Urkunden-, sowie Datenunterdrückung & Grenzveränderung, § 274 StGB

Urkunden-, sowie Datenunterdrückung & Grenzveränderung, § 274 StGB

Obwohl § 274 StGB in einer Vielzahl strafrechtlicher Klausuren zu erläutern ist, haben nicht alle Studierenden einen Überblick über seine verschiedenen Tatvarianten. Der folgende Beitrag bringt Licht ins Dunkel.
Urkunden-, sowie Datenunterdrückung & Grenzveränderung
Lecturio Redaktion

·

20.02.2024

Inhalt

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Grundlegendes zu § 274 StGB

§ 274 StGB enthält drei verschiedene Tatvarianten, wobei § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB Urkunden und technische Aufzeichnungen schützt. § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB betrifft hingegen beweiserhebliche Daten, während § 274 Abs. 1 Nr. 3 StGB Grenzsteine und andere zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes bestimmte Merkmale als Tatobjekte nennt.

§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB – Die Urkundenunterdrückung

§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB bestraft denjenigen, der eine Urkunde oder eine technische Aufzeichnung, welche ihm entweder überhaupt nicht oder nicht ausschließlich gehört, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, um einem Anderen Nachteil zuzufügen. Der Begriff der Urkunde bzw. der technischen Aufzeichnung ist dabei genauso zu verstehen wie in § 267 bzw. § 268 StGB.

I. Vorliegen einer echten Urkunde oder technischen Aufzeichnung

Den Schutz der Vorschrift genießen nur echte Urkunden oder technische Aufzeichnungen. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der Bestand unechter Urkunden und Aufzeichnungen nicht schutzwürdig ist. Handelt es sich dagegen um lediglich unwahre Beweisstücke, kommt eine Strafbarkeit nach § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht.

Definition der Urkunde: Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion), die dazu bestimmt und geeignet ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen (Beweisfunktion) und ihren Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion).

II. Die dem Täter nicht oder nicht ausschließlich gehört

Mit dem Begriff „gehören“ ist nicht das Eigentum an der Urkunde oder Aufzeichnung gemeint. Stattdessen geht es darum, dass dem Täter nicht das alleinige Beweisführungsrecht an ihr zustehen darf, damit der Tatbestand erfüllt ist. Dabei ist zu beachten, dass staatliche Ausweisdokumente ausschließlich ihrem Inhaber „gehören“.

III. Vernichten, beschädigen oder unterdrücken

Von einer Vernichtung der Urkunde oder der Aufzeichnung spricht man, wenn eine Zerstörung ihrer beweiserheblichen Substanz stattgefunden hat.

Eine Beschädigung liegt demgegenüber bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Eignung der Urkunde oder der Aufzeichnung vor, als Beweismittel zu dienen.

Dagegen handelt es sich um eine Unterdrückung, wenn die Handlung dafür sorgt, dass das Beweismittel aufgrund einer Entziehung nicht durch den zur Beweisführung Berechtigten genutzt werden kann.

§ 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Die Datenunterdrückung

Gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB wird bestraft, wer beweiserhebliche Daten (§ 202a Abs. 2 StGB), über die er nicht oder nicht ausschließlich verfügen darf, in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert.

I. Beweiserhebliche Daten

Daten gemäß § 202a Abs. 2 StGB sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden. Sie müssen außerdem beweiserheblich sein. Dabei ist aber zu beachten, dass sie nicht urkundengleich sein müssen, weil § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht auf § 269 StGB verweist. Es muss jedoch jemand anderes ein Beweisführungsinteresse an ihnen haben, das verletzt wird.

II. Kein ausschließliches „Verfügendürfen“

Zusätzlich darf der Täter nicht die einzige Person sein, die über die beweiserheblichen Daten verfügen darf. Das „Verfügendürfen“ ist dabei genauso zu verstehen wie das „Gehören“ im Rahmen des § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB.

III. Löschen, unterdrücken, unbrauchbar machen oder verändern

Der Täter muss die beweiserheblichen Daten löschen, unterdrücken, unbrauchbar machen oder verändern. Die Daten sind gelöscht, wenn sie endgültig verloren sind. Hingegen sind sie bloß unterdrückt, wenn der Berechtigte keinen Zugriff auf sie hat und er sie deswegen nicht mehr verwenden kann.

Darüber hinaus macht der Täter die Daten unbrauchbar, sofern sie derart in ihrer Gebrauchsmöglichkeit eingeschränkt sind, dass ihre ordnungsgemäße Verwendung nicht mehr möglich ist und sie hierdurch ihren Zweck nicht mehr erfüllen können. Eine Veränderung der Daten liegt vor, wenn die in ihnen enthaltenen Informationen nun andere sind und ihr ursprünglicher Zweck hierdurch behindert wird.

§ 274 Abs. 1 Nr. 3 StGB – Die Grenzveränderung

Schließlich wird nach § 274 Abs. 1 Nr. 3 StGB derjenige bestraft, der einen Grenzstein oder ein anderes zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes bestimmtes Merkmal in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, wegnimmt, vernichtet, unkenntlich macht, verrückt oder fälschlich setzt.

I. Grenzstein oder ein anderes zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes bestimmtes Merkmal

Ein anderes zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes bestimmtes Merkmal meint dabei einen Gegenstand, der für die Beurkundung einer Grenze sowohl geeignet als auch bestimmt ist. Merkmale, die den Wasserstand bestimmen, dienen dagegen der Festlegung von Nutzungsrechten an Wasser.

II. Wegnehmen, vernichten, unkenntlich machen, verrücken oder fälschlich setzen

Der Täter muss den Grenzstein bzw. das andere Merkmal wegnehmen, vernichten, unkenntlich machen, verrücken oder fälschlich setzen. Mit Vernichten ist gemeint, dass seine Substanz aufgehoben wird. Das fälschliche Setzen erfasst den Fall, dass der Täter vorgibt, eine Sache sei tatsächlich ein Grenzmerkmal.

Der subjektive Tatbestand

Subjektiv muss der Täter bei allen drei Tatvarianten dolus eventualis bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale aufweisen. Daneben muss er in der Absicht handeln, einem anderen einen Nachteil zuzufügen. Hierfür genügt dolus directus 2. Grades, also sicheres Wissen.

Tipp: Schau dir hier am besten unser Video zur Urkundenunterdrückung gem. § 274 StGB an!

Quellen

  • Joecks, Wolfgang: Studienkommentar StGB, 11. Aufl., München 2014
  • Kindhäuser, Urs: Strafrecht Besonderer Teil I, 6. Aufl., Baden-Baden 2014

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

Leon Chaudhari

Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.