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Glomerulonephritis

Definition Glomerulonephritis

Glomerulonephritis Doppelseitige Nierenentzündung ohne bakterielle Ursache. Glomeruli nennt man die winzigen, in jeder Niere millionenfach vorhandenen Blutgefäßknäuel, aus denen der Primärharn austritt, der sich beim weiteren Durchfließen der Harnkanälchen in den endgültigen Urin umwandelt. Dieser läuft dann im Nierenbecken zusammen und fließt von dort Richtung Harnblase ab.

Im Gegensatz zur Nierenbeckenentzündung (Pyelitis bzw. Pyelonephritis) sind an der Entstehung der Glomerulonephritis keine die Nieren unmittelbar befallenden Krankheitserreger schuld, sondern immunologische Vorgänge auf bestimmte Eiweißkörper, die von Bakterien, hauptsächlich Streptokokken, im Zusammenhang mit einer eitrigen Erkrankung, beispielsweise einer Mandelentzündung, in die Blutbahn eingeschleust werden. Diese Eiweißkörper - man nennt sie Antigene - versucht der Körper dadurch unschädlich zu machen, dass er dagegen Antikörper bildet, welche die Antigene an sich binden. Die so zu Stande kommenden Antigen-Antikörper-Komplexe können sich nun in den Glomeruli ablagern und diese schwer schädigen. Der Mediziner spricht in diesem Fall von einer Poststreptokokken-Glomerulonephritis (»post« bedeutet »nach«). In Zusammenhang mit anderen Krankheiten - vor allem der Zuckerkrankheit und der Amyloidose - tritt die Glomerulonephritis bisweilen jedoch auch ohne vorhergehende Streptokokken-Infektionen auf.

Man unterscheidet eine akute und eine chronische Form der Erkrankung. Die akute Glomerulonephritis bricht etwa 7-20 Tage nach der erwähnten bakteriellen Infektion aus und befällt in 70 Prozent der Fälle Kinder und Jugendliche. Oft heilt sie nach einiger Zeit von selbst wieder ab, kann aber in Einzelfällen auch in die chronische, also langsam und schleichend verlaufende Form übergehen. Wesentlich häufiger kommt es jedoch vor, dass die Glomerulonephritis - möglicherweise aufgrund einer erblich bedingten Autoimmunreaktion - von Beginn an chronisch verläuft und dann oft weitgehend unbemerkt bleibt. Das ist deshalb fatal, weil das Nierengewebe, sofern man die Krankheit nicht rechtzeitig konsequent behandelt, nach und nach immer stärker geschädigt wird, bis am Ende nicht mehr heilbare Funktionsstörungen entstehen.

Oft beginnt die akute Glomerulonephritis mit Müdigkeit, bisweilen auch mit Übelkeit. Der Urin wird durch abgehende Eiweißstoffe trüb und verfärbt sich infolge von Blutbeimengungen fleischwasserfarben. Zudem lässt die Harnmenge nach, da die Nieren nicht mehr in der Lage sind, die überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper hinauszubefördern. Diese sammelt sich nun an den verschiedensten Körperstellen an und erzeugt - meist zuerst an Unterschenkeln und Augenlidern - teigige Schwellungen, so genannte Ödeme. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Wassersucht. Außerdem steigt aufgrund komplizierter biochemischer Vorgänge der Blutdruck an.

Wie bereits erwähnt, wird die chronische Glomerulonephritis, da sie sich ausgesprochen schleichend entwickelt, anfänglich häufig gar nicht bemerkt. Hinweise, die dementsprechend ernst genommen werden müssen, sind geringfügige Eiweißtrübungen bzw. eine blutbedingte leichte Rosafärbung des Urins. Die Anzeichen der Nierenschwäche - vor allem Wasseransammlungen in den Geweben - sowie der Anstieg des Blutdrucks machen sich nicht selten erst dann bemerkbar, wenn schon ein großer Teil der Niere so schwer geschädigt ist, dass eine vollständige Heilung nicht mehr möglich ist.

Zur Vorbeugung gegen eine Glomerulonephritis sollten alle akuten Infektionen, vor allem wenn sie durch Streptokokken bedingt sind, frühzeitig und konsequent - in der Regel mit Hilfe von Antibiotika - bekämpft werden.

Bei der akuten Krankheitsform muss der Betroffene so lange strikte Bettruhe einhalten, bis Blut- und Eiweißausscheidung im Urin zurückgegangen sind und sich der Blutdruck wieder normalisiert hat. Ist die verursachende Streptokokken-Infektion noch nicht abgeklungen, so geht man mit Antibiotika gegen sie vor. Um die lästigen Ödeme loszuwerden, muss der Kranke die Flüssigkeitszufuhr einschränken und so weit wie möglich Wasser bindendes Kochsalz vermeiden.

Gegen die chronische Glomerulonephritis gibt es keine spezifische Behandlung. Die Kranken sollten sich vor Kälte und Nässe schützen, um Infektionen zu vermeiden, und zudem eine eiweißreiche Diät einhalten. Zur Bekämpfung des erhöhten Blutdrucks und der fortschreitenden Nierenschädigung setzt man geeignete Medikamente ein, und obendrein verwendet man Arzneimittel, die die überschießenden Reaktionen des Immunsystems dämpfen (Immunsuppression). Ist die Nierengewebszerstörung allerdings schon sehr weit fortgeschritten, so kommt man nicht umhin, das Blut durch Dialyse von Schadstoffen zu befreien. In derartigen Fällen sollte unter Umständen eine Nierentransplantation erwogen werden.

Abbildungen

  • Glomerulonephritis_Post-infectious_glomerulonephritis_-_very_high_mag.jpg

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