Völkerstrafrecht – Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Völkerstrafrecht – Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Vier sogenannte „Kernverbrechen“ oder auch „Core-Crimes“ bilden das Herzstück des Völkerstrafrechts. Nach dem Völkermord ist das zweitbekannteste Verbrechen das oder die Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gerade auch weil dieser Tatbestand auch den Zweck eines Auffangtatbestandes hat, wird er immer wieder aktuell und vergleichsweise häufig angewendet. Neben dem Völkermord sind die Verbrechen gegen die Menschlichkeit daher die wahrscheinlichste Prüfungsmaterie in der Schwerpunktsbereichsklausur zum Thema Völkerstrafrecht.
Völkerstrafrecht - Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

Inhalt

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I. Begriff und Rechtsgut des Verbrechens gegen die Menschlichkeit

Ebenso wie andere Begrifflichkeiten im Völkerstrafrecht erscheint der Begriff der Verbrechen gegen die Menschlichkeit denkbar weit und schwer zu umreißen. Eine Klärung der in der Literatur sowie bei Gerichten angewendeten Begrifflichkeiten ist somit zum Verständnis der Materie unumgänglich.

Wie auch beim Völkermord („genocide“) müssen wir uns auch beim Verbrechen gegen die Menschlichkeit damit begnügen, dass der englischsprachige Terminus eigentlich genauer auf den Punkt bringt, was der Tatbestand beschreiben will.

Im Englischen heißen die Verbrechen gegen die Menschlichkeit „crimes against humanity“. Darin liegt das eigentlich Verwerfliche dieses Verbrechen bereits verborgen. Es wird nicht irgendwer oder irgendwas Bestimmtes angegriffen. Vielmehr richtet sich der Angriff des oder der Täter gegen die Humanität, also das Menschsein oder die Menschlichkeit als solche und in ihrer Gesamtheit. Durch die Tat werden also grundlegendste Menschenrechte beeinträchtigt.

Wie auch die herrschende Meinung beim Völkermord die Ansicht hat, kann es sich beim Verbrechen gegen die Menschlichkeit nur um ein kollektives, also ein gemeinschaftliches Rechtsgut Vieler handeln. Dies schließt aber nicht aus, dass dadurch teilweise zugleich auch Individualrechtsgüter geschützt werden (insoweit eine lit. Mindermeinung). Seiner Natur nach schützt der Tatbestand aber in erster Linie Kollektivrechtsgüter. Nach der herrschenden Meinung werden, wiederum wie beim Völkermord, Individualrechtsgüter durch die einschlägigen nationalen Straftatbestände geschützt.

III. Tatbestandsmerkmale des Verbrechens gegen die Menschlichkeit

1. Tatsituation

Bei einem oder mehreren Verbrechen gegen die Menschlichkeit muss immer ein Angriff auf die Zivilbevölkerung vorliegen. Das heißt im Umkehrschluss, dass sogenannte Kombatanten (also Soldaten o.ä.) vom Tatbestand als Opfer nicht umfasst sind.

Dabei kann oder wird es sich zumeist um eine Einzeltat eines Täters handeln. Diese muss aber, anders als beim Völkermord, im Zusammenhang zu einer großen Gesamttat stehen (sog. „chapeau“). Dies ergibt sich unmittelbar aus der Formulierung des Art. 7 Abs. 1 IStGHSt.

Die Gesamttat ist dabei der ausgedehnte oder systematische Angriff gegen die Zivilbevölkerung. In Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGHSt wird der Angriff auch legal definiert als Verhaltensweise, die in der wiederholten Begehung der einzelnen Tathandlungen nach Abs. 1 besteht und die der Politik eines Staates oder einer Organisation dient, deren Ziel ein solcher Angriff bildet.

Zur Zivilbevölkerung zählen dabei alle Personen, die nicht oder nicht mehr an dem Konflikt teilnehmen, mithin die allgemeine Bevölkerung, aber auch Kämpfer, die ihre Waffen niedergelegt haben.

Die hier gemeinte Zivilbevölkerung muss dabei einige Merkmale ähnlich einer Gruppe beim Völkermord tragen. Es darf sich nicht um eine zufällige Menge von Menschen handeln. Genügen würde aber beispielsweise schon das gemeinsame Bewohnen eines bestimmten Gebietes.

2. Tathandlungen

Ist die oben erläuterte Tatsituation insoweit gegeben, stellt sich die Frage welche Tathandlungen im Allgemeinen geeignet sind, den Straftatbestand zu erfüllen.

Die hier beschriebenen Tathandlungen sind sämtlich in den Elements of Crimes legal definiert.

Zunächst in Frage kommt die Tathandlung des Tötens, also der vorsätzlichen Tötung eines Menschen, ohne dass dabei Mordmerkmale vorliegen müssen, in Frage. Hier ist zu beachten, dass gleichzeitig bereits unter Umständen der Tatbestand des Völkermordes verwirklicht sein kann.

Als zweite Tathandlung kommt die Ausrottung in Betracht. Ausrottung bedeutet die Schaffung auf die Vernichtung von Bevölkerungsteilen ausgerichteter Lebensbedingungen. Hier käme beispielsweise die Unfruchtbarmachung eines Gebietes in Frage.

Weiterhin existiert die Tathandlung der Versklavung, also der Verdinglichung eines Menschen, sowie der Vertreibung oder zwangsweisen Überführung der Bevölkerung. Dies beschreibt eine unzulässige Verbringung aus dem bisherigen Gebiet in ein anderes.

Auch möglich ist die Handlung des Freiheitsentzugs, der Folter und der sexuellen Gewalt von gewisser Schwere. Hier kommen insbesondere Vergewaltigung, Zwangssterilisationen und Zwangsschwangerschaftsabbrüche in Betracht.

Die Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft gehört weiterhin ebenso zu den denkbaren Tathandlungen wie das zwangsweise Verschwindenlassen von Menschen.

Auch Apartheit, also Rassentrennung und –diskriminierung, sowie andere unmenschliche Handlungen, die mit den oben genannten vergleichbar schwere Beeinträchtigungen des Körpers darstellen, beispielsweise Versuche am Menschen, können Tathandlungen sein.

3. Der subjektive Tatbestand

Vorausgesetzt wird auch beim Verbrechen gegen die Menschlichkeit wiederum Vorsatz (Art. 30 IStGHSt), also Kenntnis der Umstände, die den systematischen Angriff auf die Bevölkerung bilden. Die Kenntnis der Politik, die vom fraglichen Staat oder der fraglichen Organisation damit verfolgt wird, wird jedoch nicht verlangt. Eine weitere besondere Absicht des Täters ist nicht von Nöten.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.