Die Privatautonomie stellt die Grundlage des gesamten Privatrechts dar. Der Einzelne soll seine Rechtsverhältnisse in Selbstbestimmung und Selbstverantwortung gestalten können. Hierfür gewährt ihm die geltende Rechtsordnung die größtmögliche Freiheit.
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Bild: “Privat“ von Philipp Flenker. Lizenz: CC BY 2.0


I. Inhalt der Privatautonomie

Definition: Privatautonomie meint die Freiheit des Einzelnen zur Gestaltung der Rechtsverhältnisse nach seinem Willen.

Die Privatautonomie ergibt sich aus der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG.
Kernbestandteil der Privatautonomie ist die Vertragsfreiheit, da der Vertrag in der geltenden Rechtsordnung wesentliches Gestaltungsmittel aller Lebensbereiche ist.

Die Privatautonomie gliedert sich in die folgenden drei Bestandteile:

  • Die Abschlussfreiheit räumt die Freiheit ein, zu entscheiden ob ein Vertrag eingegangen wird.
  • Die Inhaltsfreiheit gewährt dem Handelnden die Freiheit, festzulegen, welchen Inhalt der Vertrag haben soll.
  • Die Formfreiheit meint die weitgehende Freiheit, die Form für Verträge oder Rechtsgeschäfte zu wählen

II. Schranken

Zwischen der Privatautonomie und den Interessen der Gemeinschaft muss ein Ausgleich geschaffen werden.

Ursprünglich war der Handelnde nur vor Risiken des Geschäftsverkehr geschützt, sofern er nicht die nötige Reife für die Teilnahme am Rechtsverkehr besaß (§§ 104 ff. BGB) oder Willensmängel vorlagen (§§ 116 ff. BGB). Nur randweise fand der Schutz von wirtschaftlich Schwächeren statt (§§ 134, 138 BGB).
Später wurde erkannt, dass die Vertragsfreiheit als Instrument der Herrschaft über andere genutzt werden kann. Deshalb wurden mehr Regelungen zum Ausgleich wirtschaftlicher Ungleichheit und für fairen Wettbewerb und Chancengleichheit geschaffen

Die gegenwärtig geltenden Schranken der Privatautonomie stellen sich wie folgt dar:

1. Schranken der Abschlussfreiheit

a) Zum Schutz Handelnder

Die folgenden Vorschriften bestehen, um den Handelnden zu schützen, wenn Risiken nicht richtig eingeschätzt werden (können):

  • Regeln zur Geschäftsfähigkeit, §§ 104 ff. BGB
  • Regeln über Willensmängel, §§ 116-124 ff. BGB
  • Widerrufsrechte bei bestimmten Verbraucherverträgen, §§ 312 Abs. 1, 312d Abs. 1, 312g Abs 1 BGB

b) Zum Schutz Dritter

Zum Schutz Dritter gibt es gewisse Einschränkungen der negativen Abschlussfreiheit.
Die negative Abschlussfreiheit meint die Freiheit, einen Vertragsschluss zu verweigern. Diese wird eingeschränkt, wenn ein Dritter auf die Leistung des Handelnden angewiesen ist und dem Leistenden das Erbringen der Leistung zuzumuten ist. Diese Einschränkung der Abschlussfreiheit nennt man Kontrahierungszwang.

Definition: Kontrahierungszwang ist die kraft Gesetzes bestehende Verpflichtung, mit einem anderen einen von diesem gewünschten Vertrag zu schließen.

Kontrahierungszwang kann sich bspw. aus spezialgesetzlichen Anordnungen ergeben, die Träger rechtlich geschaffener oder anerkannter Monopolstellungen verpflichten: z.B. § 22 PBefG oder § 21 Abs. 2 LuftVG.

Im Bereich der Daseinsvorsorge gibt es mittelbaren Kontrahierungszwang für Einrichtungen mit monopolartiger Stellung: Inhaber einer solchen Monopolstellung handeln sittenwidrig, wenn sie einem Interessenten ohne sachlich gerechtfertigten Grund eine daseinswichtige Leistung verweigern oder nur unter unangemessenen Bedingungen anbieten (BGHZ 63, 282 (284 f.); BGH NJW 1990, 761 (762)).

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2. Schranken der Inhaltsfreiheit

a) Zum Schutz von Vertragspartnern

Zum Schutz von Vertragspartnern gibt es zwingende Vorschriften des Vertragsrecht, z.B. im Miet-, Reise oder Arbeitsrecht. Diese Vorschriften sollen intellektuelle oder wirtschaftliche Übermachten ausgleichen. Zu diesem zwecke besteht insbesondere das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen.
In sonstigen Fällen kommen vor allem die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB zur Anwendung.

b) Zum Schutz Dritter und der Allgemeinheit

Auch zum Schutz Dritter werden v.a. die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB herangezogen.
Darüber hinaus bestehen Regelungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, wie z.B. Verbote wettbewerbsbeschränkender Verträge zum Schutz des Allgemeininteresses an freiem Wettbewerb.

3. Schranken der Formfreiheit

Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich formfrei. In Sonderfällen kann aber eine bestimmte Form zum Schutz vor Übereilung vorgeschrieben sein: z.B. Schriftform im Falle des § 766 BGB bei der Bürgschaft oder notarielle Beurkundung gem. § 311b BGB beim Grundstückskauf.
Zudem können die Vertragsparteien gem. § 127 BGB eine bestimmte Form vereinbaren.

4. Schranken zum Schutz vor Diskriminierung

Zum Schutz vor Diskriminierung besteht insbesondere das allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, das die Privatautonomie einschränkt.

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