Vollstreckung in zukünftige Forderungen

Vollstreckung in zukünftige Forderungen

Im Zwangsvollstreckungsrecht kommt es häufig zu Situationen, in denen in zukünftige Forderungen vollstreckt werden soll. Der folgende Beitrag beleuchtet die Voraussetzungen für die Vollstreckung in Geldforderungen allgemein sowie in zukünftigen Forderungen. Zudem wird ein in diesem Zusammenhang wichtiges Rechtsmittel erläutert: die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO.
Vollstreckung in zukünftige Forderungen
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

Inhalt

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I. Bestimmtheit der Forderung

Gegenstand der Zwangsvollstreckung in Geldforderungen können nur Geldforderungen sein, welche dem Schuldner zustehen.

Tipp: Wir empfehlen diesen Artikel zur Pfändung schuldnerfremder Forderungen.

Die Voraussetzung der Pfändbarkeit dieser Forderungen ist, dass sie auf die Leistung eines bestimmten Betrages gerichtet sein müssen.

Geldforderungen sind auch schon vor ihrer Fälligkeit pfändbar. Auf befristete Forderungen kann der Gläubiger schon vor einem Eintritt des vereinbarten Termins zugreifen (§ 163 BGB).

Ebenso sind auch künftige, noch nicht bestehende Forderungen pfändbar.

Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass beim Vollstreckungsbeginn zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner eine Rechtsbeziehung besteht, aus der die künftige Forderung einwandfrei bestimmt werden kann [BGH NJW 2004, 369, 370]. Somit sind beispielsweise künftige Lohnansprüche bei einem bestehendem Arbeitsvertrag oder Mietforderungen bei einem bestehenden Mietverhältnis pfändbar.

Ließe man zu, dass jede Forderung gepfändet werden könnte, würden Gerichte sowie Gläubiger und Schuldner in unzumutbarer Weise belastet. Zudem wäre eine wirksame Pfändung in den Fällen nicht möglich, in denen der Drittschuldner nicht bekannt ist, weil die erforderliche Zustellung an den Drittschuldner nicht erfolgen kann (vlg. § 829 Abs. 3 ZPO).

II. Zustehen der Forderung

Wie bereits erwähnt, müssen die Forderungen dem Schuldner zustehen. Da es jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Zustehen von Forderungen gibt, muss sich das Vollstreckungsorgan auf den Vortrag des Gläubigers berufen [BGH NJW 2004, 295, 2096]. Es muss prüfen, ob dieser Vortrag schlüssig ist und demnach die Forderung des Schuldners vorhanden.

Fraglich sein kann die Zugehörigkeit der Forderung zum Schuldnervermögen unter den folgenden Umständen:

  • Wenn eine gemeinschaftliche Forderung vorliegt: Diese gehört zum Vermögen mehrerer Personen und somit kann der Gläubiger nur gegen die Person die Zwangsvollstreckung betreiben, gegen welche er einen Vollstreckungstitel hat, wenn sein Schuldner ein Teil- oder Gesamtgläubiger ist (§§ 420, 428 BGB).
  • Wenn eine Forderungstreuhand vorliegt: Dann überträgt der Gläubiger der Forderung diese als Treugeber auf den Treuhänder. Die Abtretung der Forderung bewirkt, dass der Treuhänder formal die Stellung des Forderungsinhabers erlangt, während die Forderung wirtschaftlich weiterhin dem Vermögen des Treugebers zuzurechnen ist. Der Gläubiger des Treugebers kann die Forderung nicht pfänden, da der Treuhänder der Inhaber der Forderung ist [BGHZ 11, 37, 41].
  • Wenn eine gläubigereigene Forderung vorliegt: Diese gehört nicht zum Schuldnervermögen. Ihre Pfändung durch den Gläubiger wird teilweise als unzulässig [LG Bremen Rpfleger 1956, 199] und teilweise als zulässig betrachtet [RGZ 86, 135, 137].

III. sofortige Beschwerde, § 793 ZPO

Die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO ermöglicht es, Entscheidungen, die in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ohne eine mündliche Verhandlung ergehen können, vor dem Eintritt der formellen Rechtskraft durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen. Dieses Rechtsmittel kann somit bei der Vollstreckung in zukünftige Forderungen hilfreich sein.

Das folgende Prüfungsschema soll bei der Zulässigkeit und der Begründetheit der sofortigen Beschwerde helfen.

1. Zulässigkeit

a) Statthaftigkeit

Die sofortige Beschwerde ist statthaft gegen Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren, die ohne mündliche Verhandlungen ergehen können.

b) Zuständigkeit zur Entscheidung

Das Ausgangsgericht muss ferner die Möglichkeit haben Abhilfe zu schaffen, § 572 ZPO. Unterlässt es dies, muss die Beschwerde unverzüglich an das Beschwerdegericht abgegeben werden. Dieses entscheidet regelmäßig durch den Einzelrichter, § 568 ZPO.

c) Form und Frist

Eine Schriftform muss vorliegen (§ 569 Abs. 2 S. 1 ZPO) und sie muss begründet sein, § 571 ZPO. Eine Notfrist von zwei Wochen nach der Zustellung der Entscheidung wird verlangt, § 569 Abs. 1 ZPO.

d) Rechtsschutzinteresse

Ein Rechtsschutzinteresse muss vom Beginn der Zwangsvollstreckung bis zur vollständigen Beendigung vorliegen.

Zweifelhaft ist es bei der Anfechtung von Erinnerungsentscheidungen, wenn die Vollstreckungsmaßnahme bereits aufgehoben ist. Trotzdem fehlt ein Rechtsschutzinteresse nicht, weil der Betroffene sonst keinen Rechtsschutz erhält.

e) Beschwerde

Eine sofortige Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer nach seinem Vortrag durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Er muss also in seinen eigenen Rechten beeinträchtigt sein.

2. Begründetheit

Eine sofortige Beschwerde ist begründet, wenn die angefochtene Entscheidung unrichtig ist. Sie muss daher auf einem Verfahrensfehler beruhen oder sachlich unzutreffend sein.

Quellen

  • Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 9. Auflage, München 2011.
  • Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 23. Auflage, München 2010.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.