Lexikon

Gehirn

Definition Gehirn

auch bekannt als: Cerebrum, Enzephalon

Gehirn Das Gehirn, das zusammen mit dem Rückenmark das Zentralnervensystem bildet, liegt in der Schädelhöhle, berührt jedoch an keiner Stelle direkt die Schädelknochen, sondern wird von ihnen durch die Hirnhäute (Meningen) getrennt. An den Hirnhäuten unterscheidet man:

  • die weiche Hirnhaut (Pia mater), die als gefäßführende Hirnhaut direkt an das Gehirn grenzt;
  • die Spinngewebehaut (Arachnoidea), die einen mit Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) erfüllten Raum umschließt;
  • die harte Hirnhaut (Dura mater), die die Innenfläche der Schädelknochen auskleidet.

Im Gehirn befinden sich Hohlräume, Ventrikel genannt, die von der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit ausgefüllt sind. Der Stoffaustausch zwischen Blut und Gehirn bzw. Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit ist außer für Wasser, Sauerstoff und Kohlensäure mehr oder weniger behindert - man spricht von einer Blut-Hirn- bzw. Blut-Liquor-Schranke -, ein Umstand, der für die Verabreichung von Medikamenten bedeutungsvoll ist.

Am Gehirn werden folgende 5 Abschnitte unterschieden:

1. Das Endhirn besteht aus den beiden Hälften (Hemisphären) des Großhirns, die durch den so genannten Balken miteinander verbunden sind; den Stamm- oder Basalganglien, die für die Motorik wichtig sind; und dem Riechhirn. Die beiden Großhirnhälften falten sich wie die angelegten Flügel eines Schwanes über den übrigen Hirnteilen zusammen. Man bezeichnet das Endhirn deswegen auch als Hirnmantel, der über die anderen Hirnteile (Hirnstamm) gebreitet ist. Die Großhirnrinde ist 1 1/2 mm dick und aus 6 Zellschichten aufgebaut; sie lässt 200 Rindenfelder erkennen, denen man ganz bestimmte Funktionen zuordnen kann. Die Oberfläche der »grauen« Großhirnrinde - sie besteht aus Ansammlungen von Nervenzellen - wird durch zahlreiche Windungen und Furchen erheblich vergrößert. Sie ist Sitz von Bewusstsein, Denken, Willen, Gedächtnis, bewussten und unbewussten Handlungen sowie von Sinneseindrücken. Jede Großhirnhälfte ist für eine Körperhälfte zuständig. Da sich jedoch die Nervenbahnen in ihrem Verlauf vom Gehirn zu den Gliedmaßen kreuzen, gehört zur linken Großhirnhälfte die rechte Körperseite und umgekehrt. Ist also bei einem Schlaganfall die rechte Körperseite gelähmt, so kann man daraus schließen, dass das auslösende Ereignis in der linken Hirnhälfte stattgefunden hat. Da im Allgemeinen das Sprachzentrum nur in der linken Gehirnhälfte voll ausgebildet ist, hat ein Schlaganfall, der die rechte Körperseite betrifft, im Allgemeinen auch eine Sprachstörung zur Folge, während derjenige, der einen linksseitigen Schlaganfall erleidet - bei dem also in der rechten Hirnhälfte ein Schaden eintrat -, keine Sprachprobleme bekommt. Bei Linkshändern ist, im Gegensatz dazu, oft nur in der rechten Hirnhälfte ein Sprachzentrum voll ausgebildet, so dass bei ihnen ein linksseitiger Schlaganfall mit einer Sprachstörung einhergeht, ein rechtsseitiger hingegen nicht.

2. Das Zwischenhirn liegt um den III. Hirnventrikel herum. Es wird von den beiden Großhirnhälften umschlossen und besteht aus 4 übereinander gelagerten Etagen. Die bedeutendsten sind der Sehhügel (Thalamus), die Endstelle für Eindrücke aus der Innen- und Außenwelt (Geschmack, Licht, Farbe, Ton usw.), die an die Großhirnrinde weitergegeben werden, sowie der Hypothalamus, die oberste Regulationszentrale des vegetativen Nervensystems, aus dem sich ein Teil der Hirnanhangdrüse ausstülpt.

