Viele Studierende haben große Schwierigkeiten mit der Prüfung der Begünstigung gem. § 257 StGB. Dieser Beitrag vermittelt einen Überblick über die Norm des § 257 StGB und erklärt die gängigsten Probleme, die in der Klausur auftauchen können.
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I. Allgemeines zu § 257 StGB

Bei § 257 StGB handelt es sich um eine Anschlussstraftat, die die sachliche Begünstigung betrifft. Demgegenüber ist die persönliche Begünstigung in Gestalt der Strafvereitelung nach § 258 StGB strafbar.

Die Begünstigung schützt zum einen das Opfer der Vortat insofern, dass es ihm nicht zusätzlich erschwert werden soll, die Vorteile zurückzuerlangen, die der Vortäter an sich gebracht hat. Zusätzlich wird die Rechtspflege geschützt. Es fällt in ihren Aufgabenbereich, den rechtmäßigen Zustand nach der Tat wiederherzustellen.


geschütztes Rechtsgut § 257 StGB

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Darüber hinaus geht von § 257 StGB auch eine generalpräventive Wirkung aus. Der Tatbestand soll den Vortäter von einer möglichen Begünstigung isolieren.

II. Prüfungsschema des § 257 StGB

In der Klausur kannst du dich an diesem Schema der Begünstigung (§ 257 StGB) orientieren:

I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a) Taugliche Vortat: Rechtswidrige Tat eines anderen
b) Hilfe leisten
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Vorteilssicherungsabsicht
II. Rechtswidrigkeit/Schuld
III. Strafausschlussgrund, § 257 Abs. 3 StGB
IV. Ggf. Strafantragserfordernis, § 257 Abs. 4 StGB

III. objektiver Tatbestand

1. taugliche Vortat

Es muss eine taugliche Vortat gegeben sein. Das bedeutet, dass eine rechtswidrige Tat gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB durch einen anderen verübt worden sein muss. Dies stellt bereits § 257 Abs. 1 StGB klar. Die Selbstbegünstigung ist also nicht strafbar.

Bei der Vortat muss es sich nicht zwangsläufig um ein Vermögensdelikt handeln. Entscheidend ist lediglich, dass der Täter einen Vorteil erlangt hat, der ihm aufgrund des öffentlichen Rechts bzw. des Zivilrechts wieder entzogen werden könnte.

Es genügt indessen nicht, wenn der Täter nur glaubt, dass die Vortat begangen worden ist. Nach herrschender Ansicht muss sie jedoch nicht verfolgbar sein.

2. Hilfe leisten

Ferner muss der Täter dem Vortäter Hilfe leisten. Es ist umstritten, welche Anforderungen hieran zu stellen sind:

  • Einer Ansicht zufolge muss das Hilfeleisten keine besonderen Voraussetzungen erfüllen. Es muss nur in der Richtung erfolgen, dem Vortäter die Vorteile der Tat zu sichern.
  • Die zweite Ansicht verlangt dagegen, dass der Vortäter aufgrund der Maßnahme tatsächlich besser gestellt wird.
  • Nach herrschender Meinung erfordert das Hilfeleisten dagegen lediglich eine Handlung, die objektiv geeignet ist, die Situation des Täters zu verbessern

Gegen die erste Ansicht spricht, dass der Gesetzgeber sich nicht dafür entschieden hat, die versuchte Begünstigung unter Strafe zu stellen. Würde man jedes Handeln für ein Hilfeleisten genügen lassen, unabhängig davon, ob es dem Vortäter tatsächlich hilft, würde man dies unterwandern. Daneben spricht das Gesetz auch nur von einem Hilfeleisten. Dass dieses zudem Erfolg haben muss, ist nicht geregelt. Mithin sind die erste und die zweite Ansicht abzulehnen. Die herrschende Meinung ist vorzugswürdig.

Zu beachten ist jedoch, dass solche Handlungen nicht tatbestandsmäßig sind, die nur der Instandhaltung der Sache dienen, wie etwa das Füttern eines entwendeten Tieres. In diesem Fall wird gerade nicht verhindert, dass der Verletzte der Vortat sein Gut zurückbekommt.

Das Hilfeleisten kann im Übrigen auch durch ein Unterlassen verwirklicht werden, wenn eine entsprechende Garantenstellung vorliegt.

Umstritten ist außerdem, wie man die Begünstigung von der Beihilfe zur Vortat abgrenzen kann. Diese Frage stellt sich allerdings  nur, wenn man die Möglichkeit einer Beihilfe zwischen Vollendung und Beendigung (sogenannte sukzessive Beihilfe) anerkennt. Diese wird in der Literatur teilweise abgelehnt.

Da die Rechtsprechung und ein anderer Teil der Literatur aber eine sukzessive Beihilfe für möglich halten, werden verschiedene Abgrenzungskritierien vertreten:

  • Nach Ansicht der Rechtsprechung entscheidet der Wille des Beteiligten darüber, ob er Beihilfe im Hinblick auf die Vortat leistet oder eine Begünstigung begeht.
  • Eine zweite Ansicht will bei Fällen, in denen die Abgrenzung nicht eindeutig ist, stets Beihilfe zur Haupttat annehmen. Die Begünstigung trete dahinter zurück. Dies ergebe sich aus § 257 Abs. 3 StGB

Für die zweite Ansicht wird dabei argumentiert, dass nicht von der (unter Umständen strengeren) Bestrafung wegen Beihilfe abgesehen werden sollte, nur weil der Beteiligte zusätzlich mit Vorteilssicherungsabsicht handelt.

IV. subjektiver Tatbestand

Der subjektive Tatbestand hat zwei Voraussetzungen:

1. Vorsatz

Der Täter muss mindestens dolus eventualis hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale aufweisen. Dabei muss er nicht genau wissen, um welche Vortat es sich handelt. Der Vorsatz ist aber zu verneinen, wenn er davon ausgeht, dass der Vortäter nur eine Ordnungswidrigkeit begangen hat.

2. Vorteilssicherungsabsicht

Zusätzlich muss der Täter auch mit einer Vorteilssicherungsabsicht handeln. Nach herrschender Meinung muss diese in Gestalt von dolus directus 1. Grades vorliegen, sicheres Wissen genügt also nicht. Dabei muss die Vorteilssicherung aber nicht das endgültige Ziel des Täters darstellen. Es reicht aus, wenn sie ein erforderliches Zwischenziel oder eines von mehreren Zielen ist.

V. Strafausschluss gem. § 257 Abs. 3 StGB

Nach § 257 Abs. 3 S. 1 StGB wird wegen Begünstigung nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Dies gilt nach S. 2 aber nicht für denjenigen, der einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begünstigung anstiftet. Dieser Strafausschlussgrund ist für Teilnehmer an der Vortat relevant. Der Alleintäter der Vortat handelt im Hinblick auf die Begünstigung wegen des Wortlauts des § 257 Abs. 1 StGB bereits nicht tatbestandsmäßig.

VI. Strafantragserfordernis gem. § 257 Abs. 4 StGB

Schließlich darf auch § 257 Abs. 4 StGB nicht übersehen werden. Hiernach wird die Begünstigung nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn der Begünstige als Täter oder Teilnehmer der Vortat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte, wobei § 248a StGB sinngemäß gilt.

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