Das deutsche Arbeitsrecht ist durch eine Vielfalt von Rechtsquellen bestimmt. Neben dem weit verzweigten Gesetzesrecht bestimmen Kollektiv- und Individualverträge den Inhalt des jeweiligen Arbeitsverhältnisses. Das Verhältnis dieser Regelungen zueinander ist dabei nicht immer leicht auszumachen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trotz dieser unzähligen Rechtsquellen im Arbeitsrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt. Daher gilt das Arbeitsrecht als schwer zu durchdringendes Rechtsgebiet. Dennoch gehört ein gewisses Grundwissen zum Pflichtfachstoff im Examen. Dieser Beitrag erklärt daher die Grundlagen des Arbeitsrechts.
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Bild: “Paragraphendschungel 218/365” von Dennis Skley. Lizenz: (CC BY-ND 2.0)


I. Struktur des Arbeitsrechts

Das Arbeitsrecht besteht aus zwei Gebieten, dem Individualarbeitsrecht und dem Kollektivarbeitsrecht.

Definition: Das Individualarbeitsrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer.
Definititon: Zum Kollektivarbeitsrecht gehören Regelungen zwischen Arbeitgebern bzw. ihren Koalitionen (Arbeitgeberverbände) einerseits und Gewerkschaften bzw. Mitbestimmungsorganen (z.B. Betriebsrat) andererseits.
Tipp: Schau dir unser Video zur Übersicht im Arbeitsrecht (§ 611a BGB) an!

II. Rechtsquellen des Arbeitsrechts

1. BGB

Das BGB dient als Grundlage des Individualarbeitsrechts. In den §§ 611a ff. BGB finden sich Regelungen rund um die Begründung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sowie die Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

2. Gewerbeordnung

Hier sind insbesondere die §§ 105, 106 GewO zu beachten.

3. HGB

Das Han­dels­ge­setz­buch ent­hält in ers­ter Li­nie Vor­schrif­ten über Kauf­leu­te, Han­dels­ge­schäf­te und Han­dels­un­ter­neh­men und ist somit ar­beits­recht­li­ches Ge­setz. Trotz­dem fin­den sich in ihm auch ei­ni­ge ar­beits­recht­li­che Re­ge­lun­gen. Sie be­tref­fen vor allem die kauf­män­ni­schen An­ge­stell­ten (§§ 59 – 83 HGB).

Au­ßer­dem fin­den sich noch Re­ge­lun­gen des HGB über die Han­dels­ver­tre­ter (§§ 84 – 92c HGB). Diese sind zwar keine Ar­beit­neh­mer, son­dern Selb­stän­di­ge, ge­hö­ren aber bei ge­rin­gem Ver­dienst zu den arbeitnehmerähnlichen Personen, für die die Ar­beits­ge­rich­te zu­stän­dig sind (§ 5 Abs. 3 ArbGG).

4. Arbeitnehmerschutzgesetze

  • Mutterschutzgesetz
  • Schwerbehindertengesetz
  • Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Heimarbeitsgesetz
  • Entgeltfortzahlungsgesetz
  • Kündigungsschutzgesetz
  • Bundesurlaubsgesetz
  • Arbeitszeitgesetz
  • Mindestlohngesetz

5. Tarifvertragsgesetz

Hier sind vor allem die §§ 1-5 TVG zu beachten.

6. Betriebsverfassungs- und Mitbestimmungsgesetz

Das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz ist die ge­setz­li­che Grund­la­ge der Ar­beit von Betriebsräten.

Das Be­trVG re­gelt, in wel­chen Be­trie­ben Be­triebs­rä­te zu wäh­len sind und wie dies ge­schieht, aus wie vie­len Mitgliedern Be­triebs­rä­te be­ste­hen, wann Be­triebs­rä­te von der Ar­beit frei­zu­stel­len sind und wann und wie Ge­samt­be­triebs­rä­te, Kon­zern­be­triebs­rä­te und Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tun­gen (JAV) zu er­rich­ten sind. Die­se eher for­mal-ju­ris­ti­schen Re­ge­lun­gen fin­den sich in den ers­ten drei Tei­len des Be­trVG, d.h. in den §§ 1 – 73b BetrVG.

Dar­über hin­aus ent­hält das Be­trVG die Mit­wir­kungs­rech­te des Be­triebs­rats. Die­se Rech­te rei­chen von blo­ßen Infor­ma­ti­ons­rech­ten über An­hö­rungs- und Mit­be­ra­tungs­rech­te bis hin zu ech­ten Mit­be­stim­mungs­rech­ten.

7. Sozialgesetzbuch

Hier ist insbesondere das SGB IX von Bedeutung mit seinen Regelungen zur Schwerbehinderung.

