
Bild von Charl Folscher
Inhaltsverzeichnis
- I. Allgemeines zu § 223 StGB
- II. Schema: Körperverletzung, § 223 StGB
- I. Objektiver Tatbestand des § 223 StGB
- III. Rechtswidrigkeit
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I. Allgemeines zu § 223 StGB
§ 223 Abs. 1 StGB bestimmt:
Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird […] bestraft.
Der Tatbestand des § 223 StGB schützt das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit. Das körperliche sowie das gesundheitliche Wohlbefinden sind hierin einbezogen, seelische Übel dagegen nicht. Es handelt sich um ein relatives Antragsdelikt, welches Auf Antrag verfolgt wird oder bei bestehen eines besonderen öffentlichen Interesses.
Der Schutz des § 223 StGB beginnt mit der Geburt und endet mit dem Hirntod. Nicht erfasst sind hingegen Schädigungen, die noch im Mutterleib am Embryo eintreten. Anderes gilt, wenn beispielsweise die Mutter mit einem Erreger infiziert wird, womit bei der Geburt eine Ansteckung des Kindes erfolgt.
Außerdem ist zu § 223 StGB wichtig zu beachten:
II. Schema: Körperverletzung, § 223 StGB
Dieses Prüfungsschema verdeutlicht den Aufbau der Körperverletzung nach § 223 StGB:
- I. Tatbestandsmäßigkeit des § 223 StGB
- 1. Objektiver Tatbestand
- a) andere Person
- b) Körperliche Misshandlung oder
- c) Gesundheitsschädigung
- 2. Subjektiver Tatbestand
- II. Rechtswidrigkeit: ggf. Einwilligung (§ 228 StGB) beachten
- III. Schuld
- IV. Strafantrag, § 230 StGB
Oft ist in Klausuren neben dem Grundtatbestand gemäß § 223 StGB auch die Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB verwirklicht.
I. Objektiver Tatbestand des § 223 StGB
1. Andere Person
Objektiv ist für § 223 StGB erforderlich, dass eine andere Person als der Täter beeinträchtigt wird. Damit ist eine Selbstverletzung nicht strafbar. Sofern der Täter aber jemand anderen zur Selbstverletzung veranlasst und dies die Qualität einer mittelbaren Täterschaft hat, kommt eine dahingehende Strafbarkeit in Betracht.
2. Körperliche Misshandlung
Daneben ist eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung erforderlich, um den Tatbestand des § 223 StGB zu erfüllen.
Ein Schmerzempfinden muss dabei nicht vorhanden sein. Nach herrschender Meinung ist auch das Abschneiden von Haaren tatbestandsmäßig. Auch ein Verletzter kann noch körperlich misshandelt werden. Entscheidend ist, dass sein Zustand sich verschlechtert.
Beispiel: O wurde von einer Gruppe Schlägern verprügelt. Als A den verletzten O findet, prügelt er weiter auf ihn ein.
3. Gesundheitsschädigung
Ein wichtiges Merkmal ist die Notwendigkeit eines Heilungsprozesses. Nach dem sogenannten somatologischen Krankheitsbegriff sind auch psychische Erkrankungen tatbestandsmäßig, sofern sie körperlich objektivierbar sind. Daneben fällt auch das Versetzen des Opfers in einen Rauschzustand unter den Begriff der Gesundheitsschädigung, auch wenn das Opfer sich zunächst besser fühlt.
Beispiel: T beobachtet O in einer Bar. Als O zur Toilette verschwindet, mischt T eine chemische Substanz in O’s Bier. Kurz darauf ist O völlig berauscht und tanzt mit T mehrere Stunden am Stück. Hier hat T bei O eine Gesundheitsschädigung bewirkt.
3. Problem: ärztlicher Heileingriff
Umstritten ist wie der Ärztliche Heileingriff zu behandeln ist:
4. Problem: Anrauchen als Körperverletzung
Fraglich ist auch, ob das Anrauchen eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB darstellt.
Das LG führt dazu aus: die inhalierte Atemluft sei regelmäßig mit Zigarettenrauch und Speichelnebel vermischt. Würde eine Person direkt gegen das Gesicht angeraucht, dann stelle dies einen rechtswidrigen Angriff gegen die Ehre und gegen die körperliche Unversehrtheit dar. Das Anrauchen mittels Zigarettenrauch-Speichelgemisch gegen das Gesicht sei eine über die Bagatellschranken hinausgehende Verletzung und dazu geeignet, das körperliche Wohlbefinden und die Gesundheit zu beeinträchtigen (LG Bonn Urteil v. 09.12.2011 – 25 Ns 555 131/09 – 148/11).
III. Rechtswidrigkeit
1. Einwilligung und § 228 StGB
Die Körperverletzung gemäß § 223 StGB kann durch eine wirksame Einwilligung gerechtfertigt sein. Eine Rechtfertigung kommt aber nicht in Frage, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt, § 228 StGB. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn ein Verstoß „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ anzunehmen ist.
2. Züchtigungsrecht, § 1631 Abs. 2 BGB
Nach früher herrschender Meinung konnte auch die Ausübung eines Züchtigungsrechts durch einen Erziehungsberechtigten, mit dem ein Erziehungszweck verfolgt wurde, als Rechtfertigung im Rahmen des § 223 StGB dienen. Mittlerweile wurde jedoch § 1631 Abs. 2 BGB eingeführt. Dieser bestimmt:
Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.
Hieraus ergibt sich, dass eine Züchtigung bereits unzulässig ist, sobald der Tatbestand des § 223 StGB erfüllt ist. Eine Mindermeinung nimmt immer noch ein Züchtigungsrecht an. Dieser Meinung sollte in der Klausur jedoch wenn möglich nicht gefolgt werden. Ein Züchtigungsrecht des Lehrers ist jedoch heutzutage durch nahezu alle Schulgesetze ausgeschlossen.
3. Beschneidung bei männlichen Kindern, § 1631d Abs. 1 BGB
Fraglich ist außerdem, ob die Eltern aufgrund ihres Sorgerechts in die Beschneidung bei männlichen Kindern einwilligen können.
Nach dem aufsehenerregenden Beschneidungsurteil des Landgerichts Köln wurde der § 1631d in das BGB eingefügt, nach dessen Abs. 1 S. 1 die Personensorge auch das Recht umfasst, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll.
Demnach können die Eltern also wirksam in die Beschneidung einwilligen. Genügt sie jedoch nicht den Voraussetzungen des § 1631d BGB, ist der Eingriff rechtswidrig.
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