Falsa demonstratio: Der Haakjöringsköd-Fall

Falsa demonstratio: Der Haakjöringsköd-Fall

Bei der Auslegung von Willenserklärungen im Zivilrecht gilt es einiges zu beachten. Ein wichtiger Grundsatz dabei lautet „falsa demonstratio non nocet“. Nach diesem Grundsatz wird auf den tatsächlichen, übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien abgestellt, auch wenn sie nach dem objektiven Empfängerhorizont etwas anderes, abweichendes zum Ausdruck gebracht haben. Ein Bilderbuch-Fall hierzu ist der „Haakjöringsköd-Fall“, welchen alle Jura-Studierenden kennen sollten.
Falsa demonstratio
Lecturio Redaktion

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22.01.2024

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Inhalt

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I. Der Sachverhalt

A bot dem B eine Dampferladung „Haakjöringsköd“, was im Norwegischen „Haifischfleisch“ bedeutet, zum Kauf an. B nahm das Angebot an, ein Kaufvertrag kam zustande. Sowohl A als auch B dachten jedoch, „Haakjöringsköd“ bedeute „Walfleisch“, sie irrten als über die Bedeutung dieses Begriffes. Der Fall kam vor Gericht und wurde vom Reichsgericht am 08.06.1920 (RGZ 99, 147) entschieden.

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II. Das Urteil

Selbst wenn die Erklärungen beider Parteien eindeutig etwas anderes besagen, nämlich, dass Haifischfleisch Kaufgegenstand sein soll, ist nur maßgeblich, was beide in Wahrheit übereinstimmend gewollt haben. Dass ihr wahrer Wille in der Erklärung überhaupt keinen Ausdruck gefunden hat und ein Dritter diesen auch nicht erkannt hätte, ist unschädlich. Folglich wurde zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag über eine Dampferladung Walfleisch geschlossen.

III. Der Grundsatz

Das Urteil des Reichgerichts veranschaulicht sehr schön den Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ („Falschbezeichnung schadet nicht“). Es gilt das übereinstimmend Gewollte und nicht das fehlerhaft Erklärte, wenn der Erklärungsempfänger erkennt, was der Erklärende will. Der Empfänger ist dann nämlich nicht schutzwürdig. Gesetzliche Grundlage hierfür stellt § 133 BGB dar, wonach der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist.

Dies gilt auch, wenn der Erklärungsempfänger zwar nicht dasselbe gemeint hat wie der Erklärende, er aber bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt hätte erkennen können, was mit der Erklärung gewollt ist. Sein Vertrauen auf das Erklärte ist dann ebenfalls nicht mehr schutzwürdig. Ist die Erklärung des anderen also mehrdeutig, darf der Erklärungsempfänger diese Erklärung nicht einfach in seinem Sinne auslegen.

Sogar bei formbedürftigen Rechtsgeschäften ist der Grundsatz laut dem BGH (BGH vom 18.01.2008 – Az. V ZR 174/06) anzuwenden. Im genannten Fall wurde ein Grundstück verkauft, wobei das Verpflichtungsgeschäft eines notariell beurkundeten Kaufvertrag gem. § 311b Abs. 1 BGB bedarf. Beide Parteien besichtigten vor der Beurkundung das Grundstück. Allerdings hatte der Verkäufer versehentlich einen Teil des Nachbargrundstücks mit eingezäunt. Beide waren sich darüber einig, dass das Grundstück mitsamt dieser vermeintlich dazugehörigen Fläche verkauft werden sollte.

Im Grundstückskaufvertrag wurde das zu verkaufende Grundstück jedoch mit seiner Grundbuchbezeichnung bezeichnet, sodass nach dem Wortlaut nur ein Teil des Anwesens erfasst war. Gemäß den Grundsätzen der falsa demonstratio wurde trotzdem auch der versehentlich nicht bezeichnete Teil des Nachbargrundstücks mit verkauft.

IV. Relevanz auch in anderen Rechtsgebieten

Der Grundsatz der falsa demontratio spielt nicht nur im Kaufvertragsrecht, sondern auch in anderen Rechtsgebieten eine Rolle. Im Arbeitsrecht etwa kann ein Abwicklungsvertrag bezeichneter Vertrag tatsächlich ein Auflösungsvertrag sein, wenn die Parteien dies übereinstimmend gewollt haben.

Im Patentrecht ist es unschädlich, wenn Funktions- oder Bauelemente nach fachmännischem Verständnis unzutreffend oder unzureichend benannt werden.

Schließlich findet der falsa demonstratio-Grundsatz auch im Strafprozessrecht in den § 300 StPO und § 357 AO Geltung.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.