Bei der Unterschlagung handelt es sich um ein Vergehen, das nach § 246 StGB strafbar ist. Schon scheinbar harmlose Fälle wie das Einordnen eines ausgeliehenen Buches in das eigene Bücherregal können unter Umständen hierunter gefasst werden. Wir erklären in diesem Beitrag, welche Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen Unterschlagung gemäß § 246 StGB gegeben sein müssen und liefern ein Schema der Unterschlagung (§ 246 StGB) für die Klausur.
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auf diesem bild ist ein portemonnaie

Bild: “Chester Mox #52 wallet – Filled and back view” von Guy Sie. Lizenz: CC BY 2.0


I. Überblick der Unterschlagung, § 246 StGB

Unterschlagung, § 246 Abs. 1 StGB:

Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird […] bestraft, […].

Die Unterschlagung nach § 246 StGB gehört, neben dem Diebstahl (§ 242 StGB) und Raub (§ 249 StGB), zu den sogenannten Eigentumsdelikten. Ganz grundlegend macht sich einer Unterschlagung (§ 246 StGB) jeder schuldig, der sich fremdes Eigentum rechtswidrig aneignet. Dabei kann es sich sowohl um Gegenstände als auch um Geld handeln.

Allerdings wird für die Erfüllung des Tatbestandes kein Vermögensschaden vorausgesetzt. Das bedeutet, dass man sich auch bei der rechtswidrigen Zueignung komplett wertloser Gegenstände schuldig machen kann.

Bei der Unterschlagung nach § 246 StGB handelt es sich um einen sogenannten „Auffangtatbestand“, da er i.d.R. alle Vergehen gegen das Eigentum mit einschließt, die vom Tatbestand des Diebstahls nicht abgedeckt werden.


Unterschlagung, § 246 StGB

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II. Schema: Unterschlagung, § 246 StGB

Die h.M. prüft die Unterschlagung (§ 246 StGB) nach folgendem Schema:

  • I. Tatbestand
  • 1. objektiver Tatbestand
    • a) fremde bewegliche Sache
    • b) Zueignung: sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignen
  • 2. subjektiver Tatbestand: Vorsatz
  • II. Rechtswidrigkeit
  • III. Schuld

III. Tatbestand der Unterschlagung, § 246 StGB

1. fremde bewegliche Sache

Zunächst ist für die Unterschlagung des § 246 StGB – wie beim Diebstahl (§ 242 StGB) – eine fremde bewegliche Sache erforderlich.

Definition: Bewegliche Sache ist jeder körperliche Gegenstand, unabhängig vom Aggregatzustand oder wirtschaftlichem Wert, der fortgeschafft werden kann.
Definition: Fremd ist die Sache, wenn sie nicht im (Allein-)Eigentum des Täters steht oder herrenlos ist.

Für weitere Ausführung zum Tatobjekt wird auf den Artikel zum Diebstahl, § 242 StGB verwiesen.

2. Zueignung des § 246 StGB

Im Gegensatz zum Tatobjekt der Unterschlagung (§ 246 StGB), kann bei der Zueignung nicht auf die Zueignungsabsicht des Diebstahls (§ 242 StGB) zurückgegriffen werden.

Zueignung bedeutet im Sinne des § 246 StGB, dass der Beschuldigte eine „eigentümerähnliche Herrschaft“ über das Unterschlagungsgut beansprucht; eine solche kann beispielsweise gegeben sein, wenn die entwendeten Habseligkeiten unter Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse verbraucht oder veräußert werden.

Hier wird auch der Unterschied zum Tatbestand des Diebstahls deutlich: Während der Diebstahl einen Bruch fremden Gewahrsams erfordert, schließt die Unterschlagung (§ 246 StGB) auch Fundsachen ein, die ihrem eigentlichen Besitzer im ersten Moment nicht eindeutig zuzuordnen sind und somit grds. kein fremder Gewahrsam bestand.

