Möchten zwei oder mehr Parteien einen Vertrag abschließen, kann es zwischen ihnen zu einem Konsens oder einem Dissens kommen. Der folgende Beitrag erklärt, welche Konsequenzen dies hat.

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Bild: Papier ist geduldig 8/365 von Dennis Skley. Lizenz: CC BY 2.0


I. Konsens

Für einen Vertragsschluss sind gem. §§ 145 f. BGB zwei korrespondierende Willenserklärungen, Angebot und Annahme genannt, erforderlich. Sind diese gegeben, spricht man von einem Konsens (von lat. „consensus“ – Übereinstimmung). Der Konsens ist also die Voraussetzung für einen Vertragsschluss, wobei sich die Einigkeit vor allem auf die essentialia negotii des Vertrages beziehen muss. Gegebenenfalls muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob ein Vertrag zustande gekommen ist.

Beachtlich ist außerdem, dass ein Konsens auch vorliegen kann, wenn die Parteien objektiv eigentlich verschiedene Erklärungen abgegeben haben. Es gilt der Grundsatz falsa demonstratio non nocet. Entscheidend ist, dass sie subjektiv dasselbe wollen.

Daneben dürfen bei der Frage, ob der Vertrag zustande gekommen ist, die §§ 315-319 BGB nicht außer Acht gelassen werden, nach denen einem der Vertragspartner oder einem Außenstehenden ein Bestimmungsrecht eingeräumt werden kann.

II. Dissens

Demgegenüber liegt ein Dissens (lat. „dissensus“ – Nichtübereinstimmung) vor, wenn Angebot und Annahme nicht korrespondieren. Eine Einigung ist in diesem Fall nicht zustande gekommen, also existiert auch kein Vertrag. Hieraus ergibt sich, dass die §§ 154, 155 BGB nur angewandt werden können, wenn zwischen den Parteien Uneinigkeit hinsichtlich einer Nebenregelung des Vertrages besteht.

Allerdings sollte vor der Feststellung eines Dissens genau überprüft werden, ob tatsächlich weder der wirkliche Wille noch der objektive Erklärungswert beider Erklärungen übereinstimmen.

Es wird zwischen einem offenen und einem verdeckten Dissens unterschieden.

1. Offener Dissens, § 154 BGB

§ 154 BGB betrifft den Fall des offenen Dissenses (auch „offener Eignungsmangel“). Gemäß § 154 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Vertrag im Zweifel nicht geschlossen, solange die Parteien sich nicht über alle Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll.

Die Formulierung „im Zweifel“ zeigt bereits, dass § 154 BGB lediglich eine Auslegungsregel beinhaltet, bezüglich der die Parteien eine abweichende Vereinbarung treffen können.

Der offene Dissens ist dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien wissen, dass eine vollständige Einigung hinsichtlich der Vertragsinhalte noch nicht vorliegt.


Erklräung über offenen Dissens

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2. Versteckter Dissens, § 155 BGB

Bei einem versteckten Dissens (auch „versteckter Eignungsmangel“) mangelt es ebenfalls an einer Einigung der Parteien im Hinblick auf einen Nebenpunkt des Vertrages. Im Unterschied zum offenen Dissens sind die Parteien sich dessen jedoch nicht bewusst. In dieser Situation ist § 155 BGB anwendbar. Dieser lautet:

Haben sich die Parteien bei einem Vertrag, den sie als geschlossen ansehen, über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde.

Ist der Vertrag nach dieser Vorschrift trotz des versteckten Dissenses zustande gekommen, muss die Lücke durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden, §§ 133, 157 BGB.


Erklärung zum versteckten Dissens

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