3. Das Mittelhirn liegt zwischen dem Zwischenhirn und dem Hinterhirn. Hier befinden sich die Zentren für Bewegung sowie Meldesammelstellen des Sehens und Hörens.

4. Das Hinterhirn besteht aus:

  • der Brücke (Pons), dem Verbindungsstück zwischen Mittelhirn und verlängertem Mark. Die Brückenkerne sind Schaltstellen der Nervenbahnen, die die Großhirn- mit der Kleinhirnrinde verbinden.
  • dem Kleinhirn (Cerebellum): Es ist durch je einen Stiel mit der Brücke, dem Mittelhirn und dem verlängerten Mark verbunden und zeigt außen eine graue Rinde und innen ein weißes Marklager, das auch noch graue Kerne enthält. Das Kleinhirn ist das Kontroll- und Koordinationszentrum sämtlicher Bewegungen (Motorik); es sammelt alle Meldungen aus der Peripherie und leitet sie zur Großhirnrinde weiter.

5. Das Nachhirn oder verlängerte Mark (Medulla oblongata) ist der an das Rückenmark anschließende Gehirnabschnitt, durch den Bahnen von und zu den höheren Hirnteilen laufen. Hier kreuzen die meisten dieser langen Bahnen auf die andere Seite hinüber. In diesem Bereich liegen verschiedene Hirnnervenkerne und wichtige Zentren wie Atem und Kreislaufzentrum.

Hinterhirn und Nachhirn bilden zusammen das Rautenhirn (Rhombenzephalon). Außerdem werden noch 2 wichtige Strukturen unterschieden:

  • Das limbische System ist ein Randgebiet zwischen Großhirn und Hirnstamm (Mittelhirn, Pons, verlängertes Mark), das der Selbsterhaltung (Ernährung, Verteidigung, Angriff) und der Arterhaltung (Sexualität im engeren und weiteren Sinn) dient. Vom limbischen System gehen Gemütsbetonung und gemütsbedingte Antriebe aus, von hier aus werden vegetative und hormonale Regulationen beeinflusst. Störungen im limbischen System führen zu Angst und Aggressivität.
  • die Formatio reticularis: Sie zieht vom verlängerten Mark durch den ganzen Hirnstamm bis zum Zwischenhirn und besteht aus einer Durchflechtung von weißer und grauer Substanz. Man kann verschiedene Zentren mit bestimmten Aufgaben unterscheiden.

Das Gehirn des Menschen besteht aus über 10 Milliarden Nervenzellen; es wiegt im Durchschnitt beim Mann 1400g und bei der Frau 1250g. Für die Funktion des Gehirns kommt es aber nicht auf sein Gewicht, also auf seine Masse, sondern auf die Ausbildung der vielen Windungen an, die das Gehirn bei äußerlicher Betrachtung aufweist.

Zur Untersuchung des Gehirns reicht oft schon die genaue Prüfung der Funktion der abgehenden Nerven aus. Ferner kann die Subokzipitalpunktion (spezielles Verfahren zur Entnahme von Gehirnflüssigkeit) mit anschließender genauer Untersuchung des entnommenen Gehirnliquors wichtige diagnostische Aufschlüsse geben. In manchen Fällen, z. B. zur genauen Lagebestimmung eines im Gehirn vermuteten Krankheitsherdes, ist die Enzephalografie notwendig: eine Röntgenaufnahme des Gehirns, wozu vorher, damit ein deutliches Bild von Form und Lage der Hirnkammern im Inneren des Gehirns entsteht, die Hirnflüssigkeit mittels Subokzipitalpunktion zum Teil abgelassen und durch Luft ersetzt wird. In größeren Fachkliniken kann zur Diagnose bestimmter Vorgänge im Gehirn gegebenenfalls auch ein Elektroenzephalogramm (EEG) herangezogen werden, eine Methode, bei der die Aktionsströme der tätigen Gehirnzellen vom Kopf abgeleitet werden wie die Aktionsströme des Herzens bei der Elektrokardiografie (EKG).

Abbildungen

  • Gehirn_Aufbau_Hypophyse.png

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