Der Zueignungsbegriff der Unterschlagung iSd. § 246 StGB ist jedoch umstritten:


Unterschlagung, § 246 StGB

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Gefolgt werden sollte hierbei der von der Rechtsprechung und überwiegenden Lehre vertretenen Manifestationstheorie. Hierbei muss sich der Zueignungswille hinreichend manifestierten.

Beispiel: Du findest eine Geldbörse auf der Straße, in der sich Bargeld in Höhe von 200 Euro befindet. Steckst du diese in die Tasche, um sie später im Fundbüro vorbei zu bringen, handelt es sich bei der objektiv zu beobachtenden Tat nicht um eine Unterschlagung (§ 246 StGB) im eigentlichen Sinne.

Der subjektive Vorsatz, die Geldbörse dem rechtmäßigen Besitzer wieder zuzuführen, entlastet den Verdacht. Wenn du allerdings das Geld entwendest und nur die Brieftasche im Fundbüro abgibst, so hast du den Geldbetrag effektiv unterschlagen und dich dadurch schuldig gemacht.

Ein anderes Beispiel: Jemand leiht dir zur Klausurvorbereitung ein Fachbuch, das du anschließend vergisst, zurückzugeben. Nachdem es einige Monate auf deinem Schreibtisch gelegen hat, stellst es in dein eigenes Bücherregal mit der Absicht, es zu behalten. In diesem Moment kannst du ebenfalls wegen Unterschlagung (§ 246 StGB) belangt werden.

Unerlässlich ist in jedem Fall die verlässliche Betätigung des Aneignungswillens nach außen.

Die Manifestationstheorie spaltet sich wiederum in eine enge und weite Manifestationstheorie auf:

  • weite Manifestationstheorie: Ausreichend ist, dass das Aneignungselement nach außen tritt und eine Enteignung jedenfalls nicht ausgeschlossen ist
  • enge Manifestationstheorie (h.M.): Für einen objektiven Beobachter darf sich kein anderer Schluss ergeben, als dass der Täter sich die Sache oder ihren Sachwert unter Ausschluss des Eigentümers seiner oder Verfügungsmacht eines Dritten einverleiben will

Die Rechtswidrigkeit ist – wie beim Diebstahl (§ 242 StGB) – gekennzeichnet durch den Widerspruch zur Eigentumsordnung, woran es fehlt, wenn dem Täter einen fälliger und einredefreier Anspruch auf Übereignung des Gegenstandes zusteht.

3. Vorsatz

Im Gegensatz zum Diebstahl genügt bei der Unterschlagung (§ 246 StGB) dolus eventualis hinsichtlich der Zueignung, also auch hinsichtlich Aneignung und Enteignung. Auch hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zueignung muss der Täter Vorsatz besitzen.

IV. Qualifikation der Unterschlagung, § 246 Abs. 2 StGB

In Absatz 2 der Norm der Unterschlagung nach § 246 StGB ist die Qualifikation der Unterschlagung normiert.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so […]

Eine sogenannte veruntreuende Unterschlagung (§ 246 StGB) liegt vor, wenn dem Täter eine Sache zuvor bereits anvertraut worden war, jedoch mit der Verpflichtung, sie getrennt aufzubewahren, nur zu einem bestimmten Zweck zu verwenden oder schlicht auch nur zurückzugeben.

Definition: Eine Sache ist anvertraut, wenn der Täter diese vom Eigentümer oder von einem Dritten mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zu einem bestimmten Zweck zu verwenden, aufzubewahren oder auch nur zurückzugeben.

Wirst du beispielsweise mit der Überbringung eines Geldbetrages betraut und steckst diesen stattdessen in die eigene Tasche, so wäre dies eine Veruntreuung.

Das Anvertrautsein stellt ein besonders persönliches Merkmal iSd. § 28 Abs. 2 StGB dar. Grund dafür ist die besondere Vertrauensbeziehung.

V. Problem der wiederholten Zueignung bei § 246 StGB

Fraglich ist, ob ein Täter eine (erneute) Unterschlagung (§ 246 StGB) begeht, wenn er sich eine Sache bereits in strafbarer Weise verschafft hat. Dazu existieren zwei Lösungsansätze: Die Tatbestandslösung und die Konkurrenzlösung.


