Vertragsschluss bei Internet-Versteigerungen: Die ebay-Fälle

Vertragsschluss bei Internet-Versteigerungen: Die ebay-Fälle

Ein beliebter Prüfungsstoff im Allgemeinen Teil des BGB ist der Vertragsschluss bei Internet-Versteigerungen, auch als ebay-Fälle bezeichnet. Auch in der Praxis finden sich solche Fälle durch den verstärkten Online-Handel immer häufiger. Dieser Beitrag erklärt alles Wichtige zum Thema.
Vertragsschluss im Internet ebay-Fälle
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

Inhalt

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I. Vertragsschluss

1. Anwendbarkeit des § 156 BGB

Zunächst könnte man daran denken, dass bei Versteigerungen im Internet, wie sie auf ebay täglich vielfach durchgeführt werden, um Versteigerungen i.S.d. § 156 BGB handelt. Nach § 156 S. 1 BGB käme ein Vertrag dann mit Zuschlag zustande. Dieser Zuschlag stellt eine eigene Willenserklärung des Auktionators dar.

Dagegen spricht jedoch, dass es sich bei ebay-Auktionen nicht um klassische Versteigerungen mit einer dritten Person als Auktionator handelt, sondern ebay eigentlich nur ein virtueller Marktplatz ist. Es kann also auch keine Willenserklärung in Form eines Zuschlags abgegeben werden. Mithin ist § 156 BGB nicht anwendbar.

2. Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB

Für den Vertragsschluss im Internet gelten daher grds. die allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB. Erforderlich sind also zwei übereinstimmende und in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen, Angebot bzw. Antrag und Annahme genannt.

Tipp: Schau dir zur Wiederholung am besten diesen Artikel oder dieses Video zum Vertragsschluss gem. §§ 145 ff. BGB an!

Fraglich ist jedoch, worin das Angebot und worin die Annahme gesehen werden kann. In der Klausur kann dieser Streit häufig dahinstehen, weil im Ergebnis klar ist, dass beide Willenserklärungen abgegeben wurden.

Nach einer Ansicht handelt es sich beim Einstellen der Kaufsache lediglich um eine invitatio ad offerendum, also der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots. Das Angebot würde dann der Bieter abgeben.

Nach anderer Ansicht ist das Einstellen der Kaufsache bereits als verbindliches, aber aufschiebend bedingtes, Angebot an den Höchstbietenden anzusehen (sog. offerta ad in certas personas).

Eine weitere Ansicht bezeichnet das Einstellen als eine antizipierte Annahmeerklärung des Angebots des Höchstbietenden.

Für die erste Ansicht spricht zwar grds., dass die essentialia negotii noch nicht vollständig feststehen, da der Vertragspartner und der entgültige Kaufpreis unbekannt ist. Allerdings sind sie zumindest bestimmbar, denn es ist klar, dass der Vertrag nur mit dem Höchstbietenden geschlossen wird. Zudem entspricht das Wesen der Online-Auktion nicht den typischen Fällen der invitatio ad offerendum, wo der Verkäufer vor mehreren gleichzeitigen Vertragsschlüssen, die über seinen Warenbestand hinausgehen, geschützt werden soll. Bei ebay-Auktionen wird nur eine Sache gleichzeitig versteigert und nur der Höchstbietende kann einen Vertrag mit dem Verkäufer schließen. Daher ist diese Ansicht abzulehnen.

Für die zweite Ansicht spricht, dass der bloße Zeitablauf, mit dem die Internetaktion endet, keine Willenserklärung ist und diese auch nicht ersetzen kann. Es läge also näher, das Höchstgebot als Annahme zu qualifizieren. Dafür sprechen auch die AGB von ebay selbst, in denen in § 7 Nr. 2 ausdrücklich geregelt ist, dass der Verkäufer ein verbindliches Angebot mit dem Einstellen der Ware abgibt (zur Einbeziehung bzw. Auslegung der AGB s.u.).

Gegen die zweite und damit für die dritte Ansicht spricht jedoch, dass der Höchstbietende nur mit seinem Gebot den Vertrag noch nicht perfekt machen kann: noch immer ist der Zeitablauf nötig, um den Höchstbietenden tatsächlich als solchen zu qualifizieren und damit den Vertrag entgültig abzuschließen. Zwischen Höchstgebot und Zeitablauf kann jedoch einige Zeit liegen.

ebay-Vertragsschluss
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Tipp: Schau dir dieses Video zu den Besonderheiten beim Vertragsschluss gem. §§ 145 ff. BGB (inkl. ebay-Verkäufen) an!

II. Einbeziehung der AGB von ebay

Ein weiteres Problem in Klausuren ist die Einbeziehung der AGB von ebay in den Vertragsschluss.

In § 305 Abs. 1 S. 1 BGB heißt es:

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.

Problematisch erscheint hierbei, dass ebay gerade keine Vertragspartei geworden ist, schließlich wurde der Vertrag nur zwischen dem Anbieter der Ware und dem Höchstbietenden geschlossen. Folglich werden die AGB von ebay kein Vertragsbestandteil dieses Vertrags.

Eine mögliche Unwirksamkeit der AGB im Verhältnis zwischen ebay und den jeweiligen Parteien ist aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse für das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer irrelevant.

Heranziehung der AGB zur Auslegung des Vertrags

Anerkannt ist jedoch, dass die AGB zur Auslegung der Willenserklärungen von Käufer und Verkäufer herangezogen werden können, da beide bei Anmeldung auf der Plattform den AGB zugestimmt haben. Sie sind als Verkehrssitte i.S.d. § 157 BGB anzusehen.

Ob die AGB in diesem Fall trotzdem der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB unterliegen, ist umstritten. Verstoßen sie offensichtlich gegen die §§ 307 ff. BGB, verlieren sie jedenfalls ihre Relevanz für die Auslegung.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

Yasmin Kardi

Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

Leon Chaudhari

Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

Zach Davis

Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.