
Bild: “Wahlversprechen 339/365” von Dennis Skley. Lizenz: CC BY 2.0
Allgemeines zu § 156 StGB
§ 156 StGB bestimmt:
Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Mit der falschen Versicherung an Eides Statt wird der dritte Grundtyp der Aussagedelikte (neben der falschen uneidlichen Aussage und dem Meineid) bestraft [Wessels/Hettinger, StrafR BT I Rn. 768]. Die Versicherung an Eides Statt ist im Vergleich zum Eid schwächer. Sie ist jedoch kein Privilegierungstatbestand, sondern hat einen eigenen Anwendungsbereich [Kindhäuser, StrafR BT I, § 47 Rn. 16].
Eine mittelbare Täterschaft kommt nicht in Frage. In derartigen Fallkonstellationen kann nur eine Verleitung zur Falschaussage gemäß § 160 StGB in Betracht kommen [Joecks, Studienkommentar StGB, § 156 Rn. 11].
Der objektive Tatbestand
Die Voraussetzungen des objektiven Tatbestandes sehen wie folgt aus:
I. Abgabe einer Versicherung an Eides Statt/Aussage unter einer Berufung auf eine solche
Der Tatbestand kann durch zwei Alternativen verwirklicht werden: Einerseits durch die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt, andererseits durch eine falsche Aussage unter Berufung auf eine solche.
Die Abgabe der Versicherung an Eides Statt kann dabei schriftlich oder mündlich erfolgen. Hinzukommend muss der Täter mit der Benutzung der Formulierung „an Eides Statt“ oder einer ähnlichen Wendung den Wahrheitsgehalt seiner Aussage versichern [Joecks, Studienkommentar StGB, § 156 Rn. 3].
Die Versicherung gilt ferner als abgegeben, sobald sie in den Machtbereich der Behörde gelangt ist. Hingegen ist es nicht erforderlich, dass sie von ihrem Inhalt tatsächlich Kenntnis genommen hat [Wessels/Hettinger, StrafR BT I, Rn. 770].
Das im konkreten Fall einschlägige Verfahrensrecht bestimmt außerdem, wann eine Aussage unter Berufung auf eine eidesstattliche Versicherung überhaupt zulässig ist [Joecks, Studienkommentar StGB, § 156 Rn. 9].
II. Falschheit der Versicherung an Eides Statt
Wann die Versicherung an Eides Statt falsch ist, bestimmt sich nach denselben Kriterien wie innerhalb der falschen uneidlichen Aussage gemäß § 153. Nach überwiegender Ansicht, der sogenannten objektiven Theorie, ist eine Versicherung an Eides Statt demnach falsch, wenn sie nicht mit der Realität im Einklang steht [Joecks, Studienkommentar StGB, § 156 Rn. 8].
Daneben muss dasjenige, was der Täter falsch angibt, auch von der Wahrheitspflicht erfasst sein. Wie weit diese geht, ergibt sich aus den jeweiligen anwendbaren prozessualen Vorschriften [Kindhäuser, StrafR BT I, § 47 Rn. 26].
Beispiel: A muss eine Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abgeben und dementsprechend nach § 802c III an Eides Statt versichern, dass er die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht hat. Hierbei verschweigt er seine goldfarbene Plastikglückskatze im Wert von 80 Cent, die er auf einem Trödelmarkt erworben hat.
Fraglich ist, ob eine Strafbarkeit des A nach § 156 hier überhaupt in Frage kommt. Dies ist nur der Fall, wenn hinsichtlich der Glückskatze tatsächlich eine Offenbarungspflicht besteht. Da wertlose Gegenstände nicht der Pfändung unterliegen, ist dies zu verneinen [vgl. Joecks, Studienkommentar StGB, § 156 Rn. 13].
Gibt der Täter spontan eine Versicherung an Eides Statt ab, ist der Umfang der Wahrheitspflicht danach zu beurteilen, welches Beweisthema er sich selbst gibt. Entscheidend ist insofern auch, ob die Versicherung überhaupt eine Relevanz für das Verfahren aufweist [Kindhäuser, StrafR BT I, § 47 Rn. 27].
III. Zuständige Behörde
Die Behörde, vor der die Versicherung abgegeben wird bzw. vor der unter Berufung auf die frühere Versicherung falsch ausgesagt wird, muss in zweierlei Hinsicht zuständig sein: Sie muss im Allgemeinen zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen befugt sein. Daneben muss es ihr auch erlaubt sein, hinsichtlich des individuellen Verfahrensgegenstandes eine solche Versicherung abzunehmen [Kindhäuser, StrafR BT I, § 47 Rn. 21]. Gemäß § 11 I Nr. 7 StGB handelt es sich bei einer Behörde auch um ein Gericht.
Die Versicherung an Eides Statt wird dabei zum einen im Zivil- und zum anderen im Verwaltungsprozess relevant, wenn hiermit tatsächliche Aussagen glaubhaft gemacht werden sollen. Daneben ist sie im Rahmen der Zwangsvollstreckung bedeutsam, wenn der Schuldner ein Vermögensverzeichnis vorlegen muss und dazu verpflichtet ist, dessen Korrektheit mithilfe einer Versicherung an Eides Statt zu bekräftigen (s. Bsp. oben) [Kindhäuser, StrafR BT I, § 47 Rn. 22].
Im Strafverfahren ist die eidesstattliche Versicherung grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen vor den Gerichten zulässig. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft sind hingegen keine zuständigen Behörden im Sinne des § 156 [Kindhäuser, StrafR BT I, § 47 Rn. 23].
Der subjektive Tatbestand
Subjektiv muss der Täter mindestens mit dolus eventualis handeln.
Das Prüfungsschema
In der Klausur können Sie sich an folgendem Prüfungsschema orientieren:
1. Objektiver Tatbestand
a) Taugliche Tathandlung
aa) Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt oder
ab) falsche Aussage unter Berufung auf eine solche Versicherung
b) Vor einer zuständigen Behörde
2. Subjektiver Tatbestand
→ mindestens dolus eventualis
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Quellen
Joecks, Wolfgang: Studienkommentar StGB, 11. Aufl., München 2014
Kindhäuser, Urs: Strafrecht Besonderer Teil I, 6. Aufl., Baden-Baden 2014
Wessels, Johannes/Hettinger, Michael: Strafrecht Besonderer Teil I, 38. Aufl., Heidelberg [u.a.] 2014
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