
Inhaltsverzeichnis
- I. Strafzumessungsregel
- II. Die einzelnen Regelbeispiele aus § 243 I StGB
- III. Die Ausschlussklausel des § 243 II StGB
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I. Strafzumessungsregel
Auf den ersten Blick könnte man meinen, der besonders schwere Fall des Diebstahls sei eine Qualifikation des § 242 StGB. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: § 243 StGB muss nach herrschender Meinung als Strafzumessungsvorschrift nach der Schuld in § 242 StGB geprüft werden.
Bei den hier genannten Merkmalen handelt es sich um sogenannte Regelbeispiele. Dies wird schon an der Formulierung „[e]in besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor“ deutlich. Das bedeutet, dass ein bestimmter Sachverhalt, der die Voraussetzungen eines Regelbeispiels erfüllt, nicht zwangsläufig als besonders schwerer Fall des Diebstahls bewertet werden muss.
Dem Regelbeispiel kommt nur eine Indizienwirkung zu. Der Katalog ist zudem nicht abschließend! Genauso ist es möglich, dass ein unbenannter besonders schwerer Fall des Diebstahls angenommen werden kann.
Außerdem hat diese Gesetzestechnik zur Folge, dass § 16 I StGB nicht unmittelbar auf § 243 anwendbar ist. § 16 I StGB wird aber analog herangezogen.
II. Die einzelnen Regelbeispiele aus § 243 I StGB
1. § 243 I 2 Nr. 1 StGB
Gemäß § 243 I 2 Nr. 1 StGB liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält.
Gebäude, Dienst- oder Geschäftsräume sind hier lediglich als Beispiele genannt. Ein umschlossener Raum kann auch beweglich sein. Demnach fallen auch PKW, Schiffe und Eisenbahnwaggons unter diesen Begriff.
Eine Substanzverletzung wird demgegenüber ebenso wenig wie ein Betreten des Raumes verlangt.
Das Einsteigen verlangt nicht, dass der Täter mit dem ganzen Körper in den Raum gelangt. Das bloße Hineingreifen soll demgegenüber aber auch nicht ausreichend sein.
Es wird die sog. Verlangerungstheorie zur Hilfe hinzugezogen. Wenn der Täter seinen körperlichen Schwerpunkt soweit in den Raum verlängert, dass er ohne weiteres auch seinen ganzen Körper hineinverlangern könnte, liegt ein Einsteigen vor.
Vom bloßen Einbrechen ist das Eindringen mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen, nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug dadurch abzugrenzen, dass der Täter die Umschließung nicht durch Gewalt, sondern mithilfe technischer Raffinesse überwindet.
Das „Verborgenhalten“ des Täters ist selbsterklärend.
Zu beachten ist, dass der Täter „zur Ausführung der Tat“ einbrechen, einsteigen, eindringen oder sich in dem Raum verborgen halten muss. Hat der Täter diesbezüglich keinen Willen, ist das Regelbeispiel nicht erfüllt.
2. § 243 I 2 Nr. 2 StGB
Nach § 243 I 2 Nr. 2 StGB ist ein besonders schwerer Fall gegeben, wenn der Täter eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen eine Wegnahme besonders gesichert ist.
Es kann nicht durch Menschen betreten werden.
Es ist fraglich, ob der Täter die Sicherung zur Erfüllung des Regelbeispiels auch tatsächlich durchbrechen muss, oder ob es ausreicht, dass die Schutzvorrichtung vorhanden ist.
Der Schutz der Sache vor einer Wegnahme muss damit auch bezweckt werden.
3. § 243 I 2 Nr. 3 StGB
Hierbei ist zu beachten, dass auch bei erstmaligen Diebstahl eine Gewerbsmäßigkeit angenommen werden darf, wenn ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Täter sich eine dauerhafte Einnahmequelle verschaffen möchte. Einer kriminellen Gewerbes bedarf es nicht. Das Merkmal darf jedoch nicht vorschnell bejaht werden. In der Praxis wird daher das Merkmal eher restriktiv angewandt.
Eine mehrfache Begehung aus Gewohnheit stellt dahingegen einen unbenannten schweren Fall dar.
4. § 243 I 2 Nr. 4 StGB
Die vierte Tatvariante stellt den sogenannten Kirchendiebstahl unter Strafe. Damit erfasst es Sachen, die aus religiösen Gründen als besonders schutzwürdig angesehen werden und an besonders schutzwürdigen Orten aufbewahrt werden.
Mangels Klausurrelevanz soll nur kurz erläutert werden, dass Dinge mit religiösen Bezug als besonders schutzwürdig angesehen werden und daher einen besonders schweren Fall normieren auch wenn es sich um „fremde“ Religionen handelt. Daher sind neben Kirchen auch jegliche andere religiöse Stätten umfasst. Gemeint sind alle Räume, die im Zusammenhang stehen, nicht nur die eigentlichen Gebetsräume.
5. § 243 I 2 Nr. 5 StGB
§ 243 I 2 Nr. 5 enthält die Variante des „gemeinschädlichen Diebstahls“. Damit umfasst es die schutzwürdigen Sachen für die Wissenschaft, Kunst, Geschichte oder technische Entwicklung. Diese Sachen müssen der Allgemeinheit zugänglich sein. Der Fall hat in der Regel geringe Klausurrelevanz.
6. § 243 I 2 Nr. 6 StGB
Gemäß § 243 I 2 Nr. 6 StGB begeht der Täter einen besonders schweren Fall des Diebstahls, wenn er stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt. Das Tatopfer muss dabei nicht selbst von dem Unglücksfall oder der gemeinen Gefahr betroffen sein. Es reicht aus, wenn beispielsweise ein Retter bestohlen wird.
7. § 243 I 2 Nr. 7 StGB
Die letzte Tatvariante betrifft schließlich den Diebstahl bestimmter, im Gesetz genannter Waffen (ins. §§ 1 IV, 28 WaffG) aufgrund der erhöhten Gefährlichkeit. Der Ausnahmetatbestand des § 243 II StGB greift deswegen in diesem Fall nicht. Entgegen des Wortlautes „Handwaffen“ sind wohl nach hM alle Schusswaffen erfasst, die einer Erlaubnis bedürfen. Problematisch wird nur das Analogieverbot, daher sollte der Wortlaut des § 243 I Nr. 7 StGB schnellstmöglich angepasst werden.
III. Die Ausschlussklausel des § 243 II StGB
§ 243 II StGB legt fest, dass in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen ist, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht. Die Grenze für die Geringwertigkeit wird indessen zwischen 25 und 50 € angegeben.
Zu beachten ist außerdem, dass die Sache zunächst objektiv geringwertig sein muss. Zusätzlich muss der Vorsatz des Täters diesen Umstand umfassen.
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