Probleme mit einer Schwerbehinderung im Arbeitsrecht ergeben sich bereits vor einer Einstellung, nämlich bei der Bewerbung von Schwerbehinderten und der Frage, wie man als Arbeitgeber mit Bewerbungen von Schwerbehinderten umgehen muss. Ob die Frage nach einer Schwerbehinderung von einem Bewerber beantwortet werden muss oder ob ein „Lügerecht des Arbeitnehmers“ besteht, ist zu klären. Auch die Frage, ab wann ein Schwerbehinderter verpflichtet ist, seinem Arbeitgeber die Schwerbehinderung zu offenbaren und welche Folgen die Nichtoffenbarung der Schwerbehinderung hat, gehört hierzu.

III. Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Zum absoluten Grundwissen gehören die Definitionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

1. Arbeitnehmer

Definition: Nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist Arbeitnehmer, wer sich auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines Anderen zu weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.

a. privatrechtlicher Vertrag

An dieser Stelle ist eine Abgrenzung zu öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen nötig. Dem Anwendungsbereich des Arbeitsrechts unterfallen daher keine Beamten, Soldaten und Richter.

Dieser Vertrag muss auf eine Dienstleistung gegen Entgelt gerichtet sein.

b. weisungsgebunden, fremdbestimmt & in persönlicher Abhängigkeit

Dafür ist wichtig, dass der Arbeitgeber Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit bestimmt, vgl. § 611a Abs. 1 S. 2 BGB. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen, § 611a Abs. 1 S. 5 BGB. Dabei ist die genaue Bezeichnung der Tätigkeit unerheblich. Entscheidend für die Einordnung ist die Arbeit als solche.

Als Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit kann auch § 84 Abs. 1 S. 2 HGB herangezogen. Danach ist selbstständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

2. Arbeitgeber

Definition: Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt.

Arbeitgeber können natürliche oder juristische Personen sein.

Besondere Fälle des Arbeitgebers:

IV. Examensrelevante Themen aus dem Arbeitsrecht

1. Das Arbeitsverhältnis

Besonders wichtig für das Examen und auch die spätere Arbeitswelt ist Wissen rund um das Arbeitsverhältnis an sich.

Das Arbeitsverhältnis kommt durch einen Arbeitsvertrag gem. § 611a BGB zustande. Damit stellt es einen Sonderfall des Dienstvertrags gem. § 611 BGB dar.

Streiten Arbeitnehmer und Arbeitgeber um die Wirksamkeit bestimmter Klauseln im Arbeitsvertrag, so ist in der Klausur häufig eine arbeitsrechtliche AGB-Kontrolle gefragt.

Ist das Arbeitsverhältnis nichtig oder unwirksam, so liegt ein Fall des sog. fehlerhaften bzw. faktischen Arbeitsverhältnisses vor.

Ein Arbeitsverhältnis endet durch Zeitablauf (bei einer Befristung), Kündigung, einvernehmlicher Aufhebung, Anfechtung oder durch den Tod des Arbeitnehmers.

Insbesondere die Kündigung spielt immer wieder eine Rolle in arbeitsrechtlichen Klausuren. Daher existieren für bestimmte Fälle gesonderte Artikel:

Bevor der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, kann er den Arbeitgeber auch zunächst abmahnen.

2. Arbeitslohn, Lohnfortzahlung und Sonderzahlungen

Immer gerne geprüft werden auch Themen rund um die Zahlung des Arbeitslohns. Die Lohnzahlungspflicht ist die Primärleistungspflicht des Arbeitgebers. Eine Vergütung gilt gem. § 612 Abs. 1 BGB als stillschweigend vereinbart. Ist keine ausdrückliche Vereinbarung erfolgt, ist gem. § 612 Abs. 2 BGB der branchenübliche Lohn zu zahlen.

Grundsätzlich gilt: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Davon gibt es jedoch Ausnahmen. In Klausuren muss bspw. ein Anspruch auf bezahlten Urlaub oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geprüft werden.

Zum Grundwissen im Arbeitsrecht gehört auch die sog. betriebliche Übung. Diese betrifft die Frage, ob man einen Anspruch auf regelmäßige Sonderzahlungen o.ä. hat, die zwar vertraglich nicht festgehalten sind, in den vergangenen Jahren aber immer gezahlt wurden.

3. Schadensersatzansprüche

Auch im Arbeitsverhältnis können Unfälle u.ä. passieren, bei denen im Anschluss die Frage ist, ob und wer von wem Schadenersatz verlangen kann. Hierbei geht es oft um Haftungsprivilegien des Arbeitnehmers.

Klausuren in diesem Bereich wirken oft schwieriger, als sie tatsächlich sind. Oft ist das Arbeitsrecht hierbei lediglich der Aufhänger, eigentlich geht es aber im Fragen des allgemeinen Schuldrechts.

4. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Im Arbeitsleben sind die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten. Das AGG zielt gem. § 1 AGG darauf aben, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tipp: Schau dir diesen kostenlosen Artikel oder dieses Video zum AGG an!

5. Arbeitsprozessrecht

Auch in prozessrechtlicher Hinsicht gibt es im Arbeitsrecht einige Besonderheiten.

Tipp: Schau dir außerdem unser Video zur Kündigungsschutzklage (§§ 1 ff. KSchG) an!

 

 



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