Lexikon

Genetik

Definition Genetik

auch bekannt als: Erblehre

Genetik Die Erblehre befasst sich mit den angeborenen Eigenschaften der Organismen, und zwar vor allem mit dem Übertragungsmechanismus erblicher Merkmale. Im Fall des Menschen (Humangenetik) geht sie besonders der wechselseitigen Bedeutung von Genetik und klinischer Forschung nach und klärt dabei die Vererbbarkeit von Krankheiten auf.

Die in den Genen enthaltene Information wird einerseits von Generation zu Generation und innerhalb des Individuums von Zelle zu Zelle, andererseits an den Stoffwechsel weitergegeben. Diese Weitergabe vollzieht sich in 2 Schritten:

1 Umschreibung (Transkription) der Botschaft der Desoxyribonukleinsäure (DNS) in eine Botschaft der Ribonukleinsäure (RNS)

2 Übersetzung (Translation) der Botschaft aus der RNS- in die Aminosäuresprache. Hieran sind wiederum 2 Arten von RNS beteiligt: Die Boten- oder Messenger-RNS trägt die Nachricht vom Zellkern zum Zellplasma (Zellleib): Sie hat eine kurze Lebensdauer und macht nur einen winzigen Teil der gesamten RNS einer Zelle aus. Ihre Länge ist abhängig von der zu übermittelnden Botschaft, die die Bildung eines bestimmten Enzyms veranlasst. Im Zellplasma dient die Boten-RNS als Matrize für die Transfer-RNS, deren Struktur die eigentliche Übersetzung der genetischen in die Stoffwechselinformation darstellt.

Das Problem des genetischen Codes besteht darin, dass die Nukleinsäureschrift über 4 Buchstaben (die 4 organischen Basen der DNS bzw. RNS) und die Eiweißschrift über 23 Buchstaben (die 23 Aminosäuren) verfügt.

Mutationen (Änderungen des Erbgutes) können spontan auftreten oder durch Strahlung bzw. bestimmte chemische Stoffe (Mutagene) herbeigeführt werden. Hier spielen vor allem die Mutationen in den Keimzellen eine wichtige Rolle, denn nur diese genetischen Mutationen werden auf die folgenden Generationen übertragen. Von der Struktur der DNS her gesehen, bestehen Mutationen in Änderungen der Reihenfolge der Einzelbausteine (Nukleotide); sie sind also gewissermaßen »Druckfehler«, die beim »Abschreiben« der genetischen Information entstehen. Die meisten Mutationen haben schädliche Folgen (Fruchttod, Missbildungen, Erbkrankheiten); nur sehr wenige erweisen sich als günstig und bilden die Grundlage für die Höherentwicklung der Organismen.

Als Folge der Befruchtung erhält das neue Lebewesen von Vater und Mutter je einen vollständigen Satz der genetischen Information, also 2 Kopien von jedem Chromosom, und damit auch 2 Kopien von allen Genen. Nur für die Geschlechtszellen muss der doppelte Chromosomensatz wieder auf die Hälfte reduziert werden, wobei jede Ei- oder Samenzelle die einzelnen Chromosomen willkürlich von Vater oder Mutter erhält (z. B. die Chromosomen Nr. I, 3, 6, 7 vom Vater und die Chromosomen Nr. 2, 4, 5, 8 von der Mutter). Aus dem Vorhandensein dieses doppelten Chromosomensatzes erklärt sich, dass jedes Merkmal vom Vater oder von der Mutter bestimmt sein kann. Sind beide Kopien eines Gens normal funktionsfähig (reinerbig gesund), ist das Kind auch normal. Sind jedoch beide Kopien eines Gens defekt (reinerbig krank), muss mit schwer wiegenden Folgen gerechnet werden. Es besteht aber noch eine dritte Möglichkeit: Ein Elternteil liefert ein normales, der andere ein defektes Gen (mischerbig). In den meisten Fällen ist das nicht tragisch, weil das »gesunde« Gen ausreichende Mengen des zugehörigen Enzyms liefert: es handelt sich dann um einen rezessiven Erbgang. Im Gegensatz hierzu spricht man von einem dominanten Erbgang, wenn bei Mischerbigkeit das defekte Gen das gesunde unterdrückt und ernste Folgen auslöst. Heiraten 2 gesunde Träger eines rezessiven Erbdefektes, so müssen sie damit rechnen, dass ein Viertel ihrer Kinder reinerbig krank (mit 2 defekten Genkopien) sein wird, wohingegen ein Kranker mit einem reinerbig gesunden Ehepartner - statistisch gesehen - 50 Prozent kranke Kinder zeugen wird.

Weitaus häufiger und deshalb wichtiger sind die rezessiven Erbkrankheiten, die bei den Nachkommen schon dann ausbrechen, wenn nur eines der beiden sich entsprechenden Chromosomen das »kranke« Gen aufweist. Die früher übliche Inzucht führte dazu, dass bestimmte Erbdefekte öfter bei Vater und Mutter rezessiv vorhanden waren, bei den Kindern reinerbig auftraten und dann durch Fruchttod oder Sterilität ausgemerzt wurden. Heute sind rezessive Erbkrankheiten aufgrund der starken Durchmischung der Bevölkerung seltener geworden, obwohl sich die zugehörigen defekten Gene mehr als früher ausbreiten können.

Eine auf der Grundlage der modernen Humangenetik beruhende genetische Beratung vor der Eheschließung kann wesentlich dazu beitragen, die Zeugung kranker Kinder so weit wie möglich zu vermeiden.

Abbildungen

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