
Was ist Recrutainment?
Das englische Kunstwort „Recrutainment“ bezeichnet eine Mischung aus „Recruiting“ und „Entertainment“. Darunter fasst man Berufsorientierungsspiele, die es dem Nutzer ermöglichen, berufstypische Situationen kennenzulernen und sich darin auszuprobieren. Interessenten sollen herausfinden können, ob sie fähig sind, die vorgeführte Tätigkeit auszuüben, und ob sie Gefallen an ihr finden.
Recrutainment-Anwendungen stellen Unternehmensabläufe vereinfacht, aber realistisch dar. Man kann mit ihrer Hilfe gleichsam ein virtuelles Praktikum absolvieren – und das innerhalb nur weniger Minuten.
Wieso nutzen Unternehmen Recrutainment?
Die auch unter der Bezeichnung E-Assessment geführten Maßnahmen ermöglichen es, reale Arbeitsabläufe zu simulieren. Mit ihrer Hilfe können Unternehmen sehr gut prüfen, ob ein Bewerber den Stellenanforderungen tatsächlich gerecht wird. Ungeeignete Kandidaten werden so von vornherein aus dem Bewerberpool aussortiert.
So sparen Personalverantwortliche viel Zeit und Mühe. Damit geht zugleich eine Kostenersparnis einher. Für Unternehmen, die pro Jahr 20.000 oder mehr Bewerbungen erhalten, ist ein Online-Test mit einer Wartungsgebühr von jährlich 16.000 Euro wesentlich günstiger als die Schaffung von zusätzlichen Posten in der Personalabteilung.
Neben dem Testen von Kandidaten erfüllen Recrutainment-Angebote eine weitere nützliche Funktion. Sie sollen potentielle Mitarbeiter auch über das Unternehmen informieren. Somit wird Recrutainment auch als Marketing- und Brandinginstrument eingesetzt. „Unternehmen befinden sich heute nämlich viel öfter in der Situation des ‚sich Bewerbenden‘ als früher“, sagt Joachim Diercks – Autor des Buches „Recrutainment: Spielerische Ansätze in Personalmarketing und Auswahl“.
Dabei sei „Candidate Experience“ ein wichtiges Kriterium. In seinem Buch stellt Diercks die Ergebnisse einer Befragung unter Nutzern von Online-Tests vor. Diese belegen eindeutig, dass es für Unternehmen lohnend ist, ihren Bewerbern einen informativen oder unterhaltsamen Mehrwert zu bieten.
Diercks, Gründer des Online-Assessment-Anbieters CYQUEST, betrachtet Deutschland aufgrund des Fachkräftemangels als einen guten Markt für Recrutainment. Seiner Einschätzung nach hofften Arbeitgeber, mittels Online-Tests auch jene Bewerber zu erreichen, die sich vor dem realen Assessment-Center fürchten.
Wie funktioniert Recrutainment?
In Recrutainment-Anwendungen durchlaufen Bewerber eine Kombination aus Wissenstest, Assessment-Center und jobspezifischen Prüfungen. Dazu gehören auch das so genannte „Self-Assessment“ (Selbstbeurteilung) und das „E-Assessment“ (elektronische Beurteilung). Ersteres erfolgt meist über das Ausfüllen eines Persönlichkeitsbogens, Letzteres durch das Lösen einer Fallstudie. Bewerber können hier ihre Kreativität unter Beweis stellen.
Wo wird Recrutainment bereits erfolgreich eingesetzt?
Immer mehr Unternehmen nutzen die interaktiven Möglichkeiten des Internets, um interessierten Bewerbern das eigene Haus zu präsentieren. Auch Tchibo setzt seit einigen Jahren Recrutainment-Anwendungen im Auswahlverfahren ein. In einem virtuellen Rundgang wird unter anderem gezeigt, wie die Kaffeebohne vom Feld im Ursprungland bis zur Lagerhalle in Deutschland gelangt.
Der Lebensmittelkonzern Unilever gewährt Einblick in die Produktion seiner Eismarke Ben & Jerry’s. In einer virtuellen Eisfabrik muss der Kandidat Vertriebskanäle erschließen, Preise kalkulieren und Marktstudien auswerten – noch dazu unter Zeitdruck. Bewerber werden auf spielerische Art gleichsam einem Stresstest unterzogen.
Unter dem Motto „Probier-dich-aus“ lässt die Commerzbank den User einen Tag als Berater durchspielen. Zu seinen Aufgaben gehört es, den Kunden zu begrüßen, sein Anliegen zu erfragen, Angebote auszuwählen und gemeinsam das Kreditformular durchzugehen.
Auch Gruner+Jahr, E.ON, Fielmann, die Targobank und viele andere nutzen Recrutainment-Anwendungen. Dass diese das traditionelle Gruppenauswahlgespräch ablösen werden, ist allerdings nicht zu befürchten. Firmen wollen ihre Bewerber weiterhin persönlich kennenlernen. Der Online-Test ist nur eine erste Hürde, die jedoch künftig noch an Bedeutung gewinnen wird.
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