Unterschlagung, § 246 StGB

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VI. Das Strafmaß der Unterschlagung, § 246 StGB

Das Strafmaß im Falle der Unterschlagung (§ 246 StGB) kann ganz unterschiedlich aussehen. Im Gesetzestext ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen. Bei veruntreuender Unterschlagung (§ 246 StGB) kann sich das Strafmaß jedoch auf bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug erhöhen.

Allerdings ist die Verurteilung immer vom Einzelfall und den gegebenen Faktoren abhängig. So kann es zum Beispiel eine Rolle spielen, ob der Beschuldigte bereits einschlägig vorbestraft ist. Auch der Wert der jeweiligen Sache wird bei der Urteilsfindung berücksichtigt. Hat der Täter ein Geständnis abgelegt oder die Beute im Rahmen einer Schadenswiedergutmachung an den eigentlichen Eigentümer zurückgegeben, kann dies positive Auswirkungen auf das letztliche Urteil haben.

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6 Gedanken zu „Die Unterschlagung, § 246 StGB

  • Dennis Brakopp

    Wie würde es sich Verhalten, wenn das geliehene Buch anschließend verkauft wird anstatt es zurück zu geben?

    1. Desiree Linsmeier

      Sehr geehrter Herr Brakopp.

      In einem solchen Fall hat sich der Täter spätestens mit dem Verkauf, wohl eher schon bei Angebot des Buches zum Verkauf, die Sache zugeeignet, sodass er sich wegen Unterschlagung strafbar gemacht hat.
      Sollte der Käufer von der Sachlage gewusst haben, ist diesen betreffend noch § 259 StGB zu prüfen.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Désirée Linsmeier

  • Gerd Vorbeck

    Ich war anderthalb Monate krank geschrieben und habe gekündigt zum Ende des Monats. Das Dienstauto befand sich mit meinem kompletten Werkzeug in der Firma.
    Zur ordnungsgemäßen Übergabe des Dienstautos und dem Werkzeug wurde ich in die Firma bestellt, was ich auch getan habe.
    Als ich in der Firma ankam, musste ich feststellen, das es nur zu einer Werkzeugübergabe kam, da mein Dienstauto ohne mein Beisein ausgeräumt wurde. Es fehlte Werkzeug, was nun von meinem exchef zur Anzeige Unterschlagung gebracht wurde.
    Wie soll ich mich verhalten?

    1. Desiree Linsmeier

      Sehr geehrter Herr Vorbeck.

      Dieser Artikel soll Jurastudenten zur Vorbereitung auf Klausuren und die Examina dienen. Wir führen hier keine allgemeine Rechtsberatung durch.
      Bitte lassen Sie sich zu Ihrem Sachverhalt professionell anwaltlich beraten.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Désirée Linsmeier

  • Michael Moraweck

    ich habe bei meinem ausflug mit meinem sohn und einer mittarbeiterin des jugendamtes mein portmonaise(13-15 Euro) im korb des Kinderwagens vergessen. Meine Exfrau hat bereits nach 5min. abgestritten, es wäre nicht da. Trotz Zeugenaussage der Jugendmittarbeiterin streitet meine Exfrau den Besitz ab.
    Inhalt: 13-15 Euro
    zwei geldkarten
    AOK – Karte sowie Führerschein und Ausweis
    1 Telefon mit Vertragskarte
    Strafanzeige wegen § 246 Unterschlagung
    Fundsachenunterschlagung wurde durch die Polizei
    aufgenommen
    Meine Frage: welches Strafmaß ist zu erwarten?

    1. Maria Jaehne

      Sehr geerhter Herr Moraweck. Zu solchen strafrechtlichen konkreten Einzelfällen lässt sich „aus der Ferne“ sehr schwer Stellung beziehen.
      Wir möchten daher auch in Ihrem Interesse von einer Beantwortung der Frage absehen und Sie bitten den Gang des Verfahrens abzuwarten.
      Mit freundlichen Grüßen,
      Maria Jähne.