Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss so schwerwiegend verändert, dass die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kommt eine Störung bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB in Betracht. Dieser Beitrag erläutert das Wichtigste.
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In § 313 BGB ist die Störung der Geschäftsgrundlage geregelt. Die Vorschrift erlaubt es, nachträglich Änderungen des Vertrags durchzuführen oder diesen ganz aufzuheben, sofern eine wesentliche Grundlage des Vertrages gestört ist. So ist es den Vertragsparteien möglich, nach Vertragsschluss eingetretene Umstände zu berücksichtigen und einzubeziehen.

I. Anwendbarkeit

Zunächst muss § 313 BGB anwendbar sein. Aus dem Grundsatz pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten) folgt eine subsidiäre Anwendung für die Anpassung von Verträgen nach § 313 BGB. Vorrangig sind bspw. Gewährleistungsrechte, Anfechtungen und Unmöglichkeit zu prüfen.

II. Prüfungsschema

1. Vertragliches Schuldverhältnis

Zwischen den Parteien muss ein vertragliches Schuldverhältnis vorliegen, z.B. ein Kaufvertrag.


Anwendung § 313 BGB

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2. Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB

a. objektive Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 1 BGB

Definition: Geschäftsgrundlagen i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB sind Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind.

Die Störung der Geschäftsgrundlage benötigt ein reales, ein hypothetisches und ein normatives Element.

aa. reales Element

Das reale Element der Geschäftsgrundlage ist ein Umstand, der von mindestens einer Vertragspartei bei Abgabe der Vertragserklärung vorausgesetzt wird. Dieser Umstand muss sich nachträglich geändert haben.

bb. hypothetisches Element

Das hypothetische Element liegt vor, wenn der Umstand für die Partei, die ihn vorausgesetzt hat, so wichtig gewesen ist, dass sie bei Kenntnis der wahren Sachlage den Vertrag nicht oder nicht so abgeschlossen hätte. Die Änderung muss also schwerwiegend sein.

Es stellt sich die Frage, wann die Änderung schwerwiegend ist. Dazu haben sich einige Fallgruppen herausgebildet:

  • Leistungserschwerung: einer Partei wird es stark erschwert, die Leistung zu erbringen (z.B. Beschaffungshindernisse)
  • Äquivalenzstörung: wenn die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht mehr gegeben ist
  • Zweckstörung: wenn ein bestimmtes Ereignis nicht oder anders als erwartet
    eingetreten ist und der Gläubiger aufgrund dessen kein Interesse mehr an der Leistung hat (nur im Ausnahmefall, grundsätzlich liegt Verwendungsrisiko beim Gläubiger)
cc. normatives Element

Beim normativen Element muss in einer wertenden Abwägung auf alle Umstände des Einzelfalls eingegangen werden. Zunächst ist festzustellen, ob der benachteiligten Partei das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist und danach inwieweit der anderen Partei eine Anpassung zugemutet werden kann. Die Änderung der Umstände darf nicht aus der Sphäre der Partei kommen, die sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage beruft.

b. subjektive Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 2 BGB

Nach § 313 Abs. 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Dies wird auch als Fehlen der subjektiven Geschäftsgrundlage bezeichnet.


subjektive Geschäftsgrundlage

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3. Rechtsfolgen

a. Anpassung des Vertrags, § 313 Abs. 1 BGB

Als primäre Rechtsfolge kommt grundsätzlich die Anpassung des Vertrags gem. § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies erfolgt ipso iure.

b. Rücktritt/Kündigung, § 313 Abs. 3 BGB

Nur wenn eine Anpassung nicht möglich oder einem Teil unzumutbar ist, kommt nach § 313 Abs. 3 BGB ausnahmsweise auch ein Rücktritt bzw. eine Kündigung in Betracht. Für Dauerschuldverhältnisse (z.B. Miete, Pacht, Leihe) findet sich außerdem eine Sonderregelung in § 314 BGB.

Tipp: Schau dir unser Video zu den verschiedenen Störungen der Geschäftsgrundlage und deren Rechtsfolgen (§ 313 BGB) an!

 



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