 815 BGB kann einer Rückforderung entgegenstehen.
Als lex specialis verdrängt § 1301 BGB den § 530 